
Ausschreitungen mit Toten Weitere Eskalation in Bolivien
Stand: 17.11.2019 04:36 Uhr
Die Spannungen in Bolivien nehmen weiter zu. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei kamen neun Morales-Anhänger ums Leben. Übergangspräsidentin Áñez drohte dem Ex-Präsidenten mit juristischen Verfahren.
In Bolivien spitzt sich die Lage zwischen Anhängern des ins Exil geflohenen Ex-Präsidenten Evo Morales und der Übergangsregierung von Jeanine Áñez zu. Áñez drohte dem linksgerichteten Morales im Falle einer Rückkehr mit juristischen Konsequenzen. Morales müsse sich in Bolivien wegen der Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober sowie wegen "zahlreicher Korruptionsvorwürfe" vor Gericht verantworten. Morales hatte am Mittwoch angekündigt, nach Bolivien zurückkehren zu wollen, um sein Land zu "befrieden".
Weitere Eskalation in Bolivien
tagesschau 12:00 Uhr, 16.11.2019
Neun Tote
Die Anhänger des Ex-Präsidenten protestieren seit Tagen gegen die neue Regierung. Bei gewaltsamen Zusammenstößen bei Cochabamba im Zentrum Boliviens - einer Hochburg Morales' - wurden neun Anhänger des Ex-Präsidenten getötet. Das teilte der Ombudsmann der Stadt Cochabamba, Nelson Cox, mit. Zuvor hatte er noch von fünf Toten gesprochen. Bei den Toten handelt es sich um Kokabauern. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) bestätigte die Todesopfer sowie mehrere Dutzend Verletzte. Sie verurteilte den "unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt durch Polizei und Armee" gegen die Demonstranten. Mehrere Augenzeugen berichten, viele Opfer hätten Schusswunden aufgewiesen.
Die Behörden erklärten, bei den Zusammenstößen seien rund hundert Menschen festgenommen worden. Örtliche Medien berichteten von mindestens acht Verletzten. Nach Polizeiangaben waren die Demonstranten mit "Waffen, Gewehren, Molotowcocktails, selbstgebauten Panzerfäusten und Sprengsätzen" bewaffnet.
Protest überall im Land
Auch in La Paz gingen erneut Morales-Anhänger auf die Straße, es kam ebenfalls zu Zusammenstößen. Polizei und Armee vertrieben die Demonstranten mit Tränengas. Zuvor waren im nahegelegenen El Alto mehrere tausend Menschen, darunter überwiegend Indigene, in Richtung La Paz aufgebrochen. Sie skandierten "Evo, komm zurück!" und schwenkten die Flagge der Indigenen.
Bruch mit linksgerichteten Staaten
Obwohl Áñez' Regierung nur übergangsweise im Amt ist, zeigte sie sich bereits schonungslos im Umgang mit Morales' Verbündeten. So begann Áñez, die Beziehungen mit dem sozialistischen Kuba und Venezuela zu kappen. Hunderte kubanische Ärzte sollen Bolivien verlassen. Als erste außenpolitische Amtshandlung erkannte sie den venezolanischen Oppositionsführer Juan Guaidó als Präsidenten Venezuelas an und folgte damit dem Beispiel von rund 50 Ländern.
Außenministerin Karen Longaric kündigte an, alle venezolanischen Diplomaten würden wegen "Verletzung diplomatischer Normen" ausgewiesen. Bolivien trete zudem aus dem auf Initiative Venezuelas gegründeten Regionalbündnis Alba-TCP (Bolivarianische Allianz für Amerika) aus und prüfe einen Austritt aus dem Staatenbund UNASUR, sagte Longaric.
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