EIn ukrainischer Soldat hält seine Waffe und läuft vor einer militärischen Einrichtung in Kiew.

Krieg in der Ukraine Ukraine meldet Gegenangriff in Cherson

Stand: 12.07.2022 14:10 Uhr

Die ukrainische Armee hat eine Gegenoffensive im von russischen Truppen besetzten Teil des Gebietes Cherson vermeldet. Nach US-Angaben will der Iran Russland mit Drohnen unterstützen.

Nach Angaben der ukrainischen Armee läuft eine Gegenoffensive auf den Teil des südukrainischen Gebietes Cherson, das von russischen Truppen besetzt ist. In der Stadt Nowa Kachowka in dem Gebiet sei ein Waffenlager angegriffen worden, teilte das Kommando Süd in der Nacht auf Facebook mit. Es seien etwa eine Haubitze und Militärtechnik zerstört worden. Zudem habe der Feind mehr als 50 Soldaten "verloren".

Ukraine startet Gegenoffensive im Süden des Landes

Sabine Krebs, WDR, tagesschau, tagesschau, 12.07.2022 20:00 Uhr

Russland meldet Tote und Verletzte

Die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti bestätigte den Angriff und meldete am Morgen unter Berufung auf die in Nowa Kachowka eingesetzte prorussische Verwaltung mindestens sieben Tote, vier Vermisste und mindestens 60 Verletzte. Im Onlinedienst Telegram teilte der Chef der russischen militärisch-zivilen Verwaltung des Ortes, Wladimir Leontiew, mit, er rechne damit, dass die Zahl der Toten noch steige.

Viele Menschen seien unter Trümmern verschüttet worden - Hunderte Häuser seien beschädigt. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben beider Seiten zunächst nicht. Russischen Angaben zufolge soll bei dem nun erfolgten ukrainischen Angriff auf Nowa Kachowka ein zuletzt aus den USA gelieferter HIMARS-Raketenwerfer zum Einsatz gekommen sein. Auch das ließ sich aber zunächst nicht verifizieren.

HIMARS-Raketenwerfer können mehrere präzisionsgelenkte Raketen gleichzeitig auf Ziele in bis zu 80 Kilometern Entfernung abfeuern. Sie erlauben der ukrainischen Armee aus größerer Entfernung Angriffe auf die russische Armee, ohne selbst in Reichweite der russischen Artillerie zu sein.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Städte unter Beschuss - mindestens 16 Zivilisten getötet

Bei russischen Angriffen wurden nach Angaben des ukrainischen Präsidialamtes in der Ukraine binnen 24 Stunden mindestens 16 Zivilisten getötet und 48 weitere verletzt. Demnach gerieten unter anderem Städte und Gemeinden in fünf südöstlichen Regionen unter russischen Beschuss. In der östlichen Donbass-Provinz Donezk starben den Angaben zufolge neun Zivilisten, zwei weitere wurden verletzt.

Russische Raketenangriffe trafen Slowjansk und Toresk, wo nach Angaben des Präsidialamtes ein Kindergarten getroffen wurde. In der zweitgrößten Stadt Charkiw und der umliegenden Region trafen russische Angriffe Wohngebäude, wie der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, in der Messaging-App Telegram mitteilte. Nach ukrainischen Angaben kamen dabei vier Zivilisten ums Leben, während neun weitere verletzt wurden.

Die ukrainischen Behörden meldeten zudem, Russland habe die südliche Stadt Mykolajiw beschossen. Dabei seien zwei medizinische Einrichtungen sowie Wohnhäuser getroffen worden. Der Regionalgouverneur Witalij Kim sprach von zwölf Verletzten in dem Zusammenhang. Einem Lagebild zufolge nahm Russland die Stadt Hryhoriwka ein und setzte sein Vordringen auf die Städte Kramatorsk und Slowjansk in Donezk fort.

Ukraine will Gebiete zurückerobern

Kiew hatte zuletzt mehrfach angekündigt, seitdem verloren gegangene Gebiete - auch mithilfe westlicher Waffen - wieder zurückerobern zu wollen. Die Region Cherson wird großteils von den russischen Truppen kontrolliert. Die Region grenzt an die 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim. Die Ukraine verteidigt sich seit mittlerweile viereinhalb Monaten gegen einen russischen Angriffskrieg.

Nach weitreichenden Angriffen aus der Luft mit mehr als 30 Toten stellt sich die Ukraine auf neue Attacken russischer Bodentruppen ein. Der ukrainische Generalstab erklärte, der massive Beschuss sei eine Vorbereitung auf neue Angriffe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, seit Samstag habe es 34 Luftangriffe gegeben. Die Moskauer Regierung weist weiterhin zurück, Zivilisten ins Visier zu nehmen.

USA: Russland soll Hunderte Drohnen vom Iran bekommen

Der Iran bereitet sich unterdessen nach Darstellung der USA darauf vor, bis zu mehrere Hundert Drohnen an Russland zu liefern. Darunter seien solche, die mit Waffen ausgerüstet werden könnten, sagte der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan. "Unsere Informationen deuten des Weiteren darauf hin, dass der Iran sich vorbereitet, russische Einheiten im Einsatz dieser Drohnen auszubilden", sagte Sullivan weiter. "Erste Trainingseinheiten könnten schon Anfang Juli beginnen."

Nach Angaben Sullivans ist unklar, ob der Iran Russland bereits Drohnen geliefert hat. Der Nationale Sicherheitsberater verwies darauf, dass die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen bereits iranische Drohnen für Angriffe gegen Saudi-Arabien einsetzen.

Auch Ukraine nutzt Drohnen

Drohnen spielen im Ukraine-Krieg eine wichtige Rolle, ob für Raketenangriffe, den Abwurf kleinerer Bomben oder das Auskundschaften des Gegners. Die Ukraine setzt unter anderem sehr erfolgreich türkische Bayraktar-Kampfdrohnen gegen die russischen Streitkräfte ein. Die USA und andere Staaten haben der Ukraine ebenfalls Drohnen geliefert.

Rebecca Barth, WDR, 12.07.2022 06:27 Uhr