
Lebensmittelversorgung Altmaier will Kartellrecht lockern
Stand: 20.03.2020 09:09 Uhr
Weil viele Grenzen wegen der Corona-Krise geschlossen sind, befürchten die Handelsketten Versorgungsprobleme. Um Engpässe zu verhindern, will Wirtschaftsminister Altmaier das Kartellrecht lockern und mehr Kooperationen erlauben.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will in der Corona-Krise die Kooperation von Handelsketten erleichtern, damit diese die Bevölkerung sicher mit Lebensmitteln versorgen.
"Wenn Lebensmittelindustrie und Einzelhandel kooperieren, um die Versorgung der Bürger in der Krise sicherzustellen, dann werden wir Fragen des Kartellrechts mit den Kartellbehörden aufnehmen und eine Lösung erzielen", sagte Altmaier dem "Spiegel".
Fahrer fürchten Grenzschließungen
Der Warentransport etwa von Früchten und Gemüse aus Spanien gestalte sich schwierig, berichtet das Magazin unter Berufung auf ein internes Schreiben des Großhandelsunternehmen Iberiana Frucht. Das Unternehmen beklage einen Mangel an Lastwagenfahrern wegen der geschlossenen Grenzen.
"Viele Fahrer möchten kein Risiko eingehen und bleiben lieber zu Hause", zitiert der "Spiegel" aus dem Schreiben. Sie wüssten in der gegenwärtigen Situation nicht, ob "sie danach die Rückreise überhaupt wieder antreten dürfen".
Von der Leyen: Güter erreichen zu spät ihr Ziel
Zuvor hatte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen besorgt über teils dramatische Folgen der neuen Grenzkontrollen innerhalb Europas geäußert. "In den vergangenen Tagen sind Tausende, von Pendlern bis Lastwagenfahrern, an Grenzen gestrandet, die eigentlich keine mehr sein sollen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. "Insbesondere der Stau im Güterverkehr führt dazu, dass Lebensmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter viel zu spät ihr Ziel erreichen."
Gesundheitsschutz sei in der Corona-Krise zwar richtig, sagte von der Leyen. "Aber wir müssen gemeinsam Lösungen finden, die unseren Binnenmarkt in Gang halten." Die Situation habe sich seit Beginn der Woche etwas gebessert.
Die Kommission arbeite daran, dass alle EU-Bürger sicher nach Hause zurückkehren könnten und die Volkswirtschaft keinen gravierenden Schaden nehme, versicherte die CDU-Politikerin. Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson werde sich im Laufe des Tages erneut mit den EU-Innenministern beraten.
Kontrollen an EU-Grenzen
Wegen der Coronavirus-Pandemie hatten Deutschland und andere Länder scharfe Grenzkontrollen an den EU-Grenzen eingeführt, an denen normalerweise freie Fahrt herrscht. Vor allem an der deutsch-polnischen Grenze kam es zu Dutzenden Kilometern Stau. Von der Leyen schlug daraufhin Leitlinien für einheitliche Verfahren und "grüne" Spuren für Lastwagen mit wichtiger Fracht vor. Die werden aber nur schleppend umgesetzt.
Appell der Handelskonzerne
Hamsterkäufe angesichts der Coronavirus-Krise führen seit Tagen immer wieder zu leeren Regalen in vielen Supermärkten und bei den Discountern. Immer öfter sind deshalb mittlerweile in den Läden Zettel zu sehen, auf denen die Abgabe etwa von Toilettenpapier oder Nudeln mengenmäßig eng begrenzt wird.
Die großen deutschen Lebensmittelhändler appellierten deshalb am Donnerstag gemeinsam an die Verbraucher, Hamsterkäufe zu unterlassen. In Zeitungsanzeigen baten Edeka, Rewe, Aldi, Lidl, Penny, Netto und Kaufland um Rücksicht und Solidarität. Dies trage dazu bei, die Lieferstrukturen nicht zu überfordern und sorge dafür, dass für alle genug zur Verfügung stehe.
Die Handelsketten betonten allerdings, es gebe keinen Grund zur Sorge, dass es zu dauerhafter Knappheit kommen könnte.
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