Die UN-Vollversammlung in New York
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Krieg gegen die Ukraine ++ Tschechien ersetzt Russland in UN-Gremium ++

Stand: 11.05.2022 01:06 Uhr

Tschechien wird Mitglied des UN-Menschenrechtsrats - anstelle von Russland, das zuvor ausgetreten war. Das Pentagon sieht keine Hinweise auf Angriffe mit Hyperschallraketen in Odessa. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

11.05.2022 • 01:06 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit schließen wir diesen Liveblog. Wir sind aber auch am Mittwoch wieder mit einem Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine für Sie da. Diesen können Sie hier lesen:

Die im Stahlwerk von Mariupol verschanzten ukrainischen Soldaten dürfen das Gelände nach dem Willen der russischen Belagerer nicht verlassen. Das russische Militär habe jeden Vorschlag zum unbehinderten Abzug der Kämpfer aus dem Werk Asowstal abgelehnt, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Angaben der "Ukrajinska Prawda".

"Die Verteidiger Mariupols bleiben dort, sie setzen den Widerstand auf dem Gelände von Asowstal fort." Kiew bemühe weiterhin alle zur Verfügung stehenden diplomatischen Möglichkeiten, um die Rettung der Soldaten zu ermöglichen.

Russland besteht auf der Kapitulation der Asowstal-Verteidiger. Selenskyj hatte zuvor erklärt, dass die Ukraine gegenwärtig nicht über die schweren Waffen verfüge, die für einen erfolgreichen Vorstoß zur Befreiung von Mariupol nötig wären.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine vehement verteidigt. Er verstehe die Leute nicht, die in Waffenlieferungen vor allem eine Verlängerung des Krieges sähen. "Ich frage diese Leute: Spielt es keine Rolle, wie dieser Krieg endet? Sollen die Ukrainer auf den Knien rutschen, in Stücke gerissen von den Russen? Ist es das, was ihr wollt?", sagte Borrell der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Sehen Sie, Kriege enden mit einer Verhandlung. Man muss aber aus einer Position der Stärke an den Verhandlungstisch kommen, und es geht jetzt darum, die Ukrainer in diese Position zu bringen."

Dass die EU bei solchen Verhandlungen eine Vermittlerrolle einnehmen könnte, schloss Borrell aus. "Das würden die Russen nicht akzeptieren, so wie wir Russland nicht als Vermittler akzeptieren würden", sagte der 75-Jährige. "Die Türkei macht da einen ganz guten Job. Die hat gute Beziehungen zu beiden Seiten. Am besten wären natürlich die Vereinten Nationen", sagte Borrell.

Hoher Vertreter der Europäischen Union für die Außen- und Sicherheitspolitik, Joseph Borrell

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verteidigt Waffenlieferungen an die Ukraine. Es gehe auch darum, das Land in eine Position der Stärke zu bringen für Verhandlungen.

Italien hat die Aufnahme von 63 ukrainischen Waisenkindern angekündigt. Sie sollen am Mittwoch vom polnischen Krakau nach Trapani auf Sizilien geflogen werden, teilte das Außenministerium mit. Der Transport werde von der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII. und italienischen Diplomaten organisiert. Seit dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine Ende Februar sind etwa 37.000 Minderjährige in Italien angekommen, die meisten in Begleitung von Angehörigen.

Der erste Präsident der unabhängigen Ukraine, Leonid Krawtschuk, ist Medienberichten zufolge tot. Krawtschuk sei nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren gestorben, berichteten ukrainische Medien unter Berufung auf die Familie des Politikers. "Das sind traurige Nachrichten und ein großer Verlust", schrieb der Leiter des Präsidialamts, Andrij Jermak, im Nachrichtendienst Telegram.

Krawtschuk war Anfang Dezember 1991 zum Staatschef gewählt worden und unterzeichnete wenige Tage später gemeinsam mit dem damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin (1931-2007) und Stanislaw Schuschkewitsch aus Belarus ein Abkommen, mit dem die Sowjetunion für aufgelöst erklärt und ein neues Bündnis der drei Republiken gegründet wurde: die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS).

Zu Sowjetzeiten hatte Krawtschuk verschiedene Posten in der Kommunistischen Partei der Ukraine bekleidet. Präsident der Ukraine blieb er bis zum Jahr 1994. In den Jahren 2020 bis 2022 war er als Vorsitzender der ukrainischen Gruppe bei den ständigen Gesprächen zur Beilegung des Konflikts im Donbass beteiligt.

Leonid Krawtschuk (rechts), Boris Jelzin (Mitte) und Bill Clinton (links) schütteln sich im Kreml die Hände nach der Unterzeichnung eines nuklearen Abrüstungsabkommens (Aufnahme von 1994).

Drei damalige Präsidenten: Leonid Krawtschuk (rechts), Boris Jelzin (Mitte) und Bill Clinton (links) schütteln sich 1994 im Kreml die Hände nach der Unterzeichnung eines nuklearen Abrüstungsabkommens.

Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra hat wegen eines Luftalarms bei seinem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eine Zeit lang in einem Bombenkeller ausharren müssen. Die Sirenen wertönten vor einem geplanten Treffen mit Bürgermeister Vitali Klitschko. Hoekstra war mit dem Zug gemeinsam mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach Kiew gereist und hatte mit ihr einige Termine wahrgenommen. Baerbock selbst war dem Vernehmen nach nicht betroffen von der Schutzmaßnahme. Es seien aber keine Explosionen zu hören gewesen, es gebe auch keine Informationen über Flüge. Die Lage sei stabil, hieß es.

Nach dem Ausscheiden Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat ist Tschechien in das internationale Gremium mit Sitz in Genf nachgerückt. Das beschloss die UN-Vollversammlung mit deutlicher Mehrheit in geheimer Abstimmung in New York. Die normalerweise dreijährige Amtszeit läuft in diesem Fall ausnahmsweise nur bis Ende 2023.

Der tschechische Außenminister Jan Lipavsky zeigte sich sehr erfreut über die Entscheidung. Sein Land wolle an das Erbe des Bürgerrechtlers und früheren tschechoslowakischen und tschechischen Präsidenten Vaclav Havel anknüpfen, sagte Lipavsky vor Journalisten in Prag.

Bereits am Donnerstag werde es auf einer Sondersitzung um Menschenrechtsverletzungen bei der russischen Aggression gegen die Ukraine gehen. Als Reaktion auf Berichte über russische Menschenrechtsverletzungen im Ukraine-Krieg hatte die UN-Vollversammlung die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ausgesetzt. Daraufhin erklärte Russland seine Mitgliedschaft selbst für vorzeitig beendet. Aufgabe des Gremiums ist die Überwachung der Menschenrechte in aller Welt.

Kriegsbedingt will die Ukraine ab Mittwoch den Transit von russischem Gas im Gebiet Luhansk in der Ostukraine einstellen. Damit würden bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag wegfallen - das sei fast ein Drittel der täglich über die Ukraine nach Europa transportierbaren Höchstmenge, teilte der ukrainische Gasnetzbetreiber mit.

Aufgrund der russischen Besatzung sei es unmöglich geworden, den Punkt Sochraniwka sowie die Verdichterstation Nowopskow zu kontrollieren, hieß es. Der Betreiber berief sich auf einen Fall "höherer Gewalt". Sochraniwka ist Teil der Sojus-Pipeline, die vom russischen Gebiet Orenburg bis ins ukrainische Uschhorod führt.

Die Ukrainer deuteten an, dass Russen den Betrieb der Anlagen zuletzt gestört hätten. Russlands Energieriese Gazprom wiederum, der zuletzt täglich fast 100 Millionen Kubikmeter Gas durch die Ukraine in Richtung Europa gepumpt hatte, erklärte, man habe "keinerlei Bestätigungen über Umstände höherer Gewalt" erhalten. Die nun wegfallenden Lieferungen stattdessen über andere Routen umzuleiten, sei technisch nicht möglich.

Die vertraglich mögliche maximale Auslastung für den ukrainischen Gastransit nach Europa liegt bei 109 Millionen Kubikmetern pro Tag. Die Hauptroute für russisches Gas nach Europa ist jedoch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.

Russlands Regierung sei selbst zunehmend vom Faschismus geprägt, den sie dem Westen unaufhörlich vorwirft, sagt Russland-Experte Meister im Interview. Das Land entwickle sich zu einer geschlossenen Gesellschaft.

Das US-Verteidigungsministerium hat keine Hinweise auf den Einsatz von Hyperschallraketen bei den jüngsten russischen Angriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa. Er könne den Einsatz solcher Waffen in Odessa nicht bestätigen, sagte ein hochrangiger Ministeriumsmitarbeiter in einer Telefonschalte mit Journalisten. Luftangriffe auf Odessa hätten in den vergangenen Tagen aber zugenommen.

Nach Darstellung des ukrainischen Militärs hatte die russische Luftwaffe in der Nacht zu Dienstag Hyperschallraketen vom Typ Kinschal auf die südukrainische Hafenstadt abgefeuert. Weiter sagte der US-Ministeriumsvertreter, es gebe keine Hinweise auf einen Angriff auf Odessa durch Bodentruppen oder vom Schwarzen Meer aus. "Odessa steht immer noch fest unter ukrainischer Kontrolle."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Malta zu einem strengeren Vorgehen gegen Russen aufgefordert, die sich in dem kleinsten EU-Land verstecken. Bei einer zehnminütigen Rede vor dem Parlament von Valletta sagte der aus der Ukraine zugeschaltete Selenskyj: "Stoppt die Privilegien für Russland, beginnend beim System des Goldenen Passes und der doppelten Staatsbürgerschaft. Lasst nicht zu, dass die eure Insel missbrauchen. Findet heraus, welche Russen versuchen, sich zu verstecken."

Jahrelang konnten wohlhabende Ausländer in Malta einen Pass bekommen, wenn sie Geld in die Mittelmeerinsel investierten. Auch viele Russen nutzten die Möglichkeit. Kritiker bemängelten, dass sich reiche Leute so einen Pass für die Europäische Union kaufen konnten. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde das umstrittene Verfahren für Russen und Belarussen aber ausgesetzt.

Selenskyj drängte darüber hinaus auf ein komplettes EU-Embargo für russisches Öl, auch wenn er einräumte, dass Malta darunter leiden würde. Das neutrale Land hat eines der größten Schiffsregister der Welt; viele Schiffe unter maltesischer Flagge transportieren russisches Öl. Der Inselstaat bemüht sich deshalb bei den EU-Verhandlungen über einen Ölboykott um einen Kompromiss.

US-Kongressabgeordnete haben einem Agenturbericht zufolge JP Morgan Chase und Goldman Sachs aufgefordert, detaillierte Informationen über Kunden herauszugeben, die mit russischen Anleihen handeln. Die Senatorin Elizabeth Warren und die Abgeordnete Katie Porter hätten entsprechende Listen angefordert, meldet die Agentur Bloomberg. Demnach wurden auch Angaben zu den Volumina der Geschäfte und etwaiger Gewinne erbeten. Goldman und JP Morgan lehnen eine Stellungnahme ab.

Das Bundeskabinett hat ein neues Gesetz beschlossen, das die Jagd auf das Vermögen russischer Oligarchen in Deutschland erleichtern soll. Die Neuregelungen sollen die Durchsetzung der Sanktionen verschärfen, welche die EU nach dem Angriff auf die Ukraine gegen Mitglieder der russischen Führungselite verhängt hat, erklärten die Bundesministerien für Wirtschaft und für Finanzen.

Es hätten sich zuletzt "Defizite in der Sanktionsdurchsetzung gezeigt", hieß es aus Regierungskreisen. Diese Defizite sollen mit dem neuen, zweistufigen Sanktionsdurchsetzungsgesetz behoben werden. 

Ukrainische Soldaten sind zur Ausbildung an der Panzerhaubitze 2000 in Deutschland eingetroffen. Die künftigen Besatzungen des Waffensystems und technische Fachleute landeten in Rheinland-Pfalz und sollen am Mittwoch in die Funktionen der Panzerhaubitze an der Artillerieschule der Bundeswehr in Idar-Oberstein eingewiesen werden, wie die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen in Berlin erfuhr.

Panzerhaubitze 2000 bei der Ausbildung auf einem deutschen Armeestützpunkt in Munster.

Panzerhaubitzen 2000 der Bundeswehr bei einer Übung. Die ersten ukrainischen Soldaten, die an den Haubitzen ausgebildet werden sollen, sind in Deutschland gelandet.

Die Soldaten sind nach Informationen der dpa in Polen gestartet und wurden mit einer Transportmaschine der Bundeswehr, die im Internet zu verfolgen war, zum Flughafen Zweibrücken geflogen. Nach früheren Angaben soll die Ausbildung etwa 40 Tage dauern, abhängig vom Kenntnisstand der Soldaten auch weniger. Sie müssen lernen, die Panzerhaubitze zu fahren, mit ihr zu schießen und Störungen im Betrieb zu beseitigen.

Nach Einschätzung des militärischen Nachrichtendienstes der USA (DIA) sind seit Beginn des Krieges in der Ukraine acht bis zehn russische Generäle ums Leben gekommen. Das sagte DIA-Chef Scott Berrier am Dienstag vor einem Ausschuss des US-Senats. Im russischen Militär gebe es kein Unteroffizierskorps, deshalb müssten die Generäle selbst an die Front und kämen damit immer wieder in gefährliche Situationen, erläuterte Berrier den Senatoren.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hält angesichts des bisherigen Kriegsverlaufs auch eine Rückeroberung der Krim nicht mehr für ausgeschlossen. In den ersten Monaten wäre ein Sieg für die Ukraine ein Rückzug der Russen auf die Positionen vor Kriegsbeginn gewesen, sagte Kuleba in einem Interview der "Financial Times". Aber: "Das Bild vom Sieg ist ein sich entwickelndes Konzept. Wenn wir an der militärischen Front stark genug sind und den Kampf um den Donbass gewinnen, bedeutet ein Sieg für uns in diesem Krieg natürlich die Befreiung unserer restlichen Gebiete", sagte Kuleba dem Blatt.

Die Pläne der Bundesregierung zum beschleunigten Bau von Terminals zur Einfuhr von Flüssiggas (LNG) sind einen wichtigen Schritt weiter. Das Kabinett verabschiedete einen entsprechenden Gesetzentwurf, den die Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP nun in den Bundestag einbringen wollen. Bundestag und Bundesrat müssen dem Vorhaben am Ende zustimmen.

Das Gesetz soll den Bau schwimmender und fester LNG-Terminals sowie den Bau der zum Anschluss an das Gasnetz nötigen Leitungen beschleunigen. So sollen die Genehmigungsbehörden vorübergehend bestimmte Verfahrensschritte, besonders bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, auslassen können. Das erste schwimmende LNG-Terminal soll noch vor Jahresende in Wilhelmshaven in Betrieb gehen.

Ein eventueller russischer Erfolg im Donbass würde nach Auffassung der amerikanischen Geheimdienste wahrscheinlich nicht das Ende von Russlands Krieg gegen die Ukraine bedeuten. Der russische Präsident Wladimir Putin bereite sich auf einen längeren Konflikt in der Ukraine vor, in dessen Verlauf er immer noch beabsichtige, Ziele zu erreichen, die über die Ostukraine hinausgingen, sagte US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines bei einer Anhörung des Senats in Washington.

"Wir gehen davon aus, dass sich die strategischen Ziele Putins wahrscheinlich nicht geändert haben", so Haines. Die Verlagerung der russischen Streitkräfte in den Donbass sei wohl nur vorübergehend. Haines warnte außerdem vor einer Eskalation des Konflikts. Die Ungewissheit des Kampfes, der sich zu einem Zermürbungskrieg entwickele, bedeute in Verbindung mit dem Missverhältnis von Putins Ambitionen und den militärischen Fähigkeiten Russlands einen "unvorhersehbaren und potenziell eskalierenden Kurs" in den kommenden Monaten.

Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Besuch in Kiew erklärt, dass Deutschland künftig komplett ohne Energie des "Aggressors" Russland auskommen wolle. "Deshalb reduzieren wir mit aller Konsequenz unsere Abhängigkeit von russischer Energie auf Null - und zwar für immer", sagte die Ministerin in Kiew bei einer Pressekonferenz mit ihrem Kollegen Dmytro Kuleba. Deutschland ist bisher vor allem von russischem Gas abhängig. Russland sei ein "Aggressor", der keine Regeln achte und Kriegsverbrechen begehe, sagte Baerbock. Es könnte künftig keine Verständigung mit dem Land mehr geben über die Köpfe der Ukraine hinweg.

Die Ukraine geht weiterhin davon aus, dass nach Deutschland geflüchtete Kinder und Jugendliche wieder in ihre Heimat zurückkehren. Der ukrainische Bildungsminister Serhiy Shkarlet habe diese Erwartung in einem Gespräch mit Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger betont, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums. Shkarlet habe sich in dem Video-Telefonat für die Unterstützung bedankt. An den Schulen in Deutschland sind nach wöchentlich erhobenen Zahlen der Kultusministerkonferenz inzwischen mehr als 90.000 ukrainische Schülerinnen und Schüler aufgenommen worden.

Der belgische Ministerpräsident Alexander de Croo hat angekündigt, dass Belgien seine LNG-Kapazitäten verdoppeln werde, um Europa unabhängiger von russischem Erdgas zu machen. Dabei werde man auch die Lieferungen nach Deutschland erhöhen, kündigt er nach einem Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz an.

Der Krieg in der Ukraine hat massive Auswirkungen auf die Lebensmittelsicherheit in vielen Ländern der Erde, denn die Ukraine und Russland sind beide große Getreideproduzenten. Im Libanon, aber nicht nur dort, explodieren die Brotpreise förmlich - mit noch unabsehbaren Folgen auch für die Sicherheit in diesen Ländern, erklärt Martin Frick, Chef des Berliner Büros des UN World Food Programme im Interview mit Anja Martini für tagesschau24.

In Deutschland wird das Brot nicht knapp werden, denn nur ein relativ kleiner Teil des Getreides wird hierzulande für Grundnahrungsmittel verwendet. Der größere Teil gehe in die Fleischproduktion, sagt Frick. Hier könne man ansetzen, um weniger Getreide zu verbrauchen. Und auch an der hohen Verschwendung von Lebensmitteln hierzulande könne etwas geändert werden. Was nicht helfe: Hierzulande mehr Weizen anzubauen - denn die verfügbaren Flächen seien keine guten Anbauflächen.

UN-Welternährungsprogramm warnt vor Hungerkrise - Gespräch mit Martin Frick vom World Food Programme

tagesschau24 12:00 Uhr

Die Linksfraktion im Bundestag ist gegen einen EU-Importstopp für russisches Öl. Ein Embargo wäre ein "enormes Risiko für Ostdeutschland, aber auch insgesamt für die Wirtschaft in Deutschland", sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali in Berlin. "Und wir sind der Meinung, dass dieser Weg nicht beschritten werden sollte." Es gebe auch große Fragezeichen, ob ein Öl-Embargo den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bremsen würde.

Außenministerin Annalena Baerbock hat bei einem Besuch in der Ukraine die Wiedereröffnung der Mitte Februar geschlossenen deutschen Botschaft in der Hauptstadt Kiew angekündigt. Die Arbeit der Botschaft werde in Minimalpräsenz wieder aufgenommen, sagte die Grünen-Politikerin in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Die Vertretung werde zunächst einen "eingeschränkten Betrieb" fahren und in einer "Minimalpräsenz" arbeiten.

Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine Hilfe bei der Aufklärung von russischen Kriegsverbrechen vonseiten Deutschlands zugesagt, wie sie anlässlich ihrer Reise in das Kriegsland auf Twitter erklärte. Sie habe der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa volle Unterstützung zugesichert - politisch, finanziell und personell.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Slowakei und andere EU-Länder vor einer weiteren Zusammenarbeit mit Russland gewarnt. Dadurch drohe ihnen ein ähnliches Schicksal, wie es die Ukraine derzeit erleide, sagte er in einer Videobotschaft an das Plenum des slowakischen Parlaments in Bratislava. Er habe Verständnis dafür, dass die Slowakei schwer auf russische Gasimporte verzichten könne. Ähnlich hätten aber früher auch ukrainische Politiker argumentiert und für billiges Gas in großer Menge die Stationierung der Schwarzmeerflotte erlaubt.

Erwartungsgemäß forderte Selenskyj die Slowakei zur Lieferung weiterer Rüstungsgüter wie Kampfflugzeuge und Hubschrauber sowie zu härteren Sanktionen gegen Russland auf. «Wenn wir die russische Armee nicht aufhalten, rückt sie weiter vor, auch auf das Gebiet der Slowakei», sagte er.

Innerhalb der Ukraine sind seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar rund acht Millionen Menschen vertrieben worden. Zu dem Ergebnis kommt die Migrationsagentur der Vereinten Nationen. 44 Prozent der Binnenflüchtlinge zögen wegen des Ausmaßes der Krise für die Menschen eine weitere Umsiedlung in Betracht. Das zeige eine Umfrage der UN-Organisation. Vor Beginn des Krieges lebten rund 44 Millionen Menschen in der Ukraine. Millionen sind ins Ausland geflohen.

Das litauische Parlament hat den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als Völkermord am ukrainischen Volk anerkannt. Die Abgeordneten verabschiedeten in Vilnius eine entsprechende Entschließung einstimmig. Die Volksvertretung des baltischen EU- und Nato-Landes in Vilnius verwies auf "massenhafte Kriegsverbrechen" der russischen Armee wie etwa Mord, Folter und Vergewaltigung von ukrainischen Zivilisten. Moskaus Absicht sei es, die ukrainische Nation ganz oder teilweise zu zerstören, hieß es weiter. Alle Täter müssten zur Rechenschaft gezogen und ein Internationaler Sondergerichtshofs zur Untersuchung des Verbrechens der russischen Aggression eingerichtet werden. 

Im Asow-Stahlwerk in Mariupol befinden sich nach Angaben der ukrainischen Regierung noch mehr als tausend ukrainische Soldaten. Hunderte seien verletzt, berichtete die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk der Nachrichtenagentur AFP.  Einige der Soldaten müssten "dringend" aus dem Stahlwerk herausgeholt werden, sagte Wereschtschuk weiter.

Hingegen wies sie Angaben von zwei örtlichen Behördenvertretern zurück, wonach sich noch rund hundert Zivilisten in dem Werk aufhalten sollen. Das stimme nicht, sagte sie. Der Chef des Asow-Regiments habe gegenüber ukrainischen Regierungsvertretern und einem UN-Vertreter "offziell erklärt", dass kein Zivilist, keine Frau, kein Kind oder alter Mensch mehr in Asow-Stahl sei. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine sind nach Militärangaben aus Moskau bis an die Verwaltungsgrenzen des Gebiets Luhansk vorgedrungen. Die Kleinstadt Popasna, die bis vor Kurzem noch schwer umkämpft war, sei nun "gesäubert" von ukrainischen "Nationalisten", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow.

Der Luhansker Gouverneur Serhij Hajdaj bezeichnete diese Aussagen hingegen als "Fantasie". Die ukrainischen Soldaten hätten sich zwar aus Popasna zurückziehen müssen, aber die Russen hätten die Verteidigung keinesfalls durchbrochen, schrieb er im Nachrichtendienst Telegram.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Hoffnungen der Ukraine auf eine schnelle Aufnahme in die Europäische Union deutlich gedämpft. Eine kurzfristige EU-Mitgliedschaft sei nicht absehbar. Es könnte Jahrzehnte dauern, sagte Dobrindt. Dazu seien in einem Land grundlegende Strukturveränderungen notwendig. Möglich sei aber der Status einen EU-Beitrittskandidaten. Das werde die Union auch unterstützen.

UN-Generalsekretär António Guterres hat dem ukrainischen Nachbarland Moldau die Unterstützung der Vereinten Nationen zugesichert. Die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Republik Moldau müssten von allen Seiten respektiert werden, sagte Guterres nach UN-Angaben in einem Gespräch mit Präsidentin Maia Sandu.

Nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war es in der abtrünnigen moldauischen Region Transnistrien zu rätselhaften Explosionen gekommen. Das hatte Sorgen geschürt, dass sich der Krieg dorthin ausweiten könnte.

In Finnland empfiehlt der Verteidigungsausschuss des Parlamentes den Beitritt des Landes zur NATO. Dies sei die beste Möglichkeit, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten, heißt es zur Begründung. Denn ein Beitritt Finnlands würde die Abschreckung erheblich erhöhen, Ziel einer russischen Aggression zu werden.

Die Entscheidung darüber, ob Finnland einen Antrag auf Aufnahme in das Militärbündnis stellt, wird in den kommenden Tagen erwartet. Präsident Sauli Niinisto wird voraussichtlich am Donnerstag seine Haltung zu der Frage bekannt geben.

Vor dem Hintergrund des Kriegs in Osteuropa sieht Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) eine höhere Gefahr von Cyberattacken. Im Zusammenhang mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine habe die Cyberabwehr besondere Bedeutung erlangt, sagte der FDP-Politiker zum Auftakt eines Treffen der G7-Digitalminister in Düsseldorf.

Daher sei es wichtig, Erfahrungen international auszutauschen und Systeme zu optimieren. Ein Aspekt des Gipfels sei auch die Unterstützung der Ukraine. Er habe den ukrainischen Kollegen gebeten, eine neue Liste zu schicken mit den Dingen, die man konkret brauche, so der FDP-Politiker weiter.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich bei ihrem Besuch in dem Kiewer Vorort Irpin beeindruckt vom Mut der Ukrainer gezeigt. "Sie sind ein sehr tapferes Land, und alles, was wir tun können ist, an Ihrer Seite zu stehen", sagte Baerbock.

Irpins Bürgermeister Olexander Markuschyn sagte bei dem Treffen mit Baerbock, dass viele Minenräumer in Zukunft gebraucht würden - auch für die Gebiete im Osten der Ukraine. Nach dem Abzug der russischen Truppen sind nach Darstellung des Bürgermeisters inzwischen wieder 25.000 Menschen in die Stadt zurückkehrt, 5000 waren es demnach zur Zeit der russischen Besatzung. 2000 Wohnungen und 35 Hochhäuser seien zerstört worden durch russische Angriffe.

In Mariupol sind nach Überzeugung der UN-Menschenrechtsbeauftragten in der Ukraine Tausende Zivilisten ums Leben gekommen. Matilda Bogner, Leiterin der Kommission, die die Menschenrechtslage in der Ukraine seit 2014 untersucht, sagte in Genf, bislang habe die Sicherheitslage es nicht erlaubt, die Fälle einzeln zu dokumentieren. Daran werde aber gearbeitet. Mariupol sei das große schwarze Loch, sagte Bogner. "Wir gehen davon aus, dass es dort Tausende Tote gab, Zivilisten, die wegen der Kämpfe umgekommen sind."

Ihr Team von knapp 60 Expertinnen und Experten habe Büros im ganzen Land. Es habe seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar zahlreiche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Darunter könnten auch Kriegsverbrechen sein, sagte sie.

Ein russischer Cyberangriff gegen die Ukraine kurz vor Kriegsbeginn hatte EU-Angaben zufolge auch Auswirkungen auf die Mitgliedsländer. Die Attacke habe eine Stunde vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar stattgefunden und die militärische Aggression erleichtert, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell mit. Der Angriff habe erhebliche Auswirkungen gehabt. Er habe zu Kommunikationsausfällen und -störungen bei mehreren Behörden, Unternehmen und Nutzern in der Ukraine geführt.

Auch mehrere EU-Staaten seien betroffen gewesen. Cyberangriffe auf die Ukraine, die sich auch gegen kritische Infrastrukturen richteten, könnten auf andere Länder übergreifen und systemische Auswirkungen haben, die die Sicherheit der europäischen Bürger gefährdeten, heißt es in der EU-Stellungnahme.

In der Diskussion in der Europäischen Union über einen Importstopp für russisches Öl gibt es nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell noch immer einige Schwierigkeiten. Er hoffe aber, dass diese spätestens beim Treffen der EU-Außenminister am 16. Mai beigelegt seien. Wenn sich die EU-Botschafter in dieser Woche nicht verständigen könnten, dann könnten die Minister und Ministerinnen versuchen, am kommenden Montag einen Durchbruch zu erzielen. Der härteste Kritiker des geplanten Öl-Embargos ist Ungarn.

Seit Wochen verteidigen Kämpfer des Asow-Regiments das Stahlwerk von Mariupol. Viele Zivilisten konnten inzwischen evakuiert werden, doch für die Kämpfer gibt es wenig Hoffnung. Ihre Angehörigen berichten von großer Verzweiflung.

Russland hat nach ukrainischen Angaben innerhalb von 24 Stunden das belagerte Asow-Stahlwerk in der Hafenstadt Mariupol 34 Mal aus der Luft angegriffen. Das teilte das Asow-Regiment der ukrainischen Nationalgarde mit. Das Regiment erklärte, die Russen setzten auch den Beschuss mit Artillerie fort und versuchten mit Panzern und anderen Waffen, die "ukrainische Festung einzunehmen". Erstürmungsversuche mit Infanterieeinheiten erfolgten täglich, hieß es. Das Asow-Regiment ist eine von mehreren Einheiten, die in der weitläufigen Anlage ausharren und diese verteidigen.

ARD-Korrespondent Georg Heil mit Einschätzungen zum Besuch von Außenministerin Baerbock in der Ukraine.

"Baerbock wird als Freundin der Ukraine wahrgenommen", Georg Heil, RBB, zzt. Saporischschja/Ukraine

tagesschau 12:00 Uhr

Bei ihrem Besuch in Butscha hat sich Außenministerin Baerbock erschüttert gezeigt über die Berichte von Gräueltaten russischer Soldaten. Zudem forderte sie eine Aufklärung der Vorfälle, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden: "Das sind wir den Opfern schuldig", sagte Baerbock. In Butscha waren ukrainischen Behörden zufolge während der einen Monat dauernden russischen Besatzung Hunderte Zivilisten getötet worden. Die russische Regierung weist die Verantwortung für die Taten zurück. Baerbock sprach nun vor Ort von "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Es sei ein Ort, an dem "die schlimmsten Verbrechen" verübt worden seien. "Und deswegen ist es mir unglaublich wichtig, heute hier zu sein."

In der Ukraine sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO mindestens 3000 Menschen gestorben, weil sie keinen Zugang zur Behandlung ihrer chronischen Krankheiten hatten. 40 Prozent der Haushalte hätten mindestens ein Mitglied, das eine dauerhafte Behandlung benötige, so der Europa-Chef der WHO, Hans Kluge. Als Beispiel nannte Kluge etwa Aids oder Krebs. Weil solche Patienten nicht mehr ausreichend versorgt werden könnten, seien sie ihren Erkrankungen erlegen. Zudem seien rund 200 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen dokumentiert, erklärt der Europa-Chef der WHO. Nur noch wenige Krankenhäuser funktionierten derzeit.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat zu einer langfristigen Unterstützung der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern in Deutschland aufgerufen. "Es ist Zeit, großherzig zu sein - und das nicht nur drei Tage, sondern länger", sagte er auf dem Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes.

Deutschland müsse zeigen, dass das Land nicht nur kurzfristig Willkommenskultur habe. Ein Abflauen der Willkommenskultur habe das Land "schon mal erlebt", sagte Heil mit Blick auf die Zeit nach 2015 und damals teils stärker auftretende negativere Einstellungen gegenüber Flüchtlingen aus Syrien.

Der SPD-Politiker bekräftigte, dass die ukrainischen Kriegsflüchtlinge Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sprachkursen und zur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) bekommen sollten.

10.05.2022 • 11:30 Uhr

UN fürchten viel mehr zivile Opfer

Die Vereinten Nationen befürchten eine deutlich höhere Zahl ziviler Opfer in der Ukraine als bisher angenommen. Die offizielle Zahl von 3381 Toten würde vermutlich um "Tausende" überschritten, sagte Matilda Bogner, Leiterin der UN-Beobachtermission für Menschenrechte in der Ukraine. Grund sei unter anderem eine ungenaue Beurteilung der Lage in Mariupol. Die Stadt sei wie "ein schwarzes Loch", weil auch die UN nur ungenügend Zugang hätten.

Zudem gebe es "glaubwürdige Anschuldigungen", dass auch die ukrainische Seite Menschen gefoltert und exekutiert habe. Die russischen Menschenrechtsverstöße seien aber "signifikant" schlimmer.

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un hat seine Solidarität mit Russland bekundet. Kim habe seine Unterstützung für die Anstrengungen zum Ausdruck gebracht, Russlands "Würde" gegen "feindliche Kräfte" zu verteidigen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA.

Russlands Krieg in der Ukraine wurde in dem KCNA-Bericht zwar nicht explizit erwähnt, es hieß aber, Kim habe die entschlossene Solidarität Nordkoreas mit Russland angesichts der russischen Kampagne bestätigt, "die politische und militärische Bedrohung und Erpressung durch die feindlichen Kräfte" zu beenden. Nordkorea machte mehrfach die USA für die Krise in der Ukraine verantwortlich und teilte mit, die "hegemoniale Politik" des von den USA geführten Westens bedrohe den globalen Frieden und die Stabilität.

Außenministerin Baerbock ist in die Ukraine gereist. Sie besuchte zunächst die Stadt Butscha im Großraum Kiew. Die Ministerin wurde von der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa begleitet. In Butscha war es während der kurzen russischen Besatzung zu Verbrechen an der Zivilbevölkerung gekommen.

Baerbock ist das erste Kabinettsmitglied, das seit dem russischen Angriff am 24. Februar in die ukrainische Hauptstadt gereist ist.

Ohne eine Feuerpause sei die Rettung der Zivilisten aus dem Stahlwerk in Mariupol nicht möglich, sagte ARD-Korrespondent Georg Heil. Ihm sei berichtet worden, dass Russland das Industriegelände bombardiere und auch von See aus beschieße.

"Asow-Stahlwerk wird von allen Seiten beschossen", Georg Heil, RBB, zzt. Saporischschja/Ukraine

tagesschau24 09:00 Uhr

Fast 12.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine sind an niedersächsische Schulen gekommen. Das teilte das Niedersächsische Kultusministerium auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd mit. Zum Stichtag am 6. Mai seien 11.880 Schülerinnen und Schüler gemeldet worden. Ziel sei es zunächst, den geflüchteten Kindern und Jugendlichen das Ankommen zu erleichtern und ihnen geeignete Bildungsangebote zu unterbreiten. So sollten deutsche und ukrainische Kinder und Jugendliche möglichst viel gemeinsame Zeit verbringen und voneinander lernen, sagte ein Ministeriumssprecher. "Nur so kann Solidarität gezeigt und auch empfunden werden."

Zudem wolle man aber auch dem Wunsch vieler ukrainischer Familien entsprechen, bis zum Ende des Schuljahres in der Ukraine am 26. Mai am Online-Unterricht des Landes teilzunehmen. Soweit dies möglich sei, könnten auf diese Weise die schulischen Kontakte im Heimatland bewahrt werden.

Ukrainische Behörden berichten von 44 getöteten Zivilisten, deren Leichen in einem zerstörten Gebäude in der Stadt Isjum gefunden wurden. Das fünfstöckige Gebäude soll bei einem russischen Angriff im März zerstört worden sein.

Einen genauen Ort nannte die ukrainische Seite nicht. Isjum wird nach Einschätzung westlicher Experten von russischen Einheiten kontrolliert, von ukrainischen Gegenangriffen ist öffentlich nichts bekannt.

Eine NATO-Mitgliedschaft Schwedens und Finnlands würde nach Ansicht des schwedischen Verteidigungsministers Peter Hultqvist die Verteidigungsbereitschaft der nördlichen Staaten weiter stärken. Träten beide Länder der NATO bei, könnten sie die Stärken und Vorteile des anderen nutzen, einander vollständig ergänzen und Einsätze planen. Bereits jetzt hat Schweden Verteidigungsabkommen mit seinen nordischen Nachbarn geschlossen.

Noch in dieser Woche wollen die Regierungsparteien von Schweden und Finnland entscheiden, wie sie zu einer NATO-Mitgliedschaft ihrer Länder stehen. Dann könnte es schnell gehen: Nach Angaben eines NATO-Mitarbeiters könnten zwischen Antrag und dem Unterzeichnen der Beitrittsprotokolle lediglich zwei Wochen liegen.

Die russischen Angriffe auf das Azowstal-Werk in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol dauern unvermindert an. Das teilte das ukrainische Bürgermeisterbüro mit. Demnach sind dort auch "mindestens 100 Zivilisten" zusammen mit ukrainischen Soldaten und paramilitärischen Kräften eingeschlossen.

Das große Industrieareal verfügt über ein offenbar weit verzweigtes Tunnelsystem, in dem sich die ukrainischen Verteidiger verschanzt haben und seit Wochen ausharren.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Konstantin von Notz, Digitalexperte der Grünen, warnt vor Cyber-Attacken auch auf deutsche Unternehmen. Diese hätten bereits zugenommen, sagte er der "Augsburger Allgemeinen" und machte gleichzeitig Russland dafür verantwortlich. "Ernstzunehmende Angriffe auf digitale Infrastrukturen sind längst integraler Bestandteil der russischen Kriegsführung", sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums der Nachrichtendienste.

Der Grünen-Politiker verwies darauf, dass deutsche Sicherheitsbehörden nach der Verhängung der EU-Sanktionen gegen Russland in den vergangenen Wochen immer wieder vor Angriffen auch auf Unternehmen gewarnt hätten. "Die Warnungen der Sicherheitsbehörden sollten weiterhin sehr ernst genommen werden", so von Notz. Bislang habe man vor allem Angriffe auf Energieversorger beobachtet, nun gerieten zunehmend "auch andere Firmen und Wirtschaftszweige in den Fokus". Man sei "gut beraten", ohne in Panik zu verfallen, sich auf "alle Eventualitäten einzustellen" und nicht nur die Sicherheit der digitalen Infrastruktur, "sondern auch den Zivilschutz in Deutschland in den Blick zu nehmen".

Bereits gestern wurde in Kiew der bekannte ukrainische Journalist Oleksandr Makhov beigesetzt, der sich freiwillig zur Armee gemeldet hatte. Der 36-Jährige soll bei Kämpfen im Osten des Landes getötet worden sein.

Die Witwe des ehemaligen Journalisten Oleksandr Makhov stützt sich bei der Trauerfeier auf den Sarg.

Die Witwe Oleksandr Makhovs stützt sich bei der Trauerfeier auf den Sarg.

Weder die russische, noch die ukrainische Seite veröffentlichen verlässliche Angaben zu militärischen Verlusten. Experten vermuten Tausende Tote auf beiden Seiten.

In den ostukrainischen Regionen Luhansk, Kharkiv und Dnipro wurde am frühen Morgen Luftalarm ausgelöst. Es gibt noch keine Berichte über Bombardements oder Schäden.

Der Schwerpunkt der Kämpfe hat sich seit mehreren Wochen in die Ostukraine verlegt. Dort ist die russische Luftwaffe am aktivsten, weil Basen nah sind und die Gefahr durch größere ukrainische Flugabwehrsystem geringer ist.

Auch das US-Verteidigungsministerium hat Hinweise darauf, dass Ukrainer von russischen Soldaten gewaltsam nach Russland gebracht werden. "Ich kann nicht sagen, wie viele Lager es gibt oder wie sie aussehen", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. "Aber wir haben Hinweise darauf, dass Ukrainer gegen ihren Willen nach Russland gebracht werden." Kirby bezeichnete dieses Verhalten "skrupellos".

Die ukrainischen Behörden behaupten schon länger, dass ukrainischen Zivilisten nach Russland verschleppt wurden.

Bei nächtlichen russischen Angriffen auf die südukrainische Hafenstadt Odessa hat es mindestens einen Toten und fünf Verletzte gegeben. Dabei sollen erneut russische "Kinschal"-Raketen genutzt worden sein, die für die ukrainische Luftabwehr schwer zu bekämpfen sind, weil sie fünffache Schallgeschwindigkeit erreichen können.

Die Botschaften Russlands in Europa werden laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA nicht geschlossen. "Dies entspricht nicht unserer Tradition", sagt der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko. "Wir glauben, dass die Arbeit der diplomatischen Vertretungen wichtig ist."

Am Montag war der russische Botschafter in Polen von Demonstranten mit roter Farbe übergossen worden, als er anlässlich des Jahrestages des Sieges über Nazi-Deutschland Blumen auf einem sowjetischen Friedhof niederlegen wollte.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall will die ersten instandgesetzten Schützenpanzer vom Typ "Marder" in drei Wochen liefern können. Das sagte Vorstandschef Armin Papperger der "Süddeutschen Zeitung". "Wir warten auf die endgültige Entscheidung der Regierung. Aber es gibt derzeit genügend Länder, die diese Fahrzeuge haben wollen, nicht nur die Ukraine."

Der Bundestag hatte die Lieferung auch schwerer Waffen an die Ukraine Ende April genehmigt. Allerdings hält sich die Bundesregierung mit Angaben zu einzelnen Waffentypen wie zum Beispiel "Leopard"-Kampfpanzern oder "Marder"-Schützenpanzern bedeckt. Rheinmetall verfügt über Bestände gebrauchter Panzer, die für den Einsatz wieder aufbereitet werden können.

Nach den Worten von US-Präsident Joe Biden sieht der russische Staatschef Wladimir Putin keinen Ausweg aus dem Ukraine-Krieg. Das Problem, das ihn jetzt beunruhige, sei, dass der russische Staatschef "im Moment keinen Ausweg weiß, und ich versuche herauszufinden, was wir dagegen tun können", sagte Biden. Putin sei ein sehr überlegter Mann und habe fälschlicherweise geglaubt, der Einmarsch in die Ukraine würde die NATO und die Europäische Union spalten.

US-Präsident Biden unterzeichnet Gesetz für schnellere Waffenlieferungen in Ukraine

Mathea Schülke, WDR, Morgenmagazin

Der Wirtschaftsweise Achim Truger befürchtet einen Wirtschaftseinbruch, sollte der russische Staatschef Wladimir Putin Deutschland den Gashahn zudrehen. "Ein Ende der Gaslieferungen aus Russland würde nach den meisten Berechnungen eine tiefe Rezession auslösen. Eine halbe Million Jobs könnte verloren gehen", sagt der Ökonom der Zeitung "Rheinische Post". Die deutsche Industrie könnte "längerfristig schweren Schaden nehmen".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft, dass seinem Land schon im Juni der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt wird. "Heute haben wir auf unserem Weg in die Europäische Union einen weiteren Schritt gemacht, einen wichtigen und nicht nur formalen", sagte Selenskyj am Abend in seiner täglichen Videoansprache. Sein Land habe am Montag die zweite Hälfte der Antworten auf den Fragebogen übergeben, den jeder Staat für den Mitgliedschaftsantrag ausfüllen muss. "Das dauert üblicherweise Monate, aber wir haben das innerhalb von Wochen erledigt."

Er habe am Montag sowohl mit EU-Ratspräsident Charles Michel als auch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen über die europäische Integration der Ukraine gesprochen, sagte Selenskyj. Beide seien beeindruckt gewesen von der schnellen Beantwortung des Fragebogens. "Und es hat mich gefreut, von ihr (von der Leyen) zu hören, dass unsere Geschwindigkeit die EU-Kommission stimulieren wird, ebenso schnell zu handeln."

Entgegen Berichten über die vollständige Evakuierung aller Zivilisten aus dem von russischen Truppen belagerten Werk Azowstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sollen sich dort immer noch etwa 100 Zivilisten aufhalten. Zudem hielten sich immer noch ungefähr 100.000 Menschen in der verwüsteten Stadt auf, sagte der regionale Verwaltungschef Pawlo Kyrylenko am Abend. "Schwer zu sagen, wer von ihnen die Stadt verlassen will", wurde er von der "Ukrajinska Prawda" zitiert.

Ukrainische Truppen haben sich im Stahlwerk verschanzt, der letzten Bastion in Mariupol. In den vergangenen Tagen wurden von dort mit Hilfe der Vereinten Nationen und des Roten Kreuzes mehrere hundert Frauen, Kinder und ältere Menschen evakuiert. Die Verteidiger von Azowstal wollten aber nicht ausschließen, dass sich noch Zivilisten in einigen Kellern des weitläufigen Geländes aufhielten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 10. Mai 2022 u.a. um 09:00 Uhr und 12:00 Uhr.