
Bekannt durch Urteil wegen Missbrauchs Australischer Kardinal Pell gestorben
Der australische Kardinal Pell war zeitweise die Nummer drei im Vatikan. Dann wurde er wegen Missbrauchs schuldig gesprochen, nach mehr als einem Jahr in Haft hob ein Gericht das Urteil wieder auf. Nun ist Pell mit 81 Jahren gestorben.
Der australische Kardinal George Pell ist im Alter von 81 Jahren in Rom gestorben. Das teilte der Erzbischof von Sydney, Anthony Fisher, mit. Auf Facebook schrieb er, die Nachricht des Todes von Pell "ist für uns alle ein großer Schock". Er bat um Gebete für den Verstorbenen. Medienberichten unter Berufung auf Pells Privatsekretär zufolge starb der Kardinal in der italienischen Hauptstadt nach einer Routineoperation.
Pell war als Finanzchef unter Papst Franziskus jahrelang die Nummer drei im Vatikan und der ranghöchste Geistliche in der Geschichte der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurde.
Erst verurteilt, dann freigesprochen
Im Dezember 2018 war der frühere Kurienkardinal von einem Gericht in Melbourne zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, weil er 1996 nach einer Messe in der Sakristei der Kathedrale von Melbourne zwei Chorknaben missbraucht haben sollte. Wegen ungenügender Beweislage - es gab nur einen Belastungszeugen und eine wenig wahrscheinliche Tatkonstellation - wurde das Urteil aufgehoben.
Nach rund 13 Monaten Haft konnte Pell das Gefängnis wieder verlassen. Damals teilte er mit: "Ich habe stets meine Unschuld beteuert, während ich großes Unrecht erlitt. Das ist heute aufgehoben worden durch die einstimmige Entscheidung des Obersten Gerichtes. Ich hege keinen Groll gegen meinen Ankläger, ich möchte nicht, dass mein Freispruch die Verletzungen und die Bitterkeit verstärkt, die so viele empfinden; Verletzungen und Bitterkeit gibt es schon genug."
Im Bericht der Royal Commission in Australien vom Mai 2020 kommt Pell dennoch nicht ganz unbescholten davon: Als Bischofsvikar in Ballarat soll er Anfang der 1970er-Jahre wie andere gewusst haben, dass ein notorischer Missbrauchstäter wiederholt versetzt statt angezeigt wurde.
Pell nahm an Beerdigung von Benedikt XVI. teil
Obwohl es viele Jahre vor dem Gerichtsverfahren bereits Missbrauchsvorwürfe gegen ihn gab, machte Pell Karriere in der Kirche. 2014 wurde er von Franziskus zum Präfekten des Wirtschaftssekretariats ernannt, um die Finanzen des Vatikans zu sanieren. So geriet Pell, der im Vatikan zu den Konservativen gezählt wurde, in Konflikt mit alten Strukturen und Gewohnheiten anderer Verantwortlicher.
Noch in der vergangenen Woche saß Pell ganz nah am Sarg des gestorbenen Papstes Benedikt XVI. Der amtierende Papst nannte ihn nach der Feier "einen Großen" - es war seine förmliche Rehabilitation.
Seit der Aufhebung des Urteils verbrachte Pell eine Jahreshälfte in Rom, die andere in Australien. Nach seinem Tod sind derzeit noch 125 der 223 Kardinäle der Weltkirche unter 80 Jahre alt und damit zur Papstwahl stimmberechtigt.