Glasbehälter mit Rohstoffen, die für die Elektroauto-Batterie benötigt werden
analyse

Rohstoffe für E-Autos Die Chancen des Batterie-Recyclings

Stand: 03.03.2023 10:12 Uhr

Eine Elektroauto-Batterie braucht bis zu neun Kilo Lithium und 13 Kilo Kobalt. Weil der Bedarf steigt und die Rohstoffe knapper werden, arbeiten Autobauer wie Mercedes-Benz nun an Recyclinganlagen für Autobatterien.

Eine Analyse von Tim Diekmann, SWR

Lithium stammt heute vor allem aus den Bergwerken Australiens und aus unterirdischen Quellen in Chile. Mit zuletzt 100.000 Tonnen im Jahr fördern die beiden Länder den Großteil des weltweit benötigten Lithiums. Ohne das Alkalimetall geht in der modernen Welt kaum noch was. Vor allem in der Produktion von Batterien für Elektroautos ist Lithium inzwischen nahezu unverzichtbar. Der Bedarf könnte schon bald die jährlichen Produktionsmengen übersteigen - auch wegen des geplanten Verbrenner-Verbots in der EU ab 2035.

Recyclingquote von mehr als 96 Prozent

Um politische und wirtschaftliche Abhängigkeiten von Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Mangan zu reduzieren, steigt jetzt auch der deutsche Autobauer Mercedes-Benz in das Geschäft des Batterierecyclings ein. Auf dem Gelände des Presswerks im baden-württembergischen Kuppenheim bei Rastatt entsteht eines der größten Recyclingwerke für E-Auto-Batterien in Deutschland.

Heute wird der Grundstein für das Projekt gelegt. Dieser symbolisiere "den entscheidenden Schritt zur Schließung des Wertstoffkreislaufs von Batterien von Mercedes-Benz. Mit einer Recyclingquote von mehr als 96 Prozent entsteht hier in Kuppenheim sinnbildlich eine 'Mine von morgen'", sagt Jörg Burzer, Produktionsvorstand der Mercedes-Benz Group.

Tim Diekmann, SWR, mit Informationen zur Batterie-Recycling-Fabrik in Kuppenheim

tageschau24 11:00 Uhr

Abhängigkeiten reduzieren

Die Recycling-Technologie kauft Mercedes extern ein: Das deutsch-australische Joint-Venture Primobius betreibt im nordrhein-westfälischen Hilchenbach bereits eine Pilotanlage. Mit Mercedes in Kuppenheim soll nun alles nochmal deutlich größer werden. Doch noch mangelt es an ausreichend Recyclingmaterial, sagt Technologievorstand Hans Ferkel vom deutschen Primobius-Partner SMS group.

"Es ist so ein bisschen wie das Henne-Ei-Prinzip: Wenn Sie die Rohstoffe nicht ausreichend zur Verfügung stellen, wird das Wachstum in diesen Produkten natürlich gering sein." Das sei auch der Grund, warum Batterierecycling in Deutschland bisher eher eine geringe Rolle gespielt hat, ergänzt Projektleiter Christoph Neef vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. Der Wissenschaftler beobachtet die Marktentwicklungen auf dem Feld des Batterierecyclings.

"Die Märkte in China sind viel größer als in Europa. Das heißt, die Recycler dort, die haben auch wirklich Batterien zum recyclen. Und auch in den USA gibt es durch den frühen Markteinstieg von Tesla eine nennenswerte Menge an Batterien, die man recyclen kann", so Neef. "Hier in Europa haben wir zwar immer mehr Elektroautos auf den Straßen, es fehlen aber Batterien, die man recyceln müsste. Die Industrie befindet sich deshalb noch in einer Aufbauphase."

Experten sehen großes Potenzial

Wie groß das Potenzial ist, zeigt eine Untersuchung, die Neef als Projektleiter am Fraunhofer ISI mitverantwortet: Danach steigt die Menge zu recycelnder Batterien in Europa im Jahr 2030 von 420.000 Tonnen auf 2,1 Millionen Tonnen im Jahr 2040. "Deswegen glaube ich, dass die Industrie gerade ganz gut aufgestellt ist. Auch wenn sie selbst beklagt, zu früh dran zu sein", meint Neef.

Neben Mercedes forscht auch der Volkswagen-Konzern an Methoden zum Batterierecycling. Das Potenzial sei riesig, beobachtet auch Automobilexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. "Elektromobilität muss ökologisch nachhaltiger werden. Und da muss eine Kreislaufwirtschaft aufgebaut werden." Noch sei Batterierecycling aber vor allem teuer und wenig wirtschaftlich, so Bratzel: "Ich befürchte, dass nicht alle Unternehmen, diesen Übergang, der zehn oder vielleicht mehr Jahre dauern wird, überleben werden."

Erst schreddern, dann schürfen

In Kuppenheim bei Mercedes-Benz braucht es dagegen noch die Kraft von Grafiken und Animationen, um zu verstehen, was hier ab Ende des Jahres in der Recyclingfabrik passieren soll. Geplant ist ein zweistufiger Prozess, den Experten als mechano-hydrometallurgisches Verfahren beschreiben.

In einem ersten Schritt wird die Altbatterie in Einzelzellen zerlegt, erklärt Hans Ferkel vom Technologiepartner Primobius: "Diese Zellen werden dann in einen Schredder eingetragen. Wir zerkleinern also erstmal die Batterien. Da fallen dann schon die ersten Wertstoffe an, wie zum Beispiel Kupfer und Aluminium." Übrig bleibe eine sogenannte "schwarze Masse": Darin enthalten seien Kobalt, Nickel, Mangan, Lithium und Graphit. "In einem zweiten Schritt wird diese Masse chemisch aufgelöst, und wir gewinnen die wertvollen Metalle zurück", so Ferkel. Diese sogenannten Rezyklate sollen dann erneut für Batterien eingesetzt werden.

Computer-Visualisierung der geplanten Batterierecyling-Fabrik von Mercedes

Die geplanten Batterierecyling-Fabrik von Mercedes in einer Computer-Visualisierung.

Ziel ist ein geschlossener Kreislauf

Dafür müsse aber zunächst die Qualität stimmen, sagt Helmut Ehrenberg vom Karlsruher Institut für Technologie. Sein Team wird künftig die Qualität der in Kuppenheim recycelten Wertstoffe untersuchen. "Das Beste ist, wenn wir die Wertstoffe, die einmal in der Batterie drin sind, auch im Kreislauf belassen", so Ehrenberg. "Wir müssen in einen geschlossenen Kreislauf kommen."

Von einem echten geschlossenen Kreislauf, glaubt Fraunhofer-Wissenschaftler Neef, sei man aber noch weit entfernt: "Man schafft kein hundertprozentiges Recycling. Man wird immer Primärrohstoffe wie abgebautes Lithium einsetzen müssen. Beim Kobalt stellen wir aber fest, dass alte Batterien noch größere Mengen benötigt haben als neuere Batterien. Hier könnten wir also künftig durch Recycling der Altbatterien ausreichend Kobalt für neue Batterien gewinnen." Stetig effizienter werdende Batterien machen also eine geschlossene Kreislaufwirtschaft überhaupt erst möglich, die auch die EU zukünftig durch strengere Recyclingrichtlinien fördern möchte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. März 2023 um 14:00 Uhr.