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marktbericht

Vorsichtige Anleger Gewinnmitnahmen an der Wall Street

Stand: 04.12.2023 22:22 Uhr

US-Anleger haben sich vor anstehenden neuen Wirtschaftsdaten nicht mehr ins Risiko getraut und nahmen Gewinne mit. Über allem steht weiterhin die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen der Notenbank.

Wie zuvor schon in Europa, sind auch die US-Anleger vorsichtig in die neue Woche gestartet. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab am Ende leicht um 0,11 Prozent auf 36.204 Punkte nach und hielt sich dabei von allen großen US-Indizes am besten.

Der breiter gefasste S&P 500 sackte um 0,54 Prozent auf 4569 Zähler ab, nachdem er zuvor auf den höchsten Schlussstand in diesem Jahr geklettert war. Beim Index der Technologiebörse Nasdaq fielen die Verluste mit 0,84 Prozent auf 14.185 Stellen höher aus. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gab 0,99 Prozent nach.

Investoren warteten auf eine Reihe von Wirtschaftsdaten in dieser Woche, um den künftigen Zinspfad der US-Notenbank besser abschätzen zu können. Dabei dürften nicht nur US-Daten Beachtung finden. Auch Inflationssignale aus China werden erwartet. Am 13. Dezember kommt der Zinsausschuss der Notenbank Federal Reserve (Fed) zum letzten mal in diesem Jahr zusammen.

"Zum jetzigen Zeitpunkt rechnet niemand mit weiteren Zinserhöhungen", sagte Joe Saluzzi von Themis Trading. Im Fokus der Marktteilnehmer ist, ob es der Fed gelingt, die Inflation in den Griff zu bekommen und gleichzeitig eine Rezession abzuwenden.

In diesem Umfeld nahmen die Anleger nach den jüngsten Kursanstiegen Gewinne mit. Zuletzt fehlten dem Dow nur noch 1,9 Prozent beziehungsweise rund 700 Punkte, um seine alte Bestmarke bei 36.952 Punkten einzustellen. Auslöser für die Jahresendrally an den Börsen waren die jüngsten ermutigenden Inflationsentwicklungen in den USA und der Eurozone.

Erst kurz vor dem Wochenende hatte eine Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell den Zinssenkungserwartungen der Anleger weitere Nahrung gegeben. Powell hatte zwar die Bereitschaft der Notenbank wiederholt, den Zins notfalls doch noch weiter anzuheben, aber auch gesagt, dass die Geldpolitik schon ziemlich restriktiv sei.

Viel fehlt nicht mehr bis zum alten Rekordhoch bei 16.529 Punkten aus dem Juli. Obwohl sich der DAX heute gegenüber seinem Schlussstand vom Freitag bei 16.397 Punkten kaum bewegte, herrscht weiterhin große Spannung an den Märkten. Der DAX ging letztlich bei 16.404 Punkten aus dem Handel, ein Mini-Gewinn von 0,04 Prozent.

Getrieben von massiver Zinsfantasie ist der deutsche Leitindex seit Ende Oktober über zehn Prozent gestiegen. Der finale Schritte zu einem neuen Allzeithoch blieb aber heute aus, der deutsche Leitindex pendelte zwischen 16.386 und 16.455 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Werte schloss bei 26.370 Punkten um 0,46 Prozent leichter.

Die letzte Bestätigung für den Sturm auf neue Rekordhöhen könnten nun neue Konjunkturdaten im Laufe der Woche liefern, unter anderem Auftragseingänge aus der Industrie und Stimmungsindikatoren. Vor allem der US-Arbeitsmarktbericht am Freitag wird weltweit mit großer Spannung erwartet.

Dabei hoffen die "Bullen" (Käufer), dass danach endgültig der Beginn von Zinssenkungen abgeleitet werden kann, die am Markt sehnlichst erwartet werden - denn noch halten sich führende Vertreter US-Notenbank Federal Reserve allen Erwartungen zum Trotz mehrheitlich weiter bedeckt. Trotzdem ist durch die Rally der vergangenen Wochen bereits Einiges in den Kursen enthalten, auf beiden Seiten des Atlantiks.

"Wenn die anstehenden Daten den Erwartungen der Fed entsprechen, könnte dies das Ende der Zinserhöhungen in diesem Jahr und einen Übergang zu Zinssenkungen im Jahr 2024 bedeuten", sagte Bruno Schneller, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Invico.

Nach Einschätzung von Claudia Windt von der Helaba könnte noch diese Woche beim DAX der alte Höchststand auf Schlusskursbasis von 16.470 Punkten fallen. "Es bleibt jedoch eine Gratwanderung", so Windt. Denn zumindest in den USA kühle sich die Wirtschaftsaktivität allmählich ab; wie sehr, werde sich in den kommenden Wochen zeigen.

Update Wirtschaft vom 04.12.2023

Melanie Böff, HR, tagesschau24, 04.12.2023 09:00 Uhr

Nach anfangs lustlosem Handel ist der Euro am Nachmittag im europäischen Handel zurückgefallen und wurde zuletzt im US-Geschäft bei 1,0837 Dollar notiert. Am Morgen hatte der Euro noch knapp einen halben Cent höher notiert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0868 (Freitag: 1,0875) Dollar fest.

Die am Vormittag veröffentlichten Konjunkturdaten aus der Eurozone bestätigten das Bild einer schwächelnden Wirtschaft. Am Nachmittag sollte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Paris eine Rede halten. Sie gab aber bekannt, dass sie am Samstag positiv auf Corona getestet wurde.

Negative Signale für den Aktienhandel kamen am Morgen von deutschen Wirtschaftsdaten: Die deutschen Exporte sind im Oktober wegen des schwachen Europa-Geschäfts überraschend den zweiten Monat in Folge gesunken. Sie fielen um 0,2 Prozent zum Vormonat auf 126,4 Milliarden Euro. Ökonomen hatten dagegen mit einem Anstieg von 1,1 Prozent gerechnet. "Die schwache Weltwirtschaft steht einer Exportbelebung weiter entgegen", erklärte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.

Die US-Industrie hat im Oktober spürbar weniger Aufträge an Land gezogen. Die Bestellungen gingen im Vergleich zum Vormonat um 3,6 Prozent zurück, wie das Handelsministerium heute mitteilte. Befragte Volkswirte hatten lediglich mit einem Minus von 2,8 Prozent gerechnet, nach abwärts revidierten plus 2,3 Prozent im September.

Die US-Industrie hatte ihre Talfahrt auch im November fortgesetzt. Der Einkaufsmanagerindex für den Sektor verharrte auf dem Vormonatswert von 46,7 Zählern, wie aus der jüngst veröffentlichten Firmenumfrage des Institute for Supply Management (ISM) hervorgeht. Damit blieb das Barometer den 13. Monat in Folge unter der Wachstumsschwelle von 50 Zählern

Der Goldpreis ist im frühen Handel bis auf 2.135 Dollar und damit auf ein Rekordhoch gestiegen. Mittlerweile ist der Preis aber wieder deutlicher zurückgefallen auf 2.023 Dollar, ein Minus von über vier Prozent.

Beim jüngsten Gold-Aufschwung spielt einerseits die Hoffnung der Anleger auf US-Zinssenkungen im kommenden Jahr eine Rolle: Sie lassen Gold, das selbst keine Zinsen abwirft, attraktiver werden. Andererseits kommt auch die jüngste Schwächung des Dollar dem Goldkurs zugute, denn dadurch wird das gelbe Edelmetall für internationale Käufer aus dem Nicht-Dollar-Raum günstiger.

"Die Märkte preisen für das kommende Jahr gleich mehrere Leitzinssenkungen ein - und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in Europa", sagte Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus. "Sollten sich die Anzeichen für niedrige Zinsen verdichten, dürfte das Gold auch im kommenden Jahr beflügeln."

Erstmals seit Mai vergangenen Jahres ist die Kryptowährung Bitcoin wieder über die Marke von 40.000 Dollar gestiegen. In derr Spitze wurden über 42.000 Dollar bezahlt.

Grund sind die Aussichten auf die Zulassung eines Bitcoin-Indexfonds (ETF) in den USA, was Investitionen in die Währung deutlich vereinfachen würde. Damit ist die Cyberdevise zwar weiterhin weit von ihrem Rekordwert von 69.000 Dollar entfernt. Doch der Anstieg zeigt eine deutliche Kurserholung nach einer Reihe von Skandalen und Unternehmenspleiten im Kryptosektor.

Die Ölpreise sind mit weiteren Abschlägen in die neue Woche gestartet. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Februar kostet am Abend 78,18 Dollar. Das warten 1,2 Prozent weniger als am Freitag. Die Märkte zweifeln weiterhin stark an der Quotendisziplin des Ölkartells OPEC+, die in der Vorwoche verkündeten Förderkürzungen auch tatsächlich umzusetzen.

Merck will seine Pipeline an Krebsmedikamenten durch einen millionenschweren Deal mit der chinesischen Abbisko ausbauen. Von dem Unternehmen erwirbt Merck eine exklusive Lizenz zur Vermarktung des Mittels Pimicotinib in China, Hongkong, Macau und Taiwan mit einer Option für den Rest der Welt, wie der Pharma- und Technologiekonzern heute mitteilte.

Abbisko erhält dafür eine Vorauszahlung von 70 Millionen Dollar, zudem winken erfolgsabhängige Meilensteinzahlungen sowie gestaffelte Lizenzgebühren auf die Umsätze bei einer möglichen späteren Zulassung des Medikaments. Zum möglichen Gesamtvolumen der Vereinbarung machte Merck keine Angaben.

Pimicotinib befindet sich derzeit in der zulassungsrelevanten dritten klinischen Studienphase und wird für die Behandlung von tenosynovialem Riesenzelltumor (TGCT) getestet - ein gutartiger Tumor der Gelenke, der die Lebensqualität der Patienten allerdings erheblich beeinträchtigen kann. Merck-Aktien waren heute im DAX gefragt und gingen mit einem Plus von fast zwei Prozent als Tagessieger durchs Ziel.

Rheinmetall-Aktien konnten die Avancen vom Vormittag nicht halten. Zum Schluss lag der Kurs aber immer noch gut ein halbes Prozent höher - nach einem Plus von rund 1,4 Prozent zur Mittagszeit. Zuvor hatten die Experten der Bank of America die Titel des Rüstungskonzerns auf "Buy" nach zuvor "Neutral" hochgestuft. Zudem hat Rheinmetall einen Großauftrag für die Lieferung von Artilleriemunition an die Ukraine im Wert von rund 142 Millionen Euro erhalten. Auftraggeber sei ein NATO-Partnerstaat, teilte Rheinmetall mit.

Die Kunden des größten deutschen Lebensversicherers Allianz Leben bekommen im kommenden Jahr erneut höhere Zinsen gutgeschrieben. Die Gesamtverzinsung steigt für alle Produktlinien um 0,3 Prozentpunkte, wie die Allianz Deutschland heute mitteilte. Für die "Perspektive"-Policen, die keine lebenslangen Zinsgarantien mehr vorsehen, liegt sie dann bei 3,8 Prozent, für die klassischen Lebens- und Renten-Policen bei 3,5 Prozent.

Nach der Einführung des Elektro-Bullis ID Buzz will Volkswagen ab 2028 seine gesamte Transporter-Flotte auf Elektro umstellen. Den Auftakt werde 2028 der große Transporter Crafter machen, kündigte VW-Nutzfahrzeuge-Chef Carsten Intra im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur an. Die anderen Modelle kämen dann nach und nach.

Aktien von Continental haben heute negativ auf mögliche Ausgliederungspläne der Automotive-Sparte des DAX-Konzerns reagiert. Nach zeitweisen Verlusten von rund vier Prozent verloren die Conti-Papiere am Ende aber nur noch gut 0,5 Prozent auf 71,04 Euro. Seit Jahresbeginn hat Conti noch immer gut ein Viertel an Börsenwert gewonnen. Von den Rekordhochs Anfang 2018 ist die Aktie nach einem längeren Abwärtstrend aber weit entfernt.

Continental stellte auf seinem Kapitalmarkttag Teile seines schwächelnden Automobilzuliefer-Geschäfts auf den Prüfstand. Von einem Einstieg eines Investors, einer Gemeinschaftsfirma bis hin zu einem Verkauf oder Börsengang sei alles möglich. Außerdem setzte Conti bei den Investitionsausgaben den Rotstift an und stellte höhere Dividenden in Aussicht. JPMorgan-Analyst Jose Asumendi lobte den langfristigen Restrukturierungsplan, der aus seiner Sicht zu einer Neubewertung der Marge führen dürfte und die Anlagestory in den kommenden Jahren stützen sollte.

Der Musikstreaming-Dienst Spotify will rund 1.500 Arbeitsplätze abbauen. Ungefähr 17 Prozent der Angestellten müssten Spotify verlassen, schrieb Unternehmenschef Daniel Ek in einem auf der Spotify-Internetseite veröffentlichten Brief. Als Begründung nannte er das verlangsamte Wirtschaftswachstum sowie die gestiegenen Zinsen. Das treffe auch Spotify. An der Wall Street legten die Aktien des Unternehmens um 7,46 Prozent deutlich zu.

Tesla hat im vergangenen Monat auf dem wichtigen Automarkt China einen Absatzeinbruch erlitten: Der US-Elektroautopionier verkaufte mit gut 82.000 Fahrzeugen im November fast 18 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, wie der Branchenverband China Passenger Car Association (CPCA) mitteilte. Der heimische Marktführer BYD steigerte den Absatz dagegen um 31 Prozent auf über 301.000 Fahrzeuge, was allerdings Hybridmodelle einschließt.

Nach der Ankündigung von Werkschließungen und des Abbaus von mehr als 1.500 Jobs drohen beim französischen Reifenhersteller Michelin betriebsbedingte Kündigungen. Die Gewerkschaft IG BCE will möglichst viele der Arbeitsplätze retten. Man arbeite an Alternativkonzepten für die betroffenen Standorte Karlsruhe, Trier und Homburg und Überlegungen, wie sich dort die Produktivität steigern lasse, sagte Matthias Hille, Leiter des IG-BCE-Bezirks Mainz der Deutschen Presse-Agentur.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 04. Dezember 2023 um 09:00 Uhr in Update Wirtschaft.