Strommasten in Mykolaiv (Ukraine)

Folge russischer Angriffe Ukraine schränkt Stromversorgung ein

Stand: 20.10.2022 08:00 Uhr

In der Ukraine sind etwa 40 Prozent der Energieinfrastruktur beschädigt. Deshalb wird heute zeitweise der Strom abgeschaltet. Präsident Selenskyj rief zum Stromsparen auf.

Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Studio Kiew

Nach erneuten gezielten Angriffen auf die Energieinfrastruktur soll heute in der Ukraine landesweit die Stromversorgung eingeschränkt werden. Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die Bevölkerung zu Verständnis und Mithilfe auf. Es sei notwendig, den Stromverbrauch tagsüber zu minimieren, andernfalls müsse mit vorübergehenden Stromausfällen gerechnet werden, sagte Selenskyj in seiner nächtlichen Videoansprache.

Vassili Golod, ARD Kiew, zu russischen Angriffen auf ukrainische Infrastruktur und zum ausgerufenen Kriegszustand in illegal besetzten Gebieten

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Aufruf zum Stromsparen

"Die Regionalverwaltungen werden noch die Details bekanntgeben, aber generell gilt: Ab 7 Uhr morgens müssen alle beim Stromverbrauch sehr zurückhaltend sein. Bitte schalten Sie elektrische Geräte, die nicht unbedingt notwendig sind, nicht an, vor allem solche mit großem Stromverbrauch", sagte Selenskyj. Wenn jeder sorgsam mit dem Stromverbrauch umgehe, könnten die notwendigen zeitweisen Stromabschaltungen verkürzt werden

Energieanlagen durch Angriffe zerstört

Das Energieversorgungsunternehmen UKRENERGO schloss nicht aus, dass mit Einbruch der Kälte weitere Einschränkungen notwendig werden könnten. Grund für die Stromabschaltungen und Einschränkungen sind nach Worten von Selenskyj die russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur des Landes: "Wir haben infolge der Angriffe weitere Schäden an unserer kritischen Infrastruktur zu verzeichnen. Innerhalb von 24 Stunden sind drei Energieanlagen durch den Feind zerstört worden", so Selenskyj. "Wir werden natürlich alles tun, um die Kapazitäten für die Stromversorgung wieder aufzubauen, aber das kann dauern. Deshalb müssen wir alle gemeinsam Anstrengungen dafür unternehmen."

Sogar ganz im Westen der Ukraine, in der Nähe von Lwiw, ist ein Heizkraftwerk von russischen Raketen getroffen worden. Auch die Gouverneurin von Ivano-Frankivisk, Svitlana Onishchuk, rief zum sorgsamen Umgang mit dem Energieverbrauch auf: "Das Burshtyn Heizkraftwerk wurde getroffen, ein Feuer ist ausgebrochen, es gab aber keine Opfer. Aber wir müssen jetzt den Stromverbrauch reduzieren. Je sparsamer wir sind, desto stabiler wird das Stromnetz sein."

Energie schon länger knapp

In zahlreichen Städten und Regionen ist die Versorgung mit Strom, Heizung und Wasser schon seit Tagen, mancherorts schon seit Wochen eingeschränkt. Gestern hatte es wieder Angriffe mit Raketen und Drohnen auf Einrichtungen der kritischen Infrastruktur gegeben.

Betroffen war vor allem der Norden der Ukraine. Das Verteidigungsministerium gab bekannt, dass sechs russische Cruise-Missiles auf die Ukraine abgefeuert worden seien, vier davon habe die Luftabwehr zerstört. Außerdem habe es erneut russische Angriffe mit sogenannten Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed-136 gegeben. Auch in Kiew gab es in der vergangenen Nacht wieder Luftalarm.

Bernd Musch-Borowska, ARD Kiew, 20.10.2022 07:23 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. Oktober 2022 um 09:00 Uhr.