
Machtkampf in Venezuela USA greifen nach Maduros Finanzquellen
Stand: 25.01.2019 12:11 Uhr
Im Machtkampf in Venezuela haben die USA sich früh auf die Seite von Maduros Herausforderer Guaidó gestellt. Nun wollen sie ihm Einnahmen aus der Ölindustrie zuleiten. Die Bundesregierung erwägt Guaidós Anerkennung.
Die USA versuchen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro im Machtkampf mit Parlamentschef Juan Guaidó zu schwächen. "Wir konzentrieren uns heute darauf, das illegitime Maduro-Regime von seinen Einnahmequellen zu trennen", sagte der nationale Sicherheitsberater John Bolton im Weißen Haus. Die Einnahmen der Regierung, die größtenteils aus Venezuelas Ölreserven stammen, sollten an die "legitime Regierung" umgeleitet werden. Bolton räumte ein, dass der Prozess "sehr kompliziert" sei. Derzeit werde noch geprüft, wie er funktionieren könne.
Zuvor hatten die USA Guaidó, der sich am Mittwoch selbst ins Amt befördert hatte, als Präsidenten Venezuelas anerkannt.
Maduro hatte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen seines Landes zu den USA verkündet und dem diplomatischen Corps der USA 72 Stunden zum Verlassen des Landes gegeben. Die US-Regierung teilte mit, Maduros Verfügung sei nicht legal, weil die USA ihn nicht mehr als legitimen Präsidenten anerkennen.
Angesichts der Krise im Land ziehen die Vereinigten Staaten jedoch einen Teil ihrer Diplomaten aus dem Land ab. Das US-Außenministerium ordnete an, dass alle nicht dringend benötigten Mitarbeiter der US-Regierung Venezuela verlassen sollten. Die Botschaft in Caracas bleibe jedoch geöffnet, erklärte das Ministerium: "Wir haben keine Pläne, die Botschaft zu schließen." Die US-Regierung habe eingeschränkte Möglichkeiten, Notfall-Hilfe für US-Bürger in Venezuela zu leisten.
UN-Hochkommissarin ruft zum Dialog auf
Unterdessen bemühen sich Drittstaaten und die Vereinten Nationen um Vermittlung und Deeskalation. Mexiko und Uruguay hatten in einer gemeinsamen Erklärung zu Gesprächen aufgerufen, für die sich Maduro offen zeigte.
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, rief alle Seiten zum Dialog auf, um die Lage zu entspannen. Nach Angaben aus vertrauenswürdigen Quellen seien bei Protesten am Dienstag und Mittwoch bei Demonstrationen mindestens 20 Menschen umgekommen, die von Sicherheitskräften oder bewaffneten Anhängern der Regierung beschossen worden seien. Ihrem Büro seien zudem mehr als 350 Festnahmen gemeldet worden.
Die Beobachtungsstelle für soziale Konflikte geht von 26 Toten seit Montag aus. Zehntausende Menschen waren in den vergangenen Tagen bei der Großdemonstration gegen die sozialistische Regierung auf die Straßen gegangen. Dabei war es auch zu Zusammenstößen gekommen, die Polizei feuerte Tränengasgranaten und Gummigeschosse in die Menge. Bachelet verlangte eine unabhängige Prüfung, ob dabei übermäßige Gewalt angewendet wurde.
Guaidó: Amnestie für alle "auf der Seite der Verfassung"
In den vergangenen Jahren waren bereits mehrere Dialogversuche zwischen der Regierung und der Opposition in Venezuela gescheitert.
Maduros Kontrahent Guaidó brachte im Fernsehsender Univision eine Amnestie ins Spiel: Straffreiheit sei für jeden auf dem Tisch, der bereit sei, sich auf die Seite der Verfassung zu stellen und die verfassungsgemäße Ordnung wiederherzustellen.
Zudem sprach er sich für baldige Wahlen aus. "Wir tun, was getan werden muss, um eine Übergangsregierung und freie Wahlen zu bekommen", schrieb er auf Twitter. Was jetzt geschehe, sei der Anfang vom Ende für Maduro.
Deutschland erwägt Anerkennung Guaidós
Außer den USA und mehreren lateinamerikanischen Staaten hat sich bislang auch Deutschland auf Guaidós Seite gestellt. Die Bundesregierung forderte umgehende freie Wahlen in Venezuela. Sollte es dazu nicht kommen, sollte Guaido als Interims-Präsident des lateinamerikanischen Landes anerkannt werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der amtierende Staatspräsident Nicolas Maduro sei nicht der legitime Anführer des Landes, denn er beanspruche das Amt aufgrund von Wahlen, die keinen demokratischen Standards entsprochen hätten.
Maduro weiß hingegen das venezolanische Militär hinter sich. Verteidigungsminister Vladimir Padrino hatte bereits gewarnt, ein Bürgerkrieg werde die Probleme Venezuelas nicht lösen.
Maduro spottet über seinen Widersacher
In einer Rede vor dem Obersten Gerichtshof Venezuelas gab Maduro sich kämpferisch und spottete über Guaidó: "Kann er Minister ernennen? Luftminister? Phantomminister? Wird er Kommandeure der Militäreinheiten ernennen? Werden die Streitkräfte auf sein Kommando hören? Niemals."
Neben Kuba, Bolivien, Nicaragua, dem Iran und der Türkei hat auch Russland seine Unterstützung für Maduro erklärt. Über finanzielle oder militärische Hilfe für den Staatschef habe der russische Präsident Wladimir Putin aber noch nicht gesprochen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Putin hatte "zerstörerische Eingriffe von außen" kritisiert, die gegen grundlegende Normen des Völkerrechts verstießen.
Ohne oder gegen die Armee dürfte ein Machtwechsel in Venezuela sehr schwierig werden, auch wenn die öffentliche Meinung in dem Land mittlerweile mehrheitlich auf der Seite der Opposition ist. Guaidó kann derzeit keinen Einfluss auf die Verwaltung des Landes ausüben und somit auch etwaige ausländische Unterstützung nicht steuern.
Bundesregierung fordert mit Nachdruck rasche Neuwahlen in Venezuela
Daniel Pokraka, ARD Berlin
25.01.2019 13:25 Uhr
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