
G20-Gipfel in Osaka Viele Gespräche, wenig Gemeinsames
Stand: 28.06.2019 18:53 Uhr
Beim G20-Gipfel in Japan präsentieren sich die Politiker betont harmonisch - trotz großer Streitthemen. Doch ob die Gespräche im Séparée den Durchbruch bringen, ist mehr als unklar.
Von Malte Pieper, ARD-Studio Brüssel, zzt. Osaka
Die Sonne ist bereits untergegangen in Osaka, der zweitgrößten Stadt Japans, als sich die Staats- und Regierungschefs auf der Burg versammeln, die man sich eher als Überbleibsel aus einem Samurai-Film denn als Teil einer mitteleuropäischen Verteidigungsanlage vorstellen muss. Es wartet auf sie und ihre Partner das kulturelle Abendprogramm der japanischen Gastgeber.
"Nach den ganzen Reden sind sie bestimmt am Verhungern", lächelt Japans Premier Shinzo Abe seinen Kollegen zu. Geredet wurde tatsächlich jede Menge - anders als früher aber weniger die G20 alle miteinander, sondern einzeln im Séparée, in sogenannten bilateralen Gesprächen einzelner Staatschefs.
Schwierge Verhandlungen auf G20-Gipfel
tagesthemen 21:45 Uhr, 28.06.2019, Uwe Schwering, ARD Tokio
Trump und Putin in Eintracht
Das wohl überraschendste Beispiel dabei: US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin. Sie ließen keine Gelegenheit aus, durch zwischenmenschliche Gesten zu demonstrieren, wie gut sie sich verstehen. Man werde über mögliche Handelsprobleme und neue Abrüstungsinitiativen reden, gab Trump nach dem rund einstündigen Tête-à-Tête zu Protokoll. Das verwundert, standen doch zuletzt die Zeichen im amerikanisch-russischen Verhältnis eher auf Aufrüstung.
Ganz anders die deutsch-amerikanischen Gespräche: Während Trump Angela Merkel geradezu überschwänglich als großartige Frau und Freundin begrüße, würdigte die Kanzlerin den Amerikaner zunächst keines Blickes. Nach ihrem Gespräch sagte sie, sie habe versucht, vor allem im Verhältnis zum Iran entkrampfend zu wirken. Sie forderte einen Verhandlungsprozess, "aber das ist natürlich nach wie vor eine sehr angespannte Situation".
"Andere haben auch Befindlichkeit"
Wie man es aber auch dreht und wendet: Es ist wieder einmal Trump, der diesen Gipfel zu dominieren droht. Auf den sich alle Kameras richten, dessen Veto zu weitreichenden Erklärungen alle sofort weiter transportieren. Man dürfe sich bei diesen Treffen aber nicht täuschen lassen, mahnt etwa EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: "Es ist nicht so, dass G20 nur den Launen des amerikanischen Präsidenten ausgesetzt wäre. Andere haben auch Stimmungen und Befindlichkeiten."
Und so scheint wenig voranzugehen: bei internationalen Handelsabkommen, die will Trump am liebsten nicht, bei verstärkten Bemühungen zum Klimaschutz, die wollen weder Amerikaner noch Brasilianer und vielleicht nicht mal die Gastgeber aus Japan. Ob eine gemeinsame Abschlusserklärung am Ende auf dem Tisch liegt, ist offener denn je. Aber die lese eh keiner, meint Juncker. Der Ausgang ist also völlig offen.
Fragen nach Merkels Gesundheit
Bleibt noch der Blick auf die Gesundheit der Kanzlerin. Die zog ihr Programm ziemlich tough durch: kein Zittern, kein Schwächeln. Eher präsentierte sich Merkel so, wie sie die Journalisten kennen: immer einen trockenen Spruch auf den Lippen. "Das ist hier ja ein Anblick wie in der Schulklasse", sagte sie, als sie kurz vor Ende des ersten Gipfeltags zu einem Statement vor die Kameras geführt wurde.
Bereits in der Nacht deutscher Zeit geht es weiter. Das dann wohl wichtigste Treffen: Trump und sein chinesischer Kollege Xi Jinping. Wichtigster Gesprächspunkt: Weiten die USA und China ihren Handelskrieg noch aus - oder vereinbaren sie einen Burgfrieden?
Viele Gespräche, wenig Gemeinsamkeiten
Malte Pieper, ARD Brüssel
28.06.2019 17:45 Uhr
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