
Neue Studie Wie Biogas die Gaskrise mildern könnte
Experten gehen davon aus, dass sich bis zu 46 Prozent der durch Gaskraftwerke erzeugten Stromproduktion durch Biogas decken lassen. Insgesamt könnte sich der Anteil von Biomethan am deutschen Gasmarkt verdreifachen.
Bislang hat Biomethan, also aufbereitetes Biogas, einen Anteil von gerade einmal einem Prozent am deutschen Gasmarkt. Doch dieser Anteil könnte mittelfristig auf rund drei Prozent steigen, wie aus einer Kurzstudie des Deutschen Biomasseforschungszentrums Leipzig und des Wuppertal Instituts hervorgeht.
Mehr Biogas zur Stromproduktion
Auch ohne Aufbereitung zu Biomethan könne Biogas bei einer Vor-Ort-Verstromung zur flexiblen Stromproduktion beitragen. Bis zu 46 Prozent der momentan durch Gaskraftwerke erzeugten Stromproduktion ließen sich aus Biogas decken, heißt es in der Studie. Auftraggeber waren das Leipziger Energieunternehmen Energy2market und die Berliner Beratungsfirma DWR eco.
Die Bundesregierung strebt in der Gaskrise einen stärkeren Beitrag der erneuerbaren Energien an, um Erdgas aus dem Strombereich zu verdrängen. "So soll insbesondere die Biogaserzeugung ausgeweitet werden, indem unter anderem die vorgegebenen jährliche Maximalproduktion der Anlagen ausgesetzt wird", hatte das Wirtschaftsministerium vor knapp zwei Wochen mitgeteilt.
Zahlreiche Hürden für mehr Biogas
Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, hatte die Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister als "mutmachendes und erfreuliches Signal" begrüßt, aber auch auf zahlreiche Hürden bei der Umsetzung hingewiesen. Um möglichst viele Hindernisse aus dem Weg zu räumen, bedarf es aus Sicht des Fachverbandes Biogas vor allem Erleichterungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz sowie im Bau- und Genehmigungsrecht.
Wenn diese umgesetzt werden, könnten kurzfristig etwa 20 Prozent Leistung im aktuellen Biogasanlagenbestand zusätzlich mobilisiert werden, was insgesamt 19 Milliarden Kilowattstunden Gas beziehungsweise sieben Milliarden Kilowattstunden Strom zuzüglich Wärmeerzeugung entspricht, so der Fachverband.
Staatliche Anreize notwendig?
Auch die Kurzstudie des Deutschen Biomasseforschungszentrums Leipzig und des Wuppertal Instituts hebt die hohen Hürden für den erweiterten Einsatz von Biogasanlagen hervor. So müsste die Kapazität der Anlagen um ein Vielfaches erhöht werden, damit sie flexibel eingesetzt werden können.
"Die energiewirtschaftlich notwendige Flexibilisierung würde Anlagenbetreiber technisch und betriebswirtschaftlich vor nur schwer zu realisierende Herausforderungen stellen", sagte Jakob Medick von DWR eco. Daher seien staatliche Anreize notwendig, damit Biogas teilweise die Funktion von Erdgas im zukünftigen Stromsystem einnehmen könne.
Biogasanlagen haben noch Kapazitäten frei
Diese Anreize könnten vor allem mittelfristig ihre Wirkung entfalten. Die Autoren der Studie halten es für möglich, dass Biogas-Anlagen im Jahr 2035, wenn der Strom in Deutschland nahezu vollständig aus erneuerbaren Energien stammen soll, mit Erdgas betriebene Backup-Kraftwerke ersetzen können. Diese Kraftwerke sollen kurzfristig und flexibel zum Einsatz kommen, wenn etwa zu wenig Wind- und Solarstrom zur Verfügung steht.
Nach Angaben der Bioenergiebranche gibt es in Deutschland knapp 10.000 Biogas-Anlagen, die jährlich rund 95 Terawattstunden (TWh) Biogas erzeugen. Davon werden rund 85 TWh vor Ort zu Strom und Wärme umgewandelt und rund 10 TWh ins Gasnetz eingespeist. Die meisten Anlagen produzieren dem Hauptstadtbüro Bioenergie zufolge wegen verschiedener Beschränkungen nicht die technisch maximal mögliche Biogasmenge.
Kritik von Greenpeace
Kritik am verstärkten Einsatz von Biogasanlagen kam zuletzt allerdings von Greenpeace. "Biogas ist keine Alternative zum Erdgas. Denn der Anbau von Energiepflanzen verdrängt die Nahrungsmittelproduktion und jeder weitere Druck auf natürliche Ökosysteme gefährdet die Artenvielfalt", monierte die Nichtregierungsorganisation jüngst in einer Erklärung.