
Mobilfunkstandard 5G Lokales Roaming statt Flickenteppich
Stand: 07.03.2019 15:33 Uhr
Erst war es nur eine Empfehlung, nun wollen Union und SPD die Mobilfunkbetreiber zwingen, ihre noch zu bauenden 5G-Netze füreinander zu öffnen. So sollen Funklöcher vermieden werden.
Von Marcel Heberlein, ARD-Hauptstadtstudio
Die Regierungsfraktionen von Union und SPD wollen erreichen, dass der Staat Telekom-Unternehmen künftig dazu verpflichten kann, ihre Mobilfunknetze in bestimmten Regionen füreinander zu öffnen. Die stellvertretenden Fraktionschefs von Union und SPD fordern das in einem Brief an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und weitere Minister.^
Forderung nach Local-Roaming
tagesschau 17:00 Uhr, 23.11.2018, Martin Polansky, ARD Berlin
Keine Flächendeckung ohne lokales Roaming?
Sie schlagen in dem Schreiben, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, Alarm: Sie fürchten, dass die neuen Auflagen der Bundesnetzagentur bei der Vergabe von 5G-Lizenzen nicht ausreichen werden, um Funklöcher in Deutschland zu schließen. Die Fraktionsvizes erklären in ihrem Brief, das Netz werde zwar "virtuell" geschlossen. Der Kunde habe jedoch immer nur einen Vertrag mit einem Netzbetreiber, so dass es aus dessen Sich bei einem "Flickenteppich" bleibe.
Das Funkloch-Problem auf dem Land sollte eigentlich die Bundesnetzagentur lösen - beim Versteigern der schnellen neuen 5G-Lizenzen. Im finalen Entwurf zur Versteigerung wird den Unternehmen aber nur vorgeschrieben, dass sie über mehr Zusammenarbeit verhandeln müssen.
Eine Pflicht zum gegenseitigen Öffnen der Netze, dem sogenannten lokalen Roaming, gibt es jedoch nicht. Union und SPD wollen deshalb das Telekommunikationsgesetz dahingehend ändern, dass die Bundesnetzagentur entsprechend handeln kann.
Im Brief heißt es:
"In den Ausnahmefällen, wo keine freiwilligen Kooperationen zu erwarten sind, muss die Behörde die Möglichkeit haben, verpflichtend ein lokales Roaming anordnen zu können, um für alle Kunden lückenhaft bzw. gar nicht versorgte Gebiete im Rahmen der auferlegten Versorgungsauflagen zu verhindern."
Mitnutzung gegen Entschädigung
Die Koalition hat sich beim Thema Digitalisierung viel vorgenommen: Sie will den Handyempfang überall in Deutschland. "Lückenlos", so steht es im Koalitionsvertrag. Mit ihrem Brief machen die Fraktionen jetzt Druck auf die zuständigen Minister, den Ankündigungen auch Taten folgen zu lassen.
Vor allem auf dem Land haben viele Handynutzer aktuell kaum Empfang. Wenn alle aber das eine Netz mitnutzen könnten, das es vor Ort gibt, wäre den Verbrauchern geholfen. Wenn ein Betreiber sein Netz dafür öffnet, würde er dann von den anderen Unternehmen dafür mit Geld entschädigt.
Bußgelder bei mangelnder Netzabdeckung
In ihrem Brief fordern die Fraktionsvizes außerdem, dass die Bundesnetzagentur mehr Möglichkeiten bekommt, um Bußgelder zu verhängen, wenn Unternehmen sich nicht an Absprachen halten. Der Bußgeldrahmen solle sich an den Kompetenzen des Bundeskartellamtes orientieren. Dieses richtet sich üblicherweise am jährlichen Gesamtumsatz des zu sanktionierenden Unternehmens.
Die Regierungsfraktionen wollen auch, dass Telekom, Vodafone und Telefonica (O2) die Pflicht auferlegt kriegen, ihren Kunden zu erklären, wo ihr Netz gut ausgebaut ist und wo nicht - und zwar bevor die Kunden einen Vertrag abschließen. Außerdem fordern die Schreiber des Briefes an Verkehrsminister Scheuer, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Finanzminister Olaf Scholz und Kanzleramtschef Helge Braun, dass die Bundesnetzagentur und die Fachgremien des Bundestags bis Mitte 2019 ein Gesamtkonzept zum Ausbau des Mobilfunknetzes erarbeiten.
Streit über Notwendigkeit des Ausbaus
Innerhalb der Regierung gibt es Streit darüber, wie viel 5G-Ausbau nötig ist. Bildungsministerin Anja Karliczek hatte am Mittwoch erklärt: "5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig." Dafür war sie stark kritisiert worden, auch in ihrer eigenen Partei. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) erklärte, mit Blick auf eine moderne Landwirtschaft benötige man 5G durchaus bis an jede Milchkanne.
Bundesrat und Bundestag sind sowieso gerade dabei, das Telekommunikationsgesetz zu ändern. Die Regierungsfraktionen wollen ihre Änderungsvorschläge dort einbauen und sie damit schnell verabschieden. Laut dem Brief kann das Gesetzgebungsverfahren bis zur Bundesratssitzung im März 2019 abgeschlossen sein.
Die Vorschläge könnten damit Gesetz werden, noch bevor die Versteigerung der neuen 5G-Lizenzen im Frühjahr 2019 beginnt. Im Brief heißt es, damit erhielten die Unternehmen, die an der Versteigerung teilnehmen, bereits frühzeitig Rechts- und Planungssicherheit.
Mit 5G-Netzen können Daten in Echtzeit übertragen können. Vor allem die Wirtschaft findet das wichtig. 5G gilt zum Beispiel als Voraussetzung für selbstfahrende Autos.
Mobilfunkanbieter sollen einander Netze öffnen
Marcel Heberlein, ARD Berlin
23.11.2018 06:57 Uhr
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