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Krieg gegen die Ukraine + Mützenich: Deutsche Politik in Kiew "sehr begrüßt" +

Stand: 06.03.2023 22:58 Uhr

SPD-Fraktionschef Mützenich hat die deutsche Ukraine-Politik nach seinem Kiew-Besuch verteidigt. Berlins Handeln werde dort "sehr begrüßt", sagte er in den tagesthemen. Kiew hat entsetzt auf ein mutmaßliches Erschießungsvideo reagiert. Die Entwicklungen im Liveblog.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Einigkeit der militärischen Führung in Kiew im Kampf um die Stadt Bachmut im Osten des Landes betont. Nach einem Treffen mit Generälen sagte Selenskyj in einer Videobotschaft, es sei die einhellige Entscheidung getroffen worden, nicht zu weichen, sondern die Truppen zu verstärken. Er habe den Kommandeur der Einheiten in der Region und den Generalstabschef gefragt, wie dort weiter vorzugehen sei. "Beide Generäle haben geantwortet, man werde sich nicht zurückziehen. Stattdessen wird die Verteidigung gestärkt."

Selenskyj versuchte dem Eindruck entgegenzutreten, dass es in der Führung der Ukraine zum weiteren militärischen Vorgehen in Bachmut unterschiedliche Meinungen gibt. Es gebe viel Desinformation, sagte er. Auch westliche Experten hatten erklärt, dass es besser sein könnte, die symbolträchtige Stadt aufzugeben, um die Ressourcen an anderer Stelle einzusetzen.

Neben Deutschland will auch Tschechien der Schweiz alte "Leopard 2"-Panzer abkaufen. Das sagte die Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd im Fernsehsender SFR. Wie viele Panzer die Regierung in Prag kaufen wolle, sagte sie aber nicht. Die Schweiz sei bereit, nach einem entsprechenden Beschluss des Parlaments eine gewisse Anzahl an "Leopard"-Panzern abzugeben, sagte Amherd mit Blick auf die Anfragen aus Deutschland und Tschechien.

Die Bundesregierung hatte die Schweiz Ende Februar um die Genehmigung für einen Rückkauf stillgelegter "Leopard"-Panzer durch den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall gebeten.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat nach seinem Besuch in Kiew die Politik der Bundesregierung und des Bundeskanzlers verteidigt. Besonders Kanzler Olaf Scholz bemühe sich, auf der einen Seite die Ukraine zu unterstützen, sagte Mützenich in einem vorab aufgezeichneten Interview mit den tagesthemen. Man folge der UN-Charta, die jedem angegriffenen Staat das Selbstverteidigungsrecht zusichere. "Auf der anderen Seite unterlässt niemand, insbesondere der Bundeskanzler nicht, diplomatische Bemühungen, um überhaupt den Pfad zu Verhandlungen zu legen."

In den Gesprächen in Kiew sei daran auch keine Kritik geäußert worden. "Im Gegenteil, alle diese Schritte, die der Bundeskanzler auch in enger Abstimmung mit dem US-Präsidenten macht, sind sehr begrüßt worden."

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, mit Details zum Besuch in Kiew

tagesthemen, tagesthemen, 06.03.2023 22:15 Uhr

Mützenich hatte in den vergangenen Monaten immer wieder für Zurückhaltung bei Waffenlieferungen geworben und war damit in der Ukraine angeeckt. So hatte der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk ihn im Januar auf Twitter den "wertvollsten Aktivposten Russlands bei der Blockade der Hilfe für die Ukraine" genannt. Mützenich habe nun aber "alle Gesprächspartner so erlebt, dass sie wollten, dass wir hier sind", sagte er. Unstimmigkeiten hätten bereits früher ausgeräumt werden können - in Gesprächen sowohl mit dem neuen ukrainischen Botschafter als auch mit Außenminister Dmytro Kuleba. "Der hat mir damals versichert, dass ich jederzeit entweder alleine oder auch in Begleitung in Kiew willkommen bin."

Die Ukraine hat nach offiziellen Angaben seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor einem Jahr mehr als 300 Kinder aus russisch kontrollierten Gebieten zurückgeholt. Der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Dmytro Lubinez, berichtete von insgesamt 307 Fällen. Darunter sei auch ein erst acht Jahre alter Junge, der nun bei seiner Großmutter sei. Details nannte Lubinez nicht - auch nicht dazu, von wo genau und auf welche Weise die Minderjährigen zurückgeholt wurden.

Die Ukraine wirft Russland vor, seit dem Einmarsch immer wieder Kinder aus dem Kriegsgebiet gewaltsam zu verschleppen und "russifizieren" zu wollen. Insgesamt wurden Angaben aus Kiew zufolge 14.000 ukrainische Kinder nach Russland gebracht. Moskau weist den Vorwurf zurück und spricht davon, dass die Kinder vor den Kämpfen in Sicherheit gebracht würden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine hat nach Monaten wieder einen Chef. Mit der Ernennung eines neuen Leiters habe sein Land nun alle "sieben Empfehlungen der EU" für den Beginn von Beitrittsgesprächen erfüllt, erklärte Regierungschef Denis Schmyhal. Dies zeige "unsere Entschlossenheit, noch in diesem Jahr mit den Verhandlungen zu starten".

Zum neuen Leiter des Büros zum Kampf gegen die Korruption in der Ukraine wurde demnach Semen Krywonos ernannt. Der in der Öffentlichkeit wenig bekannte 40-jährige Jurist leitete zuletzt eine Behörde für Architektur und Stadtplanung. Laut dem Korruptionsbekämpfer Witalij Schabunin war Krywonos bisher noch nicht mit der Untersuchung von Korruption befasst. Zudem stehe er dem Präsidentenbüro nahe, kritisierte der renommierte Aktivist auf Facebook.

Mit Entsetzen hat die ukrainische Führung auf ein Video von einer mutmaßlichen Erschießung eines ukrainischen Kriegsgefangenen durch russische Soldaten reagiert. "Kriegsverbrechen werden in Russland kultiviert", schrieb der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, im Nachrichtenkanal Telegram. Es sei ein Beispiel für die Schwäche der Russen. "Für jedes dieser Kriegsverbrechen wird es eine Strafe geben. Niemand kann sich dieser entziehen", sagte der Vertraute von Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Zuvor war unter anderem von dem Internetportal Ukrajinska Prawda ein Video veröffentlicht worden, bei dem ein Mann in ukrainischer Uniform "Ruhm der Ukraine" ruft und dann offensichtlich erschossen wird.

Der Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Dmytro Lubinez, bezeichnete die gefilmte mutmaßliche Erschießung als "Ausdruck von Niedertracht und Gemeinheit". Die Tötung von Gefangenen sei ein Verstoß gegen die Genfer Konventionen. Er habe das Video seinen internationalen Kollegen als Beleg für ein "weiteres Kriegsverbrechen Russlands" geschickt. Die Echtheit des Videos war von unabhängiger Seite zunächst nicht überprüfbar.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto hat dem Westen vorgeworfen, sich in eine "Kriegspsychose" hineinzusteigern. "In Brüssel gibt es Leute, die es als einen Wettkampf betrachten, wer der Ukraine mehr Waffen liefert, Europa oder die USA", erklärte der Politiker im Parlament in Budapest. Dabei befinde sich die Welt "in der 25. Stunde", um einen drohenden Weltkrieg abzuwenden. Szijjarto warb in der Volksvertretung für eine Resolution, die Russland und die Ukraine zum sofortigen Waffenstillstand und zu Friedensverhandlungen aufruft. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban pflegt auch angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gute Beziehungen zum Kreml.

Russland droht ein noch größeres Haushaltsloch in diesem Jahr als ohnehin befürchtet. Der russische Staatshaushalt weise nach den Monaten Januar und Februar bereits ein Defizit von 2,581 Billionen Rubel (32,3 Milliarden Euro) auf, teilte das Finanzministerium der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Im Vorjahreszeitraum hatte Russland noch einen Überschuss von 415 Milliarden Rubel (5,2 Milliarden Euro) erzielt.

Problematisch für den russischen Haushalt ist vor allem der Einbruch bei den Öl- und Gaseinnahmen. Diese sind den vorläufigen Berechnungen des Ministeriums zufolge um fast die Hälfte gesunken. Dies hänge vor allem mit dem niedrigeren Ölpreis und dem gesunkenen Export von Erdgas zusammen, teilte das Finanzministerium mit.

Die ukrainische Armee will Bachmut nicht aufgeben: Nach Spekulationen über einen Abzug aus der heftig umkämpften Stadt in der Ostukraine erklärte das ukrainische Präsidialamt am Montag, die Armeespitze wolle die Stellungen in Bachmut sogar verstärken. Der Chef der am Kampf um Bachmut maßgeblich beteiligten russischen Söldnertruppe Wagner beschwerte sich unterdessen erneut über eine mangelnde Belieferung seiner Kämpfer mit Munition.

Die russische Fernostregion Amur wirbt Waisen mit der Vergabe von Wohnungen für die Teilnahme am Krieg in der Ukraine an. "Heute haben aus dem Kreis der Waisenkinder diejenigen Personen ein Vorrangsrecht auf den Erhalt eines Wohnraumzertifikats, die an der militärischen Spezialoperation teilnehmen oder teilgenommen haben", sagte die Sozialministerin der Region, Natalja Kisseljowa, einer Pressemitteilung der Gebietsverwaltung am Montag zufolge.

Eigentlich haben laut russischem Sozialrecht alle Waisen Anspruch auf Wohnraum, wenn sie 18 Jahre alt werden. Allerdings warten allein in der Fernostregion Amur an der Grenze zu China 3500 Waisen auf die Zuteilung einer Wohnung.

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat Transparency International zur "unerwünschten Organisation" erklärt. Die Nichtregierungsorganisation verfolgt den Zweck der Bekämpfung und Eindämmung von Korruption. Es sei festgestellt worden, dass die Aktivitäten der Organisation mit Sitz in Berlin eindeutig über die erklärten Ziele hinausgingen, hieß es zur Begründung.

Die Bezeichnung "unerwünscht" wurde seit Einführung dieser rechtlichen Klassifizierung im Jahr 2015 auf zahlreiche ausländische Organisationen und Gruppen in Russland angewandt und dient oft als Vorstadium für ein vollständiges Verbot durch das Justizministerium.

Der Preis für europäisches Erdgas hat die Abwärtsbewegung der vergangenen Handelswochen fortgesetzt und den tiefsten Stand seit Sommer 2021 erreicht. Zu Beginn der Woche fiel der Preis für den richtungsweisenden Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat bis auf 42,50 Euro je Megawattstunde (MWh). Günstiger war europäisches Erdgas zuletzt im August 2021.

Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine waren die Erdgaspreise im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. In der Spitze wurden Preise von mehr als 300 Euro gezahlt, nachdem Erdgas längere Zeit um die 20 Euro je MWh gekostet hatte. Eine hohe Abhängigkeit von russischem Gas hatte zu einer Energiekrise geführt. Seit Dezember ist der Preis für Erdgas allerdings in einer kontinuierlichen Abwärtsbewegung.

Der Streit zwischen Russland und der Söldnertruppe Wagner verschärft sich weiter. Wagner-Gründer Jewgeni Prigoschin erklärte auf Telegram, seinem Vertreter sei der Zugang zum russischen Einsatzhauptquartier in der Ukraine verwehrt worden.

Zuvor hatte Prigoschin Russland vor einem Frontzusammenbruch bei der schwer umkämpften Stadt Bachmut gewarnt, wenn seine Kräfte dort nicht bald die versprochene Munition bekämen und sich deshalb zurückziehen müssten. Prigoschin erklärt nun aber auch, seine Truppen würden weiterhin die ukrainische Armee in Bachmut "zerschlagen".

Die hart umkämpfte Stadt Bachmut im Osten der Ukraine hat nach Einschätzung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin eher symbolische als strategische Bedeutung. "Der Fall von Bachmut würde nicht notwendigerweise bedeuten, dass die Russen in diesem Kampf das Blatt gewendet haben", sagt Austin bei einem Besuch in Jordanien vor Journalisten.

Der Minister lehnte zugleich eine Einschätzung zu der Frage ab, ob und wann Russland die Stadt erobern könnte.

Um die Kontrolle von Bachmut wird seit Monaten schwer gekämpft. Der Regierung in Moskau gilt die Stadt als strategisch wichtig für die vollständige Eroberung des Donbass. Die Einnahme der Industrieregion in der Ostukraine ist eines der wichtigsten Ziele Russlands in dem vor gut einem Jahr begonnenen Krieg.

Der polnische Ölkonzern PKN Orlen will rechtliche Schritte gegen Russland wegen der Einstellung von Lieferungen durch die Druschba-Pipeline einleiten. Konzernchef Daniel Obajtek kündigte im Radiosender Zet an, dass das Unternehmen Ansprüche geltend machen und Entschädigung verlangen werde. Nähere Angaben machte er nicht.

"Alles steht in den Verträgen, worüber ich nicht sprechen kann", sagte Obajtek einem Bericht der Agentur PAP zufolge. Russland hatte nach Angaben von PKN Orlen Ende Februar die Lieferungen eingestellt. Nachdem 2015 russisches Öl fast 100 Prozent der gesamten Lieferungen an das Unternehmen ausmachte, stammt der Rohstoff nach Angaben von PKN Orlen heute aus anderen Lieferländern.

Der einzige verbleibende Vertrag mit einem russischen Öllieferanten laufe Ende 2024 aus. Die Lieferungen seien aber von russischer Seite ausgesetzt worden. Die Pipeline Druschba (Freundschaft) zählt zu den größten der Welt und liefert russisches Öl in mehrere Länder Mitteleuropas. Sie versorgte auch die Raffinerie Schwedt in Brandenburg. Deutschland verzichtet inzwischen aber freiwillig auf russische Ölimporte über Druschba.

Die Entscheidung über die Zukunft der durch Explosionen beschädigten Nord-Stream-Gaspipelines obliegt Russland zufolge allen Beteiligten zusammen. "Natürlich ist dies eine Entscheidung, die von allen Anteilseignern gemeinsam getroffen werden sollte", sagt Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte zuvor von Insidern erfahren, Russland wolle die Röhren einmotten und auf absehbare Zeit nicht instand setzen. Die Regierung in Moskau erwarte keine Besserung der Beziehungen mit dem Westen, die dazu führen könnten, dass die Röhren bald wieder gebraucht würden, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen.

Von den Betreibergesellschaften gab es zunächst keine Stellungnahme. Eigner der in der Schweiz ansässigen Betreibergesellschaft von Nord Stream 1, der Nord Stream AG, sind neben dem russischen Staatskonzern Gazprom unter anderem Wintershall DEA und E.ON aus Deutschland.

Das russische Militär hat laut Kiewer Angaben die Ukraine in der Nacht erneut mit zahlreichen Angriffen aus der Luft überzogen. "Es wurden Drohnen aus nördlicher Richtung gestartet", sagte der Sprecher der ukrainischen Luftstreitkräfte Jurij Ihnat im Fernsehen. Seinen Angaben nach konnte die Flugabwehr 13 der insgesamt 15 Drohnen abschießen. Das sei kein schlechtes Ergebnis.

Aus der ostukrainischen Stadt Kramatorsk wurden mehrere Einschläge gemeldet. Demnach wurde die unter ukrainischer Kontrolle stehende Großstadt im Gebiet Donezk mit Raketen beschossen. "Die Folgen des nächtlichen Raketenangriffs - eine Schule wurde zerstört und 15 Mehrfamilienhäuser beschädigt", teilte der Bürgermeister der Stadt, Olexander Gontscharenko per Facebook mit. Ihm zufolge wurde niemand verletzt oder getötet.

Kurzzeitig wurde am Montagmorgen erneut landesweit der Luftalarm ausgelöst. Später gab es Entwarnung.

Kiew könnte laut Militärbeobachtern einen Teil seiner Streitkräfte aus der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut abziehen. "Die ukrainischen Kräfte könnten sich, angesichts der durch Bilder mit Geolocation bestätigten Zerstörung der Eisenbahnbrücke über den Fluss im Nordosten von Bachmut am 3. März, von ihren Positionen am Ostufer des Bachmutka-Flusses zurückziehen", schrieb das in den USA ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW).

Russischen Militärbloggern zufolge nahm die dort kämpfende Söldnertruppe Wagner inzwischen Teile im Osten, Süden und Norden Bachmuts ein. Eine offizielle Bestätigung für den Abzug gab es vom ukrainischen Militär bislang nicht. Auf den Lagekarten sind die Gebiete östlich des Bachmutka-Flusses allerdings inzwischen als russisch oder sogenannte Grauzone eingezeichnet.

Der ukrainische Generalstab berichtete am Montagmorgen in seinem Lagebericht über anhaltende Kämpfe in dem Raum. Beschossen worden seien sowohl die Stadt selbst als auch etliche Vororte von russischer Seite.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: von Russland annektierte Gebiete.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk hat die SPD-Spitze aufgefordert, ihrem Besuch in Kiew auch Taten folgen zu lassen. Er hoffe, dass SPD-Chef Lars Klingbeil "die Notwendigkeit erkennen wird, die Bundesregierung dazu zu bewegen, weitere mutige Entscheidungen zu treffen, vor allem Kampfjets freizugeben", sagte Melnyk am Montag der dpa.

Melnyk sagte, es sei wichtig, dass die SPD-Spitzen endlich die Ukraine besuchten, "um mit eigenen Augen die Schrecken der russischen Aggression zu sehen". Der frühere ukrainische Botschafter in Berlin bezweifelte aber, dass SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nach seiner Rückkehr nach Deutschland seine Haltung zu Waffenlieferungen ändern werde. "Ob das dazu führen wird, dass Herr Mützenich nicht mehr auf der Bremse für deutsche Waffenlieferungen stehen wird, bleibt sehr fraglich."

Wegen Materialmangel ersetzt Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine nach britischer Einschätzung zerstörte Fahrzeuge durch jahrzehntealte Modelle. Zuletzt seien sogar Transportpanzer des sowjetischen Typs BTR-50 in der Ukraine eingesetzt worden, die seit 1954 hergestellt wurden, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit.

Zerstörte Kampfpanzer würden bereits seit Monaten durch alte Modelle des Typs T-62 ersetzt. Selbst die 1. Gardepanzerarmee, eine der prestigeträchtigsten Einheiten, habe solche Panzer erhalten, um ihre Verluste an modernen Panzern auszugleichen. "Seit Sommer 2022 wurden etwa 800 T-62 aus den Lagern geholt", hieß es in London weiter. "Einige haben verbesserte Visiersysteme erhalten, die ihre Wirksamkeit bei Nacht höchstwahrscheinlich verbessern." Allerdings hätten die Fahrzeuge viele Schwachstellen, so fehle eine moderne Reaktivpanzerung.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat der Stadt Mariupol im Osten der Ukraine einen Besuch abgestattet. Das teilt das russische Verteidigungsministerium mit. Russische Truppen hatten die Stadt in der Region Donezk nach monatelanger Belagerung im vergangenen Jahr eingenommen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Gut ein Jahr nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sind SPD-Parteichef Lars Klingbeil und Fraktionschef Rolf Mützenich zu ihrem ersten Besuch im Land eingetroffen. Die beiden kamen am frühen Morgen mit einem Sonderzug in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an, um dort im Laufe des Tages Gespräche mit Vertretern der ukrainischen Regierung und des Parlaments zu führen.

Das genaue Programm des Besuchs wurde aus Sicherheitsgründen zunächst nicht veröffentlicht. Seit der Invasion waren bereits mehrere hochrangige SPD-Politiker in der Ukraine - allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz im Juni 2022. Verteidigungsminister Boris Pistorius reiste nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt dorthin. 

Die SPD hat in der Ukraine wegen ihrer Russland-Politik vor der Invasion einen schweren Stand. Ihr wird vorgeworfen, den russischen Präsidenten Wladimir Putin über Jahrzehnte falsch eingeschätzt und zu stark auf Kooperation mit Russland gesetzt zu haben. Sowohl Klingbeil als auch Mützenich haben Fehleinschätzungen allerdings bereits offen eingeräumt. Im Dezember will die SPD ihre Außenpolitik und damit auch ihre Haltung zu Russland auf einem Parteitag neu definieren.

Kremlchef Wladimir Putin hat aus Sicht von Bundeskanzler Olaf Scholz den Zusammenhalt des Westens bei der Unterstützung der Ukraine unterschätzt. "Er hat die Einigkeit Europas, der Vereinigten Staaten und aller Freunde der Ukraine sowie die ständige Lieferung von Waffen, die wir der Ukraine zur Verfügung stellen, falsch eingeschätzt", sagte der Kanzler in einem auf Englisch geführten Interview des US-Senders CNN, das am Sonntag ausgestrahlt wurde. So seien die Ukrainer in der Lage gewesen, ihr Land zu verteidigen. "Und sie werden auch in Zukunft in der Lage sein, dies zu tun", sagte Scholz.

Die Regierung in Moskau arbeitet einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge an Erleichterungen bei der Vergabe von Visa für mehrere Länder. "Zusätzlich zu Indien wird die Vereinfachung der Verfahren mit Angola, Vietnam, Indonesien, Syrien und den Philippinen ausgearbeitet", zitiert Tass den stellvertretenden russischen Außenminister Jewgeni Iwanow.

Russland bereite auch zwischenstaatliche Abkommen über visafreie Reisen mit elf weiteren Ländern vor, darunter Saudi-Arabien, Barbados, Haiti, Sambia, Kuwait, Malaysia, Mexiko und Trinidad. Seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine versucht Moskau, engere Beziehungen zu den Ländern aufzubauen.

Der Gründer der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, droht der Regierung in Moskau mangels Munitionsnachschubs mit einem Rückzug aus der umkämpften Stadt Bachmut. "Wenn Wagner sich jetzt aus Bachmut zurückzieht, wird die gesamte Front zusammenbrechen", sagt Prigoschin in einem am Wochenende auf Telegram veröffentlichten Video.

"Die Situation wird für alle militärischen Formationen, die russische Interessen schützen, nicht schön sein." Das Video wurde auf einem Kanal veröffentlicht, der Prigoschin-Nachrichten verbreitet und sich mit der Wagner-Gruppe assoziiert, es handelt sich dabei nicht um seinen üblichen Pressedienstkanal. Am Sonntag hatte er auf seinem offiziellen Telegram-Kanal gesagt, dass der größte Teil der Munition, die seinen Truppen im Februar zugesagt worden war, noch nicht geliefert worden sei.

"Im Moment versuchen wir herauszufinden, was der Grund dafür ist: Ist es nur gewöhnliche Bürokratie oder ein Verrat." Der Söldnerchef kritisiert regelmäßig Russlands Verteidigungschefs und Spitzengeneräle.

06.03.2023 • 02:11 Uhr

Scholz: Putin muss Truppen abziehen

Bundeskanzler Scholz hat im US-Fernsehen betont, ob es zu einer Verhandlungslösung komme, hänge allein vom russischen Präsidenten Wladimir Putin ab. Putin müsse verstehen, dass er mit seiner Invasion der Ukraine keinen Erfolg haben werde. Er müsse seine Truppen abziehen, sagte Scholz in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview des Senders CNN nach seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden in Washington am Freitag.

Für den Fall von chinesischen Waffenlieferungen an Russland drohte Scholz mit Konsequenzen. Er sei aber relativ optimistisch, dass Peking dies unterlassen werde, sagte Scholz. Auf die Frage von CNN, ob er sich Sanktionen gegen Peking vorstellen könne, falls es Moskau Waffenhilfe leiste, entgegnete Scholz: "Ich denke, es würde Konsequenzen haben, aber wir sind nun in einem Stadium, in dem wir klarstellen, dass dies nicht passieren sollte, und ich bin relativ optimistisch, dass wir in diesem Fall mit unserer Bitte erfolgreich sein werden. Aber wir müssen (es) prüfen und wir müssen sehr, sehr vorsichtig sein." US-Regierungsvertreter erklärten jüngst, dass China seine neutrale Haltung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aufgeben und mit der Lieferung von Munition und Waffen an Moskau beginnen könnte.

Sebastian Hesse, Sebastian Hesse, ARD Washington, 06.03.2023 07:45 Uhr

Mit Blick auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine sieht Finnlands Armee-Chef Timo Kivinen einen Beitritt seines neutralen Landes zur NATO als notwendig. "Wir wollen niemanden bedrohen", sagte der General dem ZDF, aber mit der NATO gebe es mehr Abschreckungspotenzial. "Russland versteht offensichtlich nur harte Macht." Finnland hat eine 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland. Finnland will - ebenso wie Schweden - wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine nach jahrzehntelanger Ablehnung auch Mitglied der NATO werden.

Die endgültige Entscheidung über eine Aufnahme steht noch aus. "In unserer Geschichte hatten wir mehrere Kriege mit Russland, der Sowjetunion. Wir wissen hier alle: Unser Nachbar ist eine starke Macht. Und wir müssen bereit sein, unser Land zu verteidigen", sagte Kivinen weiter. "In den 1990er-Jahren hatten wir auch bei uns eine Diskussion, ob wir wie die meisten Staaten in Europa unsere Landesverteidigung abbauen sollten, aber wir waren klug genug, das nicht zu tun, und das zahlt sich jetzt aus."

Verteidigungsminister Pistorius reist zu militärpolitischen Gesprächen nach Litauen und trifft dort stationierte Bundeswehrsoldaten. Um Bachmut toben weiter schwere Kämpfe. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 06. März 2023 Inforadio um 07:42 Uhr und die tagesschau um 12:00 Uhr sowie um 20:00 Uhr.