Die britische Premierministerin Theresa May

Labour stimmt Gesprächen zu May bringt Bewegung in den Brexit-Streit

Stand: 03.04.2019 02:38 Uhr

Mays Angebot an Labour ist eine Kehrtwende im verfahrenen Brexit-Streit. Oppositionsführer Corbyn hat die Offerte angenommen. Doch die Hardliner in London gehen bereits auf die Barrikaden.

Theresa May hat ihre Taktik geändert. Sie wendet sich ab von den Brexit-Hardlinern in ihrer konservativen Partei und geht gleichzeitig auf die Opposition zu. Nach einer achtstündigen Kabinettsitzung sagte die Premierministerin:

Ich biete dem Oppositionsführer an, dass wir uns zusammen hinsetzen und versuchen, uns auf einen gemeinsamen Plan zu einigen. Einen Plan, an den wir uns halten, und der sicher stellt, dass wir tatsächlich die EU verlassen, aber eben geregelt mit einem Austrittsabkommen.

Labour-Chef Jeremy Corbyn überraschte dieses Gesprächsangebot. Es kam ohne Vorwarnung, er erfuhr davon aus dem Fernsehen. Trotzdem war Corbyn froh über die Offerte:

Ich freue mich auf das Treffen mit der Premierministerin. Wir müssen sicher stellen, dass das Parlament ganz schnell die Möglichkeit bekommt, einen ungeregelten No Deal Brexit Ende kommender Woche auszuschließen. Und wir müssen den Bürgern unseres Landes die Sicherheit geben, dass es auch am Ende der jetzt beginnenden Verhandlungen keinen No Deal Brexit geben wird.
Labour-Chef Jeremy Corbyn hat das Gesprächsangebot von Premierministerin May zum Brexit angenommen.

Labour-Chef Jeremy Corbyn hat das Gesprächsangebot von Premierministerin May zum Brexit angenommen.

Brexit-Hardliner gehen auf die Barrikaden

Sollten sich May und Corbyn auf einen gemeinsamen Austrittsplan einigen, wird dieser wohl eine enge Anlehnung Großbritanniens an die EU bedeuten. Die konservativen Brexit-Hardliner empörten sich deshalb gleich nach der kurzen Ansprache über die politische Wende der Premierministerin. Der frühere Außenminister Boris Johnson erklärte:

Es ist sehr enttäuschend, dass wir den Brexit-Prozess jetzt Jeremy Corbyn und der Labour Party anvertrauen. Das Ergebnis wird sein, dass Corbyn seinen Willen bekommt, dass wir in der Zollunion bleiben, keine eigene Handelspolitik betreiben können, keine Kontrolle über unsere Gesetze bekommen. Der Brexit wird so weich, dass er am Ende zerfällt.

Nicht nur außerhalb, auch innerhalb des Kabinetts stieß Mays neuer Kurs auf Widerstand. Eine ganze Reihe von Ministern sprach sich dagegen aus.

May braucht Zeit für Gespräche mit Labour

Klar ist: Die Premierministerin braucht jetzt Zeit für die Gespräche mit der Opposition. Sie will deshalb den EU-Gipfel in der kommenden Woche um eine weitere Verschiebung des Austrittstermins bitten. Über den jetzt angesetzten 12. April hinaus, an dem der ungeregelte No Deal Brexit droht. Offenbar strebt May den 22. Mai als neuen Austrittstermin an:

Wir wollen einen Fahrplan erstellen, der es möglich macht, das Austrittsabkommen vor dem 22. Mai zu verabschieden, so dass Großbritannien nicht mehr an den Wahlen zum EU-Parlament teilnehmen muss.

Annette Dittert, ARD London, erläutert das Statement von Theresa May

tagesschau 20:00 Uhr

Austrittsvertrag mit der EU steht nicht zur Debatte

Für eine solche weitere Verschiebung braucht May auf dem Gipfel am 10. April die einhellige Zustimmung der übrigen 27 EU-Staats- und Regierungschefs. Die Premierministerin versuchte ihren europäischen Kollegen das Ja schon einmal mit dem Hinweis zu erleichtern, dass sie in den Gesprächen mit der Opposition keinesfalls den ausgehandelten Scheidungsvertrag zur Disposition stellen werde:

Die EU hat klar gemacht, dass sie diesen Vertrag nicht noch einmal öffnen könne und wolle. Wir müssen uns deshalb auf die Politische Erklärung zur zukünftigen Partnerschaft konzentrieren.

Damit wären die britischen Milliarden-Zahlungen in den EU-Haushalt bis Ende 2020 gewährleistet. Und für Änderungen und Ergänzungen der Politischen Erklärung zur zukünftigen Partnerschaft nach dem Austritt hat sich die EU bereits offen gezeigt.

Jens-Peter Marquardt, Jens-Peter Marquardt, ARD London, 03.04.2019 05:43 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. April 2019 um 05:19 Uhr.