Ein Frachter fährt durch den Bystre-Kanal in der Ukraine vom Schwarzen Meer in Richtung Donau
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Eine Milliarde Euro für Frachtverkehr mit Ukraine ++

Stand: 11.11.2022 21:51 Uhr

Die EU will mit Partnern rund eine Milliarde Euro in alternative Frachtverbindungen zwischen der Ukraine und anderen Ländern investieren. Die UN verhandeln mit Russland über eine Verlängerung des Getreideabkommens. Die Entwicklungen im Liveblog.

Die Vereinten Nationen haben Länder weltweit aufgerufen, Hindernisse für den Export von Düngemitteln aus Russland aus dem Weg zu räumen. "Die Welt kann es sich nicht leisten, dass die weltweiten Probleme bei der Verfügbarkeit von Düngemitteln zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit führen", teilten die Vereinten Nationen nach Gesprächen mit dem russischen Vizeaußenminister Sergej Werschinin und seiner Delegation in Genf mit.

Russland monierte, dass es wegen der westlichen Sanktionen kaum in der Lage ist, eigene Exporte von Nahrungs- und Düngemitteln auf den Weltmarkt zu bringen. Die ungehinderte Ausfuhr aus Russland von Lebensmitteln und Düngemitteln, einschließlich Ammoniak, war neben einer Verlängerung des Getreideabkommens Schwerpunkt der Gespräche.

Kanzler Olaf Scholz sieht drei vorrangige Aufgaben in der Ukraine-Hilfe: Zunächst müsse man dafür sorgen, dass ukrainische Städte vor russischen Angriffen geschützt werden könnten, sagte er im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er lobte die Effizienz des von Deutschland bereitgestellten Luftabwehrsystems Iris-T. Mittlerweile gebe es Interesse aus der ganzen Welt an dem System, das nicht einmal die Bundeswehr eingesetzt habe. Zweitens müsse man die zerstörte Infrastruktur schnell reparieren. Drittens müsse man sich darauf vorbereiten, um weitere Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen zu können.

Die EU will gemeinsam mit Partnern rund eine Milliarde Euro in alternative Frachtverbindungen zwischen der Ukraine und anderen Ländern investieren. Die sogenannten Solidaritätskorridore seien derzeit die einzige Möglichkeit für die Ukraine, nicht-landwirtschaftliche Güter zu exportieren, teilten die EU-Kommission und die anderen Beteiligten mit. Zudem könnten nur über sie Güter wie Treibstoff oder humanitäre Hilfe in das Land gebracht werden.

Vor dem Angriff Russlands hatte die Ukraine vor allem über seine großen Schwarzmeerhäfen Handel betrieben. Diese können derzeit allerdings nur für Transporte ausgewählter landwirtschaftlicher Produkte genutzt werden, weil es für andere Transporte nicht die notwendigen Sicherheitsgarantien gibt.

Die Investitionen sollen nun insbesondere helfen, den Land- und Binnenschiffsverkehr zwischen der Ukraine und den Nachbarländern Polen, Rumänien, Moldau, der Slowakei und Ungarn auszubauen. Den Angabenzufolge will die EU-Kommission kurzfristig Zuschüsse von 250 Millionen Euro gewähren und mittelfristig das Förderinstrument "Connecting Europe" mobilisieren. Weitere Gelder sollen von der Europäischen Investitionsbank, der Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie der Weltbank kommen.

Die Ukraine baut nach eigenen Angaben eine Betonwand und Sperranlagen entlang der mehr als 1000 Kilometer langen Grenze zum russischen Verbündeten Belarus. In der Region Wolyn sei ein drei Kilometer langer, mit Stacheldraht bewehrter Wall errichtet worden, gab Präsidialberater Kyrylo Tymoschenko bekannt. Auch in den Regionen Riwne und Tschytomyr werde gearbeitet. Weitere Angaben machte er nicht. "Das ist nicht alles, aber wir werden keine Einzelheiten veröffentlichen."

Die US-Firma Maxar Technologies hat mehrere Fotos veröffentlicht, auf denen Schäden an ukrainischen Brücken zu erkennen sind. Auch ein Staudamm soll betroffen sein. Auf einem Foto ist demnach die die strategisch wichtige Antoniwkabrücke zu sehen. Sie sei die einzige nahegelegene Straßenverbindung aus Cherson über den Dnipro zum russisch kontrollierten Ostufer des Flusses gewesen, meldet die ukrainische Rundfunkanstalt Suspilne.

Ein Satellitenbild der Firma Maxar zeigt die zerstörte Antonivskiy-Brücke in Cherson

Ein Satellitenbild vom nördlichen Teil der Antoniwkabrücke soll die Zerstörungen zeigen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Videobotschaft mitgeteilt, dass sich Spezialeinheiten der Armee in der Stadt Cherson befinden. "Heute ist ein historischer Tag", sagte er. "Wir sind im Begriff, Cherson wieder einzunehmen." Weitere ukrainische Truppen seien im Anmarsch.

Eine Vorhut der ukrainischen Streitkräfte hat das westliche Ufer des Flusses Dnipro in der Region Cherson erreicht. Das gab der ukrainische Generalstab auf Facebook bekannt.

Russland hat ein Einreiseverbot für 200 US-Staatsbürger bekanntgegeben. Darunter sind drei Geschwister von Präsident Joe Biden sowie dessen Pressesprecherin Karine Jean-Pierre. Das russische Außenministerium bezeichnete die Maßnahme als Reaktion auf US-Sanktionen.

Angesichts des bevorstehenden Winters haben die Vereinten Nationen vor "extremer Not" für Millionen Menschen aufgrund kriegsbedingter Flucht und Verfolgung gewarnt. Dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR zufolge werden dringend mehr Mittel für deren Unterstützung benötigt. Insbesondere seien Menschen in der Ukraine betroffen, die wegen des russischen Angriffskriegs ihr Zuhause verloren hätten, sagte Sprecherin Olga Sarrado. Viele seien ihrer Lebensgrundlage beraubt worden und würden in Notunterkünften oder "in beschädigten Häusern oder in Gebäuden" leben, die nicht geeignet seien, "sie vor der beißenden Kälte zu schützen", insbesondere angesichts der unterbrochenen Versorgung mit Strom, Wärme und Wasser.  

Bundeskanzler Olaf Scholz hat vor dem G20-Gipfel mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert. Dabei sei es um die militärische, politische und humanitäre Lage in der Ukraine gegangen, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit. Selenskyj habe den Kanzler auch über die jüngste Lageentwicklung in der Region Cherson informiert.

Beide Politiker verurteilten zudem "den anhaltenden gezielten Beschuss ziviler Infrastruktur in der Ukraine durch die russischen Streitkräfte und besprachen konkrete Maßnahmen zur Stärkung der ukrainischen Energieinfrastruktur". Scholz habe die fortwährende Unterstützung der Ukraine bekräftigt, vor allem in den Bereichen Energieinfrastruktur und Luftverteidigung.

UN-Vertreter haben in der Schweiz mit russischen Delegierten über eine Verlängerung des Getreideabkommens für die Ukraine verhandelt. Der UN-Notfallkoordinator Martin Griffith und die Generalsekretärin der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung, Rebeca Grynspan, sprachen in Genf mit einem russischen Team unter Führung des stellvertretenden Außenministers Sergej Werschinin. Es ging nicht nur um ukrainische Getreidelieferungen, sondern auch um den Export von russischen Lebensmitteln und Düngern.

UN-Vertreter erklärten, das Treffen konzentriere sich auf die vollständige Umsetzung von zwei separaten Vereinbarungen, die Ende Juli in Istanbul mit Russland und der Ukraine unterzeichnet wurden. Vereinbart wurde eine sichere Passage für mit ukrainischem Getreide beladene Frachter über das Schwarze Meer zum Bosporus.

Russland hatte seine Teilnahme an dem Abkommen vor zwei Wochen vorübergehend ausgesetzt und zur Begründung auf einen mutmaßlichen ukrainischen Drohnenangriff auf seine Schwarzmeerflotte auf der Krim verwiesen. Die russische Seite zeigte sich unzufrieden mit der Umsetzung des Abkommens. Man habe noch nicht entschieden, ob die Vereinbarung nach dem Auslaufen am 18. November verlängern werden könne.

Kurz nach dem Abzug der eigenen Truppen aus der ukrainischen Gebietshauptstadt Cherson und weiteren Orten hat Russland eigenen Angaben zufolge mit Angriffen auf die gerade erst aufgegebene Region begonnen. "Aktuell werden Truppen und Militärtechnik der ukrainischen Streitkräfte auf dem rechten Ufer des Flusses Dnipro beschossen", teilte Russlands Verteidigungsministerium mit.

Nur wenige Stunden zuvor hatte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow mitgeteilt, alle russischen Einheiten in dem südukrainischen Gebiet seien auf die linke Flussseite gebracht worden. Insgesamt handelt es sich laut Angaben aus Moskau um mehr als 30.000 Soldaten, die nun südöstlich des Dnipro stationiert seien. Die ukrainische Seite hatte sich auf Angriffe auf die gerade erst zurückeroberten Orte bereits eingestellt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Das Technische Hilfswerk (THW) hilft der Ukraine aktuell vor allem bei der Energieversorgung. Derzeit bereite das THW die Lieferung von rund 250 Stromerzeugern verschiedener Leistungsklassen vor, teilte das Hilfswerk in Bonn mit. Mit den Geräten soll eine provisorische Stromversorgung wichtiger Einrichtungen sichergestellt werden. Zudem liefere man Planierraupen, Radlader und Hubarbeitsbühnen in die Ukraine. Damit unterstütze man den Katastrophen- und Grenzschutz des Landes.

Der gesamte Logistikeinsatz während des Ukrainekriegs habe bereits ein Volumen von mehr als 60 Millionen Euro erreicht. "Mit Baumaschinen, Fahrzeugen und Geräten versetzen wir unsere Partner in der Ukraine in die Lage, Kriegsschäden zu beheben, Menschenleben zu retten und das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern", so THW-Präsident Gerd Friedsam. Nahezu wöchentlich organisiere das THW Transporte mit Hilfsgütern, Fahrzeugen und Ausstattung, um in der Ukraine die Not zu lindern. Finanziert werde die Hilfe für die Menschen vorwiegend aus Sondermitteln der Bundesregierung.

Nach Vorwürfen, Nordkorea beliefere Russland mit Munition, bestätigten US-Regierungsvertreter, dass Washington in Südkorea 100.000 Haubitzengranaten kaufen möchte, die an die Ukraine geliefert werden sollen.

Pentagonbeamte bestätigten die Grundzüge des seit einiger Zeit verhandelten Abkommens und sagten, es werde die US-Lagerbestände entlasten. Das südkoreanische Verteidigungsministerium bestätigte Verhandlungen über eine ungenannte Zahl von 155-Milimeter-Granaten. Diese liefen allerdings unter der Annahme, dass die USA der Endabnehmer sind. Südkorea wolle die Ukraine nur mit nicht tödlichen Mitteln unterstützen.

Nach dem Rückzug russischer Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson sind ukrainische Streitkräfte in der Stadt angekommen. "Cherson kehrt unter die Kontrolle der Ukraine zurück, Einheiten der ukrainischen Streitkräfte betreten die Stadt", schrieb das ukrainische Verteidigungsministerium auf Facebook und rief russische Soldaten, die sich noch vor Ort befänden, auf, "sich augenblicklich zu ergeben". Die Rückzugsrouten der "russischen Invasoren" seien unter Feuer der ukrainischen Armee, erklärte Kiew weiter. "Jegliche Versuche, sich den ukrainischen Streitkräfte entgegenzustellen werden gestoppt", hieß es.

Russland und die Ukraine haben in dem seit über acht Monaten dauernden russischen Angriffskrieg erneut Gefangene ausgetauscht. "Es ist gelungen, 45 Kämpfer der Streitkräfte zu befreien", teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, im Nachrichtendienst Telegram mit. Es handele sich dabei um Soldaten und Feldwebel. Wie viele Soldaten an die russische Seite übergeben wurden, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Am Vortag hatte der Interimschef des von Russland beanspruchten ostukrainischen Luhansker Gebiets, Leonid Passetschnik, von mehr 35 Soldaten gesprochen, die ausgetauscht worden seien.

Nach dem Abzug der russischen Truppen aus Cherson feiern Einwohner mit Flaggen und Hupkonzerten. Auf Bildern ist zu sehen, wie die blau-gelbe Fahne der Ukraine wieder auf dem Gebäude der örtlichen Gebietsverwaltung gehisst wurde. Ukrainische Soldaten, die sich bereits am Stadtrand befanden, wurden von den Menschen enthusiastisch mit Umarmungen und Beifall begrüßt.

Die ehemalige Sprecherin des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Julia Mendel, teilte ein Video auf Twitter,
zu dem sie schreibt: "So sehe ich meine Tante aus der Region Cherson das erste Mal nach neun Monaten wieder - in einem Video, in dem sie einen ukrainischen Soldaten umarmt."

Außenministerin Annalena Baerbock erwartet vom G20-Gipfel auf Bali ein klares Zeichen internationaler Geschlossenheit gegen den russischen Krieg in der Ukraine. Die allermeisten Staaten der Welt und der Runde der 20 großen Wirtschaftsnationen sähen den Krieg als Völkerrechtsbruch, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem litauischen Amtskollegen Gabrielius Landsbergis in Berlin. Man habe auch im Rahmen der G7 und der Vereinten Nationen deutlich gemacht, "dass dieser fatale Bruch des Völkerrechtes von der Gemeinschaft weder akzeptiert noch unterstützt wird. In keinstem Maße" Dies werde auch die Botschaft des Gipfels auf Bali sein.

Außenministerin Annalena Baerbock

Baerbock sprach von einem "fatalen Bruch des Völkerrechts".

In Cherson ist nach Angaben des Regionalpolitikers Serhiy Khlan nach dem Rückzug der russischen Truppen eine ukrainische Flagge gehisst worden. Einige russische Soldaten seien nicht in der Lage gewesen, die Stadt zu verlassen, sagte Khlan bei einer Pressekonferenz. Sie hätten ihre Militäruniformen ausgezogen und gäben sich nun als Zivilisten aus. Wie viele russische Soldaten in zivil noch in der Stadt seien, sei unklar, sagte Khlan, ohne Beweise für die Behauptung anzuführen. Er forderte die Bewohner Chersons auf, zu Hause zu bleiben, bis ukrainische Soldaten die Stadt gesichert hätten.

Auch Natalia Humeniuk, eine Sprecherin des Südkommandos des ukrainischen Militärs, warnte vor russischen Soldaten in Zivilkleidung. "Sabotageaktionen können nicht ausgeschlossen werden", sagte sie.

Der Rückzug der russischen Armee aus Cherson muss auch im Inland erklärt werden. Ist es ein taktisches Manöver? Oder eine militärische Niederlage? In den staatlich kontrollierten Medien gehen die Meinungen ungewöhnlich auseinander. Christian Nagel berichtet.

Russland ist offensichtlich bereit, beim bevorstehenden Gipfel der Gruppe der großen Wirtschaftsnationen (G20) ein Bekenntnis gegen den Einsatz von Atomwaffen abzugeben. Im aktuellen Entwurf für die Abschlusserklärung des Spitzentreffens auf der indonesischen Insel Bali sei ein Punkt zur Nichtnutzung von Kernwaffen enthalten, sagte ein EU-Beamter. Nach derzeitigem Verhandlungsstand könne davon ausgegangen werden, dass dieser sich auch in der Endfassung finden werde. "Ein große Zahl von G20-Mitgliedern will einen Verweis auf Kernwaffen", sagte er.

Sorgen vor einem russischen Atomwaffeneinsatz im Krieg gegen die Ukraine hatte zuletzt unter anderem die völkerrechtswidrige Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten geschürt. Präsident Wladimir Putin kündigte danach an, man werde sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen.

Der G20-Gipfel auf Bali beginnt am kommenden Dienstag. Putin reist nicht selber an, er schickt seinen Außenminister Sergej Lawrow.

In Genf gehen die Beratungen zwischen den Vereinten Nationen und Russland über ein Folgeabkommen zum Export ukrainischen Getreides weiter. Eine UN-Sprecherin bezeichnete die Gespräche als "informell". Unklar ist, ob und wann die Vereinten Nationen über das Ergebnis der Beratungen informieren werden.

Wegen der Energiekrise infolge des Ukraine-Kriegs rechnet die EU-Kommission im nächsten Jahr kaum noch mit Wirtschaftswachstum, aber mit deutlich mehr Inflation als zuletzt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte 2023 im Euro-Raum nur noch um 0,3 Prozent zulegen, teilte die Brüsseler Behörde in ihrer Herbstprognose zur Konjunktur mit. Im Sommer hatte die EU noch 1,4 Prozent veranschlagt. "Die Wirtschaft in Europa steht an einem Wendepunkt", sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Denn für das Schlussquartal 2022 gehe die Kommission davon aus, dass die Euro-Zone und die meisten ihrer Mitglieder in eine Rezession rutschten. Auch Anfang 2023 dürfte das BIP noch schrumpfen. Grund seien große Unsicherheit, hohe Energiepreise, Kaufkraftverluste bei privaten Haushalten, das schwächere globale Umfeld und striktere Finanzierungsbedingungen.

Moskau sieht das ukrainische Gebiet Cherson auch nach dem Abzug seiner Truppen weiter als russisches Staatsgebiet an. Das Gebiet Cherson bleibe Teil der Russischen Föderation, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. "Dieser Status ist per Gesetz bestimmt und gefestigt. Hier gibt es keine Änderungen und kann es keine geben", sagte Peskow.

Auf die Frage, ob die Niederlage in Cherson nicht erniedrigend sei für Putin, antwortete Peskow mit einem "Nein". Präsident Wladimir Putin hatte Ende September vier ukrainische Gebiete, darunter Cherson, bei einer Zeremonie im Kreml vollmundig zu einem Teil Russlands erklärt. Peskow machte deutlich, dass der Kreml auch die Feier auf dem Roten Platz zur Einverleibung der Regionen nicht bereue. Die Weltgemeinschaft sieht in den Annexionen einen Völkerrechtsbruch.

Auch nach dem Abzug russischer Truppen aus dem südukrainischen Cherson sieht der Kreml kaum Chancen auf Friedensverhandlungen mit Kiew. Russland schließe Verhandlungen mit der Ukraine zwar nicht aus, sehe aber keine Bereitschaft Kiews für Gespräche, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen. "Kiew will keine Gespräche, also geht die militärische Spezialoperation weiter", sagte Peskow. Aus Sicht des Kremls könne die "militärische Spezialoperation" entweder mit dem Erreichen ihrer Ziele oder mit Verhandlungen beendet werden, sagte der Sprecher von Russlands Präsident Wladimir Putin. Friedensgespräche "aus der Position der Stärke" heraus, wie sie die ukrainische Seite beanspruche, seien aber nicht möglich.

Die russische Armee hat nach eigenen Angaben ihren Rückzug aus dem Norden der ukrainischen Region Cherson abgeschlossen. Um 05.00 Uhr (04.00 Uhr MEZ) sei "der Transfer russischer Soldaten ans linke Ufer des Flusses Dnipro beendet" gewesen, teilte das russische Verteidigungsministerium in einer online veröffentlichten Erklärung mit. "Kein einziges Teil militärischer Ausrüstung und Waffen" seien auf der anderen Flussseite zurückgelassen worden, heißt es darin.

Die russische Militärführung hatte am Mittwoch den Abzug der Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson und dem Gebiet auf der rechten Seite des Flusses Dnipro angekündigt. Die ukrainischen Streitkräfte rücken inzwischen auf Cherson vor. Nach dem Scheitern des Vormarschs auf Kiew und dem Rückzug bei Charkiw gilt dies als weitere militärische Niederlage Russlands.

Ukrainische Armee rückt auf Cherson vor

tagesschau 12:00 Uhr
Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

In die festgefahrenen Gespräche zwischen Russland und den USA über eine atomare Abrüstung kommt offenbar Bewegung. Beide Seiten würden sich bald in Kairo treffen, um den Atomwaffenkontrollvertrag New Start zu besprechen, zitiert die Nachrichtenagentur Ria den stellvertretenden russischen Außenminister Sergej Rjabkow. Angepeilt werde Ende November oder Anfang Dezember.

Die USA hatten kürzlich mitgeteilt, dass ein baldiges Treffen geplant sei, bei dem es um die Wiederaufnahme der in dem Vertrag vorgesehenen Inspektionen gehen solle. Moskau hatte diese im August ausgesetzt und zur Begründung auf Reisesanktionen verwiesen, die die USA und ihre Verbündeten wegen der russischen Ukraine-Invasion verhängt hatten.

Der 2011 geschlossene New-Start-Vertrag zur Verringerung strategischer Nuklearwaffen verpflichtet beide Supermächte zu Einschränkungen bei Interkontinentalraketen, U-Boot-gestützten Raketen und Kampfflugzeugen, die mit Atombomben bestückt werden können.

Ungeachtet der internationalen Kritik am russischen Einmarsch in der Ukraine hat China seine Beziehungen zu Russland als "felsenfest" beschrieben. Außenamtssprecher Zhao Lijian sagte vor der Presse in Peking, beide Länder seien "umfassende strategische Partner". China und Russland formten keine Allianz und folgten dem Grundsatz der Nicht-Konfrontation. Ihre Zusammenarbeit ziele nicht auf dritte Parteien. Es gebe ein "hohes Maß an Vertrauen".

Seit der Invasion hat China dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Rückendeckung gegeben. Bis heute gibt es keine öffentliche Kritik aus Peking an seinem Vorgehen. Vielmehr hat Peking die USA und die NATO als Hauptverantwortliche des Konflikts dargestellt. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte allerdings vergangene Woche bei einem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz in Peking gemeinsam und eindringlich vor dem Einsatz von Atomwaffen in dem Konflikt und der Drohung damit gewarnt.

In der Nähe der südukrainischen Stadt Cherson ist einem Medienbericht zufolge die strategisch wichtige Antoniwkabrücke eingestürzt. Die Brücke sei die einzige nahegelegene Straßenverbindung aus Cherson über den Dnjepr zum russisch kontrollierten Ostufer des Flusses gewesen, meldet die ukrainische Rundfunkanstalt Suspilne unter Berufung auf Anwohner. Die nächste Flussquerung für Fahrzeuge sei mehr als 70 Kilometer von Cherson entfernt. Der Sender veröffentlichte ein Foto, auf dem zu sehen ist, dass ein ganzer Abschnitt der Brücke fehlt. Weitere Details sind noch offen.

Die Nachrichtenagentur dpa berichtete jedoch, dass russische Truppen bei ihrem Rückzug die schon durch ukrainischen Beschuss schwer beschädigte Brücke gesprengt haben sollen. In sozialen Netzwerken war demnach ein nicht überprüfbares Video zu sehen, das eine Aufnahme von einer schweren Explosion zeigen soll.

Cherson war die einzige Provinzhauptstadt, die Russland seit Beginn seiner Invasion Ende Februar erobern konnte. Kürzlich wurde angesichts des Vormarsches ukrainischer Soldaten der Rückzug angeordnet.

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Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die deutschen Exporte nach Russland sind wegen der Sanktionen infolge des Kriegs gegen die Ukraine massiv eingebrochen. Sie lagen im September bei 1,1 Milliarden Euro und damit 52,9 Prozent unter dem Niveau vor einem Jahr, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Importe aus Russland sanken wertmäßig um 37,4 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Dieser Rückgang wäre ohne die gestiegenen Preise - vor allem im Energiebereich - noch deutlicher ausgefallen.

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste setzt Russland bei seinen Angriffen auf kritische Infrastruktur in der Ukraine auf eine wellenartige Offensive. Dadurch seien weitreichende Schäden an Kraftwerken und Übertragungsstationen entstanden, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums auf Twitter.

Insbesondere die Hauptstadt Kiew sei stark von Stromausfällen betroffen. Bei den jüngsten intensiveren Angriffen, die Ende Oktober stattgefunden hätten, sei erstmals auch ein Wasserkraftwerk Ziel gewesen. Moskau versuche mit diesen Angriffen, die Moral der ukrainischen Zivilbevölkerung zu schwächen.

Die litauische Regierung erwartet von Deutschland bis 2026 die Entsendung einer Brigade mit bis zu 5000 Soldaten zur Stärkung der Nato-Ostflanke. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis sagte während seines Besuchs in Berlin, dass Litauen in den nächsten Jahren massive Investitionen plane, um die Truppenstationierung zu ermöglichen. Spätestens beim NATO-Gipfel im Juli 2023 in Litauen erwarte man, dass diese Vorbereitungen durch eine Zusage Deutschlands erwidert würden, die Soldaten zu entsenden.

Im Juni hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der litauische Präsident Gitanas Nausėda in Vilnius die Truppenstationierung als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vereinbart. Während die Regierung in Vilnius erwartet, dass eine komplette Brigade mit wechselnder Besetzung in Litauen stationiert wird, will die Bundesregierung einen Großteil der Soldaten in Deutschland für einen möglichen Einsatz bereithalten.

Bei einem neuen Raketenangriff auf die Ukraine hat Russland nach Angaben aus Kiew ein Wohnhaus in der Stadt Mykolajiw zerstört. "Leider gibt es Tote und Verletzte. Such- und Rettungseinsätze laufen", teilte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. Das sei die "zynische Antwort des Terrorstaats" auf die ukrainischen Erfolge an der Front, meinte Selenskyj. Russland lasse nicht ab von seiner "abscheulichen Taktik".

Der ukrainische Gouverneur des Gebietes Mykolajiw, Witalij Kim, teilte im Nachrichtenkanal Telegram mit, es gebe zwei Tote und zwei Verletzte nach dem Raketeneinschlag in dem fünfgeschossigen Haus. Er veröffentlichte dazu auch ein Foto von Zerstörungen. Das Gebäude war eingestürzt.

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Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Mehr als acht Monate nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine sieht der Inspekteur des Heeres, Alfons Mais, nur wenige Fortschritte bei der Modernisierung der Bundeswehr. "Momentan ist die materielle Einsatzbereitschaft des Heeres nicht größer als am 24. Februar", sagte Mais der "Süddeutschen Zeitung". Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine werde in Deutschland allerdings "sachlicher und tiefer" über Fragen der Sicherheit diskutiert.

Als eine der Ursachen für den Zustand der Bundeswehr nannte Mais die Abgabe von Material und Waffen an die Ukraine. "Das ist als politische Entscheidung angesichts der Lage auch völlig nachvollziehbar. Es dauert allerdings, bis wir dieses Material ersetzt bekommen." Das bedeute: "Es ist weniger da als vor dem Kriegsbeginn", sagte Mais. Er begrüßte das im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine beschlossene Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Es werde aber "Jahre dauern", bis es sich "auf gesamter Breite in der Truppe auswirken wird".

Südkorea will laut einem Zeitungsbericht Munition an die USA für ihre militärische Ausrüstung der ukrainischen Streitkräfte verkaufen. Es gebe einen vertraulichen Waffendeal zwischen Seoul und Washington, wonach die USA 100.000 Stück von 150-Millimeter-Artillerie-Munition von ihrem Verbündeten abnehmen würden, berichtet das "Wall Street Journal" auf seiner Homepage unter Berufung auf US-Beamte. Das sei genug, um die Artillerieverbände der Ukraine mit Munition für mindestens einige Wochen zur Abwehr russischer Truppen zu versorgen.

Das Verteidigungsministerium in Seoul bestätigte, dass südkoreanische Unternehmen mit den USA über den Export von Munition verhandelten. Der Kauf solle "die Knappheit an 150-Millimeter-Munition auf Lager" in den USA ausgleichen. Es werde unter der Voraussetzung verhandelt, dass die USA "Endbenutzer" seien. Das Ministerium betonte, an Südkoreas Position habe sich nichts verändert, keine tödlichen Waffen an die Ukraine zu liefern.

US-Präsident Joe Biden zeigt sich wenig optimistisch in Bezug auf ein baldiges Ende des Krieges in der Ukraine. Vor seiner Abreise zum Klimagipfel in Ägypten gab sich Biden vor Reportern eher pessimistisch, als er zu den Aussichten auf eine baldige Beilegung des Konfliktes gefragt wurde: "Ich glaube nicht, dass der Konflikt gelöst werden kann, solange Putin nicht aus der Ukraine verschwindet."

Die deutsche Wirtschaft will als Lehre aus dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine künftig einseitige Abhängigkeiten vermeiden. Das sagte Industriepräsident Siegfried Russwurm der dpa vor einer Asien-Pazifik-Konferenz in Singapur, zu der auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Kanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet werden.

"Die Diversifizierung von Lieferketten und Bezugsquellen sowie die Rolle der Wirtschaft bei der Bewältigung der Klimakrise stehen im Mittelpunkt der Debatten auf der Asien-Pazifik-Konferenz", so Russwurm. "Eine diversifizierte Wirtschaft reduziert das Risiko für Unternehmen und Volkswirtschaften insbesondere in Krisensituationen. Diskussionen zum Umgang mit wirtschaftlichen Abhängigkeiten und zum Aufbau von Resilienz bleiben notwendig - vor allem, aber nicht nur hinsichtlich China."

China habe sich zwar in den vergangenen Jahrzehnten zur regionalen Drehscheibe im asiatisch-pazifischen Raum und zu einem wichtigen globalen Akteur entwickelt. "Die Asien-Pazifik-Region hat jedoch mehr zu bieten als den chinesischen Markt", so Russwurm.

Bundesfinanzminister Christian Lindner rechnet in der Folge der Zwischenwahlen in den USA nicht mit einer Einschränkung der Hilfen für die Ukraine. In der ZDF-Sendung "maybrit illner" sagt Lindner, er habe "keine Anzeichen, dass die Vereinigten Staaten ihre Politik in Bezug auf die Ukraine verändern". Er sei im regelmäßigen Austausch mit seiner US-Amtskollegin. Die USA sähen "die besondere Bedeutung dieses Krieges in geopolitischer Hinsicht". Da gehe es vor allem um Mitmenschlichkeit, aber eben auch um die europäische Sicherheitsarchitektur und die Werte der liberalen Demokratien.

Ukrainische Truppen rücken nach den Worten von Staatschef Wolodymyr Selenskyj immer weiter in der Region Cherson vor, in deren Gebietshauptstadt die russischen Streitkräfte inzwischen auf dem Rückzug sein sollen. Das Tempo des ukrainischen Vormarschs habe sich derart erhöht, dass die Bewohner Chersons "nun fast jede Stunde überprüfen, wo unsere Einheiten hingekommen sind und wo sonst unsere Nationalflagge gehisst worden ist", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft.

Inzwischen seien mehr als 40 Städte und Dörfer im Süden des Landes von Russland zurückerobert worden, erklärte Selenskyj weiter.

Die USA wollen die Ukraine mit mehr militärischer Ausrüstung unterstützen. Die Verhandlungen über eine Schutzzone um das Atomkraftwerk Saporischschja gestalten sich laut der IAEA kompliziert. Der Liveblog zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. November 2022 um 09:00 Uhr.