
22 Jahre nach Schaf Dolly Chinesen klonen erstmals Affen
Stand: 24.01.2018 18:00 Uhr
22 Jahre nach Klonschaf Dolly haben chinesische Forscher nun erstmals Affen geklont. Zwei genetisch identische Makaken wurden geboren. Sie sollen bei Tierversuchen helfen.
Von Gábor Paál, SWR
Die Fotos zeigen zwei noch junge Langschwanzmakaken - auch Javaneraffen genannt. Die Forscher haben sie medienwirksam Zhong Zhong und Hua Hua genannt. Zhonghua heiße so viel wie "chinesische Nation". Die beiden Affen sind genetisch identisch - letztlich wie eineiige Zwillinge.
Zwar war schon 1999 ein Labor-Affe auf die Welt gekommen, der dieselben genetischen Informationen besaß wie ein Artgenosse. Das Klontier war jedoch aus der einfachen Teilung der befruchteten Eizelle im Labor hervorgegangen - kurz: es wurden damals künstliche Zwillinge gezeugt. Das jetzt angewandte Verfahren würde es dagegen erlauben, eines Tages Klone in Serie zu erschaffen. Die Forscher haben die Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Cell" publiziert.
Gleiche Methode wie bei Dolly
Es ist die gleiche Methode, mit der vor 22 Jahren schon das Klonschaf Dolly erzeugt wurde: Die Forscher entnahmen weiblichen Tieren Eizellen und entfernten daraus das Erbgut. Anschließend übertrugen sie in diese Eizellen das komplette Erbgut eines Spendertieres und setzten die Eizelle anschließend einer Leihmutter ein, die den Klon austrug.
Die Wissenschaftler um Qiang Sun mussten das Verfahren nur etwas verfeinern, denn mit der "Dolly-Methode" ließen sich zwar auch schon Kühe, Schweine und Hunde klonen - bisher jedoch keine Affen. Es gelang erst durch einen zusätzlichen Zwischenschritt. Konkret wurde die "Verpackung" der DNA vor dem Einsetzen noch einmal modifiziert.
Hoher Einsatz - niedrige Erfolgsquote
Der Aufwand war allerdings enorm und die Erfolgsquote unterm Strich niedrig. Denn insgesamt haben die chinesischen Wissenschaftler mehr als 300 Embryonen hergestellt. In die Eizellen haben sie dabei sowohl Erbgut aus rund 100 fötalen als auch aus 200 adulten Zellen eingesetzt. Das Klonen mit den adulten Zellen hat dabei nicht funktioniert.
42 Leihmuttertiere wurden schließlich benötigt. Am Ende kam es gerade mal zu sechs Schwangerschaften, die zu vier Geburten führten - von denen wiederum nur zwei Affen überlebten. Befürchtungen, dass nach den Affen bald Menschen geklont werden könnten, erscheinen vor dem Hintergrund dieser vielen Fehlversuche utopisch.
Ziel: Affen für Tierversuche
Das erklärte Ziel der Forscher ist es vielmehr, Tierexperimente an Affen aussagekräftiger zu machen - und so die Zahl der Versuchsaffen sogar zu reduzieren. "Javaneraffen sind die am häufigsten in Tierversuchen eingesetzte Affenart und kommen insbesondere bei der Sicherheits- und Wirksamkeitsprüfung von neu entwickelten Medikamenten zum Einsatz", erklärt der Direktor des Deutschen Primatenzentrums, Stefan Treue. Makaken werden immer wieder in Tierversuchen eingesetzt, da sie dem Menschen schon ähnlicher sind als andere Säugetiere - die ethischen Hürden sind jedoch niedriger als bei Menschenaffen.
Mit genetisch identischen Affen könnten sich Versuchsbedingungen standardisieren lassen, man würde weniger Versuchstiere benötigen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen.
Erstmals Affen geklont
tagesschau 20:00 Uhr, 24.01.2018, Thomas Hillebrandt, SWR
Deutsche Wissenschaftler bleiben kritisch
Deutsche Wissenschaftler bewerten den Versuch zwar als technischen Durchbruch, bewerten ihn aber auch kritisch - aus verschiedenen Gründen. Für Stefan Treue ist noch nicht klar, ob die geklonten Affen wirklich dauerhaft gesund bleiben. "Die zwei geklonten Affen sind noch sehr jung. Die Erfahrungen seit Dolly zeigen, dass das Klonen bei einigen Tierarten nicht ohne Folgeschäden bleibt." Das Schaf Dolly ist seinerzeit frühzeitig gealtert und jung gestorben. Andere Klontiere wurden übermäßig groß oder hatten Fehlbildungen.
In Europa ist die Forschung an Affen strenger geregelt als in China. Forschungen an Affen sind nur zulässig, wenn sich die Erkenntnisse nicht mit anderen Tierarten gewinnen lassen. Experimente an Affen finden deshalb meist in Zusammenhang mit Immun- oder Hirnerkrankungen statt - weil das Immunsystem und die Gehirne anderer Versuchstiere für viele Fragen sich von denen des Menschen zu stark unterscheiden.
Offene ethische Fragen
Der Theologe Peter Dabrock - er ist auch Vorsitzender des Deutschen Ethikrates - sieht das Klon-Experiment kritisch. Die Namensgebung der Affen spiele mit dem Nationalstolz. "Man wird, gerade wenn man die Versuche im Kontext weiterer chinesischer Aktivitäten zu Keimbahninterventionen betrachtet, den Verdacht nicht los, dass in China eine umfängliche Strategie gefahren wird, die genetischen Grundlagen menschlichen Lebens zu bearbeiten."
Dabrock fürchtet, dass die Versuche fundamentalen Tierversuchsgegnern in die Hände spielen. "Selbst wenn man Tierversuche an manchen Primaten, beispielsweise in der AIDS-Forschung, am Ende für unumgänglich hält, stellen sich massive ethische Rückfragen", sagte Dabrock. "Mussten diese Versuche tatsächlich schon an Javaneraffen durchgeführt werden? War die Methodenpräzisierung bei Nagern oder anderen Tieren schon so weit gediehen, dass auf Primaten zurückgegriffen werden musste?"
Ähnliche Befürchtungen hat auch Prof. Stefan Schlatt, Direktor des Centrums für Reproduktionsmedizin am Universitätsklinikum Münster. Er fürchtet, "dass eine kritische Diskussion über eine Anwendung beim Menschen sicherlich eher befeuert als beruhigt werde." Dabei zeige die Studie im Kern, dass bei Primaten die vollständige Reprogrammierung des Erbguts deutlich schwieriger ist als bei anderen Tierarten.