
Bekämpfung von Schwarzarbeit Verzögerung bei Software kostet Millionen
Ineffektiv, zu teuer, zu wenig Personal - die Finanzkontrolle Schwarzarbeit steht weiter in der Kritik: Die verzögerte Einführung einer neuen Software kostet den Staat Millionen. Und das ist nicht das einzige Problem.
Von Arne Meyer-Fünffinger, BR
Eigentlich sollte die neue Version der "Programmunterstützung Finanzkontrolle Schwarzarbeit" schon vor Jahren an den Start gehen. Das Versprechen: Mit "Profis 2.0" wird bei der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" (FKS) alles besser: einfacherer Datenzugriff, schnellere Vernetzung, optimierte Abläufe. Doch bei einem "fachlichen Test", so schreibt es das Bundesfinanzministerium in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, wurden "erhebliche Performance- und Workflowprobleme festgestellt, die eine Abnahme nicht ermöglichten". Die Antwort liegt dem Bayerischen Rundfunk vor.
Eine Verzögerung, die den Staat teuer zu stehen kommt, räumt das Scholz-Ressort ein. Nach eigenen Angaben sind dadurch Kosten in Höhe von fast 3,2 Millionen Euro entstanden. Allerdings verspricht das Bundesfinanzministerium, spätestens Ende dieses Jahres solle der "Echtbetrieb" der neuen Software beginnen.
Experten sehen keine wirksame Kriminalitätsbekämpfung
Die Kleine Anfrage der Grünen zeigt auch: Die FKS kämpft nicht nur mit einer neuen Software. Experten wie der Arbeits- und Wirtschaftssoziologe Gerhard Bosch von der Universität Duisburg-Essen und der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei / Zoll, Frank Buckenhofer, kritisieren schon seit langem die mangelhafte Ausbildung von FKS-Beschäftigten.
Unter anderem diese Tatsache führe in der Konsequenz dazu, dass die FKS "von ihrer Struktur her bisher nicht so aufgestellt ist, dass sie den Anforderungen einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung, die weit in den Bereich der Organisierten Kriminalität reicht, gerecht wird", so Buckenhofer. "Sind das wirklich Leute, die sich mit Kriminalitätsbekämpfung auskennen? Die Antwort wird mich wahrscheinlich erschrecken", sagte Bosch im BR-Interview.
Das Bundesfinanzministerium räumt in der parlamentarischen Anfrage ein, während der Ausbildung erfolge "keine Spezialisierung oder besondere Ausrichtung beispielsweise auf den Bereich der FKS. Die FKS als Teil der Zollverwaltung führt keine gesonderte Berufsausbildung durch". Und dabei beziffern wissenschaftliche Studien, auf die das Bundesfinanzministerium Bezug nimmt, das jährliche Volumen der Schattenwirtschaft in Deutschland auf deutlich über 300 Milliarden Euro.
Quereinsteiger und Personallücken
Für Kritik sorgte in diesem Zusammenhang, dass zahlreiche Seiteneinsteiger bei der FKS tätig sind. Das Ministerium nennt erstmals Zahlen von Beschäftigten, die vor ihrer Arbeit im Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung zum Beispiel bei der Telekom, der Deutschen Post und dem Deutschen Wetterdienst gearbeitet haben. Nach BMF-Angaben handelt es sich um 272 Personen - bei 7055 besetzten Planstellen. Zur Verfügung stehen der FKS insgesamt knapp 8500 Stellen. Rund 1400 sind also momentan unbesetzt.
Diese Personallücke hatte der Bundesrechnungshof (BRH) nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks jüngst in einem internen Zwischenbericht bemängelt. Ebenso die Tatsache, dass die FKS seit 2017 nach einer Vorgabe des Bundesfinanzministeriums jedes Jahr 55.000 Arbeitgeberprüfungen durchführen soll. Der Bundesrechnungshof hält die Vorgabe an sich für falsch: Sie führe zu oberflächlichen Prüfungen, "Alibiprüfungen", wie der BRH sie nennt. Diese Zielmarke hat die FKS laut Anfrage allerdings 2017, 2018 und 2019 jeweils verfehlt.
Opposition kritisiert: FKS kämpft mit stumpfen Waffen
Während das Bundesfinanzministerium in der Antwort auf die Kleine Anfrage betont, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sei "als Teil der Zollverwaltung gut für die Zukunft aufgestellt", ziehen die Grünen ein negatives Fazit.
Nach Ansicht der Finanzexperten der Bundestagsfraktion, Lisa Paus und Sven-Christian Kindler, haben Bundesfinanzminister Olaf Scholz und sein Vorgänger Wolfgang Schäuble die Schwarzarbeitsbekämpfung und die FKS vernachlässigt. Das räche sich nun, sagen sie BR-Recherche: "Der Verfolgungsdruck auf die Organisierte Kriminalität und auf Arbeitgeber, die systematisch Schwarzarbeit einsetzen, ist viel zu gering. Während die Organisierte Kriminalität technisch hoch gerüstet ist, kämpft die FKS mit stumpfen Waffen und Personalproblemen."
Auch der Bundesrechnungshof ist mit seinen Prüfungen über die Wirksamkeit der Schwarzarbeitsbekämpfung in Deutschland noch nicht am Ende. Nach Ministeriumsangaben laufen aktuell noch vier Prüfungsverfahren, die Bereiche der Finanzkontrolle Schwarzarbeit betreffen.