
Kamtschatka Tiersterben im Naturparadies
Die Halbinsel Kamtschatka ist bekannt für ihre raue Schönheit. Die geringe Bebauung erlaubt es der Natur, sich halbwegs ungestört auszubreiten. Doch die erlebt zurzeit ein rätselhaftes Tiersterben.
Sie ist eines der letzten Naturparadiese unserer Erde - die russische Halbinsel Kamtschatka im Nordpazifik. Eine Landschaft bestehend aus unzähligen Geysiren, schneebedeckten Vulkanen. Dünn besiedelt - kaum Industrie. Schiffsbau und Fischfang kommen hier im fernen Osten Russlands besondere Bedeutung zu.
Und das UNESCO -Weltnaturerbe Kamtschatka zieht immer mehr Touristen an, die zum Beispiel auch einmal beobachten wollen, wie Bären an kristallklaren Flüssen nach Lachsen fischen.
Das Wasser hat die Farbe geändert
Andere kommen hier hin, um an den Ufern der Halbinsel auf den kalten Wellen des Ozeans zu surfen. Die Surfer waren auch die ersten, die bemerkten, dass hier etwas nicht stimmt: "Ich hatte schneidende Schmerzen und Schlieren an den Augen, nachdem ich aus dem Wasser kam. Ich ging dann zum Arzt und er stellte bei mir eine Verätzung fest", erzählt eine Surferin.
Schon vor drei Wochen hatten die ersten Surfer vor Kamtschatka über Augenschmerzen, kurzfristigen Sehverlust, Erbrechen und Husten geklagt. Sie hatten auch beobachtet, dass das Wasser seine Farbe verändert hatte und merkwürdig schmeckte.
Vor einer Woche dann wurden massenhaft tote Tiere an Land gespült. Robben, Kraken und Fische - die Umweltschutzorganisation Greenpeace spricht von einer Ökologischen Katastrophe. In ersten Proben, die man entnommen habe, sei eine erhöhte Konzentration von Erdölprodukten und Phenol festgestellt worden.

Eine tote Robbe am Chalaktyrsky-Strand wird von einer Polizistin fotografiert.
Giftige Substanzen als Ursache?
Auch die russischen Behörden wollen der Sache jetzt auf den Grund gehen, nachdem sie noch am Wochenende ein Video von sauberen Stränden veröffentlicht hatten. Zunächst hatten sie spekuliert, ein Sturm sei möglicherweise die Ursache gewesen.
Der zuständige Gouverneur Wladimir Solodow hält es nicht mehr für ausgeschlossen, das giftige Substanzen ins Wasser gelangt sind: "Eine Version ist die einer technischen Verschmutzung, als Folge menschlicher Aktivitäten - also das Auslaufen irgendwelcher toxischer Stoffe. Auch eine andere Möglichkeit wird von den Wissenschaftlern untersucht, dass es eventuell mit natürlichen Erscheinungen wie zum Beispiel Algen zusammenhängen könnte. Es wird auch über seismische Aktivitäten und vulkanische Phänomene diskutiert. Aber wir haben bislang keine Grundlagen, jetzt über eine konkrete Version zu sprechen. Wir warten auf die erweiterten Ergebnisse von den Proben."

Ein von Greenpeace veröffentlichtes Foto zeigt das möglicherweise kontaminierte Wasser.
Proben von Kamtschatka werden untersucht
Zur Untersuchung wurden 250 Kilogramm Proben mit Wasser, Sand und Mikroorganismen nach Moskau gebracht. Wassilj Jablokow von Greenpeace Russland hofft, dass die Ergebnisse jetzt schnell veröffentlicht werden, denn es gebe dringenden Handlungsbedarf.
Er glaubt nicht daran, dass vulkanische Aktivitäten oder Algen für das Phänomen verantwortlich seien: "Es gab Zeugenberichte, wonach die Strände von toten Tieren bedeckt waren, die aussahen, als habe man sie gekocht. So etwas passiert nicht wegen einer Erdölverschmutzung. Hier ist offenbar ein chemischer Stoff vorhanden. Leider kann man momentan kaum irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen. Es müssen möglichst schnell Analysen gemacht werden, um zu verstehen, wie man damit weiter umgehen und die negative Wirkung neutralisieren kann."
Möglicherweise würden schon sehr bald die Ergebnisse der Untersuchung veröffentlicht, hieß es von Seiten der Behörden. In Russland kommt es immer wieder zu schweren Umweltverschmutzungen, oftmals in abgelegenen Regionen, weshalb die Schäden manchmal erst spät bemerkt werden.