Exoplanet LTT9779b

ESA-Mission Cheops Der Planet, den es nicht geben dürfte

Stand: 12.07.2023 14:35 Uhr

Er ist der am hellsten reflektierende Exoplanet, der bisher entdeckt wurde. Doch nicht nur die Helligkeit macht LTT9779b einzigartig. Ein Jahr dauert für ihn nur 19 Stunden, und eigentlich dürfte es ihn gar nicht geben.

Von Bernd Großheim

Die Cheops-Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA hat den am hellsten reflektierenden bisher bekannten Exoplaneten im Weltall entdeckt. Der Himmelskörper wirft laut ESA 80 Prozent des von seinem Stern auf ihn fallenden Lichts wieder zurück. Zum Vergleich: Die Venus mit ihrer dicken Wolkenschicht reflektiere etwa 75 Prozent des Sonnenlichts, die Erde nur etwa 30 Prozent, sagt ESA-Exoplanetenforscher Maximilian Günther im Gespräch mit tagesschau.de. Die Forschungsergebnisse sind im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" veröffentlicht.

263 Lichtjahre von der Erde entfernt

Exoplaneten sind Planeten, die andere Sterne als die Sonne umkreisen. Sie gehören also nicht zu unserem Sonnensystem, sondern zu anderen Planetensystemen. Der nun untersuchte Exoplanet trägt den Namen LTT9779b und ist ungefähr so groß wie der Planet Neptun, also etwa vier mal so groß wie die Erde. Ein Jahr, also eine Umkreisung des Sterns, dauere für ihn aber nur 19 Stunden. Seine Entfernung von der Erde betrage etwa 263 Lichtjahre, sagt Forscher Günther. Ein Lichtjahr ist die Entfernung, die das Licht in einem Jahr zurücklegen kann, also ungefähr 9,46 Billionen Kilometer.

"Der größte Spiegel im Universum"

Die Forscher nennen LTT9779b bereits "den größten Spiegel im Universum, den wir heute kennen". Das liegt offenbar vor allem an den Wolken, die den Himmelskörper umgeben. Sie sind größtenteils aus Silikat - dem Stoff, aus dem auch Sand und Glas bestehen - gemischt mit Metallen wie Titan. Diese Kombination wirkt bei LTT9779b wie eine Art Schutzschild. Wolken aus Wasser - wie auf der Erde - hätten übrigens keine Chance, denn die dem Stern zugewandte Seite ist etwa 1.700 Grad Celsius heiß.

Metallwolken verhindern offenbar Verdampfen

"Wenn Planeten sehr nah an ihrem Stern sind, sind sie entweder extrem klein, so wie die Erde, oder sie sind extrem groß, wie etwa Jupiter," erklärt ESA-Planetenexperte Günther. Planeten, die in etwa die Größe Neptuns haben, gibt es so nah an einem Stern eigentlich nicht.

Die Experten gingen bisher davon aus, dass sie ihre Atmosphäre verlieren müssten, da sie die ganze Energie des Sterns zu spüren bekommen. Dadurch heize sich die Atmosphäre immer weiter auf. Leichte Gase wie Wasserstoff und Helium würden verschwinden. Was bliebe, wäre nur der Kern, das Skelett des Planeten.

Bei LTT9779b ist das anders. So nahe an seinem Stern wurde noch nie ein Planet dieser Größe und Temperatur gefunden. "Es ist ein Planet, der nicht existieren sollte", sagte der Mitautor der Studie, Vivien Parmentier vom Observatorium der Côte d’Azur über den Himmelskörper.

"Die Überraschung war groß", meint Exoplanetenforscher Günther. Es sind vermutlich die vielen Metalle, die zu Wolken kondensieren und die das Verdampfen des Planeten verhinderten. Zudem erschwere der hohe Metallgehalt der Atmosphäre, dass diese weggeblasen werde.

ESA-Mission "Plato" startet 2026

"Cheops" ist eine gemeinsame Mission der ESA und der Schweiz unter Leitung der Universität Bern in Zusammenarbeit mit der Universität Genf. Die Forscherinnen und Forscher wollen mit diesem Teleskop Exoplaneten vor allem besser verstehen.

Das Forschungsfeld ist noch relativ jung. Bisher wurden außerhalb unseres Sonnensystems etwa 5.500 Exoplaneten entdeckt. Noch bis 1992 hätten selbst führende Wissenschaftler geglaubt, dass es keine anderen Planeten außerhalb des Sonnensystems gibt, und wenn doch, dass es keine Chance gebe, diese zu finden, meint ESA-Mitarbeiter Günther.

Doch seitdem werden immer mehr Exoplaneten gefunden, und wahrscheinlich "werden einige Zehntausende weitere gefunden werden". Die nächsten riesigen Meilensteine erwartet Günther von der ESA-Mission "Plato", die Ende 2026 starten soll. Die Sonde von der Größe einer Garage wird aus 26 Teleskopen bestehen, die sich über Jahre hinweg verschiedene Felder am Himmel anschauen sollen.

Hauptziel ist es, erdgroße Planeten zu finden, deren Orbit um ihren Stern jenem der Erde um die Sonne ähnelt, wo also ein Jahr tatsächlich ein Jahr dauert.