Peter Kurth
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Rechte Netzwerke Ex-CDU-Politiker finanzierte "Identitäre Bewegung"

Stand: 25.01.2024 06:00 Uhr

Berlins früherer Finanzsenator Kurth hat rechtsextreme Netzwerke umfangreicher unterstützt als bisher bekannt. Nach Monitor-Recherchen überwies er als CDU-Mitglied mindestens 120.000 Euro an eine Firma der rechtsextremen "Identitären Bewegung".

Von Julia Regis und Andreas Spinrath, WDR

"Schanze Eins UG & Co. KG" steht im Verwendungszweck. Dahinter die Summe: 120.000 Euro. Diesen Betrag hat der ehemalige Berliner CDU-Finanzsenator Peter Kurth nach Recherchen des ARD-Magazins Monitor im Jahr 2019 auf das Konto einer Firma überwiesen, die der Verfassungsschutz der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IB) zurechnet.

Ist Ex-CDU-Finanzsenator Peter Kurth ein Finanzier rechtsextremer Netzwerke?

Lara Straatmann, WDR, tagesschau, 25.01.2024 14:00 Uhr

Die Firma Schanze Eins, für die das Geld von Kurth laut Verwendungszweck gedacht war, sammelt Geld ein, um Immobilien zu erwerben, die als Anlaufstellen und Treffpunkte für Rechtsextreme dienen. Auch diese Firma wird der "Identitären Bewegung" zugerechnet.

Kurths Überweisung war für den Erwerb einer Immobilie im österreichischen Linz bestimmt. Nur einen Tag nach der Überweisung des damaligen CDU-Mitglieds Kurth transferierte die Empfängerfirma rund 200.000 Euro an Steve H., einen Aktivisten der "IB". Verwendungszweck: "Darlehen Linz". Die Geldzahlungen gehen aus Kontoauszügen hervor, die Monitor über die Rechercheplattform Exif zugänglich gemacht wurden. Weder Kurth, Steve H. noch die mit Geld bedachten Firmen äußerten sich auf Anfrage zu den Zahlungen.

"Patriotisches Hausprojekt"

Wenige Tage vor der Überweisung von Kurth hatte Steve H. für die "Identitäre Bewegung" im Steyregg, einem Vorort von Linz, den Kaufvertrag für eine Immobilie unterzeichnet, die als sogenanntes "patriotisches Hausprojekt" bezeichnet wird und in der unter anderem regelmäßig Veranstaltungen der rechtsextremen Szene stattfinden. Zu den bisherigen Gästen zählten auch deutsche AfD-Mandatsträger.

Der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde sagte nach dem Kauf der Immobilie, man gehe davon aus, dass es "deutsche Sponsoren gegeben haben muss". Mehr wisse man über die Hintergründe der Finanzierung allerdings nicht. Auf der Homepage versprachen die Rechtsextremen potenziellen Investoren Anonymität. Offenbar sollte die Herkunft des Geldes über eine Struktur aus Firmen und Beteiligungen verschleiert werden.

Kurth war bis zum vergangenen Herbst Mitglied der CDU. Nach seiner Zeit als Berliner Finanzsenator trat er 2009 für die CDU erfolglos bei der Wahl zum Oberbürgermeister in Köln an. Die Kontakte von Kurth zu AfD-Politikern und Rechtsextremen waren in den vergangenen Wochen publik geworden. Kurth ist erster Vorsitzender der "Alten Herren" der extrem rechten Berliner Burschenschaft Gothia. Zu den Mitgliedern zählen auch mehrere AfD-Funktionäre.

Treffen mit Größen aus rechtsextremen Kreisen

Diese Nähe beschränkte sich offenbar nicht nur auf die Burschenschaft. So berichtete der "Spiegel", dass der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl Maximilian Krah im vergangenen Jahr in der Privatwohnung von Kurth einem interessierten Kreis sein Buch vorgestellt habe. Zu den Gästen von Kurth zählten an diesem Abend offenbar auch der Verleger Götz Kubitschek und der Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung Martin Sellner.

Sellner war auch unter den Teilnehmern des sogenannten "Geheimtreffens" in Potsdam im vergangenen Jahr, über das die Recherche-Plattform Correctiv zuletzt öffentlichkeitswirksam berichtet hatte. Bei diesem Treffen hatten laut Correctiv AfD-Politiker und Rechtsextreme Pläne für die Deportation auch deutscher Staatsbürger im Falle eines Wahlsieges besprochen. Überall in Deutschland kam es danach zu spontanen Demonstrationen gegen die AfD mit zum Teil mehreren Zehntausend Teilnehmern.

Nach der ersten Veröffentlichung des "Spiegel" verlor Kurth seine Anstellung als Cheflobbyist der deutschen Recyclingwirtschaft. Er trat zudem als Finanzberater des Erzbistums Berlin zurück.

Mehr zu diesem Thema in Monitor, Donnerstag 25.01.2024 um 21.45 Uhr im Ersten.

Lisa Seemann, WDR, tagesschau, 25.01.2024 06:32 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 25. Januar 2024 um 14:00 Uhr. Ausführlich berichtet die ARD-Sendung "Monitor" um 21:45 Uhr.