Mit Gittern verschlossene Galeria Karstadt Kaufhof-Filiale.

Nach Insolvenz Ermittlungen gegen Galeria-Manager

Stand: 15.03.2024 14:34 Uhr

Nach der Pleite des Signa-Konzerns und der Warenhaustochter Galeria hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Ermittlungen laufen inzwischen auch gegen Verantwortliche des Kaufhauskonzerns.

Von Georg Wellmann, WDR

Der Warenhauskonzern Galeria kommt nicht zur Ruhe. Nach der inzwischen dritten Insolvenz müssen Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um ihren Job fürchten, zahlreichen Filialen droht die Schließung. In den Fokus geraten nun auch die verantwortlichen Manager. Denn die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt seit Ende Februar gegen Verantwortliche des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof und zwei weitere Personen wegen des Verdachts der Untreue und weiterer Delikte. Laut Staatsanwaltschaft wird derzeit geprüft, ob ein Zusammenhang mit einem weiteren Ermittlungsverfahren besteht, welches seit Anfang 2023 gegen Manager von Galeria geführt wird.

Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit der zweiten Insolvenz des Warenhauskonzerns Ende Oktober 2022. Nähere Angaben will die Staatsanwaltschaft nicht machen, die Ermittlungen stünden erst am Anfang. Als Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsdelikte wird die Bochumer Staatsanwaltschaft von der Generalstaatanwaltschaft beauftragt, wenn es sich um besonders umfangreiche Verfahren handelt.  

Seit der Übernahme des Warenhauskonzerns durch die österreichische Signa-Gruppe im Jahr 2019 befindet sich das Traditionsunternehmen mit zuletzt noch 15.500 Beschäftigten inzwischen zum dritten Mal in der Insolvenz. Während der Corona-Pandemie hatte Galeria 680 Millionen Euro an Staatshilfen erhalten, obwohl sich das Unternehmen bereits zuvor in erheblicher wirtschaftlicher Schieflage befunden hatte. 

Verdacht der Geldwäsche

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt zudem seit November 2023 gegen Verantwortliche der inzwischen ebenfalls insolventen Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko wegen des Verdachts der Geldwäsche. Hintergrund der Ermittlungen ist ein Immobilienprojekt rund um das ehemalige Galeria-Haus am Münchner Bahnhofplatz.

Dort sollte für rund eine Milliarde Euro das Bauprojekt "Münchens neue Mitte" entstehen. Offenbar gab es aber bei der Finanzierung des Projektes Probleme und fragwürdige Geldgeber. So beteiligte sich im März 2022 der staatliche Investmentfonds des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman mit einer Anleihe in Höhe von 187 Millionen Euro an dem Bauvorhaben. Bin Salman steht wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik, außerdem wird vermutet, dass er in die Ermordung des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi verwickelt war.

Vorwurf des möglichen Kreditbetrugs

Benkos Signa-Gruppe soll zudem mit Hilfe überhöhter Angaben über künftige Mieteinnahmen Banken getäuscht haben, um so höhere Darlehen und bessere Konditionen zu erhalten. Hieraus ergibt sich der Vorwurf eines möglichen Kreditbetruges. Die Staatsanwaltschaft in München teilte auf Anfrage mit, dass der Sachverhalt auch im Hinblick auf mögliche sonstige Straftaten geprüft werde.

Aus dem Immobiliengeschäft wurden anschließend millionenschwere Zahlungen über eine luxemburgische Tochtergesellschaft ins Ausland transferiert. Die Ermittlungen beruhen auf mehrere Geldwäscheverdachtsanzeigen, die seit Ende des vergangenen Jahres bei der Staatsanwaltschaft München eingegangen sind. Die Anwälte von Benko bezeichnen die Vorwürfe als haltlos.

Weitreichende Ermittlungen

Aus der Mitteilung der Münchener Staatsanwaltschaft geht hervor, dass auch andere Ermittlungsbehörden in Deutschland mit dem Fall befasst sind. Nach Recherchen des WDR (ARD-Story "René Benko der Zocker und die Politik") hat die Signa-Gruppe bei ihren Geschäften regelmäßig die Mieten und Immobilienwerte künstlich aufgebläht.

Zum Beispiel beim Kaufhof-Stammhaus in Köln, Hohe Straße. Das historische Gebäude gehört zu den größten Kaufhäusern in Deutschland und wurde von der Signa-Gruppe 2019 erworben. Zu diesem Zeitpunkt stand die Immobilie mit 147 Millionen Euro in den Büchern. Mit dem Kauf erhöhte die Signa-Gruppe den Wert der Immobilie in den Bilanzen auf satte 521 Millionen Euro und nahm ein neues Bankdarlehen in Höhe von 200 Millionen Euro auf.

Entsprechend der enormen bilanziellen Aufwertung der Immobilie stiegen auch die von Galeria zu zahlenden langfristigen Mieten an die Signa-Gruppe. Zwischen 2019 und 2022 erhöhten sich die Mietzahlungen, trotz zweimaliger Insolvenz des Warenhauskonzerns, von 15,8 Millionen Euro auf 19,5 Millionen Euro pro Jahr. Die Mietbelastungen lagen damit bei mehr als 30 Prozent des Umsatzes - marktüblich sind rund zehn Prozent des Umsatzes. Die stetig steigenden Mieten und Immobilienwerte werden von der Signa-Gruppe mit dem angeblichen "Entwicklungspotential" der Gebäude begründet.

Unrealistische "Entwicklungspotentiale"

Im Fall des Warenhauses in der Kölner Hohe Straße heißt es im Jahresabschluss: "Im Rahmen der geplanten Projektentwicklung wurde die Machbarkeitsstudie bezüglich einer Aufstockung des denkmalgeschützten Gebäudes um mindestens zwei Geschosse abgeschlossen sowie ein Konzept für das benachbarte Parkhaus entwickelt. Die Planungen beinhalten die Konzeption eines autarken Developments zum bestehenden Warenhaus, d.h. ein solitäres Hochhaus mit Büro- und/oder Wohnnutzung."

Tatsächlich ist eine solches "Entwicklungspotential" unrealistisch, denn das denkmalgeschützte Warenhaus befindet sich nur wenige Hundert Meter vom Kölner Dom entfernt, der Weltkulturerbe ist und zu einem Schutzbereich gehört, in dem keine Hochhäuser gebaut werden dürfen.

Verschachteltes Firmengeflecht

Die Immobiliendeals der Signa-Gruppe liefen über ein verschachteltes und steueroptimiertes Firmengeflecht in Luxemburg. Gelder, die aus der Vermarktung von Galeria-Warenhäuser erzielt wurden, sind an eigens dazu gegründete Unternehmen geflossen, die in einem unauffälligen Bürohaus am Luxemburger Flughafen residieren. Hier sitzt auch die INGBE Beteiligung S.a.r.l. Die Firma ist nach Benkos Mutter Ingeborg benannt und hat aus den Deals mit Warenhäusern in Berlin, Hamburg und Stuttgart in 2016 und 2017 alleine mehr als mehr 136 Millionen Euro an Vorabdividenden kassiert.

Die Luxemburgische Firma gehört wiederum der INGBE Stiftung mit Sitz in Liechtenstein. Benko verfügt aber noch über weitere diskrete Stiftungen, etwa die Benko Familienstiftung und die nach seiner ersten Tochter benannten Laura Privatstiftung. Beide haben ihren Sitz in Österreich. Über diese Stiftungen ist Benkos Familie an zahlreichen Firmen und Immobilienprojekte beteiligt. Die Dividenden landeten so im Ausland.

René Benko, der bereits 2014 rechtskräftig in Österreich wegen Korruption verurteilt worden ist und gegen den derzeit ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Bestechung eines hohen Finanzbeamten in Wien anhängig ist, hat vor kurzem als Einzelunternehmer Privatinsolvenz angemeldet. Doch an das Vermögen der Stiftungen dürften die Gläubiger nur schwer rankommen. Denn René Benko ist nicht Begünstigter seiner Stiftungen, sondern seine Familie.

Margit Ehrlich, BR, tagesschau, 14.03.2024 07:31 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 14. März 2024 um 15:39 Uhr.