Blick auf die Hauptstadt Ruandas

Britisches Abschiebegesetz Wie sicher ist Ruanda wirklich?

Stand: 23.04.2024 14:05 Uhr

Das britische Parlament hat das umstrittene Abschiebegesetz gebilligt. In wenigen Wochen sollen die ersten Flüge mit Geflüchteten nach Ruanda starten. Doch wie sicher ist das Land wirklich?

Ruanda ist kein sicherer Drittstaat, so sehen es viele Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen. Franziska Ulm-Düsterhoft, Afrika-Expertin von Amnesty International, schätzt die Menschenrechtslage in Ruanda als schwierig ein. "Ruanda ist in keinster Weise ein sicheres Land für die Durchführung von Asylverfahren", sagt Ulm-Düsterhoft.

Es gebe keine unabhängige Gerichtsbarkeit. Das betreffe auch Asylverfahren. "Alle Verfahren, die durchgeführt und entschieden werden, sind politisch motiviert", sagt die Mitarbeiterin von Amnesty International.

Kagame ist seit 24 Jahren an der Macht

Präsident Paul Kagame gilt als autokratischer Herrscher, der das Land mit harter Hand regiert. Bereits seit 24 Jahren ist er an der Macht. Ihm werden immer wieder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Oppositionspolitiker und Journalisten landen in Gefängnissen - zum Teil werden sie gefoltert. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch werden Regimekritiker auch im Ausland überwacht, eingeschüchtert, verschleppt und in manchen Fällen sogar getötet.

"Das Gesetz hebelt etwas aus, was de facto Realität ist", Anette Dittert, ARD London, über das sogenannte Ruanda-Gesetz zur Abschiebung in Großbritannien

tagesschau24, 23.04.2024 14:00 Uhr

Kritik am Abschiebegesetz

Als menschenrechtswidrig kritisiert die Flüchtlingshilfsorganisation "Pro Asyl" das Ruanda-Gesetz in Großbritannien. Die britische Regierung wolle es für Geflüchtete, die irregulär ins Land eingereist sind, unmöglich machen, in Großbritannien einen Asylantrag zu stellen. Egal, woher sie kommen, kritisiert die Organisation.

Diese Menschen sollen stattdessen nach Ruanda abgeschoben werden und dort Asyl beantragen. Um die Flüchtlingsboote über den Ärmelkanal zu stoppen, muss der Anreiz beseitigt werden, sagt der konservative britische Premierminister Rishi Sunak. Wer illegal nach Großbritannien käme, werde nicht bleiben können, betont Sunak.

Der ruandische Präsident Paul Kagame hatte im Vorfeld in einem Fernsehinterview gesagt, wenn Großbritannien ein Problem mit Menschenschmugglern habe, könne man darüber reden. Und wenn Ruanda mithelfen könne, dieses Problem zu lösen, dann sei man glücklich, das zu tun.

Ruanda gehört zu stabilsten Staaten Afrikas

Ruanda hat aber auch andere Seiten. Es gehört zu den stabilsten Staaten in Afrika. Das kleine ostafrikanische Land mit 13 Millionen Einwohnern gilt als sicherer und weniger korrupt als die meisten afrikanischen Länder. Ruanda ist wirtschaftlich erfolgreich, hat hohe Wachstumszahlen.

Präsident Kagame genießt - vor allem im Westen - großes Ansehen. Denn er war es, der mit seinen Truppen vor 30 Jahren den Völkermord in Ruanda beendete und danach das Land stabilisiert und modernisiert hat.

Ein Abkommen für die Abschiebungen gibt es bereits. Ruanda erklärt sich darin bereit, abgeschobene Geflüchtete aus Großbritannien zurückzunehmen. Die Briten zahlen im Gegenzug insgesamt umgerechnet mehrere hundert Millionen Euro. Die Abschiebeflüge nach Ruanda sollen in zehn bis zwölf Wochen beginnen.

Karin Bensch, ARD Nairobi, tagesschau, 23.04.2024 12:40 Uhr