Landesflagge Venezuela

Gespräche in Oslo Kein Durchbruch im Venezuela-Konflikt

Stand: 30.05.2019 02:50 Uhr

Die beiden verfeindeten Lager in Venezuela haben in Oslo an einem Tisch gesessen und sind bereit, an einer Lösung der Krise zu arbeiten. Doch Ergebnisse gibt es bisher nicht.

Von Anne-Katrin Mellmann, Mexiko City

Von Anne-Katrin Mellmann, ARD-Studio Mexiko-Stadt

Der Aufruf zur Rebellion von Oppositionsführer Juan Guaidó vor einem Monat verhallte zwar, öffnete aber die Tür zum Dialog mit der sozialistischen Regierung. Unter der Vermittlung Norwegens hatten in Oslo zunächst getrennte Gespräche mit den Konfliktpartnern stattgefunden. In dieser Woche gab es dann sogar schon erste direkte Verhandlungen.

Das Treffen der verfeindeten venezolanischen Lager hätte kaum weiter weg stattfinden können: In Oslo, fast 13 Flugstunden entfernt, haben die Kontrahenten von Opposition und Regierung unter Vermittlung norwegischer Diplomaten erstmals direkt miteinander verhandelt.

Gegenwind aus den eigenen Reihen

Der Abstand zur Heimat nützte Oppositionsführer Guaidó. Denn, dass sie überhaupt verhandeln, ist heikel für ihn. Viel Gegenwind bekommt er aus den eigenen Reihen, denn bislang hatte er sich geweigert, in direkte Gespräche einzusteigen, bevor seine Bedingungen dafür nicht erfüllt sind: Ende der unrechtmäßigen Machtaneignung, sprich Rücktritt von Nicolás Maduro, Übergangsregierung und freie, faire Wahlen. Deshalb umschifft er den Begriff Verhandlungen bei seinen öffentlichen Auftritten: "Norwegen will vermitteln und hat uns dazu eingeladen. Das bedeutet: Das ist keine Verhandlung und auch kein Dialog. Wir dürfen die Wortwahl des Regimes nicht benutzen."

Der selbst ernannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó auf einer Kundgebung in Caracas

Der selbst ernannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó auf einer Kundgebung in Caracas (Archiv).

Es ist, was es ist, meint dagegen der Politologe Nicmer Evans aus Caracas. Wenn sich zwei mit einer Agenda an einen Tisch setzten, werde verhandelt  - wenn auch unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen: "Guaidó behandelt die Optionen, die auf dem Tisch liegen und die er selbst eingebracht hat, sehr umsichtig. Maduro macht aus diesen Gesprächen eine Show: Die Delegation nach Norwegen wurde verabschiedet wie eine Sportdelegation auf dem Weg zu Olympischen Spielen. Guaidó dagegen ist übervorsichtig. Er informiert einfach darüber, dass beide Seiten in Norwegen sprechen und fertig. Er sagt klar, was sein Ziel ist. Maduro macht sich lustig, verhöhnt das Ganze und nutzt die Verhandlung, um zu zeigen, dass sie die Guten sind und die anderen die Bösen."

Wie bei vorherigen Dialogen spiele Maduro auf Zeit, so Evans, der die sozialistische Regierung politisch beriet, als Maduros Vorgänger Chávez noch Präsident war. Außerdem demonstrierte sie ihren felsenfesten Machtanspruch.

Aufhebung der Immunität eines Oppositionsabgeordneten

Mitten in die Gespräche in Norwegen platzte die Meldung, das regierungstreue Oberste Gerichte habe erneut die Immunität eines Oppositionsabgeordneten aufgehoben. Der Vizeparlamentspräsident sitzt schon seit Wochen im Geheimdienstgefängnis, mehrere Abgeordnete sind aus Angst in diplomatische Vertretungen geflohen. Der Vorwurf gegen alle: Sie hätten einen Putschversuch Guaidós unterstützt. Er hatte am 30. April zur Rebellion aufgerufen, war damit aber gescheitert. Beide politischen Lager haben dabei Federn gelassen: Guaidó, weil er erneut falsche Erwartungen weckte und Maduro, weil sich Risse in seinen Reihen zeigten. Sein Geheimdienstchef setzte sich ins Ausland ab und einige Soldaten quittierten den Dienst.

Wenig Hoffnung auf Lösung der Krise

Eine Lösung der Krise durch Verhandlungen scheint seitdem möglich geworden, ist für den Politologen Evans aber wenig wahrscheinlich: "Die Hoffnung stirbt zuletzt. Für das Wohl Venezuelas münden diese Verhandlungen hoffentlich in freie demokratische Wahlen. Aber obwohl das Land in einer schrecklichen Krise steckt, scheinen die politischen Akteure den Kontakt zur harten Realität verloren zu haben. Vor allem das Umfeld Maduros scheint immer noch überzeugt davon zu sein, dass sie sich noch lange an der Macht halten werden."

Ob die Gespräche in Norwegen nach einer ersten, ergebnislosen Runde fortgeführt werden, ist noch unbekannt. Immerhin hätten beide Seiten gezeigt, dass sie bereit seien eine Lösung zu finden, so die norwegische Regierung. Und immerhin haben Kontrahenten miteinander geredet, die sich gegenseitig nicht einmal anerkennen und seit Monaten nur die Entmachtung der jeweils anderen im Schilde führen.  

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Mai 2019 um 03:00 Uhr.