Fünf Jahre Papst-Rücktritt Ruhestand im Dienst der Kirche
Es war ein historischer Paukenschlag: Vor fünf Jahren kündigte Benedikt XVI. seinen Rücktritt als Papst an - und eröffnete damit seiner Kirche neue Möglichkeiten.
Der 11. Februar 2013 war Rosenmontag - doch nach Karneval war im Vatikan niemandem zumute. Dabei hatte der Tag für die Kardinäle an der Kurie halbwegs normal begonnen: Papst Benedikt XVI. hatte sie zur Versammlung, zum so genannten Konsistorium, eingeladen, um ein paar Heiligsprechungen anzukündigen.
Doch dann wechselte er die Sprache und sagte in sehr förmlichem Latein, dass es da noch eine Sache gebe: Dass seine Kräfte nicht mehr ausreichten, um das Papstamt so auszuüben, wie es nötig sei, er folglich sein Amt am 28. Februar um 20.00 Uhr niederlegen werde und die Kardinäle dann seinen Nachfolger zu wählen hätten.
"Völlige Überraschung"
"Also man war schon so ein bisschen irritiert natürlich", erinnert sich der Schweizer Kardinal Kurt Koch. "Der Papst hat ja dann seine Erklärung lateinisch gesprochen. Meine Überlegung war dann einfach: Hoffentlich ist mein Latein so schlecht, dass ich das falsch verstanden habe. Es war eine völlige Überraschung." Er habe zwar immer damit gerechnet, dass, sollte ein Papst den Rücktritt erklären, es Papst Benedikt sein werde - "aber ganz sicher nicht zu diesem Zeitpunkt".
Koch, der an der römischen Kurie den Rat zur Förderung der Einheit der Christen leitet, also so eine Art Ökumene-Minister ist, war damals dabei. Und wie so viele im Konsistorium, wie auch viele Journalisten dauerte es bei ihm eine Weile, bis der Groschen fiel. Erst als Kardinaldekan Angelo Sodano das Wort ergriff, wurde allen klar: Papst Benedikt hatte seinen Rücktritt angekündigt!
Entscheidung nach schweren Monaten
Erst im Nachhinein sahen viele die Anzeichen, so auch Kardinal Walter Kasper, der Benedikt im Konklave 2005 noch mitgewählt hatte. "Ich weiß auch, dass er das lange mit sich herumgetragen, lange überlegt hat", sagt Kasper. "Ich habe dennoch von vornherein gesagt, dass es erstens eine mutige Entscheidung ist - und zweitens aber auch eine demütige Entscheidung." Es zeige menschliche Größe, in der Einsicht auf sein Amt zu verzichten in der Einsicht, nicht mehr in der Lage zu sein, dieses sehr stressige Amt auszuüben.
Seitdem wurde immer wieder über die Gründe für den Rücktritt spekuliert. Benedikt XVI. hatte schwere Monate hinter sich. Sein Kammerdiener hatte Dokumente gestohlen, an die Öffentlichkeit gebracht und damit den so genannten Vatileaks-Skandal ausgelöst. Die Skandale um die Vatikanbank IOR erschütterten die Katholische Kirche und an der Kurie machten Gerüchte von ominösen Seilschaften die Runde.
Natürlich habe Benedikt auch erfahren, dass er sich in diesem Zustand in vieler Hinsicht nicht mehr voll habe durchsetzen können, glaubt Kardinal Kasper. "Wenn man physisch nicht mehr die Kraft hat, hat man sie auch sozusagen moralisch nicht mehr. Das weiß jeder von uns, wenn man mal eine Grippe hat, dass man nicht mehr voll handlungsfähig ist."
Neue Option für künftige Päpste
Der Rücktritt von Benedikt XVI. habe eine Tür aufgestoßen, sagte sein Nachfolger Franziskus einmal. Und so könnte es sein, dass dieser Tag, an dem Geschichte geschrieben wurde, kein Einzelfall bleibt, glaubt auch Kardinal Koch.
"Er ist insofern sehr historisch, weil er gezeigt hat, was möglich ist", sagt Koch. Natürlich hat man gewusst, es hat mal einen Papst gegeben, der auch den Rücktritt erklärt hat, aber man ist eigentlich davon ausgegangen, ein Papst bleibt im Amt bis er stirbt."
Papst Benedikt habe nun einen neuen Schritt gezeigt, und damit werde es für künftige Päpste leichter sein, einen solchen Schritt auch zu vollziehen - "was aber nicht auch heißt, dass jetzt in logischer Konsequenz jeder Papst zurücktreten soll". Mit einem Rücktritt von Papst Franziskus ist deshalb auch so bald nicht zu rechnen, denn zwei emeritierte Päpste gleichzeitig mag sich an der römischen Kurie niemand vorstellen.
Zurückgezogen, aber nicht allein
Der Papst emeritus, Benedikt XVI. lebt seit 2013 in einem Kloster hinter den vatikanischen Mauern. "Auch wenn ich mich nun ins Gebet zurückziehe, bin ich Euch allen immer nahe, so wie ich mir sicher bin, dass Ihr mir nahe seid. Auch wenn ich für die Welt verborgen bin", kündigte er damals an.
Aber so ganz verborgen lebt Benedikt nicht, bestätigt auch Kardinal Koch. Es sei ein zurückgezogenes Leben im Kloster, Benedikt widme dem Gebet viel Zeit. "Er hat aber auch immer wieder Besuche und eine große Korrespondenz. Ich glaube der größte Teil seiner Arbeit, die er heute vollzieht, ist, dass er Briefe schreibt und viel liest." Man könne ihm keine größere Freude machen, als wenn man ihm ein neues Buch bringt.
Gutes Verhältnis zu Franziskus
Immer wieder hat Papst Franziskus ihn eingeladen, immer wieder sind beide gemeinsam öffentlich aufgetreten. Und hin und wieder äußert er sich auch. Gerade erst hat er der Zeitung Corriere della Sera einen kurzen Brief geschrieben über die Zeit, die ihm noch bleibt. "Ich bin auf der Pilgerreise nach Hause", heißt es da.
Am Rosenmontag 2013 jedenfalls hat Papst Benedikt den Weg frei gemacht. Auch für die überraschenden neuen Töne seines Nachfolgers. Darüber welchen Dienst Papst Benedikt XVI. seiner Kirche damit getan hat, wird die Geschichte urteilen.