Mitglieder des UN-Sicherheitsrats stimmen über die Resolution gegen Russland ab.
Liveblog

Ukraine-Krieg und die Folgen ++ Russland blockiert Resolution zu Annexion ++

Stand: 01.10.2022 02:16 Uhr

Russland legt sein Veto gegen eine Resolution im UN-Sicherheitsrat ein, die die "Referenden" verurteilen sollte. Außenministerin Baerbock verurteilt die russische Annexion, sieht aber keine Chance für eine schnelle NATO-Aufnahme der Ukraine. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

01.10.2022 • 02:16 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir diesen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Für die Reparatur der Lecks an den Erdgas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 gibt es nach Angaben des russischen staatlichen Gaskonzerns Gazprom derzeit noch keinen absehbaren Zeitplan. Der Konzern habe damit begonnen, nach "möglichen Lösungen zu suchen, um das System wieder funktionsfähig zu machen", sagte ein Sprecher per Videoschalte vor dem UN-Sicherheitsrat bei einer von Russland erbetenen Debatte zu den Lecks. Die Dauer dieser Reparatur könne derzeit aber noch nicht abgeschätzt werden. Die Aufgabe sei aus technischer Hinsicht "sehr überwältigend". Solche Lecks habe es zuvor nie gegeben.

30.09.2022 • 23:05 Uhr

Autor: Putin hat keine Strategie

Der russische Autor Dmitri Gluchowski sieht keine Chance, dass sich unter der Regierung Putins in Russland etwas maßgeblich ändern wird. "Er hat keine Ahnung von einer Zukunft", sagt er in den tagesthemen. Putin sei niemals ein großer Stratege gewesen und habe keine Vision für die Zukunft, "sondern für eine unendliche Vergangenheit: ein Remix alter Ideen aus Sowjetzeiten, imperialistischer Nostalgie und veralteten Geschichtsbüchern".

"Solange er lebt, kann ich nicht zurück", Dmitry Glukhovsky, Russischer Schriftsteller, zu seiner Heimat Russland

tagesthemen, tagesthemen, 30.09.2022 22:25 Uhr

Es gehe Putin nicht um Wahrheit, sondern nur um Emotion, urteilt der im Exil lebende Autor. Dabei erziele er nicht die gewünschte Wirkung. Selbst die Zuschauer seiner aktuellen Rede im Saal, die regierende Elite, haben nicht überzeugt gewirkt.

Trotzdem befürchtet Gluchowski, dass das Ende von Putins Regierung noch lange nicht nahe sei: Zwar hätten Proteste stattgefunden, die hätten jedoch nicht die Stärke erreicht, ihm gefährlich zu werden. Diejenigen, die sich damit nicht abfinden können, würde eher fliehen, statt sich gegen ihn zu stellen.

Die USA sehen aktuell keinen Bedarf an einem beschleunigten Verfahren für den Nato-Beitritt der Ukraine. "Unsere Ansicht ist, dass wir der Ukraine am besten durch praktische Unterstützung vor Ort helfen können. Und dass das Verfahren in Brüssel zu einer anderen Zeit aufgegriffen werden sollte", sagte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan. Zugleich betonte er, dass alle Entscheidungen zu einer NATO-Mitgliedschaft Sache der Beitrittskandidaten und der Mitglieder der Allianz seien.

Russland hat im UN-Sicherheitsrat wie erwartet mit einem Veto die Verabschiedung einer Resolution verhindert, mit der die russische Annexion von ukrainischen Gebieten als Völkerrechtsbruch verurteilt werden sollte. Zehn Länder stimmten für das von den USA und Albanien eingebrachte Dokument. Darin wird Russland zudem zum sofortigen militärischen Rückzug aus der Ukraine aufgefordert. Vier Länder in dem mächtigsten UN-Gremium mit insgesamt 15 Mitgliedern enthielten sich. Das waren China, Indien, Brasilien und Gabun.

Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja kritisierte die Abstimmung über den Resolutionsentwurf als Provokation und offen feindlichen Akt. Es wurde erwartet, dass der Resolutionsentwurf in dieser oder ähnlicher Form nun in den kommenden Tagen der UN-Vollversammlung zur Abstimmung vorgelegt wird.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und den Regierungschefs von Dänemark, Norwegen und Schweden über die Lage nach den "Vorfällen" an den Nord-Stream-Gasleitungen in der Ostsee beraten. "Alle gegenwärtig vorliegenden Informationen weisen auf einen vorsätzlichen Sabotageakt an den Pipelines hin", teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Anschluss an Scholz' Videokonferenzen mit Stoltenberg und seinen Kollegen Mette Frederiksen (Dänemark), Jonas Gahr Støre (Norwegen) und Magdalena Andersson (Schweden) mit. Scholz habe Dänemark und Schweden zugesagt, dass Deutschland sie bei der gemeinsamen Aufklärung unterstützen werde.

30.09.2022 • 21:03 Uhr

US-Präsident Biden warnt Putin

US-Präsident Joe Biden hat angesichts der jüngsten Eskalation im Ukraine-Krieg betont, dass die USA und ihre NATO-Verbündeten sich durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht "einschüchtern" lassen. "Amerika und unsere Verbündeten werden sich nicht einschüchtern lassen", sagte er. Putin werde dem Westen "keine Angst machen".

Biden warnte den russischen Präsidenten zugleich vor jeglichem Angriff auf einen NATO-Staat. "Die USA sind mit ihren NATO-Partnern vollständig bereit, jeden Zentimeter NATO-Territorium zu verteidigen", sagte der US-Präsident. "Herr Putin, missverstehen Sie mich nicht: jeden Zentimeter."

Biden kündigte zudem eine umfassende Untersuchung zu den Lecks an den Ostsee-Erdgasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 an. "Es war ein bewusster Akt der Sabotage, und die Russen verbreiten Falschinformationen und Lügen", sagte der Präsident. "Wir werden mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten, um herauszufinden, was genau passiert ist." So sollten Taucher die Lecks untersuchen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Annexion von vier ukrainischen Gebieten durch Russland als "schwersten Bruch der UN-Charta" verurteilt. Das "Annexionsthater und die Scheinreferenden" seien halbherzige Versuche, über das hinwegzutäuschen, "was wir seit einem halben Jahr erleben - ein Landraub mit brutalster Gewalt, mit Methoden, die man sich kaum vorstellen kann", sagte sie im ARD-Brennpunkt.  

Brennpunkt: Krieg gegen die Ukraine

Brennpunkt

Dies könne von keinem Land der Welt akzeptiert werden, so Baerbock weiter. Es gehe Putin darum, das ganze Land, die ganze Ukraine einzunehmen. Zudem habe er immer wieder deutlich gemacht, dass er nicht zurückschrecken werde, andere Länder anzugreifen.

Den Wunsch der Ukraine nach einer schnellen NATO-Mitgliedschaft könne sie verstehen, sagte Baerbock. Man werden die Ukraine in ihrem Recht auf Selbstverteidigung unterstützen, aber habe vom ersten Tag des Kriegs an deutlich gemacht, dass "wir eine Verantwortung dafür haben, dass sich der Krieg nicht auf andere Länder ausweitet und die NATO nicht zum Kriegspartner wird." Das würde auch heute noch gelten.

Die Zahl der Toten bei russischem Raketenbeschuss in der ukrainischen Stadt Saporischschja ist nach Polizeiangaben auf 30 gestiegen. 88 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte die ukrainische Polizei mit. Bei dem Angriff seien Menschen getroffen worden, die in Autos in von Russland besetztes Gebiet hätten fahren wollen, um Angehörige auf die andere Seite der Front zu holen, teilte Kyrylo Tymoschenko vom ukrainischen Präsidentenbüro mit. Von Russland eingesetzte Beamte in der Region Saporischschja machten für den Beschuss ukrainische Soldaten verantwortlich. Sie legten dafür aber keine Beweise vor.

Das US-Repräsentantenhaus hat mit 230 zu 201 Stimmen ein Ausgabengesetz gebilligt, mit dem die US-Bundesregierung bis Mitte Dezember finanziert wird. Darin enthalten sind militärische und wirtschaftliche Hilfen für die Ukraine im Umfang von mehr als 12,3 Milliarden Dollar, sofern Präsident Joe Biden das Gesetz unterschreibt.

Norwegen wird Hilfe von Großbritannien, Deutschland und Frankreich erhalten, um die Meere rund um seine Öl- und Gasplattformen zu patrouillieren. Das hat der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Stoere bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Norwegen sei im Dialog mit seinen Verbündeten, um dort Präsenz zu zeigen. Er begründete den Schritt mit dem Verdacht, dass Sabotage Anfang dieser Woche Lecks in Nord Stream-Pipelines verursacht hat.

Die USA haben nach Aussage von US-Außenminister Antony Blinken keine Hinweise darauf, dass Russland den Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine in Betracht zieht. Außerdem schrieb Blinken auf Twitter, die USA würden nach der Annexion mehrerer Gebiete in der Ukraine weiter gegen jeden vorgehen, "der diesen Schein unterstützt".

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die russische Annexion der vier besetzten ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson "aufs Schärfste" verurteilt und als illegal bezeichnet. Es handele sich dabei um eine schwere Verletzung des Völkerrechts wie auch der ukrainischen Souveränität, erklärte Macron nach Mitteilung des Élyséepalasts. Frankreich lehne dies ab und stehe an der Seite der Ukraine, um der Aggression Russlands entgegenzutreten und damit die Ukraine die volle Souveränität über ihr gesamtes Territorium wiedererlange.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die russische Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten als illegal und unrechtmäßig zurückgewiesen. "Die NATO-Bündnispartner erkennen kein einziges dieser Gebiete als Teil Russlands an und werden dies auch in Zukunft nicht tun", sagte er in Brüssel. Man rufe alle Staaten dazu auf, die unverhohlenen Versuche Russlands zurückzuweisen, Territorien zu erobern. Außerdem forderte Stoltenberg Putin dazu auf, den Krieg zu beenden.

Im Hinblick auf das NATO-Beitrittsgesuch der Ukraine sagte Stoltenberg, der Antrag müsse von allen 30 Bündnispartnern bewilligt werden. Er sagte aber auch: "Wir haben immer wieder erklärt, dass die Tür der Nato offen bleibt".

Spitzendiplomaten Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Japans, des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union haben angekündigt, Russland und russische Einzelpersonen und Organisationen innerhalb und außerhalb Russlands mit "wirtschaftlichen Kosten" belegen zu wollen. Man werde weder die "Referenden" noch die Annexion der Gebiete in der Ukraine anerkennen.

Die Ukraine hat laut der Nachrichtenagentur Reuters einen Antrag zur beschleunigten Mitgliedschaft bei der NATO eingereicht. Dazu hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij das erforderliche Dokument unterschrieben, wie aus einem Video hervorgeht. Außerdem sei Kiew bereit zu Verhandlungen mit Russland, nicht aber mit der Teilnahme des derzeitigen russischen Präsidenten Wladimir Putin, fügt Selenskyj in dem Video hinzu. Er beschuldigt den Kreml, Grenzen neu zu ziehen, "indem er Mord, Erpressung, Misshandlung und Lügen einsetzt".

Der Ministerpräsident der Ukraine, Denys Schmyhal, teilte auf Twitter ein Bild, auf dem er unter anderem mit Selenskyj zu sehen ist - der offenbar das unterschriebene Gesuch in der Hand hält.

Für die Ukraine ändert sich durch die Annexion mehrerer Gebiete in der Ukraine nichts. Das hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter erklärt. Der russische Präsident Putin versuche sich mit der Annexion Gebiete anzueignen, die er auf dem Boden "nicht mal kontrolliert", so Kuleba.

Die Europäische Kommission will die von der Bundesregierung angekündigte Gaspreisbremse genau prüfen. Die Kommission sei "wachsam", sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton der Nachrichtenagentur AFP. In der EU gibt es Befürchtungen, das kreditfinanzierte Paket von bis zu 200 Milliarden Euro könnte den Wettbewerb verzerren. Die Kommission werde sich das deutsche Vorhaben "in den kommenden Tagen sehr genau anschauen", sagte Breton.

Der scheidende italienische Regierungschef Mario Draghi hatte zuvor in Rom vor "gefährlichen und ungerechtfertigten Verzerrungen des Binnenmarktes" gewarnt, wenn sich die EU-Staaten mit Entlastungspaketen überböten. Europa müsse "in der Krise zusammenhalten", forderte er.

Als Reaktion auf die russische Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten verhängen die USA weitere Sanktionen gegen Russland. Die Strafmaßnahmen richten sich unter anderem gegen weitere russische Regierungsvertreter, deren Familienmitglieder sowie Angehörige des Militärs, wie die US-Regierung in Washington mitteilte. Betroffen seien auch Netzwerke für die Beschaffung von Verteidigungsgütern, einschließlich internationaler Lieferanten.

Zu der langen Liste an Personen, die die Amerikaner in diesem Schritt ins Visier nehmen, gehören zum Beispiel Russlands Zentralbankchefin Elvira Nabiullina, weitere Parlamentsabgeordnete, sowie Familienangehörige von Ministerpräsident Michail Mischustin, von Verteidigungsminister Sergej Schoigu, von Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin und von Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew, der inzwischen Vizechef des russischen Sicherheitsrats ist.

Führende Vertreter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben Moskaus Annexion ukrainischer Gebiete als illegal und inakzeptabel verurteilt. Das OSZE-Mitglied Russland habe Grundregeln dieser Organisation und der Vereinten Nationen "unverfroren verletzt", sagten OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid und Zbigniew Rau, der Polnische Außenminister und diesjährige OSZE-Vorsitzende. "Dieser Schritt der Russischen Föderation, inklusive Mobilmachung und verantwortungsloser nuklearer Drohungen, wird nur zu einer noch größeren Eskalation des Konfliktes führen", hieß es in der Erklärung, der sich auch führende Parlamentsvertreter von OSZE-Staaten anschlossen.

Die Migrationsbeauftragte der Europäischen Union hat eine Beschränkung der Ausgabe von Einreisevisa an russische Staatsbürger gefordert. Die zuständige Kommissarin Ylva Johansson sagte, die Mitgliedsländer sollten Russen strenger kontrollieren und allen, die eine Bedrohung darstellen könnten, die Einreisepapiere verweigern. Die Sicherheitsbedenken seien angesichts der nuklearen Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin und der Annexion von Teilen der Ukraine gewachsen.

Die EU-Behörden müssten verhindern, dass Inhaber von kurzzeitigen Visa diese in Europa verlängerten. "Wenn eine russische Person beabsichtigt, länger als 90 Tage in der EU zu bleiben, sollte ihr kein Visum erteilt werden", sagte die Kommissarin. Russische Staatsbürger, die aus ihrem Land geflohen seien, solle es nicht erlaubt sein, im Ausland ein Visum zu beantragen. Das müsse aus dem Heimatland geschehen. Aus humanitären Gründen oder aufgrund anderer außergewöhnlicher Umstände müsse die Einreise aber gestattet werden. Sie betonte gleichzeitig, keine der empfohlenen Maßnahmen halte russische Staatsbürger davon ab, in Europa Asyl zu beantragen. "Das Recht, ein Kurzzeitvisum für die EU zu erhalten, ist kein Grundrecht. Es ist ein Privileg", sagte sie.

Die Ukraine stellt nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj einen Antrag auf einen beschleunigten NATO-Beitritt. Das gab Selnskyj auf Telegram bekannt.

Zuvor hatte der russische Präsident die Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete bekannt gegeben.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) bedauert, dass sich Deutschland in hohem Maße von russischen Energielieferungen abhängig gemacht hat. "Es war falsch, in eine so starke Abhängigkeit von Russland zu kommen", sagte er im Sender Bild TV. "Wie konnte es passieren, dass wir so stark in eine Abhängigkeit von einem einzelnen Land kommen, das dann ja auch kein demokratischer Partner ist, sondern eine Autokratur? Das darf nie wieder passieren."

Im Nachhinein hätten manche Entscheidung anders getroffen werden müssen, sagte Spahn. "Wir müssen unseren Teil aufarbeiten, aber nicht nur die Union", die von 2005 bis 2021 die Bundesregierung geführt hatte. 

Die aktuell enorm gestiegenen Energiepreise seien "der Preis, den wir alle dafür zahlen, dass wir von günstiger russischer Energie gemeinsam gut gelebt haben", sagte der frühere Bundesgesundheitsminister weiter. "Wir haben alle profitiert von diesem günstigen russischen Gas. Die deutsche Industrie war deswegen wettbewerbsfähig, Arbeitsplätze sind entstanden."

Vizekanzler Robert Habeck glaubt russischen Aussagen zu den Lecks der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 nicht. "Die einzige Wahrheit, die aus Russland kommt, ist die Lüge", sagte der Grünen-Politiker in Brüssel auf die Frage, ob er Russland glaube, dass das Land nicht in eine mögliche Sabotage der Pipelines involviert sei. Die Wahrheit habe Russland verlassen.

Der Kreml hatte Vorwürfe unter anderem der Ukraine als "absurd" bezeichnet, das Russland seine eigene Infrastruktur zerstöre, um die Energiekrise in Europa zu verschärfen. Habeck betonte:

Ich weiß nicht, wer die Explosionen durchgeführt hat. Aber zu sagen: Wir waren es nicht - das ist keine Antwort, der ich traue.

Es liefen derzeit Ermittlungen, so Habeck weiter. Diese sollte man abwarten, bevor man zu einem Urteil komme. Seit der Nacht zum Montag wurden insgesamt vier Lecks an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 festgestellt. Laut einem Bericht sollen sie durch Sprengstoff verursacht worden sein.

Das künftige NATO-Mitglied Schweden wird Waffenexporte in die Türkei erlauben. Das bestehende Embargo werde aufgehoben, teilten die Behörden mit. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte gedroht, die Aufnahme von Schweden und Finnland in die Militärallianz zu blockieren, wenn das Embargo weiter Bestand habe.

Schweden hatte das Ausfuhrverbot von Waffen an die Türkei 2019 nach einem türkischen Militäreinsatz gegen die kurdische YPG-Miliz in Syrien verhängt. Finnland und Schweden geben ihre 200 Jahre währende militärische Blockfreiheit angesichts des russischen Einmarsches in der Ukraine auf. Das türkische Parlament muss die NATO-Mitgliedschaft beider Länder noch ratifizieren. Die schwedische Entscheidung wurde weithin als Versuch gewertet, die Zustimmung Ankaras zum Beitritt zu sichern. In der kommenden Woche wird eine schwedische Delegation in Ankara erwartet, um dort über türkische Auslieferungsanträge zu beraten.

Die Slowakei könnte die Stromlieferungen an andere Länder der Europäischen Union einstellen, wenn sie nicht mehr Hilfe zur Bewältigung der steigenden Energiekosten erhält, warnte der slowakische Premierminister. Er sagte, die bisher vereinbarten Maßnahmen gingen nicht weit genug.

Zuvor hatten mehr als die Hälfte der Länder in der Europäischen Union einen EU-weiten Gaspreisdeckel gefordert. In einem Brief an die EU-Energiekommissarin Kadri Simson fordern deren Regierungen Simson auf, umgehend einen Vorschlag für einen Maximalpreis für Gas vorzustellen.

Die vier Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee sind einem dänisch-schwedischen Bericht zufolge von Unterwasser-Explosionen mit einer Sprengkraft wie "hunderte Kilo" Sprengstoff verursacht worden. Die Wucht der Explosionen sei mit 2,3 und 2,1 auf der Richterskala beziffert worden, heißt es in dem an den UN-Sicherheitsrat übermittelten offiziellen Bericht. Alle verfügbaren Informationen deuteten darauf hin, dass die Explosionen die Folge einer vorsätzlichen Handlung seien.

Ein Berater des ukrainischen Präsidenten, Mykhailo Podolyak, hat mitgeteilt, Russland müsse Kiew darum bitten, seine eingekreisten Truppen aus der russischen Festung Lyman in der Ostukraine zu entlassen.

Die ukrainischen Truppen sind nach Angaben des prorussischen Separatistenanführers Denis Puschilin auf die strategisch wichtige Stadt Lyman in der ostukrainischen Region Donezk vorgerückt. In Lyman lebten vor Ausbruch des Kriegs etwa 20.000 Menschen. Russland nahm die Stadt im Mai ein. Seit die Ukraine in diesem Monat in einer Gegenoffensive russische Streitkräfte in der nahe gelegenen Region Charkiw in die Flucht geschlagen hat, steht sie im Zentrum erneuter Kämpfe.

Nach den Worten von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist die Annexion von vier ukrainischen Regionen durch Russland rechtswidrig.

Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja würden immer der souveränen Nation der Ukraine angehören, schreibt sie auf Twitter. "Die von (Russlands Präsident Wladimir) Putin verkündete illegale Annexion wird nichts ändern."

"Die Wahrheit steht hinter uns, Russland steht hinter uns." Mit diesen Worten beendet Präsident Wladimir Putin seine Rede. Im Anschluss beginnt der Festakt zur Unterzeichnung der Annexion der vier ukrainischen Gebiete.

Bei der Zemonie zur Annexion von vier ukrainischen Regionen hat Russlands Präsident Wladimir Putin deren Bewohner als russische Staatsbürger bezeichnet.

"Die Bewohner von Luhansk und Donezk, Cherson und Saporischschja werden für immer unsere Bürger", sagte Putin der Rede vor der politischen Elite des Landes. "Die Menschen haben für unsere gemeinsame Zukunft gestimmt." 

Russlands Präsident Wladimir Putin wirft dem Westen vor, einen hybriden Krieg gegen sein Land zu führen. Russlands Entwicklung und seine Kultur werde als Bedrohung angesehen. Russland aber werde seine Werte und Vaterland verteidigen. Die westlichen Eliten seien immer noch das, was sie immer waren - Kolonialisten.

Russlands Präsident Wladimir Putin greift den Westen erneut scharf an. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe man dort entschieden, die Welt mit seiner Diktatur zu überziehen, sagt Putin. Russland versuche nicht, die Sowjetunion wieder auferstehen zu lassen. Der Westen dagegen suche auch weiterhin nach Wegen, um Russland zu schwächen.

Der inhaftierte russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny fordert ein Ende des Präsidialsystems in Russland. Es liege zwar allein in der Hand des russischen Volkes, sein politisches System zu bestimmen, schreibt Nawalny in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" und die "Washington Post".

"Dennoch sollte der Westen, der Russland als Staat und dessen Elite persönlich mit Sanktionen belegt hat, seine strategische Vision einer parlamentarischen Demokratie in Russland so deutlich wie möglich machen." Die Erwartung, dass ein Machtswechsel automatisch zu einer Systemänderung führe, bezeichnet Nawalny als "bestenfalls naiv". Die wahre Partei des Krieges sei die gesamte Elite.

Russlands Präsident Wladimir Putin fordert die Ukraine auf, umgehend jegliche militärischen Handlungen einzustellen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. "Wir sind bereit für Gespräche", sagt Putin bei der Anschluss-Zeremonie von vier ukrainischen Gebieten.

In diesem Zusammenhang betont er, die Regierung in Kiew solle den Willen der Menschen respektieren. Mit Blick auf einen weiteren Vormarsch der ukrainischen Truppen bekräftigt der Präsident: "Wir werden unser Land mit allen Mitteln verteidigen."

Kremlchef Wladimir Putin hat vier besetzte ukrainische Gebiete zu russischem Staatsgebiet erklärt. Die Aufnahme von Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson solle noch heute vertraglich besiegelt werden, sagte Putin bei einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede. Die Annexionen werden international nicht anerkannt.

Ina Ruck, ARD Moskau, mit Informationen zu Putins-Rede zur Annexion ukrainischer Regionen

tagesschau 15:00 Uhr

Der ehemalige russische Schwergewichtsboxer und Duma-Abgeordnete Nikolai Walujew (49) hat vom russischen Militär eine Vorladung bekommen - allerdings schon vor der von Präsident Wladimir Putin angeordneten Teilmobilmachung für den Ukraine-Krieg.

"Die Heimat ruft - ich werde gehen", schrieb Walujew in seinem Telegram-Kanal, wo er auch ein Foto des Bescheides veröffentlichte. Ob er damit meinte, dass er in den russischen Ukraine-Krieg ziehen werde, blieb allerdings offen.

Denn die Vorladung bedeutet nicht automatisch, dass Walujew auch eingezogen wird. Putin hatte erst am 21. September eine Teilmobilmachung von rund 300.000 Reservisten für den russischen Ukraine-Krieg angeordnet. Der Ex-Boxchampion Walujew sollte laut Vorladung aber schon 15. September in einem Militärbüro in St. Petersburg erscheinen, um seine Daten abzugleichen und Änderungen an Dokumenten vorzunehmen.

Russland will nach der Annexion besetzter Gebiete in der Ukraine Kämpfe dort als Angriff auf seine Souveränität werten. Das sei dann ein Akt der Aggression, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Die Regionen Luhansk und Donezk würden Russland in Gänze angeschlossen und Russland werde den derzeit von ukrainischen Truppen kontrollierten Teil von Donezk befreien. Ob Moskau in Cherson und Saporischschja ebenso verfahren will, ließ Peskow zunächst offen. Auch diese Gebiete kontrolliert Russland nicht vollständig.

Nach militärischen Rückschlägen Anfang September hatte der russische Präsident Wladimir in der vergangenen Woche hastig Abstimmungen ansetzen lassen, die eine Eingliederung der besetzten Gebiete in die Russische Föderation ermöglichen sollen. Die Ukraine und der Westen haben dies as unverschämten Landraub verurteilt.

Mit Blick auf die durch Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilisierung russischer Reservisten behält Norwegen seine Grenze zu Russland intensiver im Auge.

Man kontrolliere die norwegisch-russische Grenze nun stärker und erhöhe das Bereitschaftsniveau, teilte das norwegische Justizministerium mit. Die Mobilisierung in Russland und ein mögliches Ausreiseverbot für russische Staatsbürger erhöhe das Risiko illegaler Grenzübertritte.

Heute sollte deshalb ein Polizeihubschrauber in der Region stationiert werden, um mögliche rechtswidrige Übertritte besser im Blick behalten zu können.

Norwegen grenzt im hohen Norden auf 198 Kilometern Länge an Russland. Einziger offizieller Übergang ist die Grenzstation Storskog. Der gemeinsame Nachbar Finnland, der eine 1340 Kilometer lange Grenze zu dem Riesenreich hat, lässt russische Touristen ohne triftigen Einreisegrund seit Freitag nicht mehr ins Land.

AfD-Chef Tino Chrupalla hält ungeachtet des Kriegs in der Ukraine an Kontakten zu Russland fest. Er halte es "für richtig und eine Selbstverständlichkeit, Gespräche mit allen Botschaftern, auch dem russischen Botschafter zu führen", sagte Chrupalla dem "Spiegel".

Anfang September sprach er demnach mit Russlands Botschafter Sergej Netschajew in Berlin, nach einem Eintrag ins Kondolenzbuch für den früheren sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow. Bereits im Februar, nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine, suchte Chrupalla dem Bericht zufolge Netschajew in der Botschaft auf.

Der AfD-Vorsitzende pflegt seit längerem Kontakte nach Moskau: Ende 2020 empfing ihn dort Außenminister Sergej Lawrow, 2021 war er als Redner auf eine Konferenz des russischen Verteidigungsministeriums eingeladen.  Den ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk, der Berlin bald verlässt, traf Chrupalla hingegen nie. Der sei "ja mehr ein rabiater politischer Aktivist als ein Diplomat" gewesen, sagte der AfD-Chef.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland den Beschuss von Zivilisten in Saporischschja und anderen Orten angelastet. "So können nur absolute Terroristen handeln, für die in der zivilisierten Welt kein Platz ist", schrieb der Staatschef beim Nachrichtenkanal Telegram.

Moskau wolle sich für seine Misserfolge und den ungebrochenen ukrainischen Widerstand rächen. "Zynisch vernichtet (der Feind) friedliche Ukrainer, denn er hat bereits seit langem alles Menschliche verloren", schrieb der 44-Jährige. Für jedes verlorene Leben von Ukrainern werde Moskau zur Verantwortung gezogen.

Am Morgen war eine wartende Autokolonne am Rand von Saporischschja unter Beschuss geraten. Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft zufolge sind 25 Menschen getötet und rund 50 verletzt worden. Laut Selenskyj wurden 16 Raketen auf Saporischschja und Umgebung abgefeuert.

Die Besatzungsverwaltung der russisch besetzten Gebiete wiederum warf Kiew den Artilleriebeschuss der Wartenden vor. Der betroffene Ort ist rund 40 Kilometer von der Front entfernt.

Russland muss nach Angaben des Kreml die "genauen Grenzen" von zwei der ukrainischen Regionen, die heute formell annektiert werden sollen, noch "klären". Die "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk würden von Russland "in den Grenzen von 2014" anerkannt, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Zu den Regionen Cherson und Saporischschja "muss ich das noch klären, ich kann diese Frage derzeit nicht beantworten", ergänzte Peskow zwei Stunden vor der offiziellen Zeremonie.

Der Kreml hat Spekulationen über einen russischen Atomwaffeneinsatz im Zuge der Kämpfe um die von Moskau annektierten Gebiete in der Ukraine zurückgewiesen. "Leute, die von einer atomaren Eskalation reden, handeln sehr unverantwortlich", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Am Nachmittag wollte Präsident Wladimir Putin ein Dokument über die Eingliederung der vier mehrheitlich von russischen Truppen kontrollierten Gebiete Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja in den Bestand der Russischen Föderation unterzeichnen. Aus Moskau hieß es im Vorfeld, Russland werde sein Gebiet mit allen Mitteln verteidigen, was zu Spekulationen über einen Atomwaffeneinsatz führte.

Auf diese Debatte angesprochen, forderte Peskow die fragenden Journalisten auf, sie sollten die russische Militärdoktrin genauer lesen. "Dort ist die richtige Formulierung sehr wichtig". In der Doktrin steht, dass ein Atomwaffeneinsatz möglich ist, wenn durch einen Angriff mit konventionellen Waffen "die Existenz Russlands selbst" auf dem Spiel steht.

Friedensaktivisten rufen für diesen Samstag zu einem bundesweiten Aktionstag auf. Unter dem Motto "Keinen Euro für Krieg und Zerstörung!" soll für Abrüstung, eine soziale und ökologische Politik sowie die Abkehr von jeglicher kriegerischer Eskalation demonstriert werden, wie die Netzwerke "Kooperation für den Frieden" und "Bundesausschuss Friedensratschlag" in Frankfurt am Main mitteilte.

Geplant sind Aktionen unter anderem in Frankfurt, Berlin, Stuttgart und Hamburg. Zu den Kernforderungen gehören den Angaben zufolge Waffenstillstandsgespräche zu Beendigung des Ukraine-Krieges und die Umwidmung der 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr in ein "Investitionsprogramm für Soziales, Umwelt, Gesundheit und Bildung". Auch der Abzug von US-Atomwaffen aus Deutschland und die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags durch die Bundesregierung werden verlangt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Scheinreferenden und die bevorstehende Annexion von vier ukrainischen Gebieten durch Russland verurteilt. "Wir werden diese vermeintlichen Ergebnisse, wir werden diese Grenzverschiebungen nicht akzeptieren!", sagte Steinmeier bei einer Ordensverleihung zum Tag der Deutschen Einheit im Schloss Bellevue. Die Scheinreferenden seien völkerrechtswidrig.

"Putins Regime treibt die Eskalation immer weiter voran", sagte er mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin. Steinmeier betonte, dass Deutschland die Ukraine weiter und so lange wie nötig unterstützen müsse: "finanziell, humanitär, politisch und militärisch". "Dieser Krieg ist auch ein Angriff auf das internationale Recht und auf die Werte der liberalen Demokratien – auf unsere Werte!", sagte er.

Die EU-Staaten haben sich angesichts hoher Energiepreise auf europäische Notmaßnahmen verständigt, um Strom zu sparen und Entlastungen zu finanzieren. Die zuständigen Minister einigten sich darauf, dass Energieunternehmen künftig einen Teil ihrer Krisengewinne an den Staat abgeben müssen, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte.

Mit diesem Geld sollen Verbraucher entlastet werden. Die Einigung muss noch formell bestätigt werden. Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen ist, ist auch Strom teurer geworden. Das liegt daran, dass der Strompreis durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, das zur Produktion eingeschaltet wird - derzeit sind das vor allem Gaskraftwerke. Auch Produzenten von billigerem Strom - etwa aus Sonne, Wind, Atomkraft oder Braunkohle - können diesen zu hohen Preisen verkaufen.

Mit Blick auf die durch Präsident Wladimir Putin angeordnete Teilmobilisierung russischer Reservisten behält Norwegen seine Grenze zu Russland intensiver im Auge. Man kontrolliere die norwegisch-russische Grenze nun stärker und erhöhe das Bereitschaftsniveau, teilte das norwegische Justizministerium mit.

Die Mobilisierung in Russland und ein mögliches Ausreiseverbot für russische Staatsbürger erhöhe das Risiko illegaler Grenzübertritte. Noch heute soll deshalb ein Polizeihubschrauber in der Region stationiert werden, um mögliche rechtswidrige Übertritte besser im Blick behalten zu können.

Norwegen grenzt im hohen Norden auf 198 Kilometern Länge an Russland. Einziger offizieller Übergang ist die Grenzstation Storskog. Der gemeinsame Nachbar Finnland, der eine 1340 Kilometer lange Grenze zu dem Riesenreich hat, lässt russische Touristen ohne triftigen Einreisegrund seit heute nicht mehr ins Land.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich für gemeinsame europäische Gaseinkäufe stark gemacht, um die Energiepreise zu dämpfen. "Wir können die Marktmacht Europas klug einsetzen", sagte er am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Viele andere EU-Staaten wie Frankreich, Spanien oder Italien fordern drastischere Maßnahmen als gemeinsame Einkäufe: einen Maximalpreis für Gas. Deutschland und einige andere Ländern lehnen das ab. Habeck sagte, man dürfe es nicht dazu kommen lassen, dass zu wenig Gas nach Europa komme. Für einen Preisdeckel nur auf russisches Gas zeigte sich Habeck jedoch offen.

Die Energieexpertin Claudia Kemfert hat vor weiteren Anschlägen auf die Energieversorgung in Europa gewarnt. "Wir sind in einem fossilen Energiekrieg. Die Mittel, die da jetzt gewählt werden, sind drastisch", sagte Kemfert dem Fernsehsender "Phoenix". Dass es jetzt Sabotage-Akte gebe und die Energieversorgung in Gefahr geraten könne, entspreche dem Drehbuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Man müsse damit rechnen, dass es Anschläge auf alle möglichen Bereiche der Energieversorgung gebe, so die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Konkret nannte sie die Gefahr von Cyber-Angriffen auf Atomkraftwerke. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach heute von einem "Energiekrieg". Putin führe einen Energiekrieg, mit dem er den Wohlstand in Deutschland erschüttern wolle, damit die Menschen weniger solidarisch mit der Ukraine seien, so Lindner.

Laut dem Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergei Naryschkin, habe Russland Beweise, dass der Westen für die Lecks in den Nord-Stream-Pipelines verantwortlich sei. Das berichtet die russische Nachrichtenagentur Interfax. Die Aussage Naryschkins ist die bislang direkteste Beschuldigung des Westens durch Moskau im Zusammenhang mit den Lecks. Welche Beweise es geben solle, sagte der Spionagechef nicht. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte gestern von einem "Akt des internationalen Terrorismus" gesprochen.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios heißt es in Fraktionskreisen, innerhalb der deutschen Sicherheitsbehörden gebe es bisher noch keine Festlegung, wer die Explosionen verursacht hat. Weitgehend sicher ist man lediglich, dass letztlich nur ein staatlicher Akteur infrage kommt. Dass es sich dabei um Russland handelt, gilt am wahrscheinlichsten, heißt es. Beweise dafür gibt es bisher allerdings nicht, lediglich Wahrscheinlichkeiten.

Am Rande der südukrainischen Stadt Saporischschja sind nach Angaben der Regionalregierung bei einem russischen Raketenangriff auf einen Fahrzeugkonvoi 23 Zivilisten getötet und 28 verletzt worden. Rettungskräfte seien im Einsatz, schreibt Gouverneur Olexandr Staruch auf Telegram. Laut Staruch handele es sich um einen humanitären Konvoi, der auf dem Weg in die russisch besetzten Gebiete gewesen sei. Die Opfer hätten dort Angehörige abholen und Hilfe bringen wollen. Rettungskräfte und Sanitäter seien vor Ort, teilte Staruch mit.

Der Chef der russischen Besatzungsverwaltung des Gebiets Saporischschja, Wladimir Rogow, beschuldigte dagegen auf seinem Telegram-Kanal ukrainische Truppen, den Konvoi beschossen zu haben. Nach Rogows Angaben wurden 23 Menschen getötet und 34 verletzt, als sie versuchten, auf russisch kontrolliertes Territorium zu gelangen.

Am Nachmittag will der Kreml das Gebiet Saporischschja als eins von vier Gebieten neben Cherson, Donezk und Luhansk offiziell annektieren. Bislang halten russische Truppen rund 70 Prozent der Region besetzt, allerdings nicht die Gebietshauptstadt Saporischschja selbst.

Im Kampf um die strategisch wichtige Kleinstadt Lyman im Gebiet Donezk haben ukrainische Truppen nach russischen Angaben mehrere Orte östlich der Stadt eingenommen. "Gegen Mitternacht ist es ukrainischen Truppen gelungen, Lyman faktisch einzukesseln", teilte der nationalistische Militärblog "Rybar" mit. Die Ortschaft Stawky im Norden Lymans sei gefallen, östlich von Lyman, in Saritschne, gebe es Straßenkämpfe. Die ukrainische Eroberung von Stawky bestätigte auch der russische Militärblogger Semjon Pegow.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Die Straße nach Torske war nach dem Vorstoß der ukrainischen Kräfte westlich und nördlich von Lyman die einzige Nachschub-Verbindung der russischen Garnison in der Stadt. Jetzt sei sie unter ständigem Feuer ukrainischer Kräfte. Zudem berichtet der Blog von einem ukrainischen Sturm auf die Stadt Jampil südöstlich von Lyman.

Sollte der Ukraine die Eroberung von Lyman gelingen, öffnet sich für das ukrainische Militär der Weg tief in das Gebiet Luhansk hinein, das Moskau seit dem Sommer weitgehend unter eigene Kontrolle gebracht hatte. Der Kreml will am Freitag in einem Festakt die Annexion von Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja offiziell verkünden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Gasspeicherverband ist trotz eines Gesamtfüllstandes von über 91,5 Prozent skeptisch, ob das Speicherziel von 95 Prozent hierzulande zum 1. November erreicht wird. "Die steigenden Gasverbräuche aufgrund fallender Temperaturen reduzieren zunehmend die Einspeichermöglichkeiten", sagte der Geschäftsführer des Speicherverbandes Initiative Energien Speichern, Sebastian Bleschke, der Nachrichtenagentur dpa. Die deutschen Speicher müssen jeweils am 1. Oktober zu 85 Prozent gefüllt sein, schreibt das Energiewirtschaftsgesetz vor. Schon am 2. September hatte der Gesamtfüllstand diese Marke erreicht.

Kai Küstner, Kai Küstner, ARD Berlin, 30.09.2022 07:50 Uhr

Usbekistan will russische Wehrdienstverweigerer nicht abschieben. Wie die Regierung in Taschkent mitteilt, haben Hunderttausende Männer, einige mit Familien, Russland verlassen, seitdem Präsident Wladimir Putin vergangene Woche eine Teilmobilisierung angeordnet hat. "Ausländische Staatsbürger, die nicht gegen das Gesetz verstoßen haben, werden nicht zwangsweise abgeschoben", erklärte die usbekische Regierung. Usbekistan macht bisher keine Angaben darüber, wie viele Russen seit der Ankündigung der Teilmobilisierung in das Land gekommen sind.

Nach den "Referenden" in vier russisch kontrollierten Regionen in der Ukraine will der russischen Staatschef Wladimir Putin deren Annexion formell vollziehen. Bei einer Zeremonie im Kreml sollen die Abkommen über die Aufnahme der ostukrainischen Regionen Luhansk und Donezk sowie der südukrainischen Regionen Saporischschja und Cherson in die Russische Föderation unterzeichnet werden.

Der UN-Sicherheitsrat in New York wird über eine Resolution abstimmen, welche die sogenannten "Referenden" in den russisch kontrollierten ukrainischen Gebieten verurteilt. Das gab die französische Präsidentschaft des höchsten UN-Gremiums in New York bekannt. Die von den USA und Albanien eingebrachte Resolution hat keinerlei Chancen angenommen zu werden, da Russland als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats sein Veto einlegen kann. Allerdings dürfte der Text später der UN-Vollversammlung vorgelegt werden.

Die "Referenden" in den vier umkämpften ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson werden vom Westen als illegal und Bruch des Völkerrechts angesehen. Die USA warfen dem Kreml "Landraub" vor und erklärten, "den Ausgang dieser Schein-Referenden niemals anzuerkennen".

Russland hat empört auf die Äußerungen von UN-Generalsekretär Antonio Guterres zur geplanten Annexion der ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja reagiert. Dem Land zufolge hat Guterres nicht das Recht, politische Erklärungen im Namen der Vereinten Nationen als Ganzes abzugeben. Der UN-Generalsekretär bezeichnete Russlands Vorhaben als "eine gefährliche Eskalation", die die Aussichten auf Frieden in der Region gefährden würde.

Die US-Justiz hat den russischen Oligarchen und Vertrauten von Staatschef Wladimir Putin, Oleg Deripaska, wegen Verletzung von US-Sanktionen angeklagt. Wie das US-Justizministerium mitteilte, wird dem 52-jährigen Aluminium-Milliardär vorgeworfen, er habe seinen beiden Kindern unter Umgehung der Sanktionen die US-Staatsbürgerschaft beschaffen wollen. Die Anklage richtet sich demnach auch gegen seine Freundin sowie zwei Helferinnen. 

Laut Anklage versuchten sie, Deripaskas Freundin Ekaterina Olegovna Voronina die Einreise in die USA zu ermöglichen, damit sie dort die gemeinsamen Kinder zur Welt bringen könne. Im Jahr 2000 sei dies geglückt, 2022 sei der schwangeren Frau jedoch die Einreise verwehrt worden.

Die US-Behörden hatten Deripaska wegen seiner Nähe zu Putin 2018 mit Sanktionen belegt. Der Oligarch habe "mit Lügen und Betrügereien" versucht, die Sanktionen zu umgehen, sagte Lisa Monaco, die Nummer zwei des Justizministeriums. Obwohl er die russische Führung unterstütze, habe er "hunderttausende Dollar" investiert, damit sein Kind die US-Staatsbürgerschaft bekomme und vom US-Gesundheitssystem profitiere, hieß es in der Mitteilung des Ministeriums.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft Minderheiten in ganz Russland dazu auf, sich der Teilmobilmachung des Kremls zu widersetzen. "Ihr müsst nicht in der Ukraine sterben", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Putin werde weiter versuchen, Menschenleben zu vernichten und niemand sei verpflichtet, an einem schändlichen Krieg teilzunehmen.

Einer Zählung des Senders BBC zufolge sind bislang mindestens 301 Soldaten aus dem mehrheitlich muslimischen Dagestan im Ukraine-Krieg gefallen. Das wäre die höchste Zahl für eine russische Region und mehr als zehn mal die Zahl der Toten aus Moskau, das eine fünfmal größere Bevölkerung aufweist. Eine offizielle Aufschlüsselung der russischen Verluste liegt nicht vor. Bei Protesten in Dagestan gegen die Teilmobilmachung sind in der vergangenen Woche mehr als 100 Menschen festgenommen worden.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einem weiteren völkerrechtswidrigen Akt die besetzten ukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja als unabhängige Staaten anerkannt. Die entsprechenden Dekrete des Kremlchefs wurden in der Nacht in Moskau veröffentlicht. Die Dekrete gelten gemäß dem international kritisierten Vorgehen Moskaus als Voraussetzung dafür, dass die Regionen heute ihre Aufnahme in die Russische Föderation beantragen können.

Sylvia Tiegs, Sylvia Tiegs, ARD Berlin, 30.09.2022 06:28 Uhr

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die russische Bevölkerung aufgefordert, sich gegen Kremlchef Wladimir Putin aufzulehnen und den Krieg zu stoppen. "Um das zu beenden, muss man diesen Einen in Russland stoppen, der Krieg mehr will als das Leben", sagte Selenskyj in einer in Kiew veröffentlichten Videobotschaft. Nur ein einziger Mensch in Russland wolle den Krieg, meinte er mit Blick auf Putin.

In einem fast zeitgleich veröffentlichten weiteren Video wandte sich Selenskyj auch besonders an die Vielvölkerregion Kaukasus in Russland. Er forderte die Menschen auf, um ihre Freiheit zu kämpfen und sich nicht in den Krieg in der Ukraine schicken zu lassen. Vor allem in der russischen Teilrepublik Dagestan hatte es zuletzt gewaltsame Proteste gegen die von Putin angeordnete Teilmobilmachung gegeben. Beklagt wird dort, dass vor allem Angehörige ethnischer Minderheiten zum Kriegseinsatz geschickt werden.

Selenskyj sagte, Putin "spuckt" auf Menschenleben. Russland bringe Tod, Folter, Vergewaltigung und Verderben. "Das kann man noch stoppen." Dafür müssten die Bürger aufstehen und "kämpfen". Er lobte den breiten Widerstand gegen die Teilmobilmachung, mit der Moskau versuche, das Scheitern der russischen Armee zu überdecken.