Überraschender Rücktritt im Vatikan Papst Benedikt XVI. gibt sein Amt auf

Stand: 11.02.2013 14:54 Uhr

Papst Benedikt XVI. hat seinen Rücktritt angekündigt. Er werde sich am 28. Februar von der Spitze der katholischen Kirche aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen, kündigte das Kirchenoberhaupt überraschend in Rom an. Die Kardinäle reagierten völlig überrascht, Politiker in aller Welt zollten der Entscheidung "allerhöchsten Respekt". Ein neuer Nachfolger soll bis Ostern feststehen.

Papst Benedikt XVI. wird am 28. Februar zurücktreten. Das kündigte das katholische Kirchenoberhaupt bei einer Vollversammlung der Kardinäle in einer auf Lateinisch gehaltenen Rede an.

"Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben", sagte der Deutsche vor Kardinälen in Rom. Daher verzichte er auf das Amt des Bischofs von Rom, sodass am 28. Februar um 20.00 Uhr der Stuhl des Heiligen Petrus vakant sein werde.

Vatikan: Neuer Papst bis Ostern- Benedikt geht ins Kloster

Vatikansprecher Federico Lombardi kündigte an, dass ein Nachfolger bis Ostern feststehen solle: "Wir sollten Ostern einen neuen Papst haben", sagte er. Das Konklave zur Wahl des neuen Kirchenoberhauptes könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen. Lombardi kündigte weiter an, dass Papst Benedikt XVI. nach dem Ende seiner Amtszeit in ein Kloster im Vatikan umziehen werde. Bevor Benedikt dort einziehen könne, müssten noch Umbauarbeiten abgeschlossen werd. Für die Übergangszeit werde er in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom wohnen.

Kardinäle völlig überrascht

Das Konsistorium in Rom - jene Versammlung von Kardinälen, bei der Benedikt XVI. zuvor seinen Rücktritt angekündigt hatte, reagierte völlig überrascht. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel hat diese Versammlung Ihre bewegende Botschaft gehört", sagte Kardinal Angelo Sodano laut Radio Vatikan "Wir haben sie mit Fassungslosigkeit und beinahe ungläubig gehört", betonte Sodano. Benedikt habe seinen Pontifikatsdienst "mit so viel Liebe und Demut" geleistet.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch zeigte sich zutiefst bewegt: "Wir deutschen Bischöfe danken dem Heiligen Vater für seinen Dienst auf dem Stuhl Petri und sind erfüllt von großem Respekt und von Bewunderung für seine Entscheidung", teilte Zollitsch in Freiburg mit. Der Pontifex gebe aller Welt ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche.

Merkel: "Allerhöchster Respekt" für Entscheidung

Bundeskanzlerin Angela Merkel zollte Papst Benedikt XVI. für seinen Rücktritt höchsten Respekt und würdigte ihn als einen der bedeutendsten religiösen Denker der Gegenwart: "Wenn der Papst selbst jetzt nach reiflicher Prüfung zum Entschluss gekommen ist, seine Kraft reiche nicht mehr für die Ausübung des Amtes, so hat das meinen allerhöchsten Respekt", sagte sie. "In unserem Zeitalter immer längeren Lebens werden viele Menschen nachvollziehen können, wie sich auch der Papst mit den Bürden des Alterns auseinandersetzen muss." Merkel würdigte, dass Benedikt der XVI. den Dialog der Kirchen gefördert sowie Juden und Muslimen die Hand gereicht habe. Seine Rede vor dem Deutschen Bundestag im Jahr 2011 sei eine Sternstunde des Parlaments gewesen.

Frankreich: "Höchst achtbarer" Schritt

Frankreichs Staatschef François Hollande würdigte den angekündigten Rücktritt als "höchst achtbaren" Schritt. Frankreich würdige "den Papst, der eine solche Entscheidung trifft", sagte Hollande in Paris vor Journalisten.

Großbritanniens Premierminister David Cameron bedauerte den Schritt Benedikt XVI.: "Millionen Menschen werden ihn als geistliches Oberhaupt vermissen. "Er hat unermüdlich daran gearbeitet, die Verbindungen zwischen Großbritannien und dem Heiligen Stuhl zu stärken.

"Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe"

Der Bruder von Joseph Ratzinger, Georg, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine transatlantischen Reisen mehr zu unternehmen. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten. Der Papst ermüde rascher, sagte sein Bruder Georg weiter. Der 89-Jährige nannte den Rücktritt seines Bruders einen "natürlichen Vorgang". "Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe." Georg Ratzinger sagte weiter: "Ich war eingeweiht."

Papst seit 2005

Es ist das erste Mal seit Jahrhunderten, dass ein Papst von seinem Amt zurücktritt. 1294 erließ Coelestin V. ein Dekret, dass den Rücktritt von Päpsten überhaupt erst erlaubte. Kurz darauf und nach nur fünf Monaten im Amt trat er dann zurück.

Papst Benedikt XVI. war im April 2005 zum Nachfolger des verstorbenen Johannes Paul II. gewählt worden. Zuvor war der Deutsche als Joseph Kardinal Ratzinger Präfekt der Glaubenskongregation. In einem 2010 veröffentlichten Interviewbuch hatte das katholische Kirchenoberhaupt geäußert, es sei für einen Papst "eine Pflicht" zurückzutreten, wenn er seine Ämter nicht mehr bewältigen könne: "Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch die Pflicht zurückzutreten."

Hintergrund

Ein Papst wird grundsätzlich auf Lebenszeit gewählt, das Kirchenrecht sieht aber auch die Möglichkeit des freiwilligen Rücktritts vor. Im Canon 332, Absatz zwei, des kanonischen Rechts (CIC), des Rechts der katholischen Kirche, steht dazu: "Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch, dass er von irgendwem angenommen wird."