
EuGH-Urteil Rufbereitschaft kann komplett Arbeitszeit sein
Berufliche Bereitschaft kann bei erheblichen Einschränkungen komplett als Arbeitszeit betrachtet werden. Das geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs hervor. Hintergrund ist die Klage eines Feuerwehrmanns.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird dem Offenbacher Feuerwehrmann erst mal nicht weiterhelfen, seine regelmäßigen Rufbereitschaftszeiten auch bezahlt zu bekommen. Als Einsatzleiter leistet er Bereitschaftsdienste. Dabei muss er seine Einsatzmontur tragen und, wenn er angerufen wird, innerhalb von zwanzig Minuten mit dem Einsatzfahrzeug an seiner Dienststelle sein. Er sagt: Er sei dadurch erheblich eingeschränkt. Das sei Arbeitszeit.
Mehrere Faktoren zu berücksichtigen
Das oberste Gericht der EU entschied: Arbeitszeit sei, wenn die dem Arbeitnehmer auferlegten Einschränkungen seine freie Zeit ganz erheblich beeinträchtigen. Bereitschaftszeit sei automatisch Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz, der nicht seine Wohnung ist, bleiben und sich dort seinem Arbeitgeber zur Verfügung halten muss. Entscheidend sei auch, in welcher Reaktionszeit er am Einsatzort sein muss.
Nun muss aber nicht der EuGH sondern das Verwaltungsgericht Darmstadt in einer Gesamtwürdigung aller Umstände der Ruhe- und Arbeitsbedingungen des Offenbacher Feuerwehrmannes prüfen, was für ihn Arbeits- und was keine Arbeitszeit ist. Die Vergütung von Rufbereitschaften haben die EU-Staaten und Tarifverträge zu regeln.
Viele Branchen betroffen
Die Gewerkschaft ver.di weist darauf hin, dass in Deutschland für alle Rufbereitschaften, die Arbeitszeit darstellen, der Mindestlohn gilt. Das Grundsatzurteil der Luxemburger Richter hat Bedeutung für alle Branchen, für die die Arbeitszeitrichtlinie der EU und das deutsche Arbeitszeitgesetz gelten, also etwa auch für die Polizei, die Pflege und die Sozialwirtschaft.