
Aufbau von 5G-Netz Doppeltes Prüfverfahren für Huawei
Beim Aufbau des 5G-Netzes gibt es Bedenken mit Blick auf den chinesischen Konzern Huawei und andere Ausrüster. Deshalb will die Bundesregierung Beteiligungen laut ARD-Hauptstadtstudio doppelt prüfen: technisch und politisch.
Von Michael Stempfle, ARD-Hauptstadtstudio
Für chinesische Konzerne wie Huawei wird es künftig hohe Hürden geben, um am Bau des schnellen Mobilfunknetzes der fünften Generation beteiligt zu werden. Die Bundesregierung will chinesische Komponenten zwar nicht grundsätzlich verbieten - eine Einigung auf Ministerebene sieht aber nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudio vor, dass es künftig zwei unterschiedliche Prüfverfahren geben wird. Vor allem der zweite Prüfschritt wird chinesischen Ausrüstern künftig große Schwierigkeiten bereiten.
Drei Ministerien beteiligt
Schon bisher war geregelt, dass das Bundesamt für IT-Sicherheit den technischen Check machen soll. Das BSI soll also klären, ob die sicherheitsrelevanten Bestandteile für das 5G-Netz technisch in Ordnung sind. So sollen die IT-Experten herausfinden, ob sich die Elemente für Spionage und Sabotage eignen könnten.
Der Knackpunkt ist, dass bei den kritischen Komponenten künftig zusätzlich eine politische Bewertung abgegeben werden soll, und zwar durch die zuständigen Ministerien. Diese gesamtpolitische Situation soll vom Auswärtigen Amt, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesinnenministerium in Betracht gezogen werden.
BND involviert
Für diesen zweiten Schritt, die Bewertung auf politischer Ebene, sollen auch nachrichtendienstliche Informationen herangezogen werden. Vereinfacht ausgedrückt: Die Ministerien werden künftig beim Bundesnachrichtendienst (BND) anfragen, wie groß die Gefahr ist, dass Staaten wie China Deutschland über das schnelle Mobilfunknetz ausspionieren wollen.
Schon in der Vergangenheit hatte der BND Bedenken zum Ausdruck gebracht. Der Grund: Chinesische Unternehmen stehen unter dem Einfluss des Staates und der kommunistischen Führung.
Komponenten werden gecheckt
Das künftige Verfahren ist folgendermaßen gedacht: Internet-Provider wie die Telekom suchen nach Ausrüstern wie Huawei. Dann legen die Provider der Bundesregierung ein Konzept vor: Wo im Netz soll es welche Komponenten von welchen Ausrüstern geben. Darin muss auch eine Garantie der Ausrüster enthalten sein, dass die Produkte die deutschen Sicherheitsanforderungen erfüllen.
Wichtig: Alle Minister müssen dem Konzept des Providers zustimmen. Sollte etwa der Außenminister nicht einverstanden sein, könne er ein Veto einlegen, heißt es aus der SPD-Fraktion. Vorgesehen ist ein Modell, bei dem sich auch das Bundeskanzleramt einschalten kann.
Angst vor China
Da die schriftliche Ausgestaltung der Einigung noch nicht vorliegt, will sich die Regierung dazu noch nicht öffentlich äußern. Zuvor hatten bereits "Welt" und "Handelsblatt" darüber berichtet. Aus Kreisen der Regierungsfraktionen heißt es, der Kompromiss sei beschlossen. Es gehe lediglich noch um eine schriftliche Ausgestaltung.
Zur Wahrheit gehört auch, dass sich die Regierung, vor allem das Bundeswirtschaftsministerium, bislang schwer damit getan hat, mit diesem Kompromiss an die Öffentlichkeit zu gehen. Grund: Die Sorge vor Verwerfungen mit China.
Bauteile nur schwer austauschbar
Der ursprüngliche Plan hatte eine politische Bewertung nicht vorgesehen. Die gesamte Verantwortung hätte also ganz auf einer einzigen Behörde gelegen, dem BSI.
Das soll nach wie vor die Bestandteile prüfen: Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass ein Unternehmen doch getrickst hat, kann das Unternehmen nachträglich sanktioniert werden. Experten hatten diese Regelung in der Vergangenheit kritisiert, da sich eingebaute Komponenten nachträglich nicht so ohne Weiteres ausbauen ließen.
Auch andere Prüflabore zugelassen
Der Plan der Bundesregierung sieht nun außerdem vor, dass Deutschland bei der technischen Prüfung nicht ausschließlich auf das BSI zugreifen muss. Auch andere in Europa zugelassene Prüflabore sind denkbar, etwa in Frankreich, Spanien oder den Niederlanden.
Auch Peripherie checken
Welche Komponenten als besonders wichtig für die Sicherheit des Netzes gelten und besonders geprüft werden müssen, legt die Bundesregierung fest. Dafür soll eine Liste erstellt werden, die ständig aktualisiert wird. Der Bundesregierung geht es dabei nicht nur um kritische Komponenten, die im 5G-Kernnetz sind. Da das so genannte Zugangsnetz immer mehr an Bedeutung gewinnt, will die Bundesregierung auch die Peripherie im Blick haben.
Ein Beispiel dafür ist das autonome Fahren. Autos sind auf den ständigen Datenaustausch innerhalb des 5G-Netzes angewiesen. Das bedeutet wiederum, dass Mobilfunkantennen, die an Autobahnen gebaut sind, durchaus wertvolle Verkehrsdaten von A nach B übermitteln. Einfach gesagt: Solche Stationen an der Autobahn gewinnen an Bedeutung als kritische Komponenten im 5G-Netz. Ihre sicherheitsrelevante Bedeutung steigt, je weiter sich das 5G-Netz entwickelt.
"Es gibt keine unkritischen Komponenten"
Da sich die Bedeutung von Komponenten ändert, sollen Bundesnetzagentur und BSI künftig in einem fortlaufenden Prozess klären, ab wann welche Komponenten als sicherheitsrelevant gelten. Sobald die Elemente entsprechend eingestuft sind, werden sie gründlicher geprüft.
Kritik an dieser Sichtweise kommt von Chaos Computer Club: Mobilfunknetze seien grundsätzlich kritische Infrastruktur: "Darin gibt es keine unkritischen Komponenten", so IT-Experte Linus Neumann. Entscheidend sei, dass die Komponenten nicht einfach nur gekauft, sondern auch von den Ausrüstern ins Netz eingebracht würden. "Dabei erlangen sie genaue Kenntnisse über Aufbau und Konfiguration des Netzes", so Neumann. Würde man einem Unternehmen grundsätzlich nicht vertrauen, dann dürfte es auch dieses Wissen nicht erlangen.
Für Neumann ist dies ein weiterer Hinweis, dass es hier nicht um Sicherheit und Vertrauen, sondern um wirtschaftspolitische Erwägungen und eine Positionierung im Handelskrieg zwischen USA und China geht.