Das zerstörte Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit in Tiraspol, Transnistrien.

Ukrainisches Nachbarland Moldau Mehrere Explosionen in Transnistrien

Stand: 26.04.2022 12:48 Uhr

In der an die Ukraine grenzenden moldauischen Konfliktregion Transnistrien hat es mehrere Explosionen gegeben. Nach Behördenangaben wurden ein Ministerium angegriffen sowie Funkmasten gesprengt. Moldau berief den Sicherheitsrat ein.

Die Behörden der von pro-russischen Separatisten kontrollierten Region Transnistrien in der Republik Moldau haben Explosionen an einem Funkturm nahe der ukrainischen Grenze gemeldet. Zwei Explosionen seien im Ort Majak im Bezirk Grigoriopolski zu hören gewesen, teilte das transnistrische Innenministerium mit.

Bei den Explosionen wurde nach Angaben transnistrischer Behörden niemand verletzt. Zwei Antennen, über die russische Radiosendungen ausgestrahlt wurden, seien jedoch außer Betrieb.

Explosionen im Ministerium für Staatssicherheit

Die Behörden hatten bereits am Vorabend einen mutmaßlich mit einem tragbaren Granatenwerfer verübten Anschlag auf Räumlichkeiten des Ministeriums für Staatssicherheit gemeldet. Es handelte sich nach Angaben der lokalen Nachrichtenagentur Nowosti PMR um einen von drei solchen Angriffen in der Region.

Auf Fotos, deren Echtheit nicht überprüft werden konnte, waren eingeschlagene Scheiben und ein zertrümmerter Eingang zu sehen. Die Behörden teilten mit, dass das Gebäude mit Panzerabwehrmunition beschossen worden sei. Es sei wegen eines arbeitsfreien Tags niemand zu Schaden gekommen.

Republik Moldau beruft Sicherheitsrat ein

Die moldauischen Behörden in der Hauptstadt Chisinau teilten mit, dass nicht klar sei, wer geschossen habe. Es handele sich aber offenkundig um eine Provokation mit dem Ziel, die Lage in der Konfliktregion zu destabilisieren.

Moldaus Präsidentin Maia Sandu berief nach Angaben ihres Büros wegen der Vorfälle eine Sitzung des Obersten Sicherheitsrates des Landes ein. Der Sicherheitsrat von Transnistrien verhängte die rote und damit höchste Terrorwarnstufe in dem Gebiet. Nach Angaben lokaler Medien wurden Checkpoints eingerichtet.

Russische Soldaten in Transnistrien stationiert

Die russische Armee verfügt in der Region über einen Militärstützpunkt und ein großes Munitionslager. Russland hat in dem von der Republik Moldau abtrünnigen Transnistrien etwa 1500 Soldaten stationiert, die dort nominell als Friedenswächter dienen.

Bereits jetzt sprechen hochrangige Politiker in Russland von einer Provokation. "Die Vorgänge in Transnistrien sind eine Provokation mit dem Ziel, Russland noch tiefer in die Kriegshandlungen in der Region hineinzuziehen", sagte der Chef des Duma-Ausschusses für die GUS, Leonid Kalaschnikow.

Russland verfolge die Ereignisse in Transnistrien genau, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die Nachrichten aus der Region seien Anlass zu ernster Sorge, erklärte er. Das russische Außenministerium erklärt laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA, Russland wolle ein Szenario vermeiden, in dem es gezwungen sei, in Transnistrien zu intervenieren.

Sorge um Ausweitung der Kampfhandlungen

Die ukrainische Regierung beschuldigt dagegen die Führung in Moskau, zu provozieren, um Panik zu schüren. Demnach könnten die in Transnistrien stationierten Truppen versuchen, von dort aus die Ukraine in Richtung der ukrainischen Hafenmetropole Odessa am Schwarzen Meer anzugreifen.

In einer von der Ukraine veröffentlichten Mitteilung erinnerte der Geheimdienst an eine Äußerung eines russischen Befehlshabers. Der ranghohe General Rustam Minnekajew hatte gesagt, Aufgabe der russischen Armee sei es, die Kontrolle über den Donbass und die Südukraine zu erlangen. Auf diese Weise könne eine Landverbindung zur annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim sowie nach Transnistrien hergestellt werden.

Russischsprachige Menschen würden dort unterdrückt, so Minnekajew. Das Außenministerium in Chisinau bestellte wegen der Äußerungen des Generals den russischen Botschafter ein und forderte die russische Regierung zum Respekt der "Souveränität und territorialen Integrität" der Republik Moldau auf.

Transnistrien international nicht anerkannt

Das international nicht anerkannte Transnistrien liegt an der Grenze zwischen Moldau und der Ukraine; es hat sich in den 1990er-Jahren von Moldau losgesagt. In Transnistrien leben etwa 470.000 Menschen.

Der Krieg in der benachbarten Ukraine sorgt in der Republik Moldau für Unruhe. Es wird befürchtet, dass Russland nach dem Einmarsch in der Ukraine auch die Republik Moldau ins Visier nehmen könnte, die an das EU- und NATO-Mitglied Rumänien grenzt.

Stephan Laack, Stephan Laack, WDR, 26.04.2022 12:58 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. April 2022 um 13:00 Uhr.