
Aussetzung der Sanktionen Trump gibt Atomabkommen letzte Chance
Stand: 13.01.2018 05:42 Uhr
Obwohl US-Präsident Trump das Iran-Atomabkommen für den "schlechtesten Deal aller Zeiten" hält, hält er vorerst daran fest und verzichtet auf Sanktionen. Dafür setzt er nun den Europäern die Pistole auf die Brust.
Von Martin Ganslmeier, ARD-Studio Washington
In einer schriftlichen Stellungnahme warnte US-Präsident Donald Trump, dies sei das letzte Mal, dass er auf die Wiedereinsetzung der Sanktionen verzichte. Den europäischen Verhandlungspartnern Großbritannien, Frankreich und Deutschland gab er eine Frist von 120 Tagen. In diesen vier Monaten hätten die Europäer Zeit, die "schrecklichen Mängel" im Abkommen zu beseitigen und den Iran davon zu überzeugen. Die Trump-Regierung selbst lehnt es ab, direkt mit dem Iran zu verhandeln.
Dass Trump den Atom-Deal nicht jetzt schon gekillt hat, sei zum einen den Europäern zu verdanken, kommentierte der Korrespondent der "New York Times", Mark Landler, im Sender PBS. Zum anderen hätten aber auch Verteidigungsminister James Mattis und Außenminister Rex Tillerson den Präsidenten davor gewarnt, das Abkommen ausgerechnet jetzt - kurz nach den Unruhen im Iran - zu kündigen: "Hätte man den Deal jetzt zerrissen, hätte die iranische Regierung die USA für alle Probleme verantwortlich machen und von der eigenen Korruption ablenken können. Es gibt also gute Gründe, noch ein wenig länger daran festzuhalten."
In seinem Statement betonte Trump jedoch auch, wenn er in den nächsten vier Monaten zu irgendeinem Zeitpunkt zum Urteil komme, die Europäer könnten keine Verbesserungen erreichen, dann werde er sich sofort aus dem Deal zurückziehen.
Eine schier unlösbare Aufgabe also für die Europäer, zumal es Trump nicht nur um kleine Nachbesserungen geht. Trump fordert, dass der Iran auch auf Raketentests verzichtet. Außerdem will er, dass sich der Iran verpflichtet, keine Terrorgruppen mehr zu unterstützen und die Region nicht destabilisiert.
"Sonnenuntergangsklausel" soll wegfallen
Schließlich die wichtigste Forderung Trumps, die auch von Israel und Saudi-Arabien unterstützt wird: der Wegfall der sogenannten "Sonnenuntergangsklausel" im Atom-Deal. Sie erlaubt es dem Iran, ab 2025 schrittweise das Nuklearprogramm wieder zu intensivieren, zum Beispiel mehr Uran anzureichern. Landler von der "New York Times" sagt dazu: "Das will der Präsident gestrichen haben, damit jede Aktivität, die dem Iran den Bau einer Atombombe ermöglicht, nicht nur für zehn oder 20 Jahre ausgeschlossen wird, sondern für immer."
Für die Europäer wäre es schon schwierig genug, den Iran von einem Verzicht auf Raketentests und Terrorfinanzierung zu überzeugen. Rein formal könnte dies jedoch in einer Zusatzvereinbarung geschehen, die das bisherige Atomabkommen nicht verändert. Doch den Iran dazu zu bringen, auch nach 2025 auf nukleare Aktivitäten zu verzichten, das wäre ein gravierender Eingriff in das jetzige Abkommen. Das lehnen auch China und Russland ab.
"Trumps Ausstieg wäre Todesstoß für den gesamten Deal"
Ein Verhandlungserfolg der Europäer mit dem Iran sei deshalb "höchst unwahrscheinlich", meint Korrespondent Landler. Wahrscheinlicher sei, dass die Trump-Regierung in den nächsten 120 Tagen die Sanktionen gegen iranische Ölexporte und gegen die iranische Zentralbank wieder einführt. Damit sei der Iran-Atomdeal dann tot, auch wenn die Europäer daran festhalten wollen: "Jedes europäische Unternehmen, das jetzt an Investitionen oder Handel im Iran denkt, wird dann davon Abstand nehmen. Und zwar aus Angst vor Sanktionen des US-Finanzministeriums. Deshalb wäre Trumps Ausstieg auch der Todesstoß für den gesamten Atom-Deal."
Die Europäer hoffen allerdings auch auf den US-Kongress. Denn dort gibt es einflussreiche Senatoren und wichtige Abgeordnete, die sich im Weißen Haus für die Rettung des Abkommens stark machen.
Trump gibt Iran-Deal letzte Chance
Martin Ganslmeier, ARD Washington
13.01.2018 06:20 Uhr