
Trump-Impeachment Vom Hinterzimmer ins Live-TV
Stand: 31.10.2019 09:56 Uhr
Die US-Demokraten wollen heute ihre Impeachment-Untersuchungen gegen Präsident Trump formell absegnen lassen. Die bisher hinter verschlossenen Türen abgehaltenen Anhörungen sollen dann öffentlich stattfinden.
Von Martin Ganslmeier, ARD-Studio Washington
Seit sechs Wochen laufen die Voruntersuchungen im Repräsentantenhaus. Mehr als ein Dutzend Zeugen wurden bislang hinter verschlossenen Türen befragt. US-Präsident Trump und viele Republikaner lehnen diese Befragungen als unrechtmäßig ab, weil es zuvor keine offizielle Abstimmung im Repräsentantenhaus gab. "Es ist alles ein politischer Schwindel!", sagt Trump immer wieder, eine bloße Fortsetzung der "Hexenjagd" gegen ihn.
Mit der Abstimmung heute will die demokratische Mehrheitsfraktion diesen Vorwurf entkräften. Auch dürfen künftig die Anwälte des Präsidenten bei den Anhörungen dabei sein und Zeugen befragen. Und die Anhörungen sollen nicht mehr hinter verschlossenen Türen, sondern öffentlich stattfinden: Schon von kommender Woche an könnten sie live im Fernsehen übertragen werden.
Mehrere Zeugen bestätigen zentralen Vorwurf
Die Demokraten sind überzeugt, dass die Fakten in der sogenannten Ukraine-Affäre Trump schwer belasten. Mehrere Zeugen hätten den zentralen Vorwurf des anonymen Whistleblowers bestätigt: Trump habe seinen ukrainischen Amtskollegen Selenskyj unter Druck gesetzt, gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu ermitteln - wegen Hunter Bidens Beratertätigkeit für die ukrainische Energie-Firma Burisma.
Damit habe Trump nicht nur das Amt des Präsidenten für persönliche Wahlkampfzwecke missbraucht, sondern sich auch strafbar gemacht. Denn nach US-Recht ist es illegal, Wahlkampfhilfe aus dem Ausland zu nutzen oder zu erbitten. Trump beteuert nach wie vor, er habe die Zahlung von 400 Millionen Dollar US-Militärhilfe nicht von einer Gegenleistung Selenskyjs abhängig gemacht: "Es gab kein quid pro quo!", sagt Trump, "kein Dies für Das".
Zwei wichtige Kronzeugen
Doch dem widersprachen mehrere Zeugen im Geheimdienstausschuss. Allen voran die zwei bislang wichtigsten Kronzeugen: der amtierende US-Botschafter in Kiew, William Taylor, schilderte, wie sehr seine Arbeit in der Ukraine behindert wurde - durch eine Schatten-Außenpolitik von Trumps persönlichem Anwalt, Rudy Giuliani. Der frühere New Yorker Bürgermeister habe in der Ukraine eine Wahlkampf-Agenda für Trump verfolgt, mit dem Ziel, Schmutz gegen die Bidens zu finden.
Noch brisanter waren die Aussagen von Alexander Vindman, der für den Nationalen Sicherheitsrat im Weißen Haus tätig war. Anders als der anonyme Whistleblower, der seine Informationen aus zweiter Hand hatte, war Vindman einer der wenigen Ohrenzeugen, als Trump und Selenskyj am 25. Juli telefonierten. Vindman bestätigte, Trump habe Selenskyj unter Druck gesetzt, Ermittlungen gegen die Bidens einzuleiten. Außerdem - so Vindman - habe das Weiße Haus im Transkript des Telefonats einige Stellen weggelassen - zu Biden und zur Energie-Firma Burisma.
Eigener Stabschef belastet Trump
Ebenso schädlich für Trump waren Äußerungen seines Stabschefs im Weißen Haus, Mick Mulvaney, in einer hitzigen Pressekonferenz: "Stellt Euch nicht so an", sagte Mulvaney, "es gibt immer parteipolitische Motive in der Außenpolitik". Ja, Trump habe zeitweise die Militärhilfe für die Ukraine zurückgehalten, um bestimmte Ziele durchzusetzen. Na und? - Mulvaney musste seine Aussage später dementieren und gilt seitdem als nächster Rücktrittskandidat.
Auch Mulvaney könnte demnächst als Zeuge zwangsvorgeladen werden. Ebenso wie der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton. Nach Aussage anderer Zeugen soll sich Bolton sehr besorgt geäußert haben über "krumme Dinge", die Trump und sein Anwalt Giuliani in der Ukraine ausheckten. Bolton lehnte inzwischen eine freiwillige Befragung vor dem Repräsentantenhaus ab. Er werde nicht ohne eine Vorladung unter Strafandrohung aussagen, teilte sein Anwalt mit.
Anklage gilt als wahrscheinlich
Solche Aussagen in einer öffentlichen Anhörung live im Fernsehen - davon versprechen sich die Demokraten einen deutlicheren Meinungsumschwung in der Bevölkerung. Die gewonnenen Erkenntnisse soll der Justizausschuss zu einer Art Anklageschrift gegen den Präsidenten bündeln. Darüber soll dann das gesamte Repräsentantenhaus möglichst noch vor Weihnachten abstimmen. Weil die Demokraten dort die Mehrheit haben, gilt eine Anklageerhebung als wahrscheinlich.
Ob Trump aber tatsächlich des Amtes enthoben wird, muss anschließend der Senat entscheiden. Da hier die Republikaner in der Mehrheit sind, und eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, darf Trump wahrscheinlich im Weißen Haus bleiben. Zumal schon in einem Jahr die US-Bürger bei der Präsidentschaftswahl ihr Urteil abgeben können.
Impeachment: Eigener Stabschef belastet Trump
Martin Ganslmeier, ARD Washington
31.10.2019 06:07 Uhr
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