
Nordkorea Weniger Raketentests wegen Corona-Krise?
Nordkorea hat gestern den ersten offiziellen Corona-Fall gemeldet und später erneut Raketen getestet. Experten vermuten, dass das Regime wegen der Corona-Krise künftig weniger provozierend auftreten dürfte.
Mit dem Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 hat sich Nordkorea gänzlich von der Außenwelt abgeschottet. Einmal wurde bisher eine kleinere Stadt abgeriegelt, doch von Corona sprach niemand offiziell. Nun aber hat sich die Lage verändert, sagt Go Myong-Hyun vom Asan Institute für Politische Studien in Seoul.
Das Regime hat herausgefunden, dass Covid in Pjöngjang angekommen ist.
Nordkorea im Lockdown
Die Nachricht darüber, dass das Regime einen Lockdown in der Hauptstadt verhängt hat, breitete sich weltweit aus. Machthaber Kim Jong Un habe keine Wahl gehabt, als in die Offensive zu gehen, meint Go weiter.
In Nordkorea sollen bereits sechs Menschen an der Untervariante des Coronavirus gestorben sein. Informationen zu bekommen und zu verifizieren ist schwer, weil im Prinzip kein Ausländer mehr im Land ist, der über die aktuelle Situation informieren könnte.
Impfungen in Nordkorea schwierig
Zweifel hat der Nordkorea-Spezialist jedoch daran, dass das Regime jetzt zügig andere Länder um Hilfe bitten könnte. Und das, obwohl in dem kommunistischen Land niemand geimpft ist. Nordkorea hatte sowohl Impfstoffe der internationalen Covax-Initiative als auch aus China abgelehnt. Go meint, diese Entscheidung könne auch logistische Gründe haben:
Es dürfte schwer sein, in Nordkorea eine Massenimpfkampagne zu starten.
Dazu müsse man eine ausreichende Kühlung gewährleisten können, erklärt Go weiter. "Man bräuchte also eine sichere Stromversorgung und die ist längst nicht überall gewährleistet, wahrscheinlich sogar nur in Pjöngjang".
Das würde bedeuten, Nordkorea bräuchte nicht nur medizinische, sondern auch logistische Unterstützung, erläutert Go. Damit müssten viele Ausländer ins Land gelassen werden. Genau das aber fürchtet das Regime, denn dies könnte zu einem Kontrollverlust führen. Von der Skepsis gegenüber fremden Wirkstoffen mal abgesehen.
Lockdown führt zu Problemen
Doch ein kompletter Lockdown ist keine einfache Sache, wie man in Shanghai sehen kann. Die Menschen rasten aus, wenn sie nichts zu essen bekommen. Und mal schnell beim Lieferdienst bestellen - das dürfte in Nordkorea schwierig werden.
Ich denke, Nordkoreas Lockdown ist nicht so strikt wie der in China, also dass man total abgeschottet ist.
In Nordkorea werde sich der Lockdown auf einzelne Dörfer beschränken - und das bedeutet laut Go, dass man sich auch eher selbst versorgen könne. Die Menschen seien an harte Zeiten gewöhnt.
Zudem steigen die Temperaturen, das Virus könnte also weit weniger Schaden als in anderen Ländern anrichten, so der Experte vom Asian Institute.
Experte: "Nordkorea wird Provokation drosseln"
Dass Nordkorea zusätzlich zu der Omikron-Nachricht später noch drei Raketentests gemacht hat, hat den Wissenschaftler indes überrascht. Auf lange Sicht glaubt er dennoch: "Aus meiner Sicht wird Nordkorea das Tempo der Provokationen drosseln. Natürlich könnten sie auch einen Atombombentest durchführen, aber das würde China sehr missfallen."
Es sei gerade eine sehr wichtige und schwierige Zeit für Präsident Xi Jinping, der im Herbst wiedergewählt werden will. Als wichtigster Verbündeter des Nordens wolle der laut Fo "gern Ruhe an der Front". So könnte es also sein, dass Omikron in gewisser Weise auch sein Gutes hat:
Es wäre möglich, dass Nordkorea das Virus als Ausrede nutzt, um weitere Tests zu verschieben. Das könnte sogar einen Atombombentest auf Ende des Jahres oder Anfang 2023 verzögern.
Aber gleichzeitig räumt selbst Nordkorea-Experte Go freimütig ein: Beim Kim-Regime weiß man nie.