Eine Bierflasche, in der Wein abgefüllt ist.

Mehrweg-Angebote Kommt ein Pfandsystem für Weinflaschen?

Stand: 02.04.2023 07:50 Uhr

In Deutschland gibt es kein flächendeckendes Pfandsystem für Weinflaschen. Darum verkauft ein Winzer aus der Pfalz seinen Wein nun in Bierflaschen.

Eine braune Bierflasche mit langem Hals, leuchtend gelbem Etikett und Kronkorken, darin ein halber Liter Wein aus der Pfalz. Was etwas ungewöhnlich klingt und aussieht, ist Teil des Sortiments eines Pfälzer Winzers: Ansgar Galler verkauft seinen Bio-Wein seit neuestem in 0,5-Liter-Bier-Pfandflaschen. "Das ist nachhaltiger als die üblichen Einweg-Weinflaschen, die meist im Altglas-Container landen", sagt der Weinbauer.

Wein statt Bier oder Wasser

Da es für Weinflaschen aktuell kein deutschlandweites Pfandsystem gibt, greift Galler für eine seiner Weinsorten auf Flaschen zurück, die in jedem Supermarkt zurückgegeben werden können: Bierflaschen. "Der Vorteil: Die Rückgabe von Bier-Pfandflaschen ist überall im Handel möglich, was wichtig ist, weil wir unseren Wein deutschlandweit verkaufen."

Der Winzer will genau beobachten, wie die Kunden seinen Wein aus Bierflaschen annehmen und das Angebot dann eventuell ausweiten. "Es gibt ja zum Beispiel auch elegante Wasserflaschen in 0,75- Liter-Größe."

Eine Bierflasche, in der Wein abgefüllt ist.

Winzer Ansgar Galler aus der Pfalz verkauft seinen Wein in handelsüblichen Bier-Pfandflaschen.

Mehr als 100 verschiedene Weinflaschen

Laut Verpackungsgesetz besteht für Weinflaschen keine Pfandpflicht in Deutschland. Das liegt nach Angaben des Deutschen Weininstituts an den mehr als 100 Weinflaschenvarianten, die es allein in Deutschland gibt, auch bedingt durch regionale Traditionen.

Darüber hinaus werde ein großer Teil der hier verkauften Weine importiert, erklärt Ernst Büscher von der Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft. "Das erhöht nochmal die Flaschenvielfalt, und zudem ist eine Rückführung des Leerguts zu den Herstellern in aller Welt nicht möglich."

Geringer Mehrweganteil

Auch im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung ist die Einführung einer Pfandpflicht für Weinflaschen nicht vorgesehen, eine dafür nötige Änderung des Verpackungsgesetzes also in dieser Legislaturperiode nicht geplant.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke von den Grünen hat erklärt, sich grundsätzlich dafür einzusetzen, Mehrwegangebote in Deutschland weiter zu stärken. Dafür sei zum Beispiel auch eine Mindestquote für Mehrweggetränkeflaschen in Supermärkten denkbar, sagte die Ministerin Anfang dieses Jahres. Derzeit sei der Mehrweganteil gering: 2020 lag er bei 5,6 Prozent, erklärte ein Sprecher.

Aus Sicht des Deutschen Weininstituts wäre es wichtig, dass deutsche Erzeuger durch ein mögliches Pfandsystem wirtschaftlich nicht gegenüber Winzern aus dem Ausland benachteiligt würden.

Regionale Pilotprojekte

In Baden-Württemberg gibt es schon seit langem ein regionales Pfandsystem für 1,0-Liter-Weinflaschen. Dort startet nun auch ein Pilotprojekt für 0,75-Liter-Wein-Pfandflaschen. Das ist allerdings auf die Region Württemberg beschränkt und zunächst nur im Getränke- und Weinfachhandel vorgesehen.

Für ein solches flächendeckendes Pfandsystem aber müssten sich die Weinerzeuger auf zwei, drei Flaschenvarianten beschränken. Das mache die Herstellung leichter und die Rückgabe an Automaten, das Sortieren und Spülen in großen Mengen sowieso. Dann könnten die Weinflaschen auch im Lebensmittelhandel zurückgegeben werden.

Spülen ist umweltfreundlicher

Der Glasspülbetrieb "Glasklar Kurpfalz" reinigt seit Jahrzehnten Weinflaschen für Weingüter, die ihre Flaschen mehrfach verwenden. Rund 30.000 Flaschen laufen jeden Tag über die Bänder der riesigen Spülanlage in Wachenheim in der Pfalz.

Zuletzt ist die Nachfrage stark angestiegen. Das liegt laut Firmenchef Stefan Fey vor allem an den gestiegenen Energiekosten für die Flaschenherstellung, aber auch am Nachhaltigkeitsgedanken vieler Winzer. "Eine neue Flasche herzustellen, verursacht ungefähr 600 bis 800 Gramm CO2", sagt Fey, "eine Flasche zu spülen hingegen nur rund 150 bis 200 Gramm CO2."

Das Ziel muss nach Ansicht des Unternehmers ein bundesweit einheitliches Mehrwegsystem für Weinflaschen sein. Daran werde auch bereits gearbeitet. "Ein großer Glasproduzent ist auf mich zugekommen. Die Pläne sind auf der Zielgeraden. Mehr darf ich aktuell nicht sagen."

Weinflaschen könnten Mehrweg sein

Spülbetrieb-Chef Fey zumindest hat keine Sorge, dass Pfand-Weinflaschen durch die mehrfache Verwendung unansehnlich und dadurch für die Verbraucher unattraktiv werden könnten.

"Eine schöne, gut produzierte Weinflasche können sie schon sechs, sieben, acht Mal spülen." Außerdem störten kleine Kratzer nicht, wenn dafür die Umwelt geschont und Geld gespart werde, davon gibt sich der Unternehmer überzeugt.

"Für mich ist das keine Bierflasche"

Bio-Winzer Galler aus der Pfalz wollte nicht warten, bis möglicherweise ein flächendeckendes Mehrwegsystem für Weinflaschen in Deutschland eingeführt wird. Er setzt stattdessen auf ein bereits bestehendes Pfandsystem. "Für mich ist das keine Bierflasche, sondern ein 0,5-Liter-Glasbehälter", sagt Galler über seine unkonventionelle Idee.

Seiner Kundschaft empfiehlt der Winzer übrigens, den Wein nicht aus der Bierflasche zu trinken, sondern aus Weingläsern. Ein halber Liter, sagt Galler, sei genau die richtige Menge für einen gemütlichen Abend zu zweit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. März 2023 um 17:20 Uhr.