Metallindustrie, Salzgitter

Deutsche Wirtschaft So viel Unsicherheit war lange nicht

Stand: 26.12.2019 10:28 Uhr

Nach einem schwierigen Jahr blicken deutsche Unternehmen zaghaft zuversichtlich auf 2020. Ein Hoffnungsschimmer, aber keine Entwarnung - so lässt sich die Stimmung in vielen Unternehmen zusammenfassen.

Schneidwerkzeuge sind das Geschäft von Bernd Supe-Dienes. Seit rund 30 Jahren leitet er die Dienes-Werke in Overath. Ob beim Schneiden von Trennfolien für Lithium-Ionen-Batterien, Silberstreifen für Banknoten oder klassischen Klebebändern - die Maschinen aus dem Bergischen Land sind vielfältig im Einsatz. Aber mit den Verkäufen in diesem Jahr ist der Firmenchef nicht zufrieden. "Der Absatz ist gegenüber dem Vorjahr knapp unverändert, aber das ist eben bei einer knappen Ertragslage und bei steigenden Kosten auch keine gute Entwicklung."

Um die Situation zu drehen, will Dienes neue Märkte erschließen - in Skandinavien und Südostasien. "Wir haben eine ganze Reihe neuer Vertriebspartner an Land gezogen und versuchen jetzt, auf den Exportmärkten stärker Flagge zu zeigen und dann Marktanteile hinzuzugewinnen."

So viel Unsicherheit war lange nicht

Wie den Dienes-Werken geht es gerade vielen Unternehmen: Richtig toll ist die Stimmung nicht. Das ist auch das Ergebnis der Umfrage des unternehmensnahen Instituts der Deutschen Wirtschaft, IW, unter knapp 50 deutschen Wirtschaftsverbänden. So viel Unsicherheit war selten, sagt IW-Chef Michael Hüther. Und das nicht nur wegen Donald Trumps Handelspolitik, dem Brexit und der nach langen Boomjahren wieder abflauenden Konjunktur. "Wir haben im Augenblick eine Situation, wo durch Klimapolitik, Alterung der Gesellschaft und Digitalisierung eine Qualität des Strukturwandels auf die Unternehmen einprasselt, wie wir das selten erlebt haben."

Das zeige sich auch beim Blick auf die Investitionen: "Das Geld für Zukunftsprojekte sitzt bei den Unternehmen weniger locker als in den Vorjahren. Im besonders exportorientierten Maschinen- und Anlagenbau sind für 2020 geringere Investitionen geplant als noch vor einem Jahr."

Arbeiter auf einer Baustelle in Hamburg

Die Industrie investiert kräftig - trotz der Unsicherheit.

Kräftige Investitionen

Das Investitionsniveau insgesamt bleibt aber auch im neuen Jahr hoch. "Dass trotz der schlechten Stimmung in der Industrie immer noch kräftig investiert wird, hat einfach damit zu tun, dass sie in der digitalen Transformation nicht aufhören können zu investieren."

Im Gesamtbild präsentiert sich die deutsche Wirtschaft eher stabil. Das liegt auch an zwei Branchen, die nicht vom Export abhängig sind, sagt Hüther. "Stabilisierend sind weiterhin der Bau und der Bereich Konsum, Einzelhandel."

Kaum Entlassungen, viel Kurzarbeit

Auch beim Thema Beschäftigung liefert die Unternehmensumfrage ein gemischtes Bild: Bei immer mehr Industriebetrieben ist Kurzarbeit angesagt. Andererseits ist das auch ein Mittel, qualifizierte Arbeitskräfte an sich zu binden, wenn es mal schlechter läuft. "Wenn Unternehmen Personal abbauen, dann eher über die natürliche Fluktuation", sagt IW-Chef Hüther. Das heißt: Mitarbeiter, die in Rente gehen, werden nicht ersetzt. So läuft es auch bei den Dienes-Werken im Bergischen Land: Entlassungen sind derzeit kein Thema, sagt Firmenchef Supe-Dienes: "Da kann es auch mal ein Jahr lang einen Durchhänger geben, das führt nicht dazu, dass wir das Personal nach Hause schicken."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 26. Dezember 2019 um 09:09 Uhr.