
Trump und die Corona-Krise Der zaudernde Kriegspräsident
Stand: 24.03.2020 07:24 Uhr
Martialische Rhetorik und Eigenlob - so inszeniert sich US-Präsident Trump auch in Zeiten von Corona. Kriegspräsident nennt er sich selbst. Doch viele werfen ihm vor, nicht so zu handeln.
Von Sebastian Hesse, ARD-Studio Washington
Seit sich Donald Trump im Klaren darüber ist, dass die Corona-Krise ihm die gewichtigsten Argumente für seine Wiederwahl genommen hat - den Börsenboom, die Wachstumsraten, das Jobwunder - ist er in eine neue Rolle geschlüpft: die eines Kriegspräsidenten.
Er selber verwendet diese Bezeichnung, sie ist Trumps Standard-Rhetorik geworden. Bislang hatte er aber davor zurückgescheut, auch wie ein Kriegspräsident zu handeln.
Corona-Epidemie breitet sich in den USA rasant aus
tagesschau24 15:00 Uhr, 24.03.2020, Claudia Buckenmeier, ARD Washington
Parteiübergreifende Kritik aus den Bundesstaaten
Können tut er: Zu Beginn der Krise hatte Trump eine Kriegs-Gesetzgebung aus dem Jahre 1950 reaktiviert, den "Defense Production Act" aus der Zeit des Koreakriegs. Gestern Abend hat der Präsident das Gesetz erstmals angewandt: "Ich habe unter dem 'Defense Production Act' ein Dekret gegen Hamsterkäufe unterzeichnet", so Trump. Das Horten von Arzneimitteln steht jetzt unter Strafe, um Wucherpreise für Desinfektionsmittel, Gesichtsmasken und andere lebenswichtige Produkte zu verhindern.
Den Gouverneuren der 50 Bundesstaaten geht das jedoch nicht weit genug. Sie kritisieren, dass Trump das Kriegsgesetz zu zögerlich anwendet. Es sieht nämlich ausdrücklich vor, dass die Regierung die Industrie verpflichten kann, kriegsentscheidende Güter herzustellen.
"Wir brauchen Beatmungsgeräte und Masken"
Im Krieg gegen das Virus zählen auch Beatmungsgeräte für Covid-19-Erkrankte dazu, die in allen Bundesstaaten akute Mangelware sind. Für Illinois klagt der dortige Gouverneur Jay Pritzker. “Wir brauchen Beatmungsgeräte und Masken und kriegen die nicht aus Washington”, sagt er. "Jetzt müssen wir uns gegenseitig auf dem freien Markt überbieten!"
Darüber klagen die Gouverneure über die Parteigrenzen hinweg mit einer Stimme. New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo fordert Trump auf, als Kriegspräsident zu handeln. Die Regierung in Washington müsse das Ermächtigungsgesetz nutzen, um Herstellerfirmen anzuweisen, die Produktionszahlen hochzufahren.
Für Trump heißt es nicht mehr "China-Virus"
Doch der Geschäftsmann Trump zögert offenbar, Unternehmen staatliche Anweisungen zu erteilen. Und er hat seine Rhetorik insgesamt gedrosselt, den Kampfbegriff "Chinesisches Virus" aus seinem Vokabular gestrichen. Asien-stämmige Amerikaner hätten sich wüste Beschimpfungen anhören müssen, sagt Trump.
Offenbar ist eingetreten, was Kritiker seiner "China-Virus"-Wortwahl befürchtet hatten: Dass Trumps Label Ressentiments gegen US-Bürger asiatischer Abstammung provoziert. Trump wäre aber nicht Trump, wenn er nicht postwendend einen neuen Kampfbegriff für das Virus hätte: the "invisible scourge" - die "unsichtbare Plage".
Trumps widersprüchliche Selbstinszenierung als Kriegspräsident
Sebastian Hesse, ARD Washington
24.03.2020 06:47 Uhr
Video
Aus dem Archiv
Top 5
Weitere Meldungen aus dem Archiv vom 24.03.2020 und vom 23.03.2020
- Alle Meldungen vom 24.03.2020 zeigen
- Alle Meldungen vom 23.03.2020 zeigen