Antrag für Corona-Hilfen des Bundes
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Subventionen Wenn der Staat die Wirtschaft päppelt

Stand: 08.09.2023 08:26 Uhr

Steuerrabatte, Finanzhilfen, Staatseinstieg: Gerade in Krisenzeiten zeigen sich Regierungen häufig von ihrer großzügigen Seite. Doch wer behält bei Subventionen den Überblick?

Der Gaststättenverband DEHOGA fordert, dass Subventionen für Gastronomen, die während der Pandemie zur Stützung der Branche auf den Weg gebracht wurden, dauerhaft fließen sollen. Für eine Online-Petition sammelt der Interessenverband Klicks, "damit wir erhalten, was unser Land lebenswert und liebenswert macht".

Seit Sommer 2020 müssen Restaurants nur sieben statt regulär 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen. Gastronomen konnten und können die Differenz von zwölf Prozent zusätzlich einstreichen. Freilich waren die Umsätze während der Pandemie massiv eingebrochen, während die Kosten nicht im selben Maße gesenkt werden konnten. Gastronomen machten hohe Verluste.

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes steigen die Umsätze der Gastronomie seit einem Jahr. Das Vor-Corona-Niveau ist noch nicht erreicht. Laut der Umsatzsteuer-Statistik haben mindestens 30.000 Restaurants die Pandemie nicht überlebt. Wenn man das und auch die hohe Inflation einrechnet, zeigt sich: Im Durchschnitt machen die verbliebenen Gastronomen in Deutschland preisbereinigt mehr Umsatz als 2019.

Widersprüchliche Mehrwertsteuer

Bund und Länder haben vergangenes Jahr auf drei Milliarden Euro zugunsten von Hotels und Restaurants verzichtet. Die Corona-Subvention durch die niedrige Mehrwertsteuer ist schon zweimal verlängert worden und soll nun Ende dieses Jahres auslaufen. "Steuervergünstigungen begünstigen Mitnahmeeffekte, haben die Tendenz, sich zu verfestigen, und laufen Gefahr, schon bald nicht mehr als Subvention wahrgenommen zu werden", warnt das Bundesfinanzministerium in seinem Subventionsbericht.

Der Bundesrechnungshof hält von den zahlreicheren Ausnahmen vom normalen Mehrwertsteuersatz nichts. Das führe zu Abgrenzungsproblemen und Widersprüchen im System, so die Aufsichtsbehörde. Wirte, die im Restaurant argentinisches Steak servieren, zahlen sieben Prozent; wer Schnecken kredenzt, 19 Prozent. Für die folgende Nacht im Fremdenzimmer führt der "Goldenen Anker" sieben Prozent Mehrwertsteuer ab, für das zuvor besuchte Stundenhotel muss der Wirtschafter der "Roten Laterne" aber 19 Prozent ans Finanzamt überweisen.

Und wer seinen Kunden und Kundinnen Kaffee anbietet, hat bei Latte Macchiato (sieben Prozent) mehr Freude am Umsatz als bei Milchkaffee (19 Prozent): Die Milch macht's - denn bei einem Anteil von über 75 Prozent handelt es sich nach steuerlicher Logik um ein Milchmischgetränk.

"Unkontrolliert und viel zu oft unwirksam"

Steuererleichterungen sind nur ein Teil von Subventionen des Staates. Einzelne risikoreiche Geschäfte von Unternehmen werden gern durch Staatsbürgschaften gesichert. Laut dem aktuellen Finanzbericht des Bundes stehen Garantien im Wert von 160 Milliarden Euro zur Verfügung. Die allermeisten Geschäfte gehen gut: Nur zwei Milliarden mussten ausgezahlt werden. Unternehmen, die dem Staat gehören, werden oft mit direkten Zahlungen subventioniert. Der Bund hat 2021 mehr als zehn Milliarden in seine Unternehmen gepumpt, davon acht in die Deutsche Bahn. Auch private Unternehmen bekommen direkt Staatsgeld.

Aus dem Subventionsbericht der Bundesregierung ergibt sich, dass 2022 von Bund, Ländern und öffentlichen Sonderfonds insgesamt rund 80 Milliarden Euro Subventionen gezahlt worden sind. Der Bund hat sich besonders große Spendierhosen geleistet: Seine Subventionen haben sich seit 2019 auf 47 Milliarden Euro verdoppelt. Ein Großteil fließt in den Klimaschutz; der Expertenrat für Klimafragen bemängelt jedoch, dass die zahlreichen Umweltprogramme unzureichend, vage und widersprüchlich seien.

Das Finanzministerium berichtet zwar von "besonderer Rechtfertigung" und "regelmäßiger Erfolgskontrolle". Neue Subventionen sollten "durch Einsparungen an anderer Stelle" finanziert werden. "Passiert ist nichts, die Subventionen ufern unkontrolliert und viel zu oft unwirksam aus", schreibt der Bund der Steuerzahler. Längst sei beispielsweise klar, dass die Zukunft des Autos im Elektroantrieb liege. Gleichwohl subventioniert das Verkehrsministerium Wasserstofftankstellen für Personenwagen mit Hunderten Millionen.

Gewinn beim Verkauf der Lufthansa-Aktien

Der Staat kann auch Klein-Klein: Obwohl für Kunst und Kultur die Bundesländer zuständig sind, zahle der Bund dieses Jahr fünf Millionen an Veranstalter von Musikfestivals, kritisiert der Steuerzahlerbund. In Berlin beantragte ein Privatunternehmen Anfang des Jahres Geld, um dem "zunehmenden Entzug von Bürgerrechten" mit einer Künstlerzeitung zu begegnen. Binnen eines Tages bewilligte die Behörde des Kultursenators 40.000 Euro. Damit wurden laufende Kosten des Unternehmens bezahlt und der Großteil der Zeitung. Dass weder eine ordentliche Buchführung existierte, noch die behauptete Gemeinnützigkeit belegt wurde, fiel nicht auf.

Auch Subventionen wollen kalkuliert sein - das klappt mal gut und mal nicht. Die 15,6 Prozent, die der Bund seit der Bankenkrise an der Commerzbank hält, wurden mit etwa 26 Euro pro Aktie bezahlt. Dieser Kurs ist seit Jahr und Tag außer Sicht; derzeit kostet eine Commerzbank-Aktie um zehn Euro. Als der Staat in der Pandemie die Lufthansa rettete, war er gewitzter: Aktien wurden billig gekauft und sind längst wieder abgegeben - mit 760 Millionen Euro Gewinn.