Ein Mikrofon des österreichischen Onlinesenders Auf1.

Nach Bußgeld Umstrittener Fernsehkanal SRGT zieht sich zurück

Stand: 21.03.2024 09:04 Uhr

Der Stuttgarter TV-Kanal SRGT muss ein Bußgeld zahlen, weil die Kooperation mit dem österreichischen Internetmedium AUF1 gegen den Medienstaatsvertrag verstieß. SRGT gibt seine Fernsehlizenz zurück.

Rund ein halbes Jahr währte das Projekt eines europaweit via Satellit empfangbaren Fernsehprogramms aus Stuttgart und Linz. Doch nun ist klar: Die Zusammenarbeit des Ein-Mann-Fernsehsenders Schwarz-Rot-Gold TV (SRGT) mit dem rechtspopulistisch und verschwörungstheoretisch geprägten österreichischen Medium AUF1 ist beendet.

Der frühere Stuttgarter Arzt und Inhaber von SRGT, Wilfried Geissler, akzeptierte nach eigenen Angaben ein Bußgeld in Höhe von rund 195.000 Euro, das ihm die Landesanstalt für Kommunikation in Baden-Württemberg (LfK) auferlegt hatte. Grundlage war eine Entscheidung der bundesweit tätigen Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), der alle Landesmedienanstalten angeschlossen sind.

SRGT hatte seit September 2023 gegen Entgelt täglich sechs Stunden lang das Programm von AUF1 übernommen. Dies erkannte die ZAK als "unerlaubte Themenplatzierung" - weil SRGT keinen redaktionellen Einfluss auf die Programminhalte von AUF1 nehmen konnte und weil sich SRGT diese Übernahme bezahlen ließ.

"Unerlaubte Themenplatzierung"

In einem als "Pressekonferenz" deklariertem Video erläutert Geissler selbst, wie er dieses Verbot im Medienstaatsvertrag versteht: "Das bedeutet: Wenn ein fremder Produzent ein fremdes Thema - ich nenne jetzt mal: russische Putin-Propaganda - bei mir reinstellt und mir dafür Geld gibt." Das aber sei gar nicht geschehen, so Geissler auf SWR-Anfrage.

Er habe ja schon drei Jahre vor AUF1 begonnen, bei Youtube Medieninhalte anzubieten. Damit könne man "beweisen, dass SRGT nicht als Strohmann für AUF1 gegründet wurde, weil die Tochter keine Mutter gebären kann". Außerdem sei er inhaltlich mit Stefan Magnet, dem Chefredakteur von AUF1, "kongruent": Sie hätten beide die gleiche Grundeinstellung. Magnet habe die gleichen Themen behandelt wie er selbst.

Doch diese Argumente Geisslers will der Präsident der Landesanstalt für Kommunikation, Wolfgang Kreißig, im Gespräch mit dem SWR nicht gelten lassen: Geissler habe früher keinen Fernsehsender, sondern einen Youtube-Kanal betrieben, für den andere Regelungen gelten. "Wenn man eine Rundfunkzulassung hat und ein Rundfunkveranstalter ist, dann hat man auch eine große Verantwortung, weil man viele Menschen erreichen kann über den Satelliten. Und dazu gehört eben die redaktionelle Unabhängigkeit." Dies sei ein Grundpfeiler unseres Mediensystems. Daher spiele es keine Rolle, ob Geissler das Programmangebot von AUF1 inhaltlich teilt.

Frühzeitige Hinweise an SRGT

Es sei ein "große Enttäuschung", teilt Geissler zum bevorstehenden Ende mit, denn er habe "unternehmerisch die Probleme gefühlt" und zwei Fachanwälte zu seinem Vertrag mit AUF1 befragt. Beide hätten keine Bedenken, insbesondere nicht bezüglich unerlaubter Themenplatzierung, geäußert - "dienstlich gegen paar Tausend Euro Honorar".

Doch kam die Entscheidung der ZAK wirklich überraschend? Auch hier widerspricht LfK-Präsident Kreißig: Man habe SRGT schon wenige Tage nach dem Beginn der Zusammenarbeit mit AUF1 sowie in weiteren Gesprächen auf den möglichen Rechtsverstoß und das anfallende Bußgeld hingewiesen. Geissler müsse sich dieses Risikos also bewusst gewesen sein, so Kreißig.

Keine Befassung mit Inhalten

Auch wenn er sich in der Sache nicht einsichtig zeigt, lobt Geissler die LfK in seiner "Pressekonferenz": Dort habe er keinen "politischen Hass gegen Rechts oder gegen Patrioten" sondern nur "juristische Sachlichkeit" erlebt.

Ganz anders hatte der nur indirekt betroffene österreichische Internetsender AUF1 reagiert: Die "Strafe" von 195.000 Euro sei ergangen "weil AUF1 im Satellitenfernsehen verbotene Themen" platziert hätte, behauptete dort wahrheitswidrig Chefredakteur Magnet und sprach von einem "finanziellen Vernichtungsschlag gegen unseren kleinen alternativen und unabhängigen Fernsehsender" - obwohl das Bußgeld gar nicht gegen AUF1 erging.

Spenden für die Bußgeldzahlung

Doch Magnet ist sich sicher: "Das System will uns ausradieren. Weil wir ihm mit unserer Arbeit unbequem sind." Dieser Darstellung widerspricht die Vorsitzende der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), Eva Flecken: "Wir haben uns in der Sache, mit den Inhalten des Programms gar nicht befasst und auch nicht befassen müssen", weil SRGT formal gegen das Verbot der Themenplatzierung verstoßen habe. Selbst wenn die Zusammenarbeit rechtlich einwandfrei gestaltet worden wäre, hätte sich eine mögliche inhaltliche Prüfung durch die Medienaufsicht immer auf das Programmangebot des Lizenzinhabers bezogen, also auf SRGT und nicht auf AUF1.

Geissler kündigte inzwischen an, das Bußgeld zahlen zu wollen. Dafür müsse er 100.000 Euro Bargeld aufwenden, aber er sei nicht allein: Die "Kameradschaft" zwischen ihm und Magnet führe dazu, dass Magnet Spenden eingesammelt habe, die er Geissler überlassen werde. Viele Tausend Spender hätten geholfen, einen Teil des Betrages zu sammeln. Vom 1. April an soll SRGT endgültig nicht mehr über Astra empfangbar sein.