
IPCC-Bericht vorgestellt Weltklimarat stellt düstere Prognose
Stand: 25.09.2019 14:25 Uhr
Der Weltklimarat IPCC warnt in einem neuen Bericht vor einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels. Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht drastisch reduziert werde, drohten Küsten und Inseln unterzugehen.
Der Weltklimarat IPCC hat der Politik in seinem Report zur Eisschmelze und den Ozeanen ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. Durch den fortschreitenden Klimawandel veränderten sich die wasserhaltigen Ökosysteme immer stärker und bedrohten die Menschen, erklärte das Experten-Gremium der Vereinten Nationen in Monaco.
Weltklimarat stellt Bericht zu Ozeanen vor
tagesschau 14:00 Uhr, 25.09.2019, Sabine Rau, ARD Paris
"Für viele Menschen sehr weit weg"
Gletscher in Europa und anderen Regionen würden bis zum Jahr 2100 im schlimmsten Fall mehr als vier Fünftel ihrer Eismassen verlieren. Die Weltmeere absorbieren mehr als 90 Prozent der überschüssigen Hitze durch die CO2-Emissionen in der Luft sowie den Großteil des Kohlendioxids selbst. Die Ozeane erwärmen sich langsamer als die Luft, aber speichern diese Hitze länger und mit größeren Nebenwirkungen.
Der Meeresspiegel drohe um 60 bis 110 Zentimeter zu steigen, falls der Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase weiter stark zunehme. Dem Bericht zufolge steigt der Meeresspiegel derzeit um 3,66 Millimeter pro Jahr. Das ist 2,5 mal so schnell wir in den Jahren von 1900 bis 1990. Seit 1970 haben die Ozeane bereits einen bis drei Prozent des Sauerstoffs in den oberen Schichten verloren und werden zunehmend saurer.
"Die offene See, die Arktis, die Antarktis und das Hochgebirge dürften für viele Menschen sehr weit weg sein", betonte der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee. "Aber wir sind von ihnen abhängig."
Eine besondere Gefahr könne die beschleunigte Eisschmelze in der Antarktis werden, falls das Eis einmal dauerhaft instabil werde. Das könnte den Meeresspiegel innerhalb von Jahrhunderten um mehrere Meter steigen lassen. Es sei noch unklar, ob und wann dies beginne. Nur eine starke Reduzierung der Treibhausgase, der Schutz der Ökosysteme und der bedachte Umgang mit den natürlichen Ressourcen könnten vor der Gefahr schützen, sagen die Klimaforscher.
Küsten- und Inselregionen stark gefährdet
In manchen Regionen wie den Tropeninseln und Küsten sind viele Bewohner schon jetzt durch Überschwemmungen bedroht. In Küstenregionen bis zu zehn Metern Höhe wohnen laut IPCC 680 Millionen Menschen. Auf kleinen Inselstaaten sind es 65 Millionen. Vier Millionen Menschen leben dauerhaft in der Arktis, deren Eis und Permafrostböden in vielen Gebieten tauen. In Bergregionen werden durch das Schmelzen der Gletscher und das Auftauen dort bestehender Permafrostböden Lawinen, Steinschläge oder Bergrutsche begünstigt. Sind die Gletscher schließlich ganz verschwunden, ist die Trinkwasserversorgung gefährdet.
Die Ergebnisse basieren auf jahrelanger Klimaforschung. Rund 130 Forscher aus 36 Ländern haben 7000 wissenschaftliche Schriften zusammengefasst und bewertet. Über die Formulierungen dieses Berichts hatten Delegierte der 195 IPCC-Mitgliedstaaten in Monaco mehrere Tage lang bei der Konferenz des Weltklimarates debattiert und abgestimmt.
Politiker geloben Besserung bei Klimagipfel
Erst Anfang der Woche hatten mehr als 60 Länder in New York beim Klimagipfel zusätzliche Anstrengungen im Kampf gegen die zunehmende Erderwärmung versprochen. Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg hatte die Staats- und Regierungschefs zuvor in einer emotionalen Rede beschuldigt, zu wenig zu tun.
Deutschland hatte vergangenen Freitag mit dem Klimakabinett der Bundesregierung Eckpunkte für mehr Klimaschutz vorgelegt. Unter anderem enthält es einen Preis auf den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids, jedoch auf niedrigem Niveau.
Große Umweltverbände kritisierten die Ankündigungen als nicht ausreichend. "Es ist zum Weinen, dass diesem erneuten Paukenschlag der Wissenschaft wieder nur ein Flüstern der Politik vorangegangen ist", kritisiert Heike Vesper, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland. Deutschland werde mit seinem "Klimapäckchen" keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz und damit zum Schutz der Meere und Gletscher beitragen können. Der WWF fordert, dass den Erkenntnissen der Wissenschaft nun "schnell Meilensteine in Politik und Wirtschaft folgen".