Schwarzmundgrundel

Invasive Fischart in Rhein und Saar Wie lässt sich die Grundel-Invasion stoppen?

Stand: 05.09.2023 15:08 Uhr

In Rhein, Saar und Mosel vermehrt sich der Zander. Grundeln bieten ihm ideale Futterbedingungen. Doch die invasive Art bedroht das ökologische Gleichgewicht in Bächen und Flüssen.

Von Isabel Schaefer, SR

30 Grad. Die Sonne steht im Zenit über der Saar. Ein kleines Boot des Fischereiverbands Saar biegt in einen ruhigen Seitenarm des Flusses ein. Biologe Sebastian Hoffmann steht am Bug des Boots. Gleich wird er ein Stellnetz in der Mitte des Flusses spannen. Zwanzig Minuten lässt er das Netz maximal stehen. Dann ziehen er und ein Kollege es heraus und notieren, welche Fischarten zu finden waren.

Heute messen sie stichprobenartig, wie viele Zander in welcher Größe zu finden sind. Eigentlich sind die Bedingungen für einen Zanderfang nicht gut. Der Zander mag trübes, frisches Wasser. "Bei diesen Temperaturen und so weit an der Oberfläche fängt man den Zander normalerweise nicht", sagt Sebastian Hoffmann. Doch es dauert nicht lange, bis das erste Exemplar ins Netz geht. "Zander, 60 Zentimeter", ruft er seinem Kollegen zu.

Zander

Die Zander finden mehr als genug Nahrung.

Grundel vermehrt sich explosionsartig

Der Zanderpopulation in der Saar geht es gut. Sie nimmt seit einigen Jahren stetig zu. Jungtiere können an allen Fangstellen nachgewiesen werden und die Durchschnittsgröße der Fische ist gestiegen. So sieht es auch im Rhein und seinen anderen Nebenflüssen aus. Grund dafür ist die Schwarzmundgrundel. Die kleine Fischart ist aus dem Schwarzen Meer zu uns eingewandert. Wahrscheinlich ist sie im Ballastwasser von Frachtschiffen als blinder Passagier mitgereist.

Die Grundel vermehrt sich unglaublich effektiv. Viele Flüsse wie Rhein, Mosel, Main, Neckar oder Donau hat sie bereits erobert. Auch in Oder, Elbe und Havel vermehrt sie sich explosionsartig. Im Rhein wurde sie 2008 zum ersten Mal nachgewiesen. "Heute ist sie im Rhein und seinen Nebenflüssen ganz klar Hauptfischart. Sie ist wirklich unglaublich erfolgreich, auch weltweit gesehen", sagt Hoffmann.

Ideale Nahrung für Zander

Für den Zander wie auch andere Raubfischarten wie den Flussbarsch und Hecht stellt die Grundel eine ideale Nahrungsquelle da. Sie hält sich meist in den Steinschüttungen von Flüssen auf. Auch der Zander ist bodennah unterwegs. Er mag Beutefische in der Größe der Grundel. Die ist maximal 20 Zentimeter lang.

Dort, wo die Grundel sich ausbreitet, beobachten Forschende und Angelvereine auch vermehrt höhere Zanderbestände. Diese Zandervermehrung begrüßt Biologe Hoffmann. Jahrelang war die Zanderpopulation in der Saar nicht so kräftig. Durch den industriellen Ausbau des Flusses war der Raubfisch sogar zeitweise fast verschwunden.

Grundel bedroht einheimische Arten

Die Vermehrung der Grundel macht ihm dagegen große Sorgen: Die invasive Fischart, da sind sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen einig, bedroht das Ökosystem und die Biodiversität von hiesigen Flüssen und Bächen: "Invasive Arten wie die Schwarzmundgrundel sind eine der Hauptgründe für Artenverlust auf diesem Planeten. Die Lage ist sehr dramatisch, weil diese Tiere einheimische Arten unmittelbar bedrohen."

Die Grundel konkurriert mit einheimischen Fischarten um Nahrung und Platz. Außerdem ernährt sie sich vom Laich und der Jungbrut einheimischer Fischarten und droht, diese zu verdrängen. Der Zander ist hier eine Ausnahme. Er verteidigt sein Nest so aggressiv, dass die Grundel nicht so einfach an seinen Laich gelangt.

Geraten Flüsse aus dem Gleichgewicht?

Hoffmann befreit den gefangen Zander aus seinem Stellnetz. Die drachenartige Stachelflosse des Raubfischs in seiner Hand glitzert im Sonnenlicht. Der Fisch schnappt nach Luft. Schnell entlässt der Biologe ihn wieder in die Freiheit. Hätte er eine Grundel gefangen, dürfte er diese nicht wieder zurück ins Wasser lassen, denn für Grundeln haben im Saarland wie auch in anderen Bundesländern Fischerei- und Angelvereine eine Entnahmepflicht ausgerufen.

Die Hoffnung von Anglerverbänden wie dem Fischereiverband Saar: Der Grundelbestand wird sich wieder reduzieren, besonders auch durch die gewachsene Population von Räubern wie dem Zander. Ob sich aber das ökologische Gleichgewicht tatsächlich wieder herstellen lässt, ist bisher noch nicht abzusehen.

Im Moment gibt es laut Hoffmann noch ein Hoch beim Grundelbestand. "Am Beispiel Rhein sehen wir, dass diese Welle nicht nur eine Welle ist, sondern lange anhält." Eins steht jetzt schon fest: Auch wenn der Zander es schaffen sollten, die Grundeln zu reduzieren, ganz verschwinden wird die invasive Fischart nicht mehr.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 04. September 2023 um 17:00 Uhr.