Ein Soldat mit schweren Waffen
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Krieg gegen die Ukraine ++ Wagner-Gruppe übergibt offenbar Waffen ++

Stand: 12.07.2023 23:53 Uhr

Die private Söldnertruppe Wagner hat laut russischen Angaben zahlreiche schwere Waffen ans Verteidigungsministerium übergeben. Deutschland will offenbar weitere Teile für das Patriot-Raketenabwehrsystem liefern. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

12.07.2023 • 23:21 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse.

Die Ukraine braucht laut Einschätzung des US-Präsidenten Joe Biden derzeit nicht prioritär Raketen größerer Reichweite aus den USA. Auf die Frage einer Reporterin, ob er darüber nachdenke, Raketen vom Typ ATACMS bereitzustellen, sagte Biden: "Ja, aber sie haben jetzt das Äquivalent von ATACMS." Die Ukraine bräuchte vor allem Artilleriegeschosse und die seien knapp. "Wir arbeiten daran", sagte Biden am Flughafen der litauischen Hauptstadt Vilnius vor der Weiterreise nach Finnland.

Die Ukraine fordert seit Längerem Raketen größerer Reichweite von den westlichen Verbündeten. Sie verfügt bereits über von Großbritannien gelieferte Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow, die 550 Kilometer Reichweite haben. Während dem NATO-Gipfel in Litauen bekam Kiew auch von Frankreich die Zusage für Marschflugkörper. Raketen vom Typ ATACMS werden vom Boden aus gegen Bodenziele abgefeuert und haben nach Angaben des Rüstungskonzerns Lockheed Martin eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Damit könnten die Ukrainer russische Ziele hinter der Frontlinie angreifen.

12.07.2023 • 22:51 Uhr

Biden in Finnland gelandet

US-Präsident Joe Biden ist vom NATO-Gipfel in Litauen nach Finnland weitergereist. Der 80-Jährige landete am späten Abend mit der Air Force One auf dem Flughafen Helsinki-Vantaa. Morgen steht für Biden in Helsinki ein bilaterales Treffen mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö sowie ein Gipfeltreffen mit den Regierungschefs der weiteren nordischen Länder Schweden, Dänemark, Norwegen und Island an. Es ist der dritte amerikanisch-nordische Gipfel dieser Art. Die vorherigen beiden fanden 2013 in Stockholm und 2016 in Washington statt.

Nach jahrzehntelanger militärischer Bündnisfreiheit war Finnland Anfang April als 31. Mitglied in die NATO aufgenommen worden. Das nördlichste Land der EU grenzt auf einer Länge von rund 1340 Kilometern an Russland.

Joe Biden in Helsinki

Zu Besuch beim neuen NATO-Mitglied: Joe Biden bei seiner Ankunft in Helsinki.

Russland will die Ergebnisse des NATO-Gipfels in Vilnius nach eigenen Angaben genau analysieren. Als Reaktion auf das Treffen kündigte das Außenministerium in Moskau einen Ausbau der militärischen Fähigkeiten an. "Wir werden zusätzlich zu den beschlossenen Maßnahmen unsere militärische Organisation und das Verteidigungssystem unseres Landes weiter stärken", teilte es mit. Dem westlichen Verteidigungsbündnis warf Russland erneut vor, zu Verhaltensweisen wie während des Kalten Krieges zurückzukehren. 

UN-Generalsekretär António Guterres will das auslaufende Abkommen mit Russland zum Export von ukrainischem Getreide retten. In einem Brief unterbreitete Guterres Russlands Präsidenten Wladimir Putin einen Vorschlag, um die Absichtserklärung vom letzten Jahr mit der Fortführung der Exporte in Einklang zu bringen.

"Ziel ist es, Hürden für Finanztransaktionen über die Russische Landwirtschaftsbank zu beseitigen, ein wichtiges Anliegen der Russischen Föderation, und gleichzeitig den weiteren Fluss ukrainischen Getreides durch das Schwarze Meer zu ermöglichen", teilte Sprecher Stephane Dujarric mit. Die UN betonten, wie wichtig eine Fortführung für die globale Versorgung mit Nahrungsmitteln sei.

Antonio Guterres

UN-Generalsekretär Antonio Guterres

Die Ratifizierung des schwedischen NATO-Beitritts durch das türkische Parlament dürfte frühestens im Oktober stattfinden. Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärt auf dem NATO-Gipfel, der entsprechende Entwurf werde mit dem Beginn der nächsten Sitzungsperiode ins Parlament eingebracht. Dieses geht Ende dieser Woche auseinander und tritt im Oktober wieder zusammen.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Gebietsabtretungen an Russland erneut eine Absage erteilt. "Sogar wenn es nur ein Dorf ist, in dem nur ein Opa lebt", betonte er bei einer Pressekonferenz nach dem NATO-Gipfel in Vilnius. Er sei davon überzeugt, dass weder Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch US-Präsident Joe Biden in dieser Frage "Verrat" an Kiew verüben werden. Auch "irgendein eingefrorener Konflikt" sei für die Ukraine weiter keine Option. "Das wird es niemals geben", sagte Selenskyj. Seine Position sei den Partnern sehr gut bekannt.

Russlands Haushalt weist ein hohes Defizit auf: Dafür wird der vom Westen verhängte Öl-Preisdeckel verantwortlich gemacht. Auch wenn Russland so viel Öl wie lange nicht mehr exportierte, sank der Erlös deutlich.

Die private Söldnergruppe Wagner von Jewgeni Prigoschin hat nach russischen Angaben massenhaft schwere Waffen, Militärgerät und Tausende Tonnen Munition ans Verteidigungsministerium übergeben. Darunter seien auch Panzer vom Typ T-90 und T-80, Mehrfachraketenwerfer und zahlreiche Artilleriesysteme, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow. Zudem habe Wagner 2500 Tonnen Munition verschiedenen Typs sowie 20.000 Schusswaffen abgegeben.

Die Militärführung veröffentlichte ein Video von den schweren Waffen und ihrer Verladung auf Transportfahrzeuge. Die ganze militärische Ausrüstung werde nun gewartet und dann "ihrer Bestimmung" zugeführt, sagte Konaschenkow. Ende Juni hatte die Gruppe gegen Präsident Putin rebelliert. Mehrere Tausend Wagner-Söldner hatten die Stadt Rostow am Don eingenommen und waren dann weiter Richtung Moskau gezogen.

US-Präsident Joe Biden hat Verständnis dafür gezeigt, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angesichts der manchmal schleppenden internationalen Hilfe oft frustriert ist. "Aber ich verspreche Ihnen, dass die USA alles in ihrer Macht Stehende tun, um Ihnen das, was Sie brauchen, so schnell wie möglich zu geben", sagte Biden vor einem Gespräch der beiden am Rande des NATO-Gipfels in Vilnius. Er freue sich auf den Tag, an dem man auf einem Gipfel offiziell die Mitgliedschaft der Ukraine in dem Verteidigungsbündnis feiern werde, sagte Biden weiter.

Biden lobte Selenskyj auch für dessen Mut. "Sie sind für die ganze Welt ein Beispiel dafür, was echten Mut ausmacht." Selenskyj sei mit seiner Unverwüstlichkeit und Entschlossenheit ein Vorbild. "Und den Frust, den kann ich mir nur vorstellen", sagte Biden weiter.

Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj

Selenskyjs Frust angesichts von manchmal schleppender Hilfe sei verständlich, sagte US-Präsident Joe Biden.

Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hat die ukrainische Regierung aufgefordert, sich mit Kritik in Bezug auf westliche Waffenlieferungen zurückzuhalten. Die Ukraine habe ihm bei einem Besuch in Kiew eine Wunschliste mit Waffen vorgelegt, sagte Wallace vor Journalisten am Rande des NATO-Gipfels in Vilnius. "Ich habe den Ukrainern vergangenes Jahr, als ich elf Stunden gefahren bin, damit mir eine Liste gegeben wird, gesagt: Ich bin nicht Amazon", zitierte der Sender "Sky News" den Minister. Wallace sagte: "Ja, es ist ein edler Krieg, und ja, wir sehen darin einen Krieg, den Ihr nicht für Euch selbst, sondern auch für unsere Freiheiten führt."

Doch Kiew müsse daran denken, dass es andere Staaten bitte, ihre eigenen Waffenbestände zugunsten der Ukraine aufzugeben oder dass es darum gehe, "zweifelnde Politiker" etwa in den USA zu überzeugen. "Ob man es mag oder nicht, die Leute wollen etwas Dankbarkeit sehen", sagte Wallace. Er reagierte damit auch auf Kritik daran, dass die NATO der Ukraine keine feste Beitrittszusage gemacht hatte.

Ben Wallace, der britische Verteidigungsminister

Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace hat Kiew aufgefordert, sich bei der Frage nach einem NATO-Beitritt zurückhaltender zu zeigen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Ergebnisse des Gipfels in Vilnius gelobt. "Die Zeiten sind herausfordernd, die Sicherheit in Europa steht unter Druck", sagt Scholz bei seiner abschließenden Pressekonferenz. "Deshalb war Vilnius ein sehr erfolgreicher Gipfel", sagte er. "Er hat die NATO gestärkt, die Bereitschaft zur Verteidigung unterstrichen und den Zusammenhalt in der Allianz erhöht." Zugleich betonte der Kanzler: "Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, das niemanden bedroht, es ist aber bereit und in der Lage, jeder militärischen Bedrohung zu begegnen."

Der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR, Sergej Naryschkin, hat nach eigenen Angaben wenige Tage nach dem Aufstand der Wagner-Söldner-Truppe mit CIA-Direktor William Burns telefoniert. Thema des etwa einstündigen Telefonats Ende Juni sei hauptsächlich die Ukraine gewesen, sagte Naryschkin der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. "Wir haben überlegt und erörtert, was mit der Ukraine zu tun ist", sagte er.

Die Bedingungen für Verhandlungen mit Kiew seien noch nicht gegeben, sagte Naryschkin. "Aber natürlich werden Verhandlungen früher oder später möglich sein, weil jeder Konflikt, auch ein bewaffneter, mit Verhandlungen endet, aber die Bedingungen dafür müssen noch reifen."

Er habe bei dem Gespräch mit Burns auch auf Fragen zu den Ereignissen am 24. Juni geantwortet, sagte Naryschkin weiter. An dem Tag ließ Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin die südrussische Stadt Rostow am Don von seinen Einheiten besetzen und setzte zugleich eine Militärkolonne Richtung Moskau in Marsch.

Die G7-Gruppe westlicher Industriestaaten will der Ukraine die Lieferung moderner Ausrüstung für ihre Luft- und Seestreitkräfte in Aussicht stellen. Dies geht nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa aus dem Text für eine Erklärung hervor, die am Nachmittag am Rande des NATO-Gipfels in Litauen veröffentlicht werden soll.

Weitreichende Sicherheitsgarantien für die Zeit nach einem möglichen Ende des Kriegs seien allerdings nicht enthalten. Unter solchen wird zum Beispiel die Zusicherung verstanden, im Fall eines Angriffs auch militärischen Beistand durch eigene Truppen zu leisten.

Die Nachrichtenagentur AFP berichtet unter Bezug auf die Erklärung, der Ukraine solle geholfen werden, eine "zukunftsfähige Truppe" aufzubauen, die das Land "jetzt verteidigen" und Russland von einem neuen Angriff in der Zukunft "abschrecken" könne. Zu den Hilfen sollen demnach unter anderem die Lieferung moderner militärischer Ausrüstung, die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte, die Weitergabe von Geheimdienstinformationen sowie Schutz gegen Cyberangriffe gehören. 

Den G7 gehören die USA, Kanada, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan an.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich mit den Ergebnissen des NATO-Gipfels zufrieden geäußert - aber mit Abstrichen. Man könne "feststellen, dass die Ergebnisse des Gipfels schön sind", aber eine Einladung zum NATO-Beitritt "wäre ideal gewesen", sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Ein wichtiges Ergebnis seien Sicherheitsgarantien für die Ukraine auf dem Weg zu einer späteren NATO-Mitgliedschaft. "Wenn die G7-Staaten heute diese Garantien verkünden, dann wird das für uns zu einem wichtigen, konkreten Erfolg", sagte Selenskyj. Das sei ein "sehr wichtiges Signal". Kiew wolle einen schnelleren Beitritt zu dem Verteidigungsbündnis, betonte er. Mitunter sei es aber schwierig, den Partnern bestimmte Dinge verständlich zu machen.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Lieferung weiterer Waffen als aktuell wichtigste Aufgabe bei der Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine bezeichnet. Bei einem Auftritt mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beim NATO-Gipfel in Vilnius nannte er auch die von Deutschland und den USA gemachten neuen Zusagen für weitere Militärhilfe. "Natürlich ist die dringlichste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Ukraine sich durchsetzen kann. Denn sollte die Ukraine nicht fortbestehen, gibt es auch keine Frage einer Mitgliedschaft zu diskutieren", sagte er.

Wegen des Streits um eine Reparatur der an die Ukraine abgegebenen Kampfpanzer vom Typ "Leopard 2" in Polen ändert das Bundesverteidigungsministerium bisherige Pläne. Waffensysteme vom Typ "Leopard 2A5" und "Leopard 2A6" sollen nun in Deutschland repariert werden und voraussichtlich auch in Litauen, wie ein Sprecher am Rande des NATO-Gipfels in Vilnius mitteilte.

Kurz zuvor hatte das "Handelsblatt" berichtet, die Bundesregierung steige aus einer Vereinbarung mit Polen aus - Grund seien die finanziellen Vorstellungen Polens.

Darüber, wo "Leoparden" vom Typ 2A4, die von Polen an die Ukraine abgegeben wurden, repariert werden könnten, laufen dem Sprecher zufolge noch Gespräche.

Australien hat die Lieferung von 30 gepanzerten Truppentransportern "Bushmaster" an die Ukraine angekündigt. "In der heutigen vernetzten Welt kämpft die Ukraine nicht nur für ihre nationale Souveränität, sondern auch für die internationale Rechtsordnung", begründet Ministerpräsident Anthony Albanese die Hilfen vor Reportern beim NATO-Gipfel in Vilnius. Der Krieg in der Ukraine habe Auswirkungen auf die ganze Welt.

Mit Andauern des Krieges wollen immer mehr Flüchtlinge aus der Ukraine längerfristig in Deutschland bleiben. 44 Prozent wollten "für immer" oder "noch einige Jahre" in Deutschland leben, wie aus der zweiten Welle einer Studie hervorgeht, für die zu Beginn des Jahres rund 7000 Ukrainerinnen und Ukrainer befragt wurden. Der Wert liegt fünf Prozentpunkte höher als im Spätsommer 2022.

31 Prozent der Befragten gaben dagegen an, nach Kriegsende in ihre Heimat zurückkehren zu wollen. 23 Prozent sind noch unsicher, was sie machen wollen. Bisher gilt das Aufenthaltsrecht für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge bis März 2024.

Laut der Studie, die unter anderem vom Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung durchgeführt wurde, sind zu Jahresbeginn 18 Prozent der Ukraine-Flüchtlinge erwerbstätig gewesen. 75 Prozent hatten bereits einen Deutschkurs abgeschlossen oder besuchten gerade einen.

Bundeskanzler Olaf Scholz ist am Rande des NATO-Gipfels in Litauen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammengetroffen. Danach erklärte der Ukrainer, Deutschland habe zugesagt, weitere Teile für das Raketenabwehrsystem Patriot zu liefern. Konkret gehe es um Abschussvorrichtungen und zusätzliche Raketen. "Dies ist extrem wichtig, um das Leben in der Ukraine gegen den russischen Terror zu verteidigen", schrieb Selenskyj auf Telegram.

Erst gestern hatte Deutschland versprochen, ein weiteres Waffenpaket an Kiew zu liefern. Darin enthalten sind auch zwei Patriot-Startgeräte aus Bundeswehrbestand sowie Panzer und Munition. Insgesamt hat das Paket einen Umfang von 700 Millionen Euro.

Selenskyj traf in Vilnius auch andere Staats- und Regierungschefs zu bilateralen Gesprächen, unter ihnen der britische Premier Rishi Sunak und der kanadische Regierungschef Justin Trudeau. Der ukrainische Präsident sollte danach zur Gründungssitzung eines neuen NATO-Ukraine-Rats mit allen 31 Staats- und Regierungschefs der Militärallianz zusammenkommen. Das Gremium soll Verhandlungen über die transatlantische Sicherheit ermöglichen. Selenskyj sagte, er wolle in der Frage der Beitrittsperspektive seines Landes "auf einer Wellenlänge" mit der NATO sein. Zudem wolle er für "Sicherheitsgarantien für die Ukraine auf dem Weg in die Nato kämpfen".

Das Weiße Haus hat erklärt, die Gespräche mit der Ukraine über eine langfristige Sicherheitskooperation würden bald beginnen. Es gehe darum, die Ukraine in die Lage zu versetzen, künftige russische Aggressionen abzuwehren. Außerdem gehe es um Unterstützung für die Reformprozesse der ukrainischen Regierung und die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft.

Die Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe westlicher Industriestaaten wollen nach Angaben aus den USA und Großbritannien gemeinsam ihre Absicht erklären, die Ukraine durch Sicherheitszusagen langfristig zu schützen. US-Präsident Joe Biden werde mit den anderen G7-Chefs und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Nachmittag beim NATO-Gipfel in Vilnius eine entsprechende Ankündigung machen, erklärte eine Vertreterin des Nationalen Sicherheitsrats der US-Regierung. Dabei gehe es insbesondere um den Aufbau eines Militärs, das in der Lage sei, künftige Angriffe abzuwehren. Mit der G7-Erklärung würden die Länder bilaterale Gespräche mit der Ukraine über konkrete Sicherheitsverpflichtungen einleiten.

US-Präsident Joe Biden hatte ein solches Schutzszenario bereits in einem am Sonntag ausgestrahlten CNN-Interview umrissen. Die USA seien bereit, der Ukraine nach einem Ende des russischen Angriffskrieges einen ähnlichen Schutz zu bieten wie Israel, sagte er. In dem Vorschlag bezog Biden sich auf die Zeit zwischen Kriegsende und einem möglichen NATO-Beitritt.

Der Prozess für ein Land, dem westlichen Militärbündnis beizutreten, brauche Zeit. In der Zwischenzeit könnten die USA der von Russland angegriffenen Ukraine die nötigen Waffen bereitstellen und sie mit Fähigkeiten ausstatten, um sich selbst zu verteidigen. Biden betonte aber, dass dies nur im Fall eines Waffenstillstands und eines Friedensabkommens denkbar wäre.

Britische Geheimdienste sehen weitere Anzeichen dafür, dass der russische General Sergej Surowikin nach der Meuterei der Privatarmee Wagner kaltgestellt wurde. Sein Stellvertreter als Chef der russischen Luft- und Weltraumkräfte, Viktor Afsalow, trete immer stärker in die Öffentlichkeit, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.

Als Generalstabschef Waleri Gerassimow kürzlich zum ersten Mal seit dem Wagner-Aufstand am 24. Juni im Fernsehen zu sehen war, habe ihn Afsalow per Video informiert. "Afsalow ist seit mindestens vier Jahren im Amt, aber dies ist wahrscheinlich sein erster öffentlicher Auftritt mit Gerassimow", hieß es in London. "Afsalows erhöhte öffentliche Bekanntheit, während Surowikins Aufenthaltsort unklar bleibt, verleiht der Hypothese, dass Surowikin nach der Meuterei ins Abseits gedrängt wurde, noch mehr Gewicht."

Surowikin wurde seit der Meuterei nicht mehr gesehen. Er war nach britischer Einschätzung für Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ein Verbindungsmann mit dem russischen Verteidigungsministerium. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Ukraine zu weiteren Reformen ermuntert. Am Rande des NATO-Gipfels in Vilnius nannte sie den Kampf gegen Korruption und die Stärkung der Institutionen als Aufgaben, bei denen die EU weiter unterstützen könne.

Das Reformtempo der Ukraine sei beeindruckend, obwohl das Land einen Abwehrkampf gegen Russland führe. "Und diese Grundvoraussetzung der Reformen gelten sowohl für den Beitritt zur Europäischen Union als auch zur NATO." Die EU helfe auch dabei, die Produktion von Munition anzukurbeln, um der Ukraine zu helfen und Bestände in EU-Staaten aufzufüllen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat die von der NATO formulierten Voraussetzungen zur Mitgliedschaft der Ukraine verteidigt und Kritik von Präsident Wolodymyr Selenskyj zurückgewiesen. "Alle sagen, die Zukunft der Ukraine liegt in der NATO, sobald der Krieg vorbei ist", sagte Pistorius im Interview mit den tagesthemen. Die Ukraine habe eine Zusage für die NATO-Mitgliedschaft - und das sei auch Selenskyj klar.

Boris Pistorius, Bundesverteitigungsminister SPD, zum NATO-Gipfel in Vilnius

tagesthemen, 11.07.2023 22:15 Uhr

Beim Gipfeltreffen in Vilnius kommt heute als Zeichen der Annäherung an die Ukraine erstmals ein NATO-Ukraine-Rat zusammen. Zur Gründungssitzung am Nachmittag werden die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedsländer und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet.

Der neue Rat solle "auf Augenhöhe" Verhandlungen über die transatlantische Sicherheit ermöglichen, hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg im Juni gesagt. Auch mit Russland hatte die NATO bis zum Angriff auf die Ukraine ein solches Gesprächsformat.

Selenskyj will bei dem Treffen offenbar für eine weitere Stärkung der Verteidigungsfähigkeit seines Landes werben. "Unsere Verteidigung hat erste Priorität", teilte Selenskyj am Dienstagabend über Telegram mit. Er war zuvor in Vilnius eingetroffen. "Ich bin unseren Partnern dankbar für die Bereitschaft, neue Schritte zu ergreifen. Mehr Waffen für unsere Soldaten bedeuten mehr Schutz für das Leben aller in der Ukraine", sagte er.

Die jüngsten NATO-Hilfen für die Ukraine verschärfen nach den Worten des russischen Spitzenpolitikers Dmitri Medwedjew das Risiko für einen dritten Weltkrieg und haben keinen Einfluss auf die Ziele Russlands. "Der völlig verrückte Westen konnte sich nichts anderes einfallen lassen (...) In der Tat, es ist eine Sackgasse. Der Dritte Weltkrieg rückt näher", schrieb der Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates bei Telegram. "Was bedeutet das alles für uns? Das ist alles offensichtlich. Die spezielle Militäroperation wird mit denselben Zielen fortgesetzt."

Die Hauptstadt Kiew ist ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht erneut Ziel eines russischen Luftangriffes geworden. "Der Feind hat einen weiteren Luftangriff auf die Hauptstadt gestartet", schrieb der Militärverwaltungschef von Kiew, Serhij Popko, bei Telegram.

Mehr als zwei Stunden lang herrschte in Kiew und der gesamten Ukraine Luftalarm. Zeugen berichten von Explosionen, die dem Geräusch von Flugabwehrsystemen ähneln, die Ziele treffen. Nach vorläufigen Angaben des ukrainischen Militärs gab es keine unmittelbaren Berichte über Opfer oder kritische Schäden. Alle Drohnen seien abgefangen worden, bevor sie ihre Ziele trafen.

In der Nacht zuvor hatte Russland bereits 28 Drohnen auf Kiew und die südliche Hafenstadt Odessa abgefeuert.

Das erneuerte NATO-Beitrittsversprechen an die Ukraine ohne einen Zeitplan ist auf gemischte Reaktionen gestoßen. "Die Entscheidung von Vilnius ist zweifelsohne ein wichtiger Zwischenschritt Richtung NATO-Mitgliedschaft der Ukraine", sagte der ehemalige ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, dem "Tagesspiegel". Gleichzeitig sei "die Enttäuschung in Kiew spürbar, dass unsere Verbündeten nicht bereit waren, eine mutige Entscheidung über unseren möglichst baldigen Beitritt auf den Weg zu bringen", fügte Melnyk hinzu.

Christoph Heusgen, der frühere Sicherheitsberater der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, sagte dem "Tagesspiegel", die Enttäuschung der Ukrainer sei nachvollziehbar. "Sie hatten sich eine Einladung der NATO gewünscht, die mit Kriegsende unmittelbar zur Mitgliedschaft geführt hätte", sagte Heusgen. "Die Allianz war nicht bereit, diesen Schritt zu gehen."

Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth nannte eine NATO-Mitgliedschaft Kiews gegenüber der Zeitung weiter die "beste Option für die Ukraine und für die gesamte Allianz, um den Frieden in ganz Europa dauerhaft zu sichern". Das Gipfelergebnis bleibe zwar hinter seinen Erwartungen zurück, doch habe "die Ukraine einen großen Schritt in Richtung NATO gemacht", erklärte er.

Großbritannien hat ein weiteres Hilfspaket für die Ukraine angekündigt. Für die Reparatur von Ausrüstung und die Einrichtung eines militärischen Rehabilitationszentrums in der Ukraine werden rund 58,7 Millionen Euro bereitgestellt, teilte die britische Regierung mit.

Das Training ukrainischer Piloten auf F-16-Jets soll im August in Rumänien beginnen. Nach den Worten von Präsident Macron wird Frankreich der Ukraine Raketen großer Reichweite liefern. Die Entwicklungen vom Dienstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 11. Juli 2023 um 22:15 Uhr.