SPD-Politiker Karl Lauterbach

Mögliche Ampel-Koalition Lauterbach für Cannabis-Legalisierung

Stand: 13.10.2021 18:51 Uhr

Jahrelang sei er gegen eine Legalisierung von Cannabis gewesen, sagt SPD-Politiker Lauterbach. Nun plädiert auch er dafür - auch weil die Substanzen mit Heroin versetzt würden. Ob dies wirklich so ist, wird jedoch bezweifelt.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich dafür ausgesprochen, in einem möglichen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP eine Legalisierung von Cannabis festzuschreiben. In einem Interview der "Rheinischen Post" plädierte er dafür, eine kontrollierte Abgabe an Erwachsene zu erlauben, um dem Handel von mit Heroin versetztem Cannabis einen Riegel vorzuschieben.

"Jahrelang habe ich eine Cannabis-Legalisierung abgelehnt. Mittlerweile komme ich als Arzt aber zu einem anderen Schluss", sagte Lauterbach. "Immer häufiger wird dem illegal verkauften Straßen-Cannabis neuartiges Heroin beigemischt, das sich rauchen lässt. Damit werden Cannabis-Konsumenten schnell in eine Heroin-Abhängigkeit getrieben." Dieses Phänomen sei neu und verändere die Lage.

Mit einer Legalisierung von Cannabis ließe sich der Handel mit verunreinigtem Haschisch unterbinden, so der SPD-Politiker. Konsumenten könnten so vor Gefahren durch verunreinigte Substanzen geschützt werden. "Ich bin deswegen dafür, dass wir in einem möglichen Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP einen Passus zur legalen und kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene formulieren."

LKA Rheinland Pfalz zweifelt an Lauterbachs Aussagen

Dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz (LKA) sind allerdings keine Fälle von Cannabis bekannt, das mit Heroin gestreckt wurde. Den Ermittlern lägen keinerlei diesbezügliche Erkenntnisse vor, teilte das LKA dem SWR auf Anfrage mit. Ein führender Toxikologe erklärte, auch im Austausch mit Kollegen aus der Rechtsmedizin und anderen Landeskriminalämtern aus dem ganzen Bundesgebiet seien solche Fälle bundesweit nicht berichtet worden.

Zwar sei tatsächlich Cannabis auf dem Markt erhältlich, welches mit potentiell gefährlichen synthetischen Wirkstoffen versetzt sei. Hierbei handele es sich oft um sogenannten CBD-Hanf, dessen Blüten einen hohen CBD-Gehalt bei sehr niedrigem THC Gehalt aufwiesen. "Diese Blüten werden mit synthetischen Cannabinoiden versetzt. Aufgrund der ungenauen Dosierung und der mitunter sehr starken Potenz dieser neuartigen Cannabisrezeptorwirkstoffe sind Rauschverlauf und Vergiftungserscheinungen hier nicht ohne weiteres vorhersehbar", so das LKA.

FDP und Grüne für "Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften"

FDP und Grüne, die derzeit mit der SPD über eine Ampel-Koalition sondieren, sind ebenfalls für eine Legalisierung von Cannabis und einen "Verkauf in lizenzierten Fachgeschäften". Eine "Entkriminalisierung" könnte nach Ansicht beider Parteien auch weniger Ressourcen bei Polizei und Justiz binden und den Schwarzmarkt austrocknen. Die Freien Demokraten sehen dadurch mögliche Steuereinnahmen von bis zu einer Milliarde Euro - Geld, das in Suchtprävention und Behandlung gesteckt werden könnte.

Der FDP-Nachwuchs plädierte in der "Rheinischen Post" für eine weitgehende Reform. "Statt den kleinsten gemeinsamen Nenner braucht es nun große Reformen, die weit über die Legalisierung von Cannabis hinausgehen", sagte der Chef der Jungen Liberalen, Jens Teutrine. "Die Prohibition, Kriminalisierung und Stigmatisierung von Cannabis ist gescheitert." Nur eine vollständige Legalisierung würde notwendige Qualitätsstandards und Jugendschutz sicherstellen. Die SPD hingegen befürwortet eine "regulierte Abgabe" an Erwachsene zunächst in Modellprojekten, die von Präventions- und Beratungsangeboten begleitet werden.

Auch Polizeigewerkschaften warnen

Das CDU-geführte Bundesgesundheitsministerium sprach sich nach Lauterbachs Vorstoß weiter gegen eine Legalisierung aus. Bei Cannabis handle es sich um eine gefährliche Substanz, sagte ein Sprecher von Minister Jens Spahn. Eine Legalisierung sei daher nicht angezeigt. In bestimmten medizinischen Fällen könne die Verwendung von Cannabis helfen.

Auch Vertreter von Polizeigewerkschaften hatten vor einer Legalisierung gewarnt. Sie argumentieren unter anderem, bei Cannabis handele es sich um eine oft verharmloste Droge, die gerade bei Jugendlichen zu erheblichen Gesundheitsproblemen und sozialen Konflikten führen könne.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Dienstag, es mache keinen Sinn, neben dem legalen, aber gefährlichen Alkohol die Tür für eine weitere "gefährliche und oft verharmloste" Droge zu öffnen. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte der Zeitung, Cannabis sei nicht nur eine gefährliche Einstiegsdroge, sondern wegen der Unkontrollierbarkeit der Zusammensetzung insbesondere für junge Menschen eine Gefahr. Vor allem im Straßenverkehr befürchtet Wendt fatale Folgen.

Kilian Pfeffer, Kilian Pfeffer, ARD Berlin, 13.10.2021 07:04 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 13. Oktober 2021 um 07:22 Uhr.