
Wie reagiert die Notenbank? Britische Wirtschaft wächst wieder
Erstmals seit vier Monaten wächst die britische Wirtschaft wieder leicht. Der Ausblick bleibt jedoch düster. Diesen Donnerstag muss die Notenbank entscheiden, wie sehr sie die Zinsen noch straffen will.
Für die britische Wirtschaft gab es heute sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. So legte die britische Wirtschaftsleistung von September auf Oktober um 0,5 Prozent zu. Das teilte das Statistikamt ONS mit. Analysten waren von einem leichteren Anstieg von 0,4 Prozent ausgegangen. Damit wächst die britische Wirtschaft das erste Mal seit vier Monaten wieder.
Noch einen Monat zuvor im September war die Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent geschrumpft. Dazu beigetragen hatte auch das Staatsbegräbnis von Königin Elizabeth im September, an dem es einen arbeitsfreien Tag gegeben hatte. Das Vorzeichen des Drei-Monatszeitraums bis Oktober bleibt jedoch weiter negativ: In der Zeit schrumpfte die Wirtschaft im Vereinigten Königreich um 0,3 Prozent.
Starker Dienstleistungssektor
Getragen wurde das neuerliche Wachstum vor allem durch den Dienstleistungssektor, der um 0,6 Prozent zulegte. Auch die Aktivität am Bau stieg deutlich um 0,8 Prozent. Steigende Rohstoffpreise und Kreditkosten sowie ein Rückgang der Verbrauchernachfrage setzten jedoch der britischen Industrie zu. Zwar wuchs die Warenherstellung im verarbeitenden Gewerbe; die übrigen Industriebereiche, darunter die Energieerzeugung, gaben jedoch nach.
Die jüngsten offiziellen Daten zeigten, dass die Produktion im September um 5,8 Prozent niedriger ausfiel als ein Jahr zuvor. Der Sektor blickt auch pessimistisch in die Zukunft. Die Produktion werde 2023 um 3,2 Prozent schrumpfen, nach einem Minus von 4,4 Prozent im laufenden Jahr, prognostiziert der Verband Make UK.
Lange Rezession erwartet
Mit dem Plus beim BIP im Oktober liegt die britische Wirtschaft laut ONS nun 0,4 Prozent über dem Niveau von vor der Corona-Krise. Doch Finanzminister Jeremy Hunt sprach mit Blick auf die Konjunkturaussichten von einem harten Weg, der vor Großbritannien liege. Wie der Rest Europas sei das Land nicht immun gegen die Nachbeben der Corona-Krise, die Folgen des Ukraine-Krieges und der hohen Gaspreise am Weltmarkt. Die Bank of England (BoE), die vor der neunten Zinsanhebung in Serie steht, erwartet eine lange Rezession.
Wie viel Straffung noch nötig?
DWS-Volkswirtin Katrin Löhken verweist darauf, dass sinkende Realeinkommen bei einer Inflationsrate von zuletzt 11,1 Prozent die Binnennachfrage drücken: "Und frühere Leitzinserhöhungen fressen sich durch die Wirtschaft." Dies mache die Entscheidungsfindung der Zentralbank über die Höhe des nächsten Zinsschritts am Donnerstag schwierig.
Zwar seien die Währungshüter prinzipiell entschlossen, die Inflation zu bekämpfen. Doch gingen die Meinungen darüber auseinander, wie viel Straffung noch nötig sein werde. Einige Zentralbanker befürchteten, dass zu viele oder zu starke Zinserhöhungen die Rezession unnötig vertiefen könnten. "Letztendlich scheint ein Votum für eine Anhebung des Leitzinses um 50 Basispunkte plausibel, wodurch der Leitzins auf 3,50 Prozent steigen würde", meint die DWS-Ökonomin.