Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne.

Lexikon zur Bundestagswahl S - Von Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren bis Stimmzettel

Stand: 12.08.2021 12:20 Uhr

Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren

Beim Divisorverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers ergibt sich die Sitzverteilung, indem die Zweitstimmen der Parteien durch eine bestimmte Zahl geteilt werden: den Divisor. Die Ergebnisse werden dann gerundet und ergeben die Mandate für jede Partei. Damit bei dieser Rechnung immer genau die Zahl der zu vergebenden Sitze herauskommt, muss der passende Divisor bei jeder Wahl neu ermittelt werden.

Das Verfahren fußt im Prinzip auf dem gleichen Grundgedanken wie das Verfahren nach d'Hondt (vgl. d'Hondtsches Wahlverfahren), weist aber im Vergleich einige Vorteile auf. So treten beim Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren keine Verteilungsverzerrungen zugunsten großer Parteien auf.

Seit den 1980er-Jahren wird das Verfahren auf Vorschlag des Physikers und Bundestagsverwaltungsmitarbeiters Hans Schepers im Deutschen Bundestag eingesetzt, um die Sitzverteilung in den Ausschüssen auf die verschiedenen Fraktionen zu berechnen. Seit der Bundestagswahl 2009 wird das Verfahren auch bei der Berechnung der Sitzverteilung im Bundestag angewendet (vgl. Sitzverteilung im Parlament).

Rechenbeispiel für das Divisorverfahren
Zweitstimmen Divisor Rechnung Sitzzahl
Partei A 22.000.000 80.289 22.000.000 : 80.289=274,01 274
Partei B 16.500.000 80.289 16.500.000 : 80.289=205,51 206
Partei C 9.500.000 80.289 9.500.000 : 80.289=118,32 118
GESAMT 48.000.000 598

Selfie

Film- und Fotoaufnahmen in der Wahlkabine sind verboten, um das Wahlgeheimnis zu schützen. Wenn eine Wählerin oder ein Wähler trotzdem mit dem Handy ein Selfie von sich mit dem ausgefüllten Stimmzettel macht, müssen die Wahlvorstände die Annahme des Stimmzettels verweigern.

Sitzverteilung im Parlament

Das Ergebnis der Bundestagswahl wird mit Hilfe des Verfahrens nach Sainte-Laguë/Schepers (vgl. Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren) in eine Sitzverteilung umgerechnet. Nach dem Grundsatz der Verhältniswahl wird dabei die Abgeordnetenzahl proportional zwischen den Parteien aufgeteilt, die die Fünf-Prozent-Hürde (vgl. Fünf-Prozent-Hürde) übersprungen haben. Wie viele Mandate eine Partei gewinnt, richtet sich nach ihrem bundesweiten Zweitstimmenanteil. Von der errechneten Sitzzahl einer Partei werden ihre gewonnenen Direktmandate (vgl. Direktmandat) abgezogen. Die restlichen Mandate werden dann über ihre Landeslisten vergeben. Wer in einem Wahlkreis ein Direktmandat gewinnt, zieht auf jeden Fall in den Bundestag ein - unabhängig davon, ob auch seine Partei den Einzug ins Parlament schafft.

Sperrklausel

Vgl. Fünf-Prozent-Klausel

Stimmenkombination / Stimmensplitting

Der Wähler kann Erst- und Zweitstimme völlig unabhängig voneinander abgegeben. Es ist nicht nur zulässig, sondern seit den 1980er-Jahren auch verbreitet, die Erststimme dem Bewerber einer Partei und die Zweitstimme der Landesliste einer anderen Partei zu geben. Von dieser Möglichkeit der Stimmenkombination bzw. des Stimmensplittings machte bei der Bundestagswahl 2017 mehr als jeder vierte Wählende Gebrauch. Viele bringen damit ihre Präferenz für eine bestimmte Koalition zum Ausdruck. Sie nutzen dabei aber auch Möglichkeiten des Wahlrechts, um der von ihnen bevorzugten Koalition Vorteile zu verschaffen. Dieses taktische Wählen kann dazu führen, dass Anhänger einer großen Partei ihre Erststimme dem Direktkandidaten dieser Partei geben, ihre Zweitstimme aber einem möglichen kleineren Koalitionspartner, um dessen Einzug ins Parlament sicherzustellen. Die Möglichkeit, durch Stimmensplitting einer Partei der präferierten Koalition zu einem möglichen Überhangmandat (vgl. Überhangmandat) und damit zu einer größeren Mehrheit zu verhelfen, ist durch die Einführung der Ausgleichsmandate (vgl. Ausgleichsmandat) weitgehend bedeutungslos geworden.

Stimmzettel

In jedem der 299 Wahlkreise (vgl. Wahlkreis) sieht der Stimmzettel anders aus. Er enthält aber überall eine Spalte für die Erststimme (vgl. Erststimme) und eine weitere Spalte für die Zweitstimme (vgl. Zweitstimme). In der Spalte für die Erststimme sind die Namen der Bewerber für das Direktmandat aufgelistet (einschließlich ihrer Parteizugehörigkeit). Bei der Zweitstimme sind die Bezeichnungen der Parteien und die Namen der ersten fünf Kandidaten auf deren Landeslisten aufgeführt. Die Reihenfolge der Parteien auf den Stimmzetteln richtet sich dabei nach deren Abschneiden bei der vorigen Bundestagswahl im jeweiligen Bundesland (vgl. Reihenfolge der Parteien auf den Stimmzetteln).

Hier geht es weiter: T - Von Terminplan bis Tod eines Kandidaten