Eine Person wird gegen Grippe geimpft.

Präsident der Bundesärztekammer Mehr Impfen gegen die Grippewelle

Stand: 03.09.2020 08:19 Uhr

Corona-Pandemie und Grippewelle: Ganz schön viel für das Gesundheitssystem. Ärztepräsident Reinhardt ruft deshalb mehr Bevölkerungsgruppen zu Impfungen gegen Influenza auf. Genug Impfstoff sei vorhanden.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat eine möglichst lückenlose Grippeimpfung des pädagogischen Personals in Deutschland gefordert. Die in den kalten Monaten zu erwartende Grippewelle dürfe nicht den Betrieb von Kitas und Schulen gefährden, sagte der Präsident der Bundesärztekammer den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Nicht nur die Kinder, sondern auch das Personal müsse deshalb "so umfänglich wie möglich" gegen Grippe geimpft werden, betonte Reinhardt. Nur so könne das gesamte Bildungssystem geschützt werden.

Impfung für Risikogruppen empfohlen

In der Corona-Pandemie wurde die Grippeimpfung bisher hauptsächlich Risikogruppen wie Senioren, chronisch Kranken und Schwangeren empfohlen: Einerseits, um Superinfektionen mit anderen gefährlichen Erregern zu vermeiden, andererseits, um die Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen Grippe möglichst gering halten.

Empfohlen wird eine Grippeimpfung außerdem für medizinisches Personal in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen und im Gesundheitswesen. Sollten sie alle eine Impfung haben wollen, wären das rund 40 Millionen Menschen.

Reicht der Impfstoff?

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hält die Mengen an Grippeimpfstoff zum Start der neuen Influenzasaison für ausreichend. Man könne derzeit keinen Mangel an Grippeimpfstoff für die Influenzasaison 2020/21 in Deutschland erkennen, sagte Klaus Cichutek, Präsident des PEI, der Nachrichtenagentur dpa. "Wir gehen davon aus, dass die Hersteller mindestens 21 Millionen Dosen bereitstellen werden."

13,6 Millionen Dosen seien nach Chargenprüfung bereits für Deutschland freigegeben. Für diese Jahreszeit sei das eine übliche Menge. Das Bundesgesundheitsministerium orderte nach eigenen Angaben weitere sechs Millionen Dosen, die vorrangig im November und Dezember geimpft werden sollen. In der vergangenen Saison hatten insgesamt 21 Millionen Dosen zur Verfügung gestanden.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hatte zuvor vor Lieferengpässen bei Grippeimpfungen gewarnt. "Wir brauchen unbedingt noch zusätzlichen Impfstoff", sagte Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

"Trainingsprogramm" für das Immunsystem

Auch Ärztepräsident Reinhardt rechnet aber nicht mit einer "bundesweiten Mangellage". Angesicht der erhöhten Impfbereitschaft in diesem Jahr könne es allerdings zu örtlichen Engpässen in einzelnen Praxen kommen.

Reinhardt sagte auch, es sei gut möglich, dass die Grippewelle in diesem Herbst und Winter harmloser verlaufe als in früheren Jahren: "Durch die Corona-Routine, also durch häufiges Händewaschen, Maskentragen und Abstandhalten, werden Infektionen insgesamt reduziert."

Eine Grippeimpfung könne zudem einen positiven Effekt auf das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus haben, erläuterte der Ärztepräsident. Die Grippeimpfung führe zwar nicht zu einer spezifischen Immunisierung gegen das Coronavirus, könne aber das Immunsystem derart stärken, dass eine Infektion mit dem neuartigen Erreger harmloser verlaufe. Jede Impfung sei "ein Trainingsprogramm für das Immunsystem", so Reinhardt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. September 2020 um 07:00 Uhr in den Nachrichten.