Gebleichte Korallen im Great Barrier Reef | dpa

Forscher schlagen Alarm Korallenriffe in verheerendem Zustand

Stand: 18.07.2021 12:24 Uhr

Eine Folge des Klimawandels ist die Zerstörung von Korallenriffen. Weltweit ist bereits ein Drittel verloren, 40 Prozent sind massiv bedroht. In Bremen suchen Wissenschaftler nach Wegen, das Korallensterben aufzuhalten.

Die Universität Bremen ist in der kommenden Woche Gastgeberin einer virtuellen Ausgabe des Internationalen Korallenriff Symposiums (ICRS). Etwa 1200 Forschende aus 80 Nationen tauschen sich für fünf Tage bei einem Online-Kongress darüber aus, wie die Zerstörung der wertvollen Unterwasser-Ökosysteme aufgehalten werden kann. Nach Angaben der Universität sind 30 Prozent aller Korallenriffe bereits verloren, 40 Prozent sind massiv bedroht.

Für die Situation der weltweiten Korallenriffe findet Christian Wild von der Universität Bremen deutliche Worte: "Der Zustand ist verheerend. Und die neuesten Studien deuten darauf hin, dass er noch schlechter wird." Der Biologe hat das "14th International Coral Reef Symposium 2021" mit seinem Team organisiert.

Das entscheidende Jahrzehnt hat begonnen

Eigentlich hätte die alle vier Jahre stattfindende Tagung bereits 2020 mit 3000 Teilnehmenden in Bremen und damit erstmals in Europa abgehalten werden sollen. Wegen der Corona-Pandemie musste die Veranstaltung verschoben werden. Im Juli 2022 wollen sich die Forschenden dann auch in einer Präsenz-Veranstaltung in Bremen treffen.

Dass nun gleich zwei Kongresse kurz hintereinander angesetzt werden, zeigt auch die Dringlichkeit, die die Forschenden bei dem Thema sehen. "Das kommende Jahrzehnt ist wahrscheinlich die letzte Chance für politische Entscheidungsträger, einen weltweiten Kollaps der Korallenriffe zu verhindern", sagt Wild. Daher erstellten die Experten ein Positionspapier, das im Rahmen der Konferenz vorgestellt werden soll.

"Deutschland trägt mit zum Klimawandel bei"

In diesem Positionspapier werden konkrete Handlungsempfehlungen aufgeführt. "Wir hoffen, dass die Politik reagiert und die Botschaften aufgreifen wird", sagt Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung in Bremen und Mitautor des Strategiepapiers. Ursachen für die Zerstörung der Korallenriffe seien vor allem die Überfischung und die Verschmutzung der Meere sowie der Klimawandel.

Der Klimawandel lasse die Meerestemperaturen steigen, was wiederum zur berüchtigten Korallenbleiche führe. "Deutschland ist kein Korallenriffland, trägt aber mit zum Klimawandel bei", sagt Ferse. Daher sieht er auch bei der Bundesregierung einen Handlungsbedarf. 

Neue Ansätze zur Aufforstung der Riffe

Hoffnung setzen die Forschenden aber auch auf neue Ansätze bei der Restauration von zerstörten Korallenriffen, die von Nesseltieren gebildet werden. Bisher wurden für die Aufforstung vor allem Teile von intakten Korallenriffen abgeschlagen, um sie an zerstörten Riffen neu anzubringen. "Korallen haben eine außergewöhnliche Fähigkeit der Regeneration", sagt Wild.

In Versuchsprojekten würden nun auch Spermien und Eizellen der Nesseltiere eingesammelt, entstandene Larven würden dann auf künstliche Strukturen aufgebracht. "Der Vorteil ist, dass man neue Korallenriffe erhält, ohne etwas zu zerstören", so Wild. Um die farbenfrohen Unterwasser-Ökosysteme in einer Größenordnung von Tausenden Quadratkilometern zu restaurieren, seien jedoch weitere Investitionen in die Forschung notwendig, sagt Wissenschaftler Ferse: "Dazu sind wir im Moment nicht in der Lage."

UNESCO will Great Barrier Reef als gefährdet einstufen

Trotz Widerstands in Australien will das UNESCO-Welterbekomitee das Great Barrier Reef derweil als gefährdete Naturstätte einstufen. Die Arbeit in Australien werde sehr geschätzt, aber der Entwurf für die Entscheidung "ist ein Vorschlag, die Stätte auf die Liste des gefährdeten Welterbes zu setzen", sagte die Direktorin des Komitees, Mechtild Rössler, auf einer Pressekonferenz während einer Sitzung des Gremiums der UN-Kulturorganisation. Der Vorschlag stehe auf der Tagesordnung.

Die Direktorin und der Präsident der Sitzung, Chinas Vizebildungsminister Tian Xuejun, wiesen Spekulationen zurück, dass das weltberühmte Korallenriff vor dem Hintergrund der politischen Spannungen zwischen China und Australien vielleicht auf Betreiben der chinesischen Regierung auf die Liste gefährdeter Stätten gesetzt werden könnte. "Die Empfehlung basiert auf den Berichten und den Daten, die uns Australien zur Verfügung gestellt hat", sagte Tian Xuejun. Er wandte sich gegen "grundlose Anschuldigungen".

Great Barrier Riff vor Australiens Küste | AFP

Das Great Barrier Reef vor der Küste Australiens hat eine Fläche größer als Italien. Das Riff leidet schwer unter Korallenbleiche. Bild: AFP

Als Folge des Klimawandels ist das größte Riff der Welt durch warmes Wasser und Korallenbleiche bedroht. Das Great Barrier Reef vor der Ostküste Australiens dehnt sich über mehr als 344.000 Quadratkilometer aus - und ist damit größer als Italien. Es kann mit bloßem Auge vom Weltraum aus gesehen werden.

Über dieses Thema berichtete die ARD in der Sendung "Wissen vor Acht" am 16. Februar 2021 um 19:45 Uhr.