Ein Gärtner wässert ein Blumenbeet.

Neue Studie zur Polwanderung Grundwasserverbrauch verschiebt Erdachse

Stand: 30.06.2023 18:33 Uhr

Um jährlich einige Zentimeter verschiebt sich der geografische Nordpol und damit ändert sich die Erdachse. Ein Grund - so eine Studie - der weltweite Grundwasserverbrauch.

Von Lilly Zerbst und Lena Schmidt, SWR

Die geografischen Pole unseres Planeten und damit auch die Erdachse haben keine feste Position, sondern sind durch äußere - häufig auch menschengemachte - Einflüsse ständig in Bewegung. Einer dieser Einflüsse ist unser Grundwasserverbrauch - das zeigt eine neue Studie aus Südkorea.

Darin hat ein Forschungsteam der Seoul National University untersucht, inwieweit sich die derzeitige Grundwassernutzung auf die Wassermassenverteilung der Erde auswirkt. Denn die Wassermassen der Erde beeinflussen wiederum die Polwanderung stark.

Mehr als vier Zentimeter dieser jährlichen Polwanderung sind demnach auf den weltweiten Grundwasserverbrauch zurückzuführen, wie das Team um Ki-Weon Seo nun feststellte. Im Zeitraum von 1993 bis 2010 wurden Modellrechnungen zufolge 2150 Gigatonnen Grundwasser abgepumpt und das vor Allem auf der Nordhalbkugel. Die durchschnittlich pro Jahr abgepumpte Menge an Grundwasser entspricht etwa dem zwei- bis dreifachen Volumen des Bodensees und sorgt für einen weiteren Anstieg des Meeresspiegels. Denn über den Wasserkreislauf landet dieses Wasser später in den Ozeanen oder in der Atmosphäre.

Verlagerung der Wassermassen verschiebt Erdachse

Dass die geografischen Pole wandern, ist allerdings nichts Neues. Wenn beispielsweise Eis entsprechend der Jahreszeiten auf einer Erdhalbkugel gefriert und auf der anderen schmilzt, kommt es zu einer Polwanderung, durch die sich die Erdachse hin und her verschiebt. Das kann man sich wie eine Pendelbewegung vorstellen.

Doch ab Mitte der 1990er-Jahre hat sich die Polwanderung deutlich verändert. Sie wechselte die Richtung und beschleunigte sich. So wandert der geografische Nordpol heutzutage jährlich etwa zehn Zentimeter in Richtung Europa. Schon von 1993 bis 2010 hat sich die Erdachse um fast 80 Zentimeter verschoben.

Eisschmelze und Grundwasserverbrauch beschleunigen Polwanderung

Eine frühere Studie legte die Vermutung nahe, dass vor allem der menschengemachte Klimawandel der Grund für diese unübliche Verschiebung der Rotationsachse unseres Planeten ist. Denn durch die Erderwärmung schmelzen die Eisschilde an den Polen und auch die Gletscher in besorgniserregender Geschwindigkeit. Infolgedessen steigt der Meeresspiegel. Allein dadurch ändert sich schon die Wassermassenverteilung der Erde. Wie die Studie aus Seoul nun aber belegen soll, ist das nicht der einzige Grund für die Verschiebung der Erdachse.

Dadurch ist die Erdachse in Schieflage geraten

Dass die Erde überhaupt geneigt ist, hängt der Kollisionstheorie zufolge mit dem Mond zusammen. Vor etwa 4,5 Milliarden Jahren hatte unser Planet noch keine feste Erdkruste, sondern eine brodelnde Oberfläche aus glühend heißem Magma. Auch Kontinente und Meere gab es noch nicht, ebenso keinen Mond.

In der frühen Erdgeschichte kam es dann laut der Theorie zu einem riesigen Zusammenstoß: Ein etwa marsgroßer Himmelskörper kollidierte mit der jungen Erde und aus der weggeschleuderten Materie bildete sich der Mond. Dieses Ereignis veränderte die Rotationsachse der Erde und brachte sie in eine Schieflage. Zuvor stand sie auf ihrer Umlaufbahn noch senkrecht zur Sonne. Dadurch war es überall auf der Erde gleich lange hell wie dunkel.

Die Erde kreist in 365 Tagen um die Sonne und dreht sich außerdem jeden Tag um sich selbst. Aber nur durch ihre Neigung von etwa 23,5 Grad haben wir nun Jahreszeiten und Tageslängen wie wir sie kennen. Auf ihrem Weg um die Sonne neigt sich die Erde in unserem Sommer mit der Nordhalbkugel eher zur Sonne hin, im Winter von ihr weg. Das gilt für Regionen nördlich des Äquators. Auf der Südhalbkugel ist dies entsprechend umgekehrt. 

Keine negativen Folgen durch Achsenverschiebung

So groß wie die Wucht dieser Kollision war, ist der menschliche Einfluss auf die Rotationsachse nicht. Doch Faktoren wie die Eisschmelze, der Grundwasserrückgang und der Meeresspiegelanstieg sorgen für eine Umverteilung der Wassermassen und führen dazu, dass die Erdachse sich verlagert. Im Vergleich zur Gesamtmasse der Erde sind die Wassermengen jedoch so klein, dass der Effekt dementsprechend gering ist. Die leichte Achsenverschiebung hat keine spürbaren oder negativen Folgen für den Alltag. Ganz im Gegensatz zu den Auslösern.

Denn neben der Erderwärmung und ihren Folgen ist auch die Entleerung der Grundwasserreservoire in vielerlei Hinsicht problematisch. Ausreichend sauberes Wasser ist zum Trinken, für sanitäre Anlagen oder auch die landwirtschaftliche und industrielle Nutzung essenziell. 

Auch in Deutschland sinkt der Grundwasserstand. Neben dem vielerorts steigenden Wasserbedarf, hängt auch das mit den klimatischen Veränderungen zusammen. Länger werdende Trockenphasen sorgen dafür, dass nicht ausreichend Regen zu Grundwasser versickert.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 28. Juni 2023 um 12:50 Uhr.