Außenministerin Baerbock beim Bürgerdialog in Bremen
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Krieg gegen die Ukraine ++ Baerbock gegen Lockerung von Sanktionen ++

Stand: 14.07.2022 23:05 Uhr

Außenministerin Baerbock will trotz der Gaskrise die Sanktionen gegen Russland beibehalten. Nach Kritik hat Kanadas Premier Trudeau die Entscheidung verteidigt, eine gewartete russische Turbine zurückzugeben. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.


14.07.2022 • 23:05 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden den Liveblog für heute und bedanken uns herzlich für Ihr Interesse. Auch am Freitag sind wir wieder mit einem Liveblog zum Krieg in der Ukraine für Sie da.

Außenministerin Annalena Baerbock hat eine Lockerung der gegen Russland verhängten Sanktionen ausgeschlossen. Auch ein solcher Schritt würde die Gas-Versorgung aus Russland nicht sicherstellen, "sondern wir wären doppelt erpressbar", sagte sie in einer Diskussion mit Bürgern in Bremen. Würde man akzeptieren, dass jemand "auf brutalste Art und Weise» internationales Recht breche, dann wäre das "eine Einladung an all diejenigen, die Menschenrechte, Freiheit und Demokratie mit Füßen treten".

Daher werde Deutschland die Ukraine unterstützen, "so lange sie uns braucht", betonte Baerbock. "Und daher werden wir auch diese Sanktionen aufrechterhalten und zugleich sicherstellen, dass bei uns die Gesellschaft nicht gespalten wird." Die westlichen Staaten haben ihre Strafmaßnahmen gegen Russland seit Kriegsbeginn Schritt für Schritt verschärft. Politiker der Linkspartei und der AfD haben sich für eine Lockerung ausgesprochen, weil die Strafmaßnahmen auch die deutsche Wirtschaft belasten.

14.07.2022 • 20:31 Uhr

Tote bei Angriff auf Winnyzja

Bei russischen Angriffen auf die ukrainische Stadt Winnyzja sind nach ukrainischen Angaben am Donnerstag mindestens 23 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Präsident Selenskyj sprach bei Telegram von einem "offenen Akt des Terrorismus" gegen die Zivilbevölkerung in Gebieten ohne militärische Bedeutung. Russland bestätigte die Angriffe bisher nicht offiziell.

Nach Behördenangaben trafen vom Schwarzen Meer aus abgegebene Marschflugkörper zivile Gebäude in der Stadt in der Mitte der Ukraine.36 Häuser seien beschädigt worden. Polizeichef Ihor Klymenko gab an, 39 Menschen würden noch vermisst. Vertreter von UN und EU reagierten entsetzt auf den Angriff.

Lettlands Parlament hat den Import von Gas aus Russland verboten. Die Volksvertretung Saeima beschloss gesetzliche Änderungen am Energiegesetz, die eine Diversifizierung der Erdgasversorgungswege und die Sicherung strategischer Erdgasreserven vorgeben. Die Regelung sieht auch ein Verbot der Lieferung von Erdgas aus Russland vor. Zuvor hatte die Regierung im April beschlossen, Gasimporte aus dem Nachbarland bis zum 1. Januar 2023 aufzugeben. Um die Energieversorgung sicherzustellen, muss der lettische Gasnetz- und -speicherbetreiber dem Parlamentsbeschluss zufolge eine strategische Gasreserve aufbauen. 

Russland war für Lettland die wichtigste Erdgasquelle. Als Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine hat der Baltenstaat die Importe aus Russland gestoppt - und bezieht sein Gas nun hauptsächlich aus dem benachbarten Litauen. Lettland plant zudem den Bau eines eigenen Flüssiggas-Terminals. 

Auch Slowenien hat dem Beitritt von Schweden und Finnland zur NATO zugestimmt. Das Parlament billigte mit großer Mehrheit die Ratifizierung des Beitrittsprotokolls für die beiden Länder, berichtete die Nachrichtenagentur STA. Lediglich die Abgeordneten der Linkspartei Levica, die an der links-liberalen Regierung beteiligt ist, stimmten dagegen.

Lettland hat dem Beitritt von Finnland und Schweden zur NATO zugestimmt. Das Parlament in Riga billigte einstimmig entsprechende Gesetzesvorschläge. Staatspräsident Egils Levits begrüßte die Entscheidung und rief die NATO-Verbündeten dazu auf, ebenfalls diesen Schritt zu unternehmen, damit die sogenannten Beitrittsprotokolle in Kraft treten können. Finnland und Schweden hatten nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Aufnahme in das westliche Verteidigungsbündnis beantragt. Bisher waren die beiden nordischen Staaten neutral.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat die Entscheidung verteidigt, eine in seinem Land gewartete russische Turbine zurückzugeben. Es sei eine schwierige, aber notwendige Entscheidung gewesen, sagte Trudeau kanadischen Medienberichten zufolge bei einer Pressekonferenz. Angesichts drohender Energie-Engpässe habe sein Land Deutschland und andere europäische Verbündete unterstützen müssen. "Wir sehen, wie Russland immer wieder versucht, Energie als Waffe zu benutzen, um die Verbündeten zu spalten", sagte Trudeau. Man habe die Entscheidung getroffen, um sicherzustellen, dass Regierungen und Bevölkerung "fest und großzügig in ihrer Unterstützung der Ukraine bleiben".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor kritisiert, dass die geplante Lieferung der Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 ein völlig falsches Signal an Moskau sende. Seit Juni hatte der russische Staatskonzern Gazprom die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 in der Ostsee deutlich gedrosselt und dies mit der fehlenden Turbine von Siemens Energy begründet, die in Kanada gewartet wurde. Wegen der Sanktionen weigerte sich Kanada zunächst, die Turbine an Russland zurückzugeben - entschied sich dann aber doch dafür, sie stattdessen an Deutschland zu übergeben.

Die Bundeswehr hat seit Anfang März über 400.000 Essensrationen für Soldaten in die Ukraine geschickt. Das sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht beim Besuch des zuständigen Verpflegungsamtes der Bundeswehr in Oldenburg. Im Rahmen ihrer Truppenbesuchsreihe war die Ministerin auch bei Marinefliegern in Nordholz und an der Wurster Nordseeküste zu Gast. Die Verteidigungsministerin zeigte sich beeindruckt von der Flexibilität des Oldenburger Verpflegungsamtes. "Innerhalb kürzester Zeit wurde hier die Produktion verdoppelt", sagte sie.

Zwischen dem 3. März und 7. Juni lieferte die Bundeswehr hauptsächlich sogenannte Einpersonenpackungen an das von Russland angegriffene Land. Die Verpflegungspakete enthalten laut dem Bundesverteidigungsministerium genügend Nahrung für einen Tag. Darin befinden sich unter anderem Getränkepulver, erwärmbare Gerichte, Energieriegel oder Dessertcremes. Die Tagesrationen werden im Bundeswehr-Verpflegungsamt in Oldenburg produziert.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall modernisiert derzeit nach eigenen Angaben mehr als zwei Dutzend Schützenpanzer vom Typ Marder für einen möglichen Ringtausch zur Unterstützung der Ukraine. Man habe bereits 30 Stück "in Arbeit genommen", um sie für die erhofften Verkäufe vorzubereiten, sagte ein Unternehmenssprecher am Standort Unterlüß in Niedersachsen. Insgesamt ließen sich rund 100 Stück "relativ einfach herrichten".

Rheinmetall hatte die Lieferung der von der Bundeswehr ausgemusterten und wieder aufzubereitenden Marder angeboten. Die Bundesregierung hat nach bisherigem öffentlichen Stand aber noch nicht entschieden. Rheinmetall-Chef Armin Papperger geht von einer baldigen Genehmigung der geplanten Verkäufe alter Marder-Panzer aus. Der Sprecher erklärte, Ziel sei es, die Schützenpanzer von Typ 1A3 an andere Länder abzugeben, die dafür dann ihrerseits eigene Rüstungsgüter an die ukrainischen Streitkräfte liefern könnten.

Der Ukraine-Krieg hat offenbar bei vielen Schweizern zu einem Umdenken in der Sicherheitspolitik geführt. Die Unterstützung für eine Annäherung an die NATO stieg auf den Rekordwert von 52 Prozent, wie eine Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich ergab. Einen Beitritt zu der Militärallianz befürworteten aber weiterhin nur 27 Prozent der Befragten. 

Der Anteil der Schweizer, welche die traditionelle Neutralität ihres Landes unterstützen, sank laut der Umfrage im Vergleich zum Januar um acht Punkte auf 89 Prozent. Dies war der höchste Rückgang seit 20 Jahren. Den Angaben zufolge sind inzwischen nur noch 58 Prozent der Eidgenossen davon überzeugt, dass die Neutralität der Schweiz das Land vor internationalen Konflikten schützt. Im Januar waren es noch 69 Prozent.

Die EU-Kommission hat deutsche Hilfen im Umfang von fünf Milliarden Euro für Unternehmen mit besonders hohem Energieverbrauch gebilligt. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte in Brüssel, dieser Industriezweig sei von dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dem Energiepreisanstieg besonders stark getroffen. Die Zuschüsse würden die Folgen für die Unternehmen abfedern. Die Hilfen wurden unter einer EU-Sonderregelung vom März genehmigt. Danach sind staatliche Beihilfen ausnahmsweise erlaubt, wenn sie "zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben der EU" beitragen. Von den deutschen Zuschüssen könnten etwa Firmen aus der Chemie-, Glas- oder Metallindustrie profitieren. 

Die USA und über 40 weitere Staaten haben sich in Den Haag darauf verständigt, die Untersuchungen zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine zu koordinieren. Zusammenarbeiten wollen damit einigen EU-Staaten auch Großbritannien, Kanada, Mexiko und Australien. Außerdem wollen die Länder den Internationalen Gerichtshof, die Vereinten Nationen und die Ermittlungen in der Ukraine mit 20 Millionen Euro unterstützen.

Die Südukraine wird einem russischen Beamten zufolge über einen möglichen Anschluss an Russland abstimmen. Das Referendum sei für den Frühherbst geplant, kündigt Jewgeni Balizky, der oberste russische Beamte in der teilweise unter russischer Kontrolle stehenden Region an. "Die Mechanismen werden derzeit ausgearbeitet. Die Abstimmung wird entscheiden, was die Bewohner der Region Saporischschja wollen und wie sie leben möchten," sagt Balizky.

Die Nachrichtenagentur RIA Novosti zitiert einen anderen Beamten mit der Aussage, der voraussichtliche Termin liege in der ersten Septemberhälfte. Die russische Regierung lehnt eine Stellungnahme mit der Begründung ab, solche Abstimmungen seien Sache der regionalen Beamten.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Frankreich will nach den Worten von Präsident Emmanuel Macron so bald wie möglich komplett auf russisches Erdgas verzichten. In einem Fernsehinterview am Nationalfeiertag sagte Macron, das Land habe bereits neue Lieferquellen erschlossen und die Vorräte aufgestockt. Der Verbrauch sei zudem im Vergleich zum Vorjahr "ein bisschen" zurückgegangen. Er bekräftigte die Pläne zum Ausbau der Atomenergie - sie sei eine "nachhaltige Lösung" für Frankreich und auch für andere Länder.

Frankreich nutzt so viel Atomstrom wie kein anderes Land in der Europäischen Union und bekommt Schätzungen zufolge weniger als 20 Prozent seiner Gasimporte aus Russland. Der Verzicht auf dieses Gas bedeute, "dass der Sommer und der Herbstanfang wahrscheinlich sehr hart werden", sagte Macron weiter. Bis Herbst aber werde das Land seine Vorräte "zu nahe 100 Prozent" aufgestockt haben. Frankreich bekommt demnach mehr Erdgas aus Norwegen, Katar, Algerien und den USA. Energie einzusparen sei nicht nur für die Unabhängigkeit von Russland gut, sondern auch fürs Klima, so Macron.

Die Zahl der Todesopfer nach dem Angriff auf die ukrainische Stadt Winnyzja im Westen des Landes ist nach ukrainischen Angaben erneut gestiegen. Demnach wurden mindestens 20 Menschen getötet. Weitere 90 Menschen seien verletzt worden, teilte der Vizechef des Präsidentenbüros in Kiew, Kyrylo Tymoschenko, mit. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden 14 Menschen in Krankenhäuser gebracht.

Neben mehreren anderen Gesetzen hat der russische Präsident Putin auch ein Gesetz gegen angebliche "ausländische Agenten" unterzeichnet. Die Definition des Begriffs "ausländische Agenten" wird durch die Reform erweitert, wie die Regierung mitteilte. Nach der neuen Regelung kann nun jeder, der "unter ausländischem Einfluss" steht oder Unterstützung aus dem Ausland erhält - nicht nur in Form von Geld - in Russland zum "ausländischen Agenten" erklärt werden. Das nun verschärfte Gesetz wurde in den vergangenen Jahren häufig gegen Oppositionelle, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten angewandt. Die Änderung soll am 1. Dezember in Kraft treten. 

Russland fordert von der Ukraine, die "territoriale Realität" zu akzeptieren. "Ein künftiges Abkommen sollte (...) die bestehenden territorialen Gegebenheiten anerkennen, einschließlich des derzeitigen Status der Krim sowie der Volksrepubliken Donezk und Luhansk", zitierte Interfax den stellvertretenden russischen Außenminister Andrej Rudenko. Zudem erwarte die Regierung in Moskau eine klare Antwort auf die Forderung nach einem neutralen, bündnisfreien und atomwaffenfreien Status der Ukraine.

Die SPD-Schiedskommission in der Region Hannover hat ihre Verhandlung über einen möglichen Parteiausschluss von Altkanzler Gerhard Schröder ohne Ergebnis beendet. Die dreiköpfige Kommission werde sich am Freitag intern beraten, sagte der Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover, Christoph Matterne. Eine Entscheidung werde im Laufe der nächsten drei Wochen getroffen.

Der frühere Bundeskanzler steht seit Jahren wegen seiner Nähe zu Russland in der Kritik. Auch nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar hat sich Schröder nach Auffassung vieler Parteigenossen nicht ausreichend von Russland distanziert.

Knapp fünf Monate nach dem Angriff auf die Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin den Weg freigemacht für eine stärkere Ausrichtung der russischen Wirtschaft auf Bedürfnisse der Armee. Der Kremlchef unterzeichnete ein Gesetz, das der Regierung "Spezialmaßnahmen" für Militäreinsätze im Ausland erlaubt. Damit können einzelne Branchen zur Belieferung der Streitkräfte verpflichtet werden. Zudem können Arbeiter in diesen Betrieben zu Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie zum Verzicht auf Urlaub gezwungen werden.

Auf eine Frage, unter welchen Umständen die Regierung gedenke, solche Maßnahmen umzusetzen, antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben der Agentur Interfax lediglich: "In dem Maße, in dem die Regierung es für sinnvoll hält, hat sie das Recht, sie (die Maßnahmen) anzuwenden." Vergangene Woche hatte das Parlament das Gesetz verabschiedet. Vize-Regierungschef Juri Borissow begründete es unter anderem mit den westlichen Sanktionen gegen Russland und den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine.

Litauen hat den Streit über den Transitverkehr in die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad für beendet erklärt. Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte sagte: "Es ist nicht vernünftig, unsere Zeit und Aufmerksamkeit ablenken zu lassen und zu diskutieren, ob eine Kilotonne Stahl per Bahn aus einem Teil Russlands in die Region Kaliningrad transportiert werden kann." Weitere Auseinandersetzungen wären "ein echter Sieg für den Kreml". Das Augenmerk sollte vielmehr auf die Unterstützung der Ukraine gelegt werden.

Das baltische EU- und NATO-Mitglied Litauen hatte Mitte Juni den Transport von mit Sanktionen belegten Waren aus Russland nach Kaliningrad unterbunden. Das Gebiet rund um das frühere Königsberg ist vom übrigen russischen Staatsgebiet räumlich getrennt und auf dem Landweg nur über die EU-Staaten Polen und Litauen zu erreichen.

Nach Protesten und Drohungen aus Moskau erstellte die EU-Kommission neue Leitlinien für den Transitverkehr nach Kaliningrad. Russland darf jetzt auf der Sanktionsliste stehende zivile Güter wieder ohne große Einschränkungen per Bahn durch Litauen bringen. Den Leitlinien zufolge muss dies in den bislang üblichen Mengen erfolgen. Wann genau der Transit wieder aufgenommen wird, ist noch unklar.

Nach dem Angriff auf die zentral-ukrainische Stadt Winnyzja meldet die Ukraine nun mindestens 17 Todesopfer und 90 Verletzte. Unter den Todesopfern sind demnach auch zwei Kinder. Wohn- und Bürogebäude seien zerstört oder schwer beschädigt worden. Der Polizei zufolge befinden sich etwa 50 Verletzte in einem kritischen Zustand. Bei dem Angriff mit drei Raketen sei auch ein medizinisches Zentrum getroffen worden. Das ukrainische Militär teilte mit, Russland habe von einem U-Boot im Schwarzen Meer aus Kalibr-Raketen auf Winnyzja abgefeuert. Die Stadt liegt rund 200 Kilometer südwestlich von Kiew und fernab der Hauptfronten im Osten und Süden der Ukraine.

In ukrainischer Stadt Winnyzja sterben mindestens 20 Menschen durch russische Raketen.

J. Eberl, WDR, D. Zajonz, WDR, tagesschau 14:00 Uhr

Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben mit schweren Artillerie-, Luft- und Raketenangriffen dem ukrainischen Militär hohe Verluste zugefügt. Die jüngsten Luftschläge hätten die Ukrainer bis zu 1000 Soldaten und mehr als 100 Militärfahrzeuge und Waffensysteme gekostet, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Unabhängig ließen sich diese Angaben nicht überprüfen.

Unter anderem seien in Tschassiw Jar im ostukrainischen Gebiet Donezk 43 Soldaten getötet und 170 verletzt worden, sagte Konaschenkow. Die Ukraine hatte am Samstag einen Luftschlag auf ein Wohnhaus in der Kleinstadt gemeldet. Inzwischen sind nach ukrainischen Angaben 48 tote Zivilisten aus den Trümmern geborgen worden.

Der russische Armeesprecher berichtete zudem vom erneuten Einsatz der seegestützten Kalibr-Raketen. Die Lenkwaffen mit mehreren Hundert Kilometern Reichweite seien auf eine Fabrik für Hochspannungsanlagen in Saporischschja abgefeuert worden und hätten mehrere dort in den Hangars stehende Raketenwerfer vernichtet.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der mögliche Kompromiss zu Getreidelieferungen aus der Ukraine macht Hilfsorganisationen Hoffnung. "Es ist ermutigend, dass die Verhandlungen substanzielle Fortschritte machen, denn es hängt so viel davon ab", sagte der Direktor des UN-Welternährungsprogramms in Deutschland, Martin Frick, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wenn Seewege versperrt blieben, sei dies angesichts der Hungerzahlen weltweit besorgniserregend. Über Flüsse und Schienen habe man im Juni 2,5 Millionen Tonnen Getreide aus dem Land bringen können. "Das ist ein bemerkenswerter Erfolg, aber dennoch nur die Hälfte dessen, was die Ukraine in Friedenszeiten monatlich exportiert."

Nach einem Treffen von Vertretern der Ukraine und Russlands in der Türkei hatte es nach Angaben der UN und der Türkei zuvor Fortschritte in den Verhandlungen über die Nutzung der ukrainischen Schwarzmeer-Häfen gegeben. Über diese läuft ein Großteil des ukrainischen Getreide-Exports.

Außenministerin Annalena Baerbock begrüßt die Vorbereitung eines EU-Aktionsplans für den Fall eines Gas-Notstands in Europa. Es sei "sehr, sehr wichtig und richtig, dass die EU-Kommission hier Vorschläge macht für unterschiedliche Szenarien", sagte die Grünen-Politikerin. "In Zeiten, wo die Unsicherheit größer ist als zu normalen friedlichen Zeiten, muss man vorbereitet sein." Gerade diejenigen Bürger, die nur sehr wenig haben, müssten unterstützt werden.

Die EU-Kommission will am kommenden Mittwoch einen Notfallplan vorlegen. In einem Entwurf wird erwogen, öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude ab Herbst nur noch bis maximal 19 Grad zu beheizen.

Die deutschen Gasspeicher haben sich nach der Sperrung der Pipeline Nord Stream 1 am Montag nicht weiter gefüllt. Von Montag auf Dienstag sank der Speicherstand erstmals seit April wieder leicht, wie aus Daten der europäischen Speicherbetreiber und der Bundesnetzagentur hervorgeht. Die Speicher sind im Schnitt jetzt zu rund 64,5 Prozent gefüllt. Im Sommer sollen sie eigentlich für den Winter mit Gas gefüllt werden, bis sie im Winter zu 90 Prozent voll sind.

Das russische Außenministerium stellt eine Wiederaufnahme der Gasversorgung über die Pipeline Nord Stream 1 in Aussicht. Dies hänge zum einen von der Nachfrage in Europa ab, zum anderen aber auch von "einseitigen" Sanktionen, sagt Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa.

Die derzeitige Wartung der Pipeline sei mit den Kunden abgesprochen. Die Arbeiten sollen bis zum 21. Juli abgeschlossen sein. Die Bundesregierung fürchtet, dass Russland die Lieferungen danach nicht wieder aufnehmen könnte, was die Gasversorgung massiv beeinträchtigen würde.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist besorgt über die mutmaßliche Misshandlung zehntausender Ukrainer in russischen Einrichtungen in der selbsternannten Volksrepublik Donezk. Die dortigen sogenannten Filterzentren seien eine "alarmierende" Entwicklung, heißt es in einem OSZE-Bericht, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Demnach werden Zivilisten zu zehntausenden in solche Zentren gebracht, um herauszubekommen, ob sie mit den ukrainischen Behörden kooperieren.

Laut OSZE-Bericht müssen etwa Ukrainer, die aus von Russland besetzten Städten wie Mariupol in die sogenannte Volksrepublik Donezk gebracht werden, ein solches Zentrum durchlaufen. Bei ihnen werden Fingerabdrücke genommen, Personendaten erfasst und Ausweispapiere kopiert. Auf diese Weise solle offenbar festgestellt werden, ob sie auf Seiten der ukrainischen Armee gekämpft oder andere Verbindung zur ukrainischen Regierung haben.

Bei einem russischen Raketenangriff sind im Zentrum der westukrainischen Großstadt Winnyzja Behördenangaben zufolge mindestens zwölf Menschen, darunter ein Kind, getötet worden. Weitere 25 Menschen seien verletzt worden. Die ukrainische Polizei erklärte, drei Raketen hätten ein Bürogebäude getroffen und nahe gelegene Wohngebäude in der Stadt südwestlich der Hauptstadt Kiew beschädigt. Der Raketenangriff habe ein Feuer verursacht, das sich auf 50 Autos auf einem benachbarten Parkplatz ausgeweitet habe.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte umgehend: "Was ist das, wenn nicht ein offener terroristischer Akt?", schrieb er im Nachrichtendienst Telegram. Russland töte jeden Tag Zivilisten und greife mit Raketen zivile Objekte an, in denen sich keine Soldaten aufhielten. "Unmenschen. Mörderstaat. Terrorstaat", schrieb Selenskyj.

Russland betont seit dem Einmarsch in die Ukraine Ende Februar immer wieder, im Nachbarland nur militärische Ziele anzugreifen - auch wenn die vielen zivilen Opfer mittlerweile offensichtlich sind. Auch die südukrainische Hafenstadt Mykolajiw wurde in der Nacht erneut mit Raketen beschossen. Von den insgesamt neun Raketen seien etwa ein Hotel und mindestens eine Schule getroffen worden. Die Behörden sprachen von einem Verletzten. Im ostukrainischen Donezker Gebiet wurden derweil die Aufräumarbeiten in Tschassiw Jar beendet, wo am vergangenen Samstag ein Wohnhaus zerstört wurde. Seitdem wurden den Behörden zufolge insgesamt 48 Leichen geborgen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Für seine Einblicke in die ukrainische Gesellschaft erhält der Schriftsteller, Dichter und Musiker Serhij Zhadan den "Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken 2021". Die Jury würdigte ihn als großen Erzähler, der die Tradition der mitteleuropäischen Literatur fortführe und revolutioniere, wie der Senat in Bremen mitteilte. Wie er über das Überleben im Krieg von 2014 erzähle, das "steht einzigartig in der jüngeren europäischen Literatur".

Der Preis wird von der Stadt Bremen und der Heinrich-Böll-Stiftung vergeben, ist mit 10.000 Euro dotiert. Er wird an Menschen verliehen, die mit einer "mutigen Intervention" an die Öffentlichkeit gehen. Der Preis wird Zhadan am 2. Dezember im Bremer Rathaus überreicht. Der 47 Jahre alte Schriftsteller beschreibt laut Jury die ukrainische Welt nicht nur, er helfe, sie zu verstehen - "in all ihrem Chaos, ihrem Leid, ihrer Menschlichkeit".

Die ukrainische Armee hat eigenen Angaben zufolge erneut Ziele im von Russlands Truppen besetzten Gebiet Cherson im Süden des Landes beschossen. Dem Sprecher der Odessaer Militärverwaltung, Serhij Bratschuk, zufolge wurden in der Stadt Nowa Kachowka zwei Kommandopunkte und ein Landeplatz attackiert. Das Kommando Süd teilte in der Nacht mit, es seien 13 feindliche Soldaten getötet und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden. Das ließ sich zunächst nicht überprüfen.

Die in Nowa Kachowka eingesetzte prorussische Verwaltung sprach von insgesamt 30 ukrainischen Raketen, die abgefeuert worden seien. Ein Großteil sei jedoch abgefangen worden, hieß es weiter. Den russischen Angaben zufolge soll niemand getötet worden sein. Bereits in der Nacht zum Dienstag hatte die ukrainische Armee eine Gegenoffensive auf Nowa Kachowka begonnen. Auch mithilfe westlicher Waffen will die Ukraine Gebiete zurückerobern, die im Zuge des mittlerweile seit viereinhalb Monaten andauernden Krieges von russischen Soldaten besetzt wurden.

Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof, Karim Khan, hat eine "allumfassende Strategie" gefordert, um Kriegsverbrechen in der Ukraine zu ahnden. "Die einfache Wahrheit ist, dass, während wir sprechen, Kinder, Frauen und Männer, Alte und Junge, im Terror leben", sagte Khan bei der Eröffnung einer Ukraine-Konferenz in Den Haag. "Sie leiden in der Ukraine und in so vielen verschiedenen Teilen der Welt. Trauern um das, was sie gestern verloren haben, halten den Atem an über das, was sie heute verlieren könnten und was Morgen bringen kann. In Zeiten wie diesen kann das Recht kein Zuschauer sein."

Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra bekräftigte die Notwendigkeit einer gemeinsamen Strategie. Angesichts der Berichte über Vergewaltigungen, Morde und Folter sei Handeln geboten. EU-Kommissar Didier Reynders sprach von einer "Riesenaufgabe", für deren Bewältigung ein starkes Justizsystem in der Ukraine notwendig sei. Mehr als 30 Minister und Ankläger Europas sowie anderer westlicher Staaten beraten in Den Haag über gemeinsame Strategien, Kriegsverbrechen in der Ukraine strafrechtlich zu verfolgen.

Die Konferenz wurde von der EU-Kommission, dem niederländischen Außenministerium und dem Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs einberufen. Nach den ersten Berichten über mutmaßliche Kriegsverbrechen nach der russischen Invasion am 24. Februar hatte das Weltstrafgericht Ermittlungen eingeleitet und das bisher größte Team von Ermittlern ins Kriegsgebiet geschickt. Die Justiz in der Ukraine ermittelt nach eigenen Angaben zu mehr als 15.000 mutmaßlichen Fällen.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.

Die ukrainische Regierung hofft, dass Weizenlieferungen bald wieder möglich werden. ARD-Korrespondentin Isabel Shayani erklärt auf tagesschau24, welche Streitpunkte dafür noch geklärt werden müssen. Sie berichtet zudem, dass die russische Armee vor allem die Städte Kramatorsk und Slowjansk angreift. Aber auch Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine, werde immer wieder angegriffen.

"Immer wieder wird Charkiw angegriffen", Isabel Shayani, WDR, zzt. Kiew, über aktuelle Lage in Ukraine

tagesschau24 09:00 Uhr

Wegen der drohenden Gaslieferstopps durch Russland schlägt die EU-Kommission umfangreiche Energiesparmaßnahmen in ganz Europa vor. Nach dem Entwurf des Gas-Notfallplans der Brüsseler Behörde, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, sollen die Mitgliedstaaten im Winter eine reduzierte Heiztemperatur von 19 Grad in öffentlichen Gebäuden und in Geschäftsgebäuden anordnen können.

Für die Zeit von Oktober bis März schlägt die EU-Kommission zudem umfangreiche Gaseinspar-Kampagnen vor. Damit sollen Privathaushalte aufgerufen werden, "das Thermostat um ein Grad herunterzudrehen". "Jeder kann jetzt Gas sparen", heißt es in dem Entwurf. "Je höher die Reduzierung durch freiwillige Maßnahmen ist, desto geringer ist die Notwendigkeit obligatorischer Einschränkungen für die Industrie."

Russische Truppen greifen offenbar auch die Großstadt Kramatorsk im Donbass im Osten der Ukraine an. Raketen seien im Industriegebiet der Stadt eingeschlagen, schreibt Bürgermeister Olexandr Hontscharenko auf Facebook. In einigen Teilen der Stadt sei der Strom ausgefallen. Kramatorsk liegt in der Region Donzek, die zusammen mit der Region Luhansk den von Industrie geprägten Donbass bildet. Nach der erklärten Einnahme von Luhansk konzentriert Russland seine Offensive nun auf Donezk.

Die südukrainische Stadt Mykolaiw liegt nach Angaben von Bürgermeister Olexandr Senkewytsch weiter unter russischem Beschuss. Mehrere zivile Gebäude seien getroffen worden, schreibt er auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. Rettungskräfte und Helfer seien bereits vor Ort im Einsatz.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, fordert angesichts steigender Gaspreise ein weiteres Entlastungspaket. Wenn die Preise um das Fünf- bis Zehnfache stiegen, "können das untere, aber auch mittlere Einkommen nicht finanzieren", sagt Landsberg im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Dann brauchen wir ein Entlastungspaket des Bundes, die Signale gibt es ja auch aus der Bundesebene schon."

Auch die Stadtwerke brauchten einen Schutzschirm, betonte Landsberg: "Wenn die Stadtwerke zum fünf-, sechsfachen Preis Gas einkaufen müssen, können das aber an den Kunden nicht weitergeben, dann kommen sie in eine Schieflage, und das wäre verheerend." Sollten Stadtwerke in Konkurs gehen, dann scheitere die Versorgung auch ohne den Einfluss von Russland. Der Bund habe die Dramatik erkannt, und auch aus den Ländern höre er, dass sie teilweise insbesondere kleinere Stadtwerke stützen werden. Ein Weg sei auch, Kommunen die Möglichkeit zu geben, Zusatzeinlagen einzubringen, damit die Stadtwerke erhalten bleiben. "Sie sind unverzichtbar für die Versorgung."

14.07.2022 • 07:01 Uhr

Mariupol hofft auf Trinkwasser

In der von russischen Truppen besetzten südukrainischen Hafenstadt Mariupol soll noch in diesem Monat die Wasserversorgung wieder funktionieren. Das kündigt der von Russland eingesetzte Bürgermeister Konstantin Iwaschenko der Nachrichtenagentur Tass zufolge an. Die Behörden planten zudem, den Passagierhafen der Stadt wieder in Betrieb zu nehmen, der mit Rostow am Don und weiteren russischen Städten verbunden ist, sagt Iwaschenko. Seine Ernennung zum Bürgermeister wird von der Ukraine nicht anerkannt.

Im der ostukrainischen Region Donezk haben die von der russischen Armee unterstützten Separatisten Gebietsgewinne bei der Kleinstadt Soledar für sich reklamiert. Separatistenvertreter Witali Kisseljow sagte der staatlichen russischen Agentur Tass am Mittwoch, die russischen Truppen seien nach Soledar eingedrungen und hätten die ukrainische Armee zum Rückzug gezwungen. Er rechne mit einer Eroberung der Stadt innerhalb der nächsten zwei Tage.

Der Militärverwaltungschef der Kleinstadt, Serhij Hoschko, widersprach der Darstellung. "Es gab den Versuch der russischen Armee, nach Jakowliwka vorzudringen, den die ukrainischen Soldaten erfolgreich zurückgeschlagen haben", sagte er dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Drei Häuser seien in dem Ort nordöstlich von Soledar zerstört worden. Auch im nahe gelegenen Dorf Bachmutske, südöstlich von Soledar, seien vier Häuser zerstört worden. Das nördlich gelegene Rosdoliwka sei ebenfalls beschossen worden.

Der SPD-Unterbezirk Region Hannover verhandelt heute zum ersten Mal über einen möglichen Parteiausschluss von Altkanzler Gerhard Schröder. Aus der Partei waren 17 entsprechende Anträge eingegangen, die die formalen Kriterien erfüllen, wie der Geschäftsführer des SPD-Bezirks Hannover, Christoph Matterne, mitteilte.

Eine Entscheidung der Schiedskommission wird heute allerdings noch nicht erwartet, ein Parteiausschluss wird innerhalb der SPD zudem aus juristischen Gründen als unwahrscheinlich eingeschätzt. Die Verhandlung im Kurt-Schumacher-Haus findet parteiöffentlich statt und dürfte mehrere Stunden dauern. Schröder selbst will Berichten zufolge nicht persönlich erscheinen.

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat vor einer Verdreifachung der Gaspreise für Verbraucherinnen und Verbraucher oder einem sogar noch stärkeren Preisanstieg gewarnt. "Bei denen, die jetzt ihre Heizkostenabrechnung bekommen, verdoppeln sich die Abschläge bereits - und da sind die Folgen des Ukraine-Krieges noch gar nicht berücksichtigt", sagte Müller den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. 

"Ab 2023 müssen sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, mindestens." Es sei "absolut realistisch", dass Kunden, die derzeit 1500 Euro im Jahr für Gas bezahlen, künftig mit 4500 Euro und mehr zur Kasse geben werden, sagte Müller weiter. "An den Börsen haben sich die Preise zum Teil versiebenfacht. Das kommt nicht alles sofort und nicht in vollem Umfang bei den Verbrauchern an, aber irgendwann muss es bezahlt werden."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht gute Chancen, dass die blockierten Getreideexporte bald freigegeben werden. "Die ukrainische Delegation hat mir mitgeteilt, dass es einige Fortschritte gibt", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache. Er bezog sich dabei auf die Verhandlungen in der Türkei über die Aufhebung der russischen Seeblockade ukrainischer Häfen. Gelinge es, die russische Bedrohung der Schifffahrt im Schwarzen Meer zu beseitigen, werde die globale Lebensmittelkrise an Schärfe verlieren, versicherte Selenskyj.

Der ukrainische Präsident ging zudem in seiner Videoansprache auf seinen heute geplanten Auftritt bei einem Forum in Den Haag zur Strafverfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine ein. "Wir müssen unsere Bemühungen so koordinieren, dass alle Schuldigen ihre gerechte Strafe erhalten", sagte Selenskyj. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wurden zahlreiche Kriegsverbrechen auch gegen die Zivilbevölkerung registriert. Selenskyj zeigte sich davon überzeugt, dass die Täter vor ein internationales Gericht gestellt werden.

Nordkorea hat die selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine anerkannt. Die in Moskau ansässigen diplomatischen Vertretungen der beiden pro-russischen Separatisten-Gebiete veröffentlichten Fotos im Onlinedienst Telegram, auf denen ein entsprechende Schreiben des nordkoreanischen Botschafters zu sehen sein soll.

Die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA bestätigte die Anerkennung etwa später. Demnach erklärte Pjöngjang in den Briefen, die "Unabhängigkeit" der beiden "Volksrepubliken" anzuerkennen und "zwischenstaatliche Beziehungen mit diesen Ländern im Geiste der Unabhängigkeit, des Friedens und der Freundschaft" entwickeln zu wollen.