Müllverbrennungsanlage

Kohlendioxid-Emissionen Zementhersteller und Müllverbrenner und ihr CO2

Stand: 15.11.2023 06:35 Uhr

Bei Zementherstellung und Müllverbrennung lassen sich CO2-Emissionen nicht vermeiden. Doch das Treibhausgas kann abgeschieden und unterirdisch gespeichert werden. Dafür müssten Gesetze geändert werden.

Von Frank Wittig, SWR

Am 15. November berichtet die Weltwetterorganisation WMO über die Treibhausgase in der Atmosphäre: Das Greenhouse Gas Bulletin ist eine jährliche Publikation der Organisation. Die menschengemachte Emission von Kohlendioxid steigt seit Jahren auf Rekordwerte. Die Abscheidung und Speicherung von CO2 aus industriellen Prozessen könnte hier einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Emissionen vermeiden ist der Königsweg

Kohlendioxid wirkt in der Atmosphäre als Treibhausgas und ist die wichtigste Ursache für den Klimawandel. Für den Klimaschutz können Kraftwerke, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, durch Anlagen ersetzt werden, die umweltfreundliche, regenerative Energien wie Sonne und Wind nutzen. Emissionen vermeiden ist der Königsweg beim Klimaschutz.

Es gibt aber industrielle Prozesse, bei denen die Vermeidung der CO2-Emisssionen nicht- oder nur eingeschränkt möglich ist. An vorderster Stelle steht hier die Herstellung von Zement, die mit sieben bis acht Prozent einen erheblichen Anteil an den weltweiten Kohlendioxid-Emission hat. Das Treibhausgas stammt hier nur unwesentlich aus den Brennstoffen. Zum ganz überwiegenden Teil wird es beim Brennen des Kalksteins freigesetzt. Ein zweiter Prozess, bei dem sich die Emission von CO2 nicht vermeiden lässt, ist die Müllverbrennung.

CO2-Abscheidung für den Klimaschutz

Es ist jedoch möglich, das CO2 aus den Abgasen dieser Prozesse auszuwaschen und entweder dauerhaft unterirdisch zu speichern oder als Rohstoff der chemischen Industrie zur Verfügung zu stellen. Fachleute sprechen von Carbon Capture Storage (CCS) oder Carbon Capture Utilization (CCU). Dabei wird eine Flüssigkeit in Form kleiner Tröpfchen in das Rauchgas gesprüht, an die sich das Kohlendioxid bindet. Bei einer höheren Temperatur lässt sich das CO2 von der Flüssigkeit abscheiden, verflüssigen und abtransportieren.

Die Technik ist seit Jahrzehnten bekannt, kommt weltweit jedoch noch wenig zum Einsatz. So wird in Norwegen seit mehr als zwanzig Jahren CO2 aus industriellen Prozessen abgeschieden und in einer Tiefe von drei bis vier Kilometern dauerhaft unter dem Meeresboden eingelagert. Hier gab es auch schon Kritik. Vor allem wurden Ausgasungen befürchtet. Doch in der Fachwelt überwiegt die Ansicht, das Verfahren sei sicher. Zumal das CO2 in der geeigneten Umgebung mineralisiert und damit dauerhaft gebunden wird.

In Deutschland ist Einlagerung von CO2 noch verboten

In Deutschland wurde das Verpressen von CO2 in den Untergrund 2012 - abgesehen von geringen Mengen zu Forschungszwecken - gesetzlich verboten. In der Bevölkerung hatte es massive Proteste gegen geplante CO2-Endlager gegeben. Deshalb baut etwa HeidelbergCement - einer der weltweit größten Zementhersteller - derzeit ein Werk in Norwegen, wo das abgeschiedene CO2 direkt vor Ort unterirdisch eingelagert werden kann. Das Abscheiden und Einlagern von CO2 ist zwar mit Kosten verbunden, doch durch steigende Preise für CO2-Emissions-Zertifikate amortisieren sich die Investitionen mittelfristig.

Bisher keine CO2-Abscheidung bei den Müll-Heizkraftwerken

Anders stellt sich die Situation bei der Müllverbrennung dar. Die Rückgewinnung des CO2 aus der Filterflüssigkeit findet bei hohen Temperaturen statt. Dieser Prozess nimmt - nachdem ein Großteil der Heizenergie aus der Müllverbrennung für die Erzeugung von Strom verbraucht wurde - zwei Drittel der verbleibenden Heizenergie in Anspruch. Diese Heizenergie steht dann dem Fernwärmenetz nicht mehr zur Verfügung.

Haushalte müssten auf ökologisch ungünstigere Heizvarianten umstellen, was die gesamte Maßnahme infrage stelle, erklärt etwa Frank Schumann, Geschäftsführer des Zweckverbandes Restmüllheizkraftwerk, der im Großraum Stuttgart für die Entsorgungssicherheit von mehr als einer Million Menschen zuständig ist. Müsse man dann das CO2 auch noch nach Norwegen transportieren und dort für viel Geld einlagern, würden die Müllgebühren für die Bürger unzumutbar hoch.

Doch die Diskussion über die CO2-Abscheidung ist unter den Müllverbrennern derzeit voll im Gange. Die überwiegende Mehrheit plädiert mittelfristig für den Einsatz dieser Technik. Auch weil die Perspektiven für eine Änderung der bisher hinderlichen Gesetzeslage positiv sind. Doch zunächst müssten in Pilotanlagen verschiedene Varianten des Verfahrens überprüft und optimiert werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR1 "Welle Nord" am 19. Januar 2023 um 19:30 Uhr.