
Internationaler Vergleich Wie andere das Homeoffice regeln
Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt verändert. Nicht nur Deutschland setzt verstärkt auf Homeoffice. Wie regeln andere Staaten die Arbeit von zu Hause aus? Ein Überblick.
Italien: Homeoffice ist smart - und praktisch
Auch viele Italiener wurden im Frühjahr ins Homeoffice geschickt. Die meisten Unternehmen haben die Regelung bis Ende des Jahres verlängert. Die Angst vor überfüllten Büros ist groß, nachdem das Land mehr als 35.000 Corona-Tote zu verzeichnen hatte. Doch das ist noch nicht lange so: Bis vor Kurzem hinkte Italien in Sachen Heimarbeit hinterher.
"Smart Working" - so wird Homeoffice in Italien genannt. Und für manche Arbeitnehmer ist es auch smart, nicht mehr dauerpräsent sein zu müssen. Denn im Büro wartet in Italien derzeit Corona-Bürokratie: Die italienischen Behörden verlangen von allen Unternehmen tägliche Fiebertests und Unterschriften aller Mitarbeiter, die ins Büro kommen.
Im Lockdown während der ersten Corona-Welle mussten 90 Prozent der Angestellten zu Hause bleiben. Aktuell sind noch 34 Prozent der Arbeitnehmer in Italien im Homeoffice. Vor allem große Unternehmen und die öffentliche Verwaltung setzen auf das Heimarbeit. Mehr als jeder zweite Betrieb will laut jüngster Umfrage auch 2021 daran festhalten.
Vor Corona spielte das Thema in Italien kaum eine Rolle: Vor zwei Jahren haben nur rund dreieinhalb Prozent im Homeoffice gearbeitet. Damit lag Italien europaweit weit hinten. Wegen der Pandemie haben Firmen schnell provisorische Lösungen gefunden: So nutzen nach wie vor viele Angestellte tageweise im Wechsel die festen Arbeitsplätze im Büro.
Gewerkschaften beklagen eine Ungleichheit: Manche profitierten von der neuen Regelung stärker als andere. Tatsächlich arbeiten manche Gutverdienende in Rom, Mailand oder Turin von ihrem Ferienhaus am Meer aus.
Als Vorteil empfinden die Italiener laut Umfragen nicht mehr pendeln zu müssen und dadurch Geld zu sparen. Größter Nachteil: Die Erhöhung der tatsächlichen Arbeitszeit und der fehlende Kontakt mit den Kollegen.
Großbritannien: Verwaiste Geschäftszentren
In Großbritannien sind reine Banken- und Versicherungszentren wie die Londoner City und Canary Wharf seit Monaten mehr oder weniger verwaist. Gleich zu Beginn der Corona-Krise hatte die Regierung ihre Landsleute dazu aufgefordert: "Arbeitet von zu Hause aus, wenn es nur irgendwie geht!" Mitte Juni taten das einer offiziellen Statistik zufolge 38 Prozent aller Arbeitnehmer ausschließlich.
Später appellierte die Regierung an sie, doch wieder in die Büros zurückzukommen: nicht zuletzt, weil die ganze Wirtschaft um diese Zentren herum - Restaurants, Cafés, Pubs - vor der Pleite standen. Aber nach dem erneuten Anstieg der Infektionszahlen im ganzen Land heißt es nun wieder: Besser doch im Homeoffice bleiben. Derzeit folgt ein Viertel aller Arbeitnehmer diesem Rat und arbeitet ausschließlich von zu Hause aus, rund 60 Prozent zumindest teilweise.
Einer Studie zufolge wollen 90 Prozent derer, die in den vergangenen Monaten das Homeoffice genutzt haben, das auch zukünftig so handhaben. Eine gesetzliche Regelung dafür gibt es bislang nicht. Manche Firmen schaffen aber bereits Fakten und haben teure Büroflächen gekündigt, weil sie sich vom klassischen Büro verabschieden und Flächen nur noch in besonderen Fällen anmieten wollen, zum Beispiel für Veranstaltungen oder befristete Projektphasen.
Österreich: Keine klaren Regelungen
In Österreich ist die Nachfrage nach Homeoffice sehr groß, doch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen hinkt der Gesetzgeber hinterher. So hat die österreichische Bundesregierung Mitte September eine Arbeitsgruppe aus Arbeitsministerium, Gewerkschaften und Arbeitgebern einberufen, die im Frühjahr 2021 erste Ergebnisse vorlegen will.
Der Opposition im österreichischen Parlament geht das zu langsam. Es brauche dringend modernisierte Regelungen für Arbeit zu Hause, so die liberalen NEOS. Lösungen seien jetzt vonnöten, nicht erst im nächsten März. Bislang beruht die Möglichkeit in Österreich für Homeoffice auf Betriebsvereinbarungen und Dienstverträgen.
Eine einheitliche Definition etwa, an welchem Ort die Arbeit als Homeoffice gilt, gibt es nicht. Für die Arbeiterkammer, in der alle angestellten Beschäftigten vertreten sind, müssen die Punkte Arbeitnehmerschutz, Unfallversicherung, Datenschutz und andere Kernthemen in dem neuen Gesetz festgelegt werden.
Während des ersten Lock Downs in Österreich im Frühjahr dieses Jahres arbeiteten 40 Prozent der Arbeitnehmer im Homeoffice. Jetzt, bei erneut deutlich steigenden Infektionszahlen, werben Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vize-Kanzler Werner Kogler von den Grünen für mehr Homeoffice.
USA: Die Unternehmen entscheiden allein
In den USA hat die Politik beim Homeoffice nichts mitzureden. Die Unternehmen entscheiden ganz alleine, wie und wo ihre Angestellten arbeiten. Der Trend ist klar: Immer mehr Unternehmen bauen Büro-Arbeitsplätze ab, weil das nicht nur Kosten spart und die Umwelt schont, sondern vor allem für zufriedenere Mitarbeitende sorgt.
Unternehmen wie der Kurznachrichtendienst Twitter in San Francisco haben den Büroarbeitsplatz ganz abgeschafft. Wichtig ist nur: Die Arbeit muss gemacht werden - und das geht auch von zu Hause aus.
Bei Google, Facebook und Apple dürfen die Beschäftigten derzeit von zu Hause aus arbeiten. Doch spätestens Ende kommenden Jahres sollen sie wieder zurück im Büro sein.
Mittel- bis langfristig planen alle Unternehmen Hybridmodelle. Das heißt, in Zukunft verbringt man eventuell nur noch 50 Prozent seiner Arbeitszeit in der Firma und den Rest im Homeoffice. Im Silicon Valley ist eine Auswirkung schon deutlich zu sehen: Es gibt weniger Staus.