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Krieg gegen die Ukraine ++ Tschechien: Einreisestopp für russische Touristen ++

Stand: 12.10.2022 22:52 Uhr

Tschechien hat angekündigt, russischen Touristen mit Schengen-Visum die Einreise zu verweigern. Verteidigungsministerin Lambrecht will der Ukraine drei weitere IRIS-T-Systeme so schnell wie möglich bereitstellen. Die Entwicklungen zum Nachlesen.

12.10.2022 • 22:52 Uhr

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Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für das Interesse.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat Russlands "versuchte illegale Annexion" von vier Regionen der Ukraine mit überwältigender Mehrheit verurteilt. 143 der 193 Mitgliedsstaaten der UN stimmten für die Resolution, die Moskau auffordert, die völkerrechtswidrigen Annexionen zurückzunehmen. Fünf Länder stimmten gegen den Text, 35 enthielten sich. Die Resolution erhielt damit noch deutlichere Unterstützung als die drei vorangegangenen, die seit der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar in der Vollversammlung beschlossen wurden.

Der ukrainische Präsident Selenskyj begrüßt neue internationale Zusagen von Waffen zur Flug- und Raketenabwehr für sein Land. Das Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel sei in dieser Hinsicht «ziemlich produktiv» verlaufen, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache in Kiew. Einzelheiten nannte er dabei aber nicht. "Ich bin denen unserer Partner dankbar, die bereits beschlossen haben, genau diese Unterstützung für unseren Staat zu verstärken - Unterstützung für eine effektive Flugabwehr", sagte Selenskyj. Je brutaler der russische Raketenterror werde, desto mehr verstehe die Welt, dass der Schutz des Himmels über der Ukraine "eine der wichtigsten humanitären Aufgaben Europas in unserer Zeit ist".

Die Vereinigten Staaten haben die Mitglieder der UN-Vollversammlung zu einer klaren Verurteilung der russischen Annexionen in der Ukraine aufgefordert. "Heute ist es Russland, das in die Ukraine einmarschiert. Aber morgen könnte es eine andere Nation sein, deren Territorium verletzt wird. Sie könnten es sein. Sie könnten die Nächsten sein", sagte die US-amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas Greenfield. Die Grenzen eines jeden Landes - so groß oder klein es auch sein möge - seien durch das internationale Völkerrecht geschützt.

Die Vollversammlung soll über eine Resolution zur Verurteilung der Annexionen abstimmen - das Votum wird auch als globaler Stimmungstest zu Moskaus Angriffskrieg im Nachbarland gesehen. Das Ergebnis ist völkerrechtlich zwar nicht bindend, kann aber eine politische und moralische Kraft entfalten.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat seine Landsleute aufgerufen, sich für den Winter mit warmer Kleidung, Kerzen und Taschenlampen einzudecken. Russland plane die Kälte als Waffe im Krieg einzusetzen, sagte der Regierungschef. Das Stromnetz funktioniere zwar im Moment normal, Ziel sei aber den Verbrauch an den Abenden um 25 Prozent zu reduzieren. Vor allem Betreiber von Unternehmen sollten dazu beitragen. Schmyhal erklärte, dass nach wie vor Reparaturen an der von russischen Raketen getroffenen Energieinfrastruktur im Gange seien. Vorübergehende Stromausfälle seien nötig, um eine Überspannung zu verhindern.

Die Ukraine hat Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge die Kraft, den Krieg gegen den Angreifer Russland fortzusetzen. "Wir haben mutige Menschen, wir haben tapfere Soldaten", sagte der 44-Jährige laut Übersetzung in einem ZDF-Interview. "Keiner verliert gern, keiner will als Verlierer dastehen (...). Wir können es uns nicht leisten, zu verlieren, das ist eine Frage des Überlebens für uns." "Wenn wir gewinnen, ist es ein Sieg für das ganze Land, und wir wollen den Sieg mit so wenig wie möglich Opfern erreichen", sagte Selenskyj.

Der ukrainische Präsident äußerte sich auch zur deutschen Unterstützung: "Ich habe Deutschland immer sehr positiv bewertet, weil ich die Unterstützung der Gesellschaft von Anfang an gespürt habe, seit dem Beginn dieser illegitimen Besatzung." Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe gesehen, "dass man dem russischen Präsidenten nicht trauen kann und dass die Ukraine vollkommen im Recht ist". Die Ukraine habe allerdings "lange an den deutschen Türen und Fenstern geklopft, damit wir gehört werden".

Die führenden demokratischen Wirtschaftsmächte wollen der Ukraine auch im kommenden Jahr weitere Finanzhilfen geben. "Zusammen mit der internationalen Gemeinschaft und in enger Zusammenarbeit mit der ukrainischen Regierung werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, die Ukraine in den kommenden Monaten und Jahren zu unterstützen", erklärten die G7-Finanzminister nach einem Treffen am Rande der IWF-Herbsttagung in Washington. Das Land stehe 2023 vor einer erheblichen Finanzierungslücke um die Grundversorgung zu sichern und Mängel an der kritischen Infrastruktur zu beheben.

Der dringendste Finanzbedarf der Ukraine für das laufende Jahr sei durch die internationale Unterstützung abgedeckt, erklärten die Finanzminister. Zusätzlich zur militärischen und humanitären Unterstützung seien bereits Budgethilfen in Höhe von 20,7 Milliarden Dollar (21,3 Milliarden Euro) geflossen, insgesamt seien für dieses Jahr 33,3 Milliarden Dollar zugesagt worden.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Lieferung von Flugabwehrsystemen und Radaranlagen an die Ukraine angekündigt. Dies werde in den kommenden Wochen geschehen, sagte er dem Sender France 2. Zudem werde zusammen mit Dänemark daran gearbeitet, weitere Haubitzen zu liefern. Da die Intensität der russischen Angriffe auf die Ukraine sich geändert habe, müsse auch die Militärpräsenz in Osteuropa verstärkt werden.

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat ein regelmäßiges Forum zur finanziellen Unterstützung für sein Land gefordert. "Es wäre gut, eine ständige Arbeitsgruppe zu schaffen, die finanzielle Unterstützung für die Ukraine bereitstellt und zeitnah auf verschiedenen Ebenen arbeitet", sagte Selenskyj bei einem Runden Tisch zu Ukraine-Hilfen bei der Jahrestagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds. Der ukrainische Präsident war per Video zugeschaltet.

Das Format sollte sich an der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe orientieren, über die vor allem Waffenlieferungen für die ukrainischen Streitkräfte koordiniert werden. Diese Gruppe wurde im April von den USA ins Leben gerufen. Bei einem Format, das sich mit den Finanzen beschäftigt, sollten internationale Geldgeber und einzelne Länder zusammenarbeiten, sagte der ukrainische Präsident.

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa stellte ein solches Forum in Aussicht. "Ja, wir tun es", sagte Georgiewa. Man wolle ein solches Format sobald wie möglich auf die Beine stellen. "Wir bewegen uns mit Ihnen in Richtung einer starken Ukraine", sagte die IWF-Chefin. Selenskyi forderte außerdem unter anderem gezielte Kredite in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar, um etwa die elektrische Energieinfrastruktur nach der Zerstörung wieder aufzubauen.

Die NATO sieht keine Hinweise darauf, dass sich Belarus aktiv am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligen will. Trotz der Stationierung von Truppen an der Grenze zur Ukraine, sei man noch immer der Ansicht, dass das Land nicht offiziell in den Krieg eingreifen wolle, sagte ein Vertreter des Militärbündnisses am Rande eines Verteidigungsministertreffens in Brüssel.

Als einen möglichen Grund nannte er die dann drohenden Sanktionsmaßnahmen des Westens. Mit Blick auf den belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko sagte er: "Ich glaube nicht, dass wir daran zweifeln sollten, dass Lukaschenko versteht, dass die volle Wucht der Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden, auch gegen Belarus angewandt werde, wenn die belarussischen Streitkräfte dieselbe Art von Operationen gegen die Ukraine durchführen würden."

Lukaschenko hatte zuletzt die Bildung einer gemeinsamen regionalen Militäreinheit der Streitkräfte seines Landes mit der russischen Armee angekündigt. Aktiv nimmt das Zehn-Millionen-Einwohner-Land jedoch bislang nicht am Angriffskrieg gegen die Ukraine teil. Nach Auffassung des Westens dient Belarus Russland allerdings als Aufmarsch- und Rückzugsgebiet. Belarus sei mitschuldig am Kampf gegen die Ukraine, weil es die Stationierung russischer Truppen zugelassen habe, betonte der NATO-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Es habe unter anderem zugelassen, dass im Laufe des Krieges Boden- und Luftangriffe von belarusischen Territorium aus gestartet worden seien.

Nach dem Leck an einer der beiden Leitungen der Druschba-Pipeline zwischen Russland und Deutschland sind die Öllieferungen nach Angaben der Bundesregierung nicht unterbrochen. "Die beiden Raffinerien Schwedt und Leuna erhalten aktuell weiter Rohöl über die Druschba-Pipeline 'Freundschaft 1' über Polen. Diese Lieferungen sind nicht unterbrochen", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei damit "aktuell gewährleistet".

Nach ersten Informationen der polnischen Behörden gehe "man von einer unbeabsichtigten Beschädigung aus, nicht von einer Sabotage". "Die genaue Sachverhaltsaufklärung läuft jedoch und dauert an, so dass noch keine abschließenden Informationen vorliegen", hob das Bundeswirtschaftsministerium hervor. Die Bundesregierung beobachte "die Lage genau" und stehe "mit allen betroffenen Stellen in engem Kontakt".

Das Leck war am Dienstagabend in der Nähe des Dorfs Zurawice im Zentrum von Polen entdeckt worden, wie der polnische Pipeline-Betreiber PERN mitteilte. Die Ursache für das Leck sei noch unklar. "Das Pumpen wurde sofort unterbrochen. Der zweite Strang der Pipeline funktioniert normal", erklärte der Betreiber. Der für die polnische Energie-Infrastruktur zuständige Behördenvertreter Mateusz Berger sagte, es werde bis zum Abschluss dieser Abpumparbeiten mindestens 24 Stunden dauern, man den Zustand der Pipeline untersuchen könne.

Wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine will Deutschland ab Januar kein Erdöl mehr aus Russland kaufen. Derzeit wird bereits die Abhängigkeit von russischem Öl verringert.

Der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin hat die deutsche Lieferung des Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM an die Ukraine gewürdigt. "Diese wichtige Spende wird der Ukraine helfen, ihre Zivilbevölkerung besser vor russischen Luftangriffen zu schützen", sagte Austin in Brüssel nach Beratungen der internationalen Ukraine-Kontaktgruppe, über die Waffenlieferungen an das Land koordiniert werden. Zudem habe Deutschland zuletzt unter anderem weitere Mars-Raketensysteme zugesagt. All dies zeige, dass die Ukraine im Krieg gegen Russland langfristig unterstützt werde.

Die Ukraine-Kontaktgruppe kam heute am Rande eines zweitägigen Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel zusammen. Nach Austins Angaben waren Minister von rund 50 Staaten vertreten. Der US-Minister betonte, dass jeder Beitrag der Länder zähle. Dazu gehörten auch medizinische Güter und Ausrüstung für den kalten Winter.

Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters planen die USA einen Einfuhrstopp von Aluminium aus Russland. Das sei eine Reaktion auf die russische Eskalation im Krieg gegen die Ukraine, zitiert Reuters einen Bericht des Medienhauses Bloomberg, der sich auf Aussagen aus Regierungskreisen bezieht. Durch eine starke Anhebung von Zöllen sollen Lieferungen durch den zuständigen russischen Aluminiumhersteller Rusal quasi unmöglich gemacht werden. Das Weiße Haus hat die Angaben noch nicht bestätigt.

Aluminium mit Aufschrift des russischen RUSAL-Konzerns

Die EU-Staaten wollen russische Reisepässe, die in besetzten Gebieten der Ukraine ausgestellt worden sind, nicht anerkennen. Einen entsprechenden Beschluss fassten die ständigen Vertreter der 27 EU-Staaten in Brüssel. Gleiches soll demnach für die abtrünnigen Teilrepubliken Südossetien und Abchasien in Georgien gelten. "Wir werden uns niemals mit der Verletzung der Grundrechte der Ukraine und Georgiens auf Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit abfinden", sagte der tschechische Innenminister Vit Rakusan im Namen des derzeitigen EU-Ratsvorsitzes.

Die EU-Kommission hatte das Vorgehen Anfang September vorgeschlagen. Dabei machte die Behörde deutlich, dass fast alle Staaten bereits so handelten. Der Vorschlag soll nach Ansicht der Behörde einen einheitlichen Ansatz gewährleisten. Als nächstes müssen sich die EU-Staaten nun mit dem Europaparlament auf eine Position verständigen.

Tschechien verhängt einen Einreisestopp für russische Staatsbürger mit einem Schengen-Visum für touristische Aufenthalte, Sport- oder Kulturveranstaltungen. Die Maßnahme gelte vom 25. Oktober an, teilte Außenminister Jan Lipavsky nach einer Kabinettssitzung in Prag mit. Keine Rolle spielt dabei, von welchem EU-Mitgliedsland das Visum ausgestellt wurde.

Bereits kurz nach Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine Ende Februar hatte Tschechien die Vergabe von neuen Visa an russische Bürger bis auf wenige Ausnahmen ausgesetzt. Die liberalkonservative Regierung in Prag folgt mit der jetzigen Verschärfung dem Beispiel unter anderem Polens und der baltischen Staaten. Bisher waren täglich noch rund 200 russische Bürger über internationale Flughäfen mit einem Schengen-Visum nach Tschechien eingereist. Man könne nicht die Augen davor verschließen, dass Russland skrupellos zivile Ziele in der Ukraine bombardiere, sagte Lipavsky, der von einem Signal an Moskau sprach.

Die Drohungen Russlands, Atomwaffen einzusetzen, sind nach Angaben aus NATO-Kreisen hauptsächlich dazu da, die Staaten der Allianz und andere Länder davon abzuhalten, direkt in das Kriegsgeschehen einzugreifen. Sollte die Regierung in Moskau tatsächlich Kernwaffen einsetzen, würde dies fast sicher eine "physische Antwort" der Verbündeten der Ukraine und möglicherweise auch der NATO selbst zur Folge haben, sagt ein Insider. Der Schritt würde "noch nie da gewesene Konsequenzen" für Russland nach sich ziehen.

Laut der Aussage eines hohen NATO-Beamten aus Brüssel hat Russland für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits einen beträchtlichen Teil seines Vorrats an Munition für Präzisionswaffen verbraucht. Auf Grund der westlichen Sanktionen könne das Land nicht jede Art von Munition und nicht jedes Waffensystem herstellen, vermeldet die Nachrichtenagentur Reuters. Es könne, so der Beamte, womöglich Monate dauern, die im September einberufenen 300.000 Reservisten auszurüsten.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat an die Mitgliedstaaten appelliert, Menschenrechtler und andere gefährdete Aktivisten aus Russland und Belarus leichter aufzunehmen. Notfalls sollten sie auch Visa und Reisedokumente aus Drittstaaten nutzen können, schlug Mijatovic in Straßburg vor. Zugleich müssten die, "die wegen ihrer legitimen Arbeit verfolgt und verurteilt werden", wirksam vor Auslieferung geschützt sein.

Mijatovic sagte, Menschenrechtsverteidiger, ehrenamtlich Engagierte und Journalisten würden unermüdlich dazu beitragen, Aufmerksamkeit zu schaffen und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Sie sollten mit ihren Familien Wohnsitz, Zugang zu Arbeit und Sozialleistungen erhalten. Die Europaratsstaaten rief Mijatovic auf, Repressionen gegen Aktivisten deutlich anzuklagen. Diejenigen, die ihre Arbeit in Russland und Belarus fortsetzten, müssten "politische und praktische Unterstützung" bekommen, auch in Form finanzieller Hilfe.

Russland wurde wegen des Angriffs auf die Ukraine im März aus dem Europarat ausgeschlossen. Belarus hat seit 1993 den Status eines Beitrittskandidaten.

Das Atomkraftwerk in Saporischschja ist der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) zufolge wieder ans externe Stromnetz angeschlossen. IAEA-Chef Rafael Grossi schrieb auf Twitter, er sei von seinen Mitarbeitern vor Ort entsprechend informiert worden. Grund für den Ausfall am Morgen sei der Beschuss einer weiter entfernten Anlage gewesen, "was unterstreicht, wie prekär die Situation ist", so Grossi. Am Morgen forderte er erneut eine Sicherheitszone um das größte AKW Europas, um Kämpfe in der Nähe des Werks zu vermeiden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Lecks an den Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee auf "internationalen Terrorismus" zurückgeführt. Davon würden die Ukraine, Polen und die USA profitieren, sagte Putin auf einem Energieforum in Moskau. Für Polen und die Ukraine sei es von Vorteil, dass die "geopolitische Bedeutung" der Gasinfrastruktur in ihren Ländern zunehme. Aber auch die USA seien Nutznießer, "sie können nun ihre Energie zu höheren Preisen verkaufen". Was die Reparatur der Nord-Stream-Pipelines angehe, sei "der Ball im Feld der EU", so Putin.

Auch warnte er vor den Folgen einer in der EU diskutierten Deckelung des Ölpreises. Dies sei "eine Bedrohung für das Wohlergehen von Milliarden Menschen", sagte Putin. Mit ihren "abenteuerlichen Entscheidungen" zerstörten einige westliche Politiker die globale Marktwirtschaft. Russland sei bereit, den Transport von Erdgas in Richtung Deutschland über eine noch intakte Leitung der beschädigten Pipeline Nord Stream 2 aufzunehmen.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat angekündigt, Deutschland werde sich bemühen, der Ukraine drei weitere IRIS-T-Systeme so schnell wie möglich bereitzustellen. Als zeitlichen Rahmen nannte sie kommendes Jahr. Die aktuelle Lieferung des deutschen Luftverteidigungssystems IRIS-T SLM an die Ukraine sei ein wichtiger Schritt zur Abwehr russischer Angriffe, so Lambrecht am Rande des Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel. Sie sprach von einer Unterstützung der Ukraine "im Kampf gegen Raketenbeschuss, gegen diesen Terror, der gegenüber der Bevölkerung ausgeübt wird".

Luftverteidigung sei momentan das Vordringlichste, so Lambrecht, "und deswegen unterstützen wir da auch mit allen Möglichkeiten, die wir haben". Über die Unterstützung für die Ukraine sollte noch am heutigen Mittwoch in Brüssel im sogenannten Ramstein-Format beraten werden - von 50 Staaten und Organisationen. Lambrecht sagte, Deutschland werde sich "noch mehr an der EU-Ausbildungsmission für die Ukraine beteiligen", um ukrainische Soldaten auszubilden und auch die Koordinierung übernehmen.

Bei einem russischen Angriff auf einen Markt in der ostukrainischen Stadt Awdijiwka sollen mindestens sieben Menschen getötet und acht verletzt worden sein. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf den Gouverneur der Region Donezk. "Die Russen haben den zentralen Markt angegriffen, auf dem sich zu dem Zeitpunkt viele Menschen aufhielten", sagte Pavlo Kyrylenko demnach in einer Erklärung. Es gebe "keine militärische Logik" für einen solchen Angriff.

Bereits zuvor hatte das ukrainische Militär von Angriffen unter anderem auf Awdijiwka berichtet.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die deutsche Lieferung des Flugabwehrsystems IRIS-T SLM an die Ukraine begrüßt. Man werde darüber beraten, wie man die Unterstützung ausbauen könne. "Und die oberste Priorität wird mehr Luftverteidigung sein", sagte der Norweger am Rande des Treffens der Verteidigungsminister der NATO-Staaten in Brüssel. Zur Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg brauche die Ukraine ganz verschiedene Luftabwehrsysteme - etwa gegen ballistische Raketen, Marschflugkörper und Drohnen, so Stoltenberg. Zudem sei die Ukraine ein großes Land mit vielen Städten. Man müsse die Hilfe also ausbauen, damit man dem Land helfen könne, noch mehr Städte und Gebiete gegen die russischen Angriffe auf die Zivilbevölkerung zu verteidigen.

Eine Sicherheitszone rund um das AKW Saporischschja kann russischen Angaben zufolge erst eingerichtet werden, wenn die Frontlinie 100 Kilometer weit entfernt ist. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Bezug auf die russische Nachrichtenagentur RIA. Letztere zitierte demnach den von Russland eingesetzten Statthalter der südukrainischen Region. Die Internationale Atomenergieagentur (IAEA) fordert seit langem eine Sicherheitszone um das russisch besetzte AKW, dessen Gelände bei Kämpfen in der Umgebung mehrfach getroffen wurde. Aktuell soll die externe Stromzufuhr erneut unterbrochen sein.

12.10.2022 • 11:06 Uhr

Stoltenberg: "Putin scheitert"

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht den Kreml im aktuellen Kriegsverlauf unter Druck und die Ukraine auf dem Vormarsch. "Russlands Präsident Putin scheitert", sagte er und verwies dabei auf die versuchte Annexion ukrainischer Gebiete, die Teilmobilmachung sowie die "unverantwortliche nukleare Rhetorik" des Kreml. Stoltenberg sprach zwar von der bisher schwersten Eskalation seit Beginn des russischen Angriffskrieges - aber auch von einem deutlichen Zeichen dafür, dass die Invasion nicht so laufe, wie sich die Führung in Moskau das vorgestellt habe.

Die Verteidigungsminister der NATO-Staaten beraten heute über weitere Unterstützung für die Ukraine.

Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge weist die ukrainische Führung russische Ermittlungen zur Explosion auf der Krim-Brücke zurück. Die gesamte Tätigkeit des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB und des Untersuchungsausschusses seien Unsinn, sagt Andrij Jussow, der Sprecher des Militärgeheimdienstes in Kiew, dem ukrainischen Sender Suspilne zufolge. FSB und Untersuchungsausschuss dienten nur dem Putin-Regime, sagte Jussow mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Daher werden wir ihre nächsten Äußerungen definitiv nicht kommentieren." Laut FSB wurde die Explosion auf der Brücke von der Hauptgeheimdienstabteilung des ukrainischen Verteidigungsministeriums organisiert.

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben fünf Ortschaften in der Region Cherson zurückerobert. Wie die Nachrichtenagentur AP meldet, sagte ein Sprecher des Einsatzkommandos Süd, die fünf Orte im Bezirk Beryslaw seien am Vortag eingenommen worden. Cherson ist eine der vier Regionen, die Russland kürzlich für annektiert erklärte.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Laut Bürgerrechtlern und Medien wirbt Russland - nach der Rekrutierung von Gefangenen für russische Söldnertruppen - nun auch Soldaten für die reguläre russische Armee im Gefängnis an. "Seit Ende September hat das Verteidigungsministerium mit der Anwerbung von Verurteilten begonnen", schrieb das Internetportal "Waschnyje Istorii". Das kremlkritische Medium berichtete von Besuchen der Militärs in Strafkolonien im Gebiet Rjasan bei Moskau und in Stawropol im Nordkaukasus. Zuvor hatten schon die Bürgerrechtler des Internetportals Gulagu über Abwerbungsversuche im Gebiet Nischni Nowgorod berichtet.

Bereits seit Sommer wirbt die vom Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin finanzierte Söldnertruppe Wagner Strafgefangene für den Einsatz in der Ukraine an. Auf einem in sozialen Netzwerken verbreiteten Video ist mutmaßlich Prigoschin selbst zu sehen, der vor Gefangenen auftritt und ihnen die Freilassung verspricht, wenn sie sich für ein halbes Jahr als Söldner in der Ukraine verpflichten.

Nach Angaben von "Waschnyje Istorii" versprechen auch die Generäle der regulären Armee den Gefangenen ihre Freilassung nach dem Einsatz. Diese sollen in einer Spezialeinheit, genannt "Sturm", zum Einsatz kommen. Das Verteidigungsministerium rekrutiert demnach gezielt unter Häftlingen, die früher in den Sicherheitsorganen gedient haben und womöglich über Kampferfahrung verfügen.

Das AKW Saporischschja ist der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) zufolge erneut von der externen Stromversorgung abgeschnitten. Das Atomkraftwerk werde wieder über seine Notfall-Dieselgeneratoren versorgt, schrieb IAEA-Chef Rafael Grossi auf Twitter: "Unser Team am AKW Saporischschja hat mich heute morgen darüber informiert, dass die Anlage das zweite Mal in fünf Tagen sämtliche externe Stromversorgung verloren hat." Grossi forderte erneut eine Sicherheitszone um das größte AKW Europas, um Kämpfe in der Nähe des Werks zu vermeiden.

FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht derzeit keine Chancen auf eine Verhandlungslösung mit Russland. "Das ist bedauerlich, aber das ist so", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Der Krieg in der Ukraine könne nur militärisch beendet werden, so Strack-Zimmermann. Sie sagte mit Blick auf Russland: "Dass man Raketen abschießt und Parks bombardiert, wo Kinder auf Spielplätzen spielen, das ist kein Krieg, das ist Terrorismus. Dem kann man nur mit deutlicher Härte begegnen." 

Die FDP-Politikerin erneuerte ihre Forderung, der Ukraine deutsche Kampfpanzer zu liefern. Sie verwies auf den Vorschlag, dass Europa gemeinsam Leopard-2-Panzer schicken soll. Die Bundeswehr verfüge nur über rund 220 Exemplare davon, europaweit seien es aber über 2000. Eine Lieferung müsse Deutschland allerdings genehmigen, so Strack-Zimmermann weiter. Deutschland müsse hier eine Führungsrolle übernehmen, aber in der Bundesregierung "gebe es noch den einen oder anderen, der (...) etwas Ladehemmung hat."   

Wegen der Explosion auf der für Russland strategisch wichtigen Krim-Brücke sind nach Behördenangaben acht Personen festgenommen worden. "Zum derzeitigen Zeitpunkt sind im Zusammenhang mit dem Strafverfahren fünf russische Staatsbürger und drei Staatsbürger aus der Ukraine und Armenien festgenommen worden", teilte der Pressedienst des russischen Geheimdienstes FSB der Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit.

Der Anschlag sei vom ukrainischen Militärgeheimdienst organisiert worden, berichtete der FSB weiter. Namentlich wird dessen Chef Kyrylo Budanow als Organisator genannt.

Am Samstagmorgen hatte eine Explosion die 19 Kilometer lange Brücke erschüttert, die Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Dabei wurde rund siebeneinhalb Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine das für Russland strategisch und symbolisch wichtige Bauwerk schwer beschädigt.

In der von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson im Süden der Ukraine sind nach russischen Medienberichten am Morgen fünf Explosionen zu hören gewesen. Nach inoffiziellen Informationen seien Luftverteidigungssysteme gestartet worden. Cherson ist der Verwaltungssitz der gleichnamigen Region und eine der ersten Städte, die in der am 24. Februar begonnen russischen Invasion fiel.

Zudem berichtete Iwan Fedorow, der im Exil lebende Bürgermeister der ebenfalls russisch besetzten Stadt Melitopol in der Region Saporischschja auf Telegram, dass es in seiner Stadt eine gewaltige Explosion gegeben habe. Die beiden ukrainischen Regionen wurden wie Luhansk und Donezk von Russland annektiert, was international nicht anerkannt wird.

Unmittelbar vor einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister hat sich Litauen für einen Beitritt der Ukraine zu dem Bündnis ausgesprochen. "In den vergangenen sieben Monaten hat die Ukraine gezeigt, dass sie sich effektiv gegen Russland selbst verteidigen und Moskaus Expansionismus und Revisionismus Einhalt gebieten kann", sagte Vize-Verteidigungsminister Margiris Abukevicius der "Welt". Die Ukraine habe bewiesen, dass sie die NATO-Allianz stärker machen würde, sagte Abukevicius.

Litauen habe die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine immer unterstützt. "Die Ukraine gehört zur euro-atlantischen Gemeinschaft", so der Vizeminister weiter. Es sei nur eine Frage der Zeit, dass das Land Mitglied von EU und NATO sein werde.

US-Präsident Joe Biden geht davon aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin im Krieg mit der Ukraine keine taktischen Atomwaffen einsetzen werde. "Nun, ich glaube nicht, dass er das tun wird", antwortete Biden in einem Interview auf dem Sender CNN auf die Frage, für wie realistisch er es halte, dass Putin eine taktische Nuklearrakete einsetzen werde.

Claudia Sarre, Claudia Sarre, ARD Washington, 12.10.2022 05:32 Uhr

Die jüngsten russischen Raketenangriffe haben nach Angaben des ukrainischen Militärs mehr als zehn Städte schwer getroffen, darunter Lwiw, Bachmut, Awdijiwka und Saporischschja. "In den vergangenen 24 Stunden haben die Besatzer erneut zu massiven Raketenangriffen gegriffen - mehr als 30 Marschflugkörper, sieben Luftangriffe und 25 Fälle von Beschuss", teilten die Streitkräfte mit. Das ukrainische Militär habe mehr als 100 russische Soldaten in der südlichen Region Cherson getötet. Es gibt zunächst keine Angaben zu Opfern auf ukrainischer Seite. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach den jüngsten schweren Angriffen Russlands auf sein Nachbarland hat sich der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow für Rüstungslieferungen aus den USA und Deutschland bedankt. "Eine neue Ära der Luftverteidigung" habe in der Ukraine begonnen, schrieb Resnikow in der Nacht bei Twitter. Das Luftabwehrsystem IRIS-T aus Deutschland sei bereits angekommen. Raketenwerfersysteme des Typs NASAMS aus den USA seien unterwegs.

In Saltiwka - einem Stadtteil im Osten Charkiws - sind die Menschen an Raketenbeschuss gewöhnt. Hier griffen die russischen Truppen besonders heftig an. Wer geblieben ist, bereitet sich nun auf den Winter vor - und trotzt den russischen Attacken.

Der russische Präsident Putin hat sich bei einem Treffen mit IAEA-Chef Grossi "offen für einen Dialog" zur Sicherheit des umkämpften ukrainischen AKW Saporischschja gezeigt. Grossi drang erneut auf die Einrichtung einer "Schutzzone".

US-Präsident Joe Biden hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erhebliche Fehleinschätzungen im Ukraine-Krieg bescheinigt. Er halte Putin eigentlich für einen "rationalen Akteur", beim Angriffskrieg auf die Ukraine habe sich der Kreml-Chef aber "erheblich verkalkuliert", sagte Biden dem Fernsehsender CNN in einem Interview, das am Dienstag zunächst in Auszügen veröffentlicht wurde. Putin habe vor allem den ukrainischen Widerstand gegen die russischen Besatzer unterschätzt, sagte Biden. "Er dachte, er würde mit offenen Armen empfangen werden", sagte Biden. "Ich denke, er hat sich einfach total verkalkuliert." Putin wolle ein Russland schaffen, "das alle russischsprachigen Menschen vereint", kritisierte Biden. Diese Vorstellung halte er für "irrational".

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat US-Präsident Joe Biden für vier zusätzliche HIMARS-Raketenwerfer (High Mobility Artillery Rocket System) gedankt. "HIMARS-Zeit: Eine gute Zeit für die Ukrainer und eine schlechte Zeit für die Besatzer", schrieb er nach der Ankunft der mobilen Mehrfachraketenwerfer auf Twitter. Die Vereinigten Staaten haben der Ukraine während des Krieges bereits Sicherheitshilfen im Wert von mehr als 16,8 Milliarden Dollar bereitgestellt.

IAEA-Chef Grossi hat Kreml-Chef Putin getroffen und fordert eine Schutzzone am AKW Saporischschja. Einem "Spiegel"-Bericht zufolge hat die Ukraine ein erstes deutsches Flugabwehrsystem IRIS-T SLM erhalten. Alle Entwicklungen von Dienstag zum Nachlesen im Liveblog.